Mein 2012 Canyon Strive (Alu) wiegt 13,4kg (incl Pedale) und hat trotzdem 160mm.
Konkretes Beispiel:
Mein 2013er Enduro:
Mein aktuelles Enduro:
Unterschiede:
- Alt zu neu: 13,5kg zu 16,5kg. Ca. 1kg davon kann man rausrechnen wegen Carbonrahmen (den ich im Folgejahr übrigens gekillt habe) gegen bombproof Alurahmen. Bleiben erklärungsbedürftige 2kg bestehen...
- Der Rahmen selbst dürfte ungeachtet Carbon/Alu wesentlich schwerer sein. Erstens da viel grösser, Reach +49, Stack +83, Kettenstreben +31, Radstand +127mm. Dazu massiver und robuster, deutlich grössere, doppelt gedichtete Kugellager. Mein damaliges Demo8 DH Bike liesse sich von der Stabilität/Konzeptierung her eher mit dem heutigen Enduro vergleichen. Das Raaw ist definitiv schneller als mein DH Bike von damals, geschweige denn mein damaliges Enduro. Von der Robustheit zum damaligen Enduro ganz zu schweigen. Sagen wir plus 500gr.
- 26" zu 29". Laufräder sind grösser und schwerer, Felgen breiter, 32L statt 28L damals, Boost statt Standard, Insert im HR, Reifen (Exo!) wiegen 1100gr. pro Stück anstelle von 800-900gr. Die Roval Räder waren ja schön leicht, nach nem Jahr hatte ich sicher 1/4 der Speichen hinten bereits ersetzten müssen... Der LRS vom neuen ist nach nem Jahr noch picobello. Will sagen, der Trend damals lautete "sub 12kg Enduro ist der heisse shice", mit teils ungesunden Auswirkungen auf die Haltbarkeit... Reifen plus 500gr, Insert plus 150gr, LRS plus 250gr.
- Bremsscheiben sind grösser geworden (203/203), grosse Laufräder benötigen Power.
- Umwerfer und 2fach ist zwar weggefallen, dafür wurde die kompakte 10fach Kassette durch 12fach mit ner viel weiteren Spreizung ersetzt, Bashguard und Kettenführung kamen dazu.
- Die Variostütze hat 185 statt 125 Hub.
- Die Gabel hat zwar diesselben 170mm FW, aber längere Rohre, ein deutlich massiveres Casting und in meinem Fall Stahlfeder statt Luft. Hinzu kommt ein grosszügiger Fender, der sehr nützlich ist, aber auch einiges wiegt. Gabel plus 400gr, Fender 200gr (?)
- Am Dämpfer ist es noch extremer, der schmale Fox ohne Ausgleichsbehälter ginge heute keinesfalls als endurotauglich durch und hat einem voll einstellbaren Öhlins TTX22 mit Stahlfeder Platz gemacht. Lustigerweise befand sich ein solcher damals an meinem DH Bike, was erklärt, woher der Technologietransfer an heutigen Enduros stammt. Plus 500gr.
- Am neuen wurde div. Werkzeug am Rahmen mitgewogen, EDC Tool, Kartusche, Schlauch. Plus 400gr.
Nun gut, mittlerweile sind wir bei 2,9kg, wo ich doch bloss 2kg erklären wollte.
Anbauteile wie
Sattel, Vorbau, Lenker,
Griffe, usw. sind zweifellos leichter geworden, bei mindestens gleicher Stabilität.
Wesentlich ist aber, das heutige Enduro ist schlicht ein ganz anderes Bike als damals. Auch wenn beide 170mm FW haben, vom Federweg kann man sich bei diesem Vergleich mal gar nix kaufen. Das damalige würde ich aus heutiger Sicht eher als komfortables Tourenbike bezeichnen. Was nicht abwertend gemeint ist, ich hatte damit viel Spass. Und natürlich war es viel spritziger und antrittsfreudiger. Vom Tragen bei BBS ganz zu schweigen. Und man konnte sich dank der kompakten Abmessungen auch mit schlechter Fahrtechnik noch irgendwie um enge Ecken mogeln.
Für manche Leute kann ein solches Bike auch heute noch 'richtig' sein. Nur nennt man das wohl nicht mehr Enduro.
Das aktuelle Enduro ist bergab schneller und potenter als jedes DH Bike von damals und ein Vergleich mit damaligen Enduros schlicht unangebracht. Ein uphillfähiges DH Bike mit grossen Rädern trifft den Nagel besser auf den Kopf. Die Sitzposition taugt weniger für Transfer geradeaus, dafür sehr gut für bergauf (steiler Sitzwinkel). Nach dem Prinzip Eile mit Weile komm ich damit auch weit über 1000Hm berghoch. Bergab ist das Fahrverhalten überlegen, und damit meine ich gar nicht Geschwindigkeit (das sowieso), sondern eher der fehlerverzeihend grosse grüne Bereich, die Stabilität im Steilen, der ungeahnte Grip am Vorderrad, usw. Vielleicht paradox, aber ich bin mit dem grossen in Spitzkehren keineswegs schlechter unterwegs.
Bedingung für Spass und Erfolg mit heutigen Bikes ist allerdings, dass man sich auf das Konzept einlässt und seine Fahrtechnik umstellt, sonst ist man eher Passagier als Pilot. Wer z.B. sein 2012er Strive ersetzen möchte, sich aber fahrerisch nicht verändern möchte, wäre mit nem modernen 29er Enduro kaum gut beraten.
PS: Im Grunde zeigt der Vergleich auch schön, wieso damals fast jeder Gravity-Interessierte ein DH Bike hatte und weshalb heute die überwiegende Mehrzahl mit dem Enduro im Park fährt. Moderne Enduros sind derart potent geworden, ein DH Bike kann man vor sich selbst eigentlich nur noch rechtfertigen, wenn man regelmässig ne Startnummer montiert.
Heute holt man sich eher ein Trailbike neben dem Enduro ins Haus.