Alkoholismus? Der Thread für Betroffene und Interessierte

Das eigentliche Problem ist überhaupt: Welches Problem wird mit der "Hilfe" von Alkohol kompensiert.
den Punkt möchte ich nochmal hervorheben.

@Avocado zur Flasche greift man nicht ihne Grund - dass man irgendwann Ausgehen mit Freunden, Kirmes, Müll runtergebracht als Anlass nimmt ist nur ein weiteres Symptom ;)

Du schreibst es selbst
Alkohol betäubt und wird von mir dahingehend auch genutzt. Je schlechter es mit geht, desto mehr trinke ich. Und da beginnt dann leider ein übler Teufelskreis.
An dem Punkt musst du ansetzen. Löst du dieses Problem bzw beginnst mit der Aufarbeitung ist der zweite Schritt - die Abstinenz - "leichter" zu bewerkstelligen.
Ob du das in Gesprächen mit dir Vertrauten Personen, anonym im Netz, in Selbsthilfegruppen oder (mein Tip) in einer Psychotherapie angehst ist erstmal unwichtig, solange du mit der Suche nach der Ursache anfängst.
 
Gleich mal meine ersten Gedanken zum Einstieg und Entblößung:

2 Liter Bier täglich (ohne Ausnahmen!) sind mir eindeutig zu viel. Ich bin zwar gern leicht angetrunken und ich mag Bier auch echt gerne. Erschreckend ist mir immer wieder aufgefallen, dass ich bei allen Möglichkeiten um jeden Preis versuche, was zum Trinken zu bekommen. Oft selber mitgebracht, auch zu unpassenden Gelegenheiten.

Ich versuche jetzt seit ein paar Tagen alkoholfreies Bier zu trinken. Bisher auch erfolgreich.

Zwei Fragen an euch:

1.: Welche Biere ohne Alk schmecken euch am besten und kommen einem gescheiten Pils am nähsten?

2.: Ist es sinnvoll bei Bier, auch wenn alkfrei, zu bleiben? Oder sollte man Bier generell sein lassen? Erfahrungen?
Ich habe noch kein gescheites alkoholfreies Pils getrunken.

Ich habe allerdings schon das ein oder andere dunkle obergärige alkoholfreie Bier mit hohem Malzanteil getrunken, das gut war. Die haben einen hohen Eigengeschmack und finde ich durchaus lecker.
Alkoholfreies Weizenbier trinke ich sehr gerne und ist im Grunde durch seinen hohen Mineralgehalt ein hervorragendes isolytisches Getränk. Ich mag mittlerweile eher alkoholfreies Weizen als mit Alkohol.
Das Bier Alkohol haben muss ist v.a. deswegen eine Mär.

Ob und wie Alkoholiker auch das vermeiden sollen und alleine aufgrund des Biergeschmacks dann "mehr" wollen, kann ich nicht beurteilen. Ich komme problemlos ohne Alkohol aus, über Wochen und Monate. Meine Sucht ist Kaffee.
 
@cbjffm
Alkoholkrank: du kannst deinen Alltag nicht mehr mit 0 Promille bewältigen und musst auch heimlich saufen
Alkoholiker: du konsumierst in einer Form von Regelmäßigkeit mehr Alkohol als man auf Genussmittellevel gut heißen würde. Du meinst, du hast es unter Kontrolle, aber tatsächlich bist du schon süchtig

90% aller Fussballer auf Kreisliga- oder Hobby-Niveau sind Alkoholiker.
Der Erste ist der Spiegeltrinker und der Zweite der Quartalstrinker, ich dachte eigentlich das sind zwei Arten von Alkoholikern, welche so gesehen auch krank sind.
 
Der Erste ist der Spiegeltrinker und der Zweite der Quartalstrinker, ich dachte eigentlich das sind zwei Arten von Alkoholikern, welche so gesehen auch krank sind.
Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich es nicht exakt so gelehrnt hatte.
Aber viele sehen in Alkoholikern die Penner auf der Straße und Kollegen, die morgens schon mit Fahne in der Firma auftauchen. Das nenne ich dann alkoholkrank.
Die beiden Beispielen, die du nennst, können ihren Alltag ja schon ohne Alkohol bewältigen, sind aber süchtig nach den "positiven Effekten" ihres Alkoholkonsums.

Die wenigsten dieser Alkoholiker sehen sich auch als solche.
 
Ich habe am 1.1.2005 zum letzten Mal Alkohol getrunken. Von Heute auf Morgen eingestellt. Ich habe bemerkt, dass ich nur noch mit Alkohol (unter der Woche Null, am Wochenende zum Teil echt heftig) entspannen konnte. Nach einer gewissen Dosis (ab drei Bier) konnte ich nicht mehr aufhören. Das Aufhören war so einfach, dass ich mich selber über mich gewundert habe. Allerdings habe ich parallel die Suchtberatung bei der hiesigen Caritas gemacht. Erst offene Gruppe, dann fester Gesprächskreis. In dieser Runde war ich eher noch einer der harmloseren Fälle. Was soll ich sagen - das Aufhören war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Man gewinnt so viel mehr an Lebensqualität, fühlt sich vitaler, belastbarer, ist ausgeglichener. Heute mache ich zu den Zeiten Sport, wo ich sonst verkatert oder kaputt und verkatert nicht aus der Kiste gekommen bin. Im Lauf der Zeit hat sich dann auch der Bekannten- und Freundeskreis verändert. Früher immer der gleiche Ablauf zu allen möglichen Anlässen. Immer war Alkohol mit dabei. Die Männer haben getrunken, die Frauen durften uns nach Hause fahren. Immer die gleichen Witze, die selben Gespräche und immer wurde die Dosis höher. Nicht nur bei mir, sondern bei allen Anderen auch. Brauche ich nicht mehr. Von den alten Bekannten hätte Niemand gedacht, dass ich das so durchziehe. Wenn ich mir die Burschen jetzt so anschaue nach der langen Zeit kann ich nur sagen: Alles richtig gemacht. Nach dem Sport oder ab und zu am Abend/am Wochenende/bei Festivitäten gönne ich mir 1-2 alkoholfreie Bier. Danach habe ich einfach keinen Durst mehr. Früher war das undenkbar, da gings erst los.
 
Spannendes Thema, danke für's Öffnen @Avocado !

Krankheit, Namensfindung, Verantwortung
Ich hatte mal eine gute Unterhaltung mit einer psychisch Kranken, die durchaus auch selbst schon Leid in die Welt gebracht hat. Die meinte: Ein Mensch ist IMMER für sein Handeln verantworlich. Selbst, wenn ihm in einem Anfall die Kontrolle entglitt, dann hat er danach Verantwortung dafür, sich zu entschuldigen, es möglichst wieder gut zu machen und vor allem an sich zu arbeiten. Verantwortung kann bei einem schweren Alkoholiker z.B. eine Selbsteinweisung sein.
Wenn die Verantwortung mal geklärt ist, verliert die genaue Definition meiner Meinung nach an Bedeutung. Krankheit bedeutet vielleicht Kontrollverluste (unter Umständen über Jahre), aber für alles andere ist man trotz Krankheit verantwortlich. Da ich selbst schon Opfer von Gewalt wurde, hier der Satz, der mir am meisten geholfen hat: "Niemand fügt einem anderen Menschen Leid zu, ohne selbst zu leiden.".

Allerdings finde ich die extrem breite Definition von Alkoholismus nicht hilfreich. Jetzt ist also jeder Faschingssäufer, jeder Feierabendbiertrinker ein Alkoholiker. Und? Ergibt sich daraus eine Motivation, was zu ändern?
Ich sehe drei Stufen:
- Grüner Bereich: Trinkt nie oder gelegentlich. Schlägt nicht ungewollt über die Stränge. Kann Alkohol zuhause haben ohne daran zu denken.
- Gelber Bereich: Lässt sich mal vollaufen. Trinkt regelmäßig kleinere Mengen (2 Bier). Trinkt in Gesellschaft meistens. Denkt aber nicht dauernd an Alkohol, hat eine Wahl, und beweist das auch durch größere Phasen ganz ohne Alkohol (ganze Wochen). Das sind Leute, die noch alles im Griff haben. Sie können aber sehr leicht in die Sucht rutschen, wenn zum Beispiel eine Trennung oder ein Jobverlust oder der Tod der Eltern sie aus der Bahn wirft.
- Roter Bereich: Echte Suchtkrankheit. Dauernd Alkohol im Kopf, Suchtdruck, keine Kontrolle über das Anfangen und die getrunkene Menge. Normalerweise mit schrittweisem Verfall des Lebens. Arbeit, Beziehungen und Wohnung gehen meist langsam zu Bruch.

Ich denke, hier im Thread reden wir viel über verschiedene Ausprägungen des gelben Bereichs, also klare Schwächen/Risiken. Und rote Tendenzen, also Handlungsbedarf.

Ein Freund von mir war beim Arzt und Psychologen und hat einen stationären Entzugsplatz bekommen. Das ist oft der einzige Ausweg, wenn man richtig in der Suchtkrankheit drinsteckt. Sucht bringt uns um, sie ist also auf Dauer stärker als unser stärkster Trieb zu Überleben.
Wer noch nicht so tief drinsteckt, für den halte ich eine Gruppe für die beste Wahl. Gleichgesinnte, niedrige Einstiegshürde, große Offenheit und auch Konfrontation damit, wo man enden könnte. Aber das mag eine persönliche Vorliebe sein.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass nach dem Anfang kein Ende da ist. Im Rausch mache ich nichts Bösartiges, aber Beziehungen leiden doch schonmal unter dem Kontrollverlust. Alkohol ist für mich im Alltag aber kein Thema, ich habe auch einen vor sich hin staubenden Kasten hier, kein Problem. Da ich Alkohol immer schlechter vertrage, trinke ich inzwischen auch in der Kneipe oder auf Festivals immer weniger. Aber Mann, es war schon geil, einmal pro Quartal so richtig die Sau rauszulassen ;-)

Eine wichtige Maßnahme zur Suchtvermeidung: Distanz. Nicht auf Disziplin verlassen, die wird stark überschätzt, sagen die Studien. Hat man Alkohol zuhause und ist anfällig, wird man irgendwann schwach werden. Das gleiche mit Freunden, die kein NEIN akzeptieren oder dauernd trinken. Je mehr Stufen zwischen mir und meiner Sucht stehen, desto unwahrscheinlich ist ein Rückfall in einem schwachen Moment. Diese Stufen also bitte ganz bewusst suchen und erschaffen.

Und es klang auch schon an, Sucht ist ganz oft ein Bewältigungsstrategie. Es liegt also ein alter Schmerz vor, plus eine Methode, mit diesem und auch anderen Schmerzen umzugehen. Das ist was Normales, dazu braucht es keine riesen Katastrophen in der Kindheit. Das schöne ist: Sobald wir diese alten Wunden sehen und uns mit ihnen beschäftigen, heilen sie. Somit verlieren sie langsam ihre Kraft. Das ist aber alles schwer zu erkennen und tut auch uU. nochmal ziemlich weh beim Verarbeiten. Das ganze Thema "Suchtbekämpfung" ist also oft eine Einladung zu einer ganz wertvolle Heilungsreise, bei der wir Muster loswerden, die uns schon unser ganzes Leben lang Steine* in den Weg legen.


*nicht die Sorte Steine, die mit dem MTB Spaß machen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Allerdings finde ich die extrem breite Definition von Alkoholismus nicht hilfreich. Jetzt ist also jeder Faschingssäufer, jeder Feierabendbiertrinker ein Alkoholiker.
In Bezug auf Suchtgefahr der Faschingssäufer eher nicht. Beim Feierabendbiertrinker jedoch ziemlich.
In Bezug KFZ und Führerschein beide Fälle problematisch, weil die Gewöhnung an ein Niveau über 0,5 Promille es überhaupt ermöglicht, dass du das Gefährt zielsicher in Bewegung setzt.
Und? Ergibt sich daraus eine Motivation, was zu ändern?
Da hast du wohl recht.
Es muss ja auch nicht jeder gleich etwas ändern. Problempunkt bleibt die Gewöhnung an das "erkaufte positive Gefühl". Wenn eine persönliche Krise kommt, liegt es nahe, darauf zurückzugreifen.
Ich sehe drei Stufen:
- Grüner Bereich: Trinkt nie oder gelegentlich. Schlägt nicht ungewollt/ gewollt über die Stränge. Kann Alkohol zuhause haben ohne daran zu denken.
Bzgl Suchtproblem ist der gewollte Rausch das Thema. Und mit Rausch meine ich nicht inkl Katerfolgen sondern dieses "Positive Gefühl".
- Gelber Bereich: Lässt sich mal vollaufen. Trinkt regelmäßig kleinere Mengen (2 Bier). Trinkt in Gesellschaft meistens. Denkt aber nicht dauernd an Alkohol, hat eine Wahl, und beweist das auch durch größere Phasen ganz ohne Alkohol (ganze Wochen). Das sind Leute, die noch alles im Griff haben. Sie können aber sehr leicht in die Sucht rutschen, wenn zum Beispiel eine Trennung oder ein Jobverlust oder der Tod der Eltern sie aus der Bahn wirft.
Ja, das sehe in auch so.

Aber es braucht dafür auf jeden Fall eine gewisse Härte - gegen sich und andere.
Wenn du es mal so weit kommen liesst, dass du drüber nachdenken musst, ist das mehr als nur gewisse Härte.
 
Wollte wirklich viel zu diesem Thema schreiben, aber nachdem ich dann das hier im Forum gelesen habe, heute:

Du gehst mit deinem Alkohol Verzicht fast schon so hausieren wie ein Veganer....
:mexican:

lasse ich das bleiben!
Nur soviel, trinke nichts mehr seit 08/2020, geht mir super, kann ich nur jedem empfehlen! :)
 
- Gelber Bereich: Lässt sich mal vollaufen. Trinkt regelmäßig kleinere Mengen (2 Bier). Trinkt in Gesellschaft meistens. Denkt aber nicht dauernd an Alkohol, hat eine Wahl, und beweist das auch durch größere Phasen ganz ohne Alkohol (ganze Wochen). Das sind Leute, die noch alles im Griff haben. Sie können aber sehr leicht in die Sucht rutschen, wenn zum Beispiel eine Trennung oder ein Jobverlust oder der Tod der Eltern sie aus der Bahn wirft.
Deinen "gelben Bereich" würde ich stellenweise schon als dunkelrot ansehen. Abschreckendes Beispiel war mal eine Kollegin, die auch wochenlang ohne Alkohol ausgekommen ist. Wenn aber eine entsprechende Gelegenheit war (oder was sie als Gelegenheit angesehen hat), hat die dermaßen gesoffen und du hast ihr das kaum angesehen. Das geht nur mit Jahrzehnte langem Training. Das Problem war, sie konnte dann auch nicht anders. Alle in ihrem Bekanntenkreis waren so drauf, aber wenn sie ohne ihre Bekannten war, hat sie trotzdem gesoffen. Das waren dann eben Firmentreffen. Ein Mal mit ihr im Biergarten, wo wir gar nicht so lange waren, waren ganz schnell drei Maß Bier weg. Auch Erzählungen von ihr "Wenn ich mit meinem Vater im Fernsehen ein Fußballspiel anschaue, machen wir nebenher einen Kasten Bier leer." haben gezeigt, sie kannte und konnte auch nicht anders.
 
Von einer Krankheit zu reden, ist mMn. eine Verharmlosung der Sache. D
Nein, der fachlich korrekte Begriff.

Man schreibt auch nicht von einem Heroinkranken.
In der Tat tut "man" das. Auch Heroinsucht ist eine Abhängigkeitserkrankung.

Abhängigkeitserkrankungen sind assoziert mit genetischen Prädispositionen sowie frühen Beziehungs- und Bindungserfahrungen. "Versehentlicher Alkoholismus" (Gewohnheitssaufen und dann nicht mehr loskommen) ist selten oder vielleicht auch gar nicht ohne bestimmte Voraussetzungen anzutreffen.
 
Eigentlich wurde ja das meiste gesagt.
Suchtverhalten entsteht ja meist zur Kompensation von negativen Gefühlen oder Stress, dass hast du ja schon selber festgestellt.
Für eine langfristige Lösung wäre es wichtig dies entweder zu vermeiden und/oder einen besseren Umgang damit zu finden.

In der Tat tut "man" das. Auch Heroinsucht ist eine Abhängigkeitserkrankung.
Leider nicht überall, aber dort wo man es tut erzielt man die besten Ergebnisse.
 
Deinen "gelben Bereich" würde ich stellenweise schon als dunkelrot ansehen. Abschreckendes Beispiel war mal eine Kollegin, die auch wochenlang ohne Alkohol ausgekommen ist. Wenn aber eine entsprechende Gelegenheit war (oder was sie als Gelegenheit angesehen hat), hat die dermaßen gesoffen und du hast ihr das kaum angesehen. Das geht nur mit Jahrzehnte langem Training. Das Problem war, sie konnte dann auch nicht anders. Alle in ihrem Bekanntenkreis waren so drauf, aber wenn sie ohne ihre Bekannten war, hat sie trotzdem gesoffen. Das waren dann eben Firmentreffen. Ein Mal mit ihr im Biergarten, wo wir gar nicht so lange waren, waren ganz schnell drei Maß Bier weg. Auch Erzählungen von ihr "Wenn ich mit meinem Vater im Fernsehen ein Fußballspiel anschaue, machen wir nebenher einen Kasten Bier leer." haben gezeigt, sie kannte und konnte auch nicht anders.
Ja, da wird es interessant in der Abstufung. Aber was ist denn konkret das Problem am Konsum der Kollegin? Hat sie anderen geschadet, oder sich selbst mehr als erwartet?

Das Leben kann hart sein. Sich selbst ab und zu mal ausgelassen aus dem Anzug zu bügeln, kann wertvolle neue Impulse und Perspektiven liefern. Höchstens quartalsmäßig. Die persönlichen Kosten sind überschaubar, viel zu sitzen oder zu viel / zu wenig Sport ist ja z.B. auch ungesund.

@JensDey danke, jetzt verstehe ich's besser. Ja, das ist ein wichtiger Aspekt. Man verschafft sich starke Glücksgefühle per Fläschchen. Ganz natürlich bekommt man die nur für echtes Wachstum, Selbstüberwindung, sozialen Erfolg. Nicht dafür, sich mit einem Gift zu schädigen. Da wird also ein positiver Motivationsmechanismus ins Negative umgedreht. Zumindest sollte man das als deutliches Risiko beim Alkohol verstehen und ihn entsprechend bewußt einsetzen. Häufiger Alkohol ist eine wirklich sauschlechte Problembewältigung. Trotzdem bin ich da auch bei @Lord Shadow, viele Leute haben keine besondere Eignung für Sucht und trudeln daher auch nicht unbewusst hinein. Ich hatte mal körperlich Lust auf ein Konterbier und da war völlig klar: jetzt gibt es eben länger nichts.
 
Aber was ist denn konkret das Problem am Konsum der Kollegin? Hat sie anderen geschadet, oder sich selbst mehr als erwartet?

Das Leben kann hart sein. Sich selbst ab und zu mal ausgelassen aus dem Anzug zu bügeln, kann wertvolle neue Impulse und Perspektiven liefern
Vielleicht verstehe ich deine Aussge ja falsch, aber es liest sich wie eine Rechfertigung für Alkoholkonsum um aus sich raus zu kommen bzw sich zu öffnen.

Dachte eigentlich der Thread hier sollte das Gegenteil beweisen. Oder glaubst du alle die seit Jahren kein Alkohol trinken haben was verpasst im Leben oder können nicht aus sich rauskommen?
Wer das braucht, hat ganz dringend eine Therapie notwendig in meinen Augen.
 
Vielleicht verstehe ich deine Aussge ja falsch, aber es liest sich wie eine Rechfertigung für Alkoholkonsum um aus sich raus zu kommen bzw sich zu öffnen.
Jein. Ich versuche etwas provokant gemeinsam rauszuarbeiten, wann Alkohol ein ernstes Problem ist und ab wann man Mitmenschen Ratschläge geben sollte. Viele Menschen leiden unter dem Zeug und es wird gesellschaftlich verharmlost. Andererseits gibt es auch verantwortungsvollen Umgang mit Rausch. Es gehört zu unseren normalen Freiheiten, Risiken einzugehen, Blödsinn zu machen, uns zu schädigen. Z.B. mit dem MTB.

Meine These: Ohne (drohenden) Kontrollverlust über den Konsum ist es nicht so wild. Aber die korrekte Selbsteinschätzung ist sehr schwierig.

Dachte eigentlich der Thread hier sollte das Gegenteil beweisen. Oder glaubst du alle die seit Jahren kein Alkohol trinken haben was verpasst im Leben oder können nicht aus sich rauskommen?
Wer das braucht, hat ganz dringend eine Therapie notwendig in meinen Augen.
Nein, gar nicht. Ich kann in andere Menschen nicht reinschauen und bin selbst überwiegend alkoholfrei unterwegs. Auf jeden Fall habe ich Respekt vor jedem, der sich seinen Dämonen stellt. Und vor Leuten, die sich gegen unsere versoffene Kultur erfolgreich durchbeißen.
Was der Thread hier soll, ist übrigens im Startbeitrag gut beschrieben ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber was ist denn konkret das Problem am Konsum der Kollegin? Hat sie anderen geschadet, oder sich selbst mehr als erwartet?
Das Problem lag darin, dass es keine andere Wahl gegeben hat als in diesen Situationen zu saufen, und dass sämtliche Freizeitgestaltungen danach ausgerichtet waren. Das Beispiel mit dem Vater hatte ich schon, ein anderes war "Der xxx-Markt ist eines der Highlights im Jahr. Ein absolutes muss. Das erste Bier wird um 9 Uhr [vormittags] aufgemacht, das letzte um 12 [nacht]". Was sonst auf dem Markt top war, hat sie nie erzählt. Dazu häufige Fehleinschätzungen wie "So viel hatte ich nicht getrunken, ich weiß noch alles vom letzten Abend. ..... Ich habe keine Ahnung, was ich letzten Abend in der Wirtschaft gegessen habe.". Eine Freundin von ihr ist mal abends (mit der ganzen Truppe) in einem Hafengelände über eine Absperrkette gestolpert, hingeflogen und hat sich einen komplizierten Bruch vom Arm (incl. Ellenbogen) zugezogen. Sie hätte das niemals mit Alkohol in Verbindung gebracht, aber mit fehlenden Reflexen ist der Hergang eine sehr plausible Erklärung.

Das Leben kann hart sein. Sich selbst ab und zu mal ausgelassen aus dem Anzug zu bügeln, kann wertvolle neue Impulse und Perspektiven liefern. Höchstens quartalsmäßig. Die persönlichen Kosten sind überschaubar
Das hört sich für mich verdammt nach "Belohnungssaufen" an. Ich finde es sehr bedenklich, damit auch "neue Impulse und Perspektiven" zu verbinden. Alkohol ist ein Betäubungsgift, wie da neue Impulse kommen können, ist mir rätselhaft. Auch die Gegenüberstellung mit den Kosten würde ich massiv hinterfragen.

Meine These: Ohne (drohenden) Kontrollverlust über den Konsum ist es nicht so wild.
Das ist für mich der perfekte Einstieg in die Abhängigkeit. Da kannst du ganz kontrolliert reingeraten, und dir dabei auch noch weis machen, du hättest ja alles unter Kontrolle. Wenn du merkst, dass die Kontrolle weg ist, ist es zu spät. Beispiel: Du trinkst ganz kontrolliert ein Bier mittags und eins abends, jeden Tag. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn du das lange genug machst (Monate? Jahre?), wirst du beim Absetzen Entzugserscheinungen haben. Das Beispiel ist nicht unbedingt von mir, sondern bei einem Bekannten. Das war bei ihm 1 mittags und 1 bis 2 Bier abends. Und nachdem der Arzt ihm dringend geraten hat, mal auf 0 zu gehen, hat er massiv den abendlichen Entzug gemerkt.
 
Außerdem sehe ich es Kritisch das für Alkohol geworben wird und das man in jedem Supermarkt Alkohol kaufen kann.
Wie ist Einkaufen für einen trockenen Alkoholiker?

Die Alkohol lobby scheint allerdings extrem stark in Deutschland zu sein. Zumindest wird dieses Bild in einer Doku gezeichnet die ich vor kurzem geschaut hatte:
Das ist leider ein riesiges Problem. D/AT/CZE sind ja die Weltmeister was das Bier trinken angeht. Überall wird damit geworben, ab 20Uhr kannst auch nicht in die Glotze schaun ohne dran erinnert zu werden dir doch ein Warsteiner/Jever whatever zu holen. Zudem die ständige Verfügbarkeit auch von hartem Fusel. Jeder Tankstellenshop bedient einem damit rund um die Uhr. Die Kosten, die der übermäßige Alkoholkonsum der Gesellschaft den Gesundheitsappartat kostet ist ja enorm, dass der Staat da nicht zumindest ein klein wenig einlenkt... Aber anscheinend überwiegen die Steuereinnahmen den Gesundheitskosten noch immer.

Zigaretten werden/dürfen kaum noch beworben, was natürlich auch gut ist, aber Alkohol ist gradezu omnipräsent. Und für Angehörige von Betroffenen sicher das größere Übel. Man mag es sich gar nicht vorstellen was Kinder/Frauen/Männer von Alkoholiker*innen mitmachen. Und es zieht sich durch sämtliche Gesellschaftschichten. Hatte eine Freundin, Vater war Arzt - Internist. Er und seine Frau haben Freitag NM angefangen und bis Sonntag durchgesoffen. Es ging soweit dass er im Wohnzimmer am Boden eingepennt ist und die Mum es nicht mehr ins Obergeschoß geschafft hat und sich auf der Stiege am Weg zum Schlafzimmer angepieselt hat... Beruflich hab ich oft mit Kindern/Jugendlichen aus prekären Verhältnissen zu tun, da ist Alkoholismus eigentlich ständig Thema. Aber wie gesagt, es kann jeden treffen, nicht nur den klassischen 49cent Dosenbier Säufer.

Langfristig muss eine Änderung her, die nordischen Länder haben es vorgemacht, anders funktioniert es wohl nicht.

Gibt auch gute Dokus zu dem Thema. Speziell in jüngster Zeit ist mir "Alkohol - der globale Rausch" in Erinnerung geblieben. Hab ich aber grad in keiner TV-Thek als Freiversion gefunden.

Das kann man sich aber auch mal ansehen.
 
Ab wann ist man eigentlich Alkoholiker?
Das ist die entscheidende Frage! Ich hab in meinem Leben sehr viel Leid bei Freunden und auch bei Verwandten durch Alkoholkonsum erlebt, insofern bin ich indirekt Betroffener.

Da ich selbst aber durchaus gerne das eine oder andere Gläschen trinke, musste ich mich mit dieser Frage beschäftigen. Hierbei zählt nur die Menge pro Tag, Woche oder Monat (man muss einen längeren Zeitraum betrachten). Wie gesagt, die Menge ist entscheidend, gemessen wird glaube ich in Gramm, nicht in ml.

Für meinen Körper kam ich auf 40g Alkohol pro Tag. Das erreiche ich bei Weitem nicht.

Aber jetzt Obacht: Hierbei geht es um Gesundheitsschäden, nicht um die Sucht. Die kann natürlich nur individuell beurteilt werden. Und jeder, der sich als Alkoholiker erkannt hat, weiss natürlich, dass nur Nullkonsum geht. Ich bitte das zu beachten, wenn jetzt jemand meinen dritten Absatz zitieren und kommentieren möchte.

Wichtig ist also zu wissen, ob ich krank bin. Wenn die Krankheit erkannt ist, helfen Selbsthilfegruppen wie z. B. AA am Besten, nach der Erfahrung aus meinem Umfeld. Viele Leute, die sich dort engagieren, (Selbstengagement und Verantwortung übernehmen ist das Geheimnis) verändern sich dahin, dass sie nicht mehr von der Sucht kontrolliert werden und selbstbestimmt leben können.

Auch von mir vielen Dank an den TE. Er ist mutig. Und manche Dämonen fangen tatsächlich schon an zu leiden, wenn man über sie spricht.
 
Moin zusammen,
Gerade auf das Thema gestoßen. Ich muss echt mal ein Lob aussprechen dass es wirklich sachlich ist der thread, sogar @seblubb der normalerweise eher gerne mal sarkastisch unterwegs ist, was ich prinzipiell echt gut finde 😄

Leider ist das in der Gesellschaft immernoch Tabuthema. Es ist in meinen Augen wichtig es schon mal einzusehen das dann ein Problem hat, deshalb Respekt an alle die sich bisher geäußert haben und ihre eigenen Erfahrungen teilen. Ich (persönlich)bin weit von alkoholismus entfernt, jedoch finde ich es wichtig aufzuklären und zu sensibilisieren. Großen Respekt an @Avocado dafür 👌🏻

Werde es weiterhin verfolgen jedoch eher stiller mitleser sein
 
Ich durfte einen Alkoholiker begleiten beim "Trocken" werden. Es ist eigentlich ganz simpel, aber trotzdem schwer.

1. Keinen Alkohol kaufen
2. Keinen Alkohol trinken
3. Keine Ausreden für Ausnahmen suchen/finden

Mehr war es eigentlich nicht. Liest sich einfach, war es aber natürlich nicht.
Selbstdisziplin bekommt man nicht von anderen, die muss man mitbringen. Und eben den eigenen Willen etwas zu ändern.

Wünsche allen Betroffenen viel Erfolg.
 
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