9. Tag: 08.09.2012
Posina, Monte Pasubio, Rifugio Lancia, Rovereto, Torbole
Tourdaten, Tag 9:
Start: 09:00 Uhr; Ankunft: 19:30 Uhr; Distanz: 66,2 km; Steigzeit: 05:53 h; Sinkzeit: 03:47 h; Schnitt: 9 km/h; max. Speed: 53,1 km/h;
Fahrzeit: 07:21 h; Standzeit: 03:09 h; Anstieg: 1931 m; Abstieg: -2422 m; min. Höhe: 112 m; max. Höhe: 2258 m; Kosten: 49 ⬠inkl. Frühstück
Route, Tag 9
Höhenprofil, Tag 9
*Ringring* Pünktlich um 07:00 Uhr klingelte der Wecker. Nun brach also der letzte Tag unseres Alpencross an. Die letzten 8 Tage sind wie im Flug vergangen.
Erster Blick wie immer aus dem Fenster: Perfektes Wetter! Also schnell frisch gemacht und runter in die Gaststube. Dort saà schon unsere befreundete polnische Alpencross-Gruppe und lieà sich das Frühstück â wie gestern schon das Abendbrot â in vollen Zügen schmecken. Auch das Frühstück stand dem Fressgelage des Vorabends in nichts nach. Frisches Obst aus der Region, Rührei (sicher auch aus der Region
), Schinken, Käse, Brötchen â und alles mehr als ausreichend. Das war ja nicht immer so.
Die Sachen waren schon groÃteils gepackt, und so konnten wir es ruhig angehen lassen. Also fragten wir die Polen nach ihrem Reiseplan. Bis zum Pasubio hoch deckte sich unsere Route mit ihrer, was nicht ganz überraschend kam. Wo soll man hier auch sonst hin als MTBer? Sonderlich weit ist der Gardasee schlieÃlich nicht. Einmal über'n Berg und schon biste da. So ungefähr jedenfalls.
Nachdem wir es den Polen gleich taten und uns mit der Pensionsmama auf einem Abschiedsfoto haben ablichten lassen, schwangen wir uns ein letztes Mal vor dem groÃen Ziel auf die Rösser, die in der Stube übernachten durften.
Eindeutig herzlicher!
Vom Tal aus schlängelt sich ca. 700 Höhenmeter lang eine schmale, aber gut ausgebaute AsphaltstraÃe nach oben. Schön rhythmisch und nicht allzu steil. Die Sonne zeigte sich noch gnädig und brutzelte nicht allzu sehr auf unsere Birnen. Ins Schwitzen kamen wir trotzdem nach kürzester Zeit.
Auf dem Weg nach oben platzten wir in einen
Lauf-Wettkampf. Eine ältere Teilnehmerin in Rennkluft fluchte irgendwas, als ich an ihr vorbei fuhr. Dehydrierung? Geschwindigkeitsneid? War vielleicht besser, nichts verstanden zu haben. Ich hab's mir verkniffen, die Digicam zu zücken. Sonst hätten wir möglicherweise 500 Fotos weniger gehabt.
Neben drei polnischen Kollegen (kein Wunder, wenn die nur mit dem Lift hoch gondeln
) überholten uns auch ein paar einheimische Biker, die das Bombenwetter am Samstag nutzten, um den Pasubio zu bezwingen. Letztes Ferienwochenende in Italien, wie sich im Nachhinein herausstellte.
Oben am Parkplatz (der proppevoll mit italienischen Autos war!!!) gibt's ne Galerie zum Thema Kriegsgeschichte, wo die Läufer nach links abbogen. Danach wechselte der Belag auf Schotter. Ach, und steiler wurde es auch.
"Muss das Foto jetzt unbedingt sein?!"
Entspannend, so ganz ohne Autos. Naja, fast ohne. Ein Jeep und ein Transporter kamen sich entgegen und hatten auf dem schmalen Pfad zu tun, aneinander vorbei zu kommen. Langsam erschloss sich uns nun auch das Panorama des unter uns liegenden Tals. 30°C hatten wir mittlerweile auch erreicht, und so waren wir dankbar für jedes Fleckchen Schatten.
"Ach, wenn wir doch schon oben wären..."
Die Tatsache, dass es ein sonniger Samstag war, bescherte uns wie schon gesagt jede Menge FuÃvolk und Bikerkollegen mit leichten Carbonmöhren auf dem Weg nach oben. Mit zwei Italienern unterhielten wir uns kurz, als wir Rast machten. Die beiden meinten, es wäre eine beliebte Tagesrunde von um die 25km. Einmal rauf auf den Pasubio und auf einem anderen Trail wieder runter ins Tal. Schon alleine deshalb würde ich hier her ziehen. Den Pasubio als Hometrail...
Der Abstand zwischen den Serpentinen verringerte sich, der Blick ins Tal wurde imposanter. Langsam ging Als Wasservorrat zur Neige. Mittlerweile kam auch der Eselsrücken in Sichtweite â das Niemandsland zwischen ehemaliger italienischer und österreich-ungarischer Stellung aus dem ersten Weltkrieg.
Wer will die vielen bunten Punkte zählen?
Es wurde flacher, gerader und steiniger. Und dann endlich waren wir oben! Felsformationen, die hier und da noch deutliche Spuren vom Kriegsgeschehen tragen. Dazwischen grüne Wiesen und jede Menge Wanderer, Touristen, Biker und Fremdenlegionäre. Schnell noch etwas Stärkung am Rifugio Generale Achille Papa organisieren â so zumindest unser Plan. Da oben war es so voll, dass man eine gute halbe Stunde nach Cola angestanden hätte.
Rush hour at Monte Pasubio
Das wollten wir uns nicht antun, und so ging's weiter in Richtung Dente Italiano, also noch mal 300 Höhenmeter nach oben. Die Zunge hing mittlerweile auf Höhe Umwerfer. Da stellte sich uns ein Pavillon mit feiernden Leuten von der Fremdenlegion in den Weg. Der Getränkestand bot auch für uns etwas Cola. Frisch gestärkt wurden die letzten 150 Höhenmeter überwunden.
Das Schnauze-Voll-Gesicht täuscht etwas über die wahre Situation.
Der GPS-Track führte uns etwas in die Irre, so dass wir den Dente Italiano links liegen lieÃen und gleich nach nebenan zum Dente Austriaco kletterten. Fahren war schon lange nicht mehr möglich, und die letzten Meter zum Gipfel konnten nur noch mit geschultertem Bike über schmale, steile Treppen und einer Hand am Felsen erklommen werden. Nicht ganz ungefährlich, denn direkt daneben ging es abwärts. Kurz vor oben machten wir noch einen schnellen Abstecher in den Stollen, durch den die Ãsterreicher 1918 versucht haben, den Dente Italiano mit 55t Dynamit in die Luft zu sprengen. Hat nicht geklappt, wie man sieht.
Gut, dass wir die Stirnlampen die ganze Zeit mitgeschleppt haben.
Dann waren wir aber endlich auf dem letzten Gipfel unseres Alpencross! Ein einzigartiges Panorama mit Bergen bis zum Horizont und kaum eine Menschenseele â das war der verdiente Lohn für die Mühe des Aufstiegs. Es blieb noch genug Zeit zum GenieÃen der Aussicht und zum Fotos schieÃen (Die Kamera am Gipfelkreuz aus Stacheldraht und Granatsplittern festgetüddelt), bevor es wieder bergab ging.
Da hinten irgendwo ist die Schweiz...
Fast 360°
Aber gar nicht so einfach, da wieder heil runter zu kommen. Schmale Grate mit 100 m tiefen Abbruchkanten, steile Geröllpfade â es dauerte eine Weile, bis wir aufsatteln konnten. Ein paar Meter waren trotzdem fahrbar und wurden natürlich für Fotosessions genutzt.
Auf dem Weg zum Rifugio Lancia war es sehr technisch. Der Trail verlief parallel zum Geröll-Abhang und war teilweise sehr schmal und locker. Für Al war der Trail genau richtig, um Spaà zu haben â Tom entwichen ein paar Flüche beim Schieben.
Irgendwo zwischen Dente Austriaco und Rifugio Lancia habe ich meine dienstälteste Trinkflasche verloren. Das gelbe Quietsche-Entchen von dem ich mich nie trennen wollte. Nu liegt sie irgendwo da oben. Ich kriege schon wieder einen Kloà im Hals, als ich diese Zeilen schreibe.
Wer sie findet - wissta bescheid.
Der Abstieg zog sich etwas in die Länge, weil wir einen der Berge auf der falschen Seite passierten. Aber bald war auch die letzte Hütte unseres Alpencross 2012 erreicht. Bei Kaffee, Cola und Karottenkuchen genossen wir die Aussicht und die Nachmittagssonne.
Letztere mahnte uns allerdings auch zur Eile, wenn wir noch bei Dämmerung am Lago ankommen wollten. SchlieÃlich lagen noch 40km vor uns. Also nichts wie runter ins Tal! Bisschen Schotter, bisschen Asphalt und bald bogen wir wieder in den Wald ein auf einen Downhilltrail. Der war nicht sonderlich spektakulär, weil ziemlich breit und steil und nur sandig. Ein letzter Verfahrer in Pozza und weiter auf dem Trail nach Rovereto. Die Sonne ging schon langsam unter, und so wurde das Tempo noch mal verschärft.
Irgendwann kamen wir dann auch nach Rovereto, einer Stadt, die so gar nicht in die schöne Landschaft passt. Ein riesiges Industriegebiet und eine stinkende Kläranlage flankierten unseren etwas verworrenen Weg nach Torbole. Die letzten Höhenmeter waren für Al eine harte Prüfung und zehrten an den nicht mehr vorhandenen Reserven. Gegen 19:30 Uhr kamen wir dann endlich an der Strandbar an, wo bis dato jeder Alpencross endete.
Navistimme: "Sie haben Ihr Ziel erreicht."
Leider keine anderen Biker zu sehen, aber das Bier schmeckte trotzdem. Kurzer Weg hoch zum âHotel Garni Coralloâ. Nobles Teil, das Tom da rausgesucht hatte. Die Kingsizedusche war eine echte Wohltat. Ausgehklamotten an und ab in die Stadt zum Essen. Gar nicht so einfach, bei dem Andrang einen freien Tisch zu kriegen. Unten am Strand war noch was frei. Beim Blick auf die Karte wussten wir auch wieso: Caprese kam 12 â¬! Also wieder hoch zur Stammpizzeria "Birreria 600" und lecker Pasta & Pizza zu guten Preisen genossen. Etwas Wehmut machte sich schon breit, dass das Alpencrossmärchen schon fast vorbei war. Der Stolz über das Geleistete wog das allerdings auf. Um 23:00 Uhr ging's zurück ins Hotelzimmer. Wecker auf 07:00 Uhr und ein letztes Mal in fremden Betten pennenâ¦