Über die Eigentlichkeit der Räder ...

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18. Februar 2014
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Eigentlich dachte ich, dass das leichter wird. Eigentlich wäre es doch anders vielleicht sinnvoller, gar noch besser gewesen. Eigentlich. Aber von Anfang an.

Schon vor Monaten war klar, dass ich dieser Tage eine längere Dienstreise machen werde. Auch war klar, dass ich vor Ort ein Fahrrad nutzen will. Lange habe ich also überlegt, wie ich das Problem angehe - da es nicht die letzte Reise vor Ort bleiben wird, wollte ich etwas haben, was ich da lassen kann. Eines meiner Räder mitnehmen? Nee, das kann ich nicht verantworten. Und den ganzen Transportkram mit Rad im Flugzeug und dann vom Flughafen in die Stadt und so weiter, dass wollte ich mir eigentlich sparen. Ein billiges Reiserad aufbauen, ok. Eine Option, aber eigentlich... Lange habe ich also überlegt und irgendwann war die Zeit zu knapp und die einzige Möglichkeit die mir blieb, war ein Fahhrad vor Ort zu kaufen.

Das hört sich leichter an als gesagt. Ich habe ja leider einen gehobenen Geschmack was Räder anbelangt und kann mich auch für kurze Zeit nicht mit Schrott anfreunden - zumal ein paar längere OffRoad Touren an den Wochenenden geplant sind. Was halbwegs vernünftiges musste her und am Besten für einen annehmbaren Preis.

Zu Hause wäre ich da schnell fündig geworden. Jeder Gebraucht-Rad-Händler, die kleinanzeigen und natürlich unser liebes Forum hätten mich schnell mit einem Rad meiner Wünsche zusammengebracht.
Aber nicht hier. Nicht in Tel Aviv. Gebraucht-Rad-Händler gibt es natürlich auch - nur ohne richtige Räder (Damenräder, City-Räder, Uralte Rennräder für aberwitzige Preise. Ein Forum gibt es nicht wirklich und die israelischen Kleinanzeigen schienen ziemlich dürftig.

Tagelang habe ich die Stadt durchforstet, mit Ladenbesitzern gesprochen und mir vielfach Stirnrunzelen eingefangen: Mountainbike, Singlespeed, :spinner:. Die gängige Antwort: "Ich hab hier ein Mountainbike. Alu-Rahmen, Ölbremse, ganz leicht und neu. Kostes nur 1500 NIS (knapp 400€)" ... Einem zeigte ich zur Verdeutlichung was ich suche meine Räder. "Ach, dann geh doch mal dahin und sprich mit Amir". Amir konnte mir zwar nicht weiterhelfen, wollte sich aber umhören - in seinem Laden: zwei Rennrad KLEINS aus den frühen 90ern, ein Cannondale aus der selben Zeit, einige italienische und belgische Stahlräder. Zumindest war ich in der Welt gehobenenr Räder angelangt. Aber eben keine Mountainbikes.

Ich musste mir also eingestehen, dass das nicht so leicht ist, wie ich dachte. Israel scheint in den 90ern von der großen MTB-Welle nichts abbekommen zu haben, liegt aber zugegeben auch ziemlich weit im Osten. Und obwohl es eine große MTB Szene gibt, eine Unmenge ausgebauter Trail-Netzwerke für alle Altersstufen - zwischen 10.000$ Fully und Schrott ist kein Platz für den gehobenen Mittelklassestandard. Hier in Tel Aviv dominieren die Singlespeed/Fixie Bikes ala "Einzig" und furchtbar hässliche kleine Ebikes.

Nun ja. Da ich dringend ein Bike brauchte, habe ich also meine Hebräischkenntnisse angeworfen und bin tiefer in die Welt der israelischen Websites eingetaucht (dabei u.a. ein schönes Santa Cruz Heckler und ein Fat Chance TI von 95' entdeckt - natürlich ausserhalb meiner gewünschten Preisklasse). Die Suche aber brachte schließlich etwas passendes hervor. Schnell eine SMS an den Verkäufer - das Angebot war schon älter, aber halbwegs in der Nähe. Kurzum verabredet und nach einem Spaziergang durch die halbe Stadt hatte ich endlich ein Fahrrad. Da es leider schon stockdunkel ist (was ich in meiner Planung für Touren unbedingt berücksichtigen muss!) gibt es nur ein einziges Bild.

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Ein 2007ner Marin Pine Mountain (Columbus Zona Stahl) - bereits vom Vorbesitzer als Singlespeed umgebaut. Mit Marzocchi MZ in der Front, mechanische Discs von Hayes, ein bissel dies ein bissel das. Ein paar Upgrades wird es natürlich geben (ich hab eingies von zu Hause mitgenommen), damit ich das Teil auch artgerecht bewegen kann. Aber der Heimweg war damit schon erheblich schneller. Preislich nur wenig über meinem gesetzen Budget (das ich aus den gesparten TransportKosten und einem für diesen Zweck aufzubauenden Budgetbike zusammensetzte).

Zufrieden und hungrig sage ich Tschüß und Auf Wiedersehen.
 

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:daumen:
Schöne Geschichte. ... vieleicht gibt es noch ne Fortsetzung?
Klar gehts hier weiter :)

Erster Tag im "Außendienst" - das heißt in meinem Falle, Arbeit im Archiv. Das musste aber erstmal gefunden werden ... Aber nach einem erfolgreichen Arbeitstag konnte ich die Fahrt zurück nach Tel Aviv (natürlich alles mit dem Rad) für ein paar erste Bilder nutzen. Leider waren die Reifen heut noch nicht da, daher immer noch im City-Flitzer Modus. Das geht aber gut. Erste Veränderungen gab es trotzdem schon. Mein mitgebrachter Brooks steht dem Teil recht gut, wie ich finde. Und der Vorbau durfte ein paar Spacer runter...






So. Mehr geht heute nicht mehr. :bier:
 
Noch eins. Für Freitag habe ich eine erste Tour geplant, um eine Kollegin zu besuchen und noch etwas unerledigtes zu erledigen - dazu dann "danach" mehr. Also Daumen drücken, dass das mit den Reifen klappt - naturgemäß gehören 26" MTB Reifen hier auch der Vergangenheit an ...

Für den Abend noch einmal ein wenig Sommer ;)

 



Verändert haben sich offenkundig die Reifen. Feinstes China-Gedöns. Ich bin hin und her gerissen zwischen der Überlegung mit qualitativen Parts in Israel so richtisch fett Kohle machen zu können oder ob das einfach keiner will. Tendenziell würde ich sagen, es ist letzteres :spinner:.
Nunja, ein Flaschenhalter ist auch dabei und die Kette sitzt jetzt schön straff. Falls mir nicht zufällig noch irgendwas fetziges über den Weg fährt, bleibt es jetzt wohl so. Ach, die Pedale will ich noch gegen 747 wechseln :)

Alles Gute,
Marco
 
Kannst du dich ( mit dem Bike ) wirklich gefahrlos durch's Land bewegen,gibt es Einschränkungen?
Grüße aus NRW
 
Kannst du dich ( mit dem Bike ) wirklich gefahrlos durch's Land bewegen,gibt es Einschränkungen?
Grüße aus NRW
Mal abgesehen von den üblichen (oder vielleicht auch mehr als üblichen) Gefahren die vom Verkehr ausgehen und der Beachtung von Sicherhwitshinweisen gibts eigentlich keine Schwierigkeiten. Je nach dem wo man unterwegs ist (OffRoad) sollte man auf militärische Sperrgebiete und Minenfelder acht geben.

Ein gutes Schloß ist zu empfehlen ;)
 
Wie geplant und versprochen machte ich mich heute morgen auf den Weg meine Kollegin in Ben Shemen zu besuchen (Luftlinie etwa 30km südöstlich von Tel Aviv) - die Route plante ich allerdings etwas anders und das kam so.

Letztes Jahr fuhr ich von Jerusalem nach Tel Aviv und nur wenige Kilometer vor dem Ziel ereilte mich nicht nur die Dunkelheit, leidlich erhellt durch meine Lampe, sondern auch ein komplett überspülter Weg. Keine Chance. Die Lösung war die Autobahn, auf der ich dann die letzten Kilometer reinfuhr :eek: - was soll man machen. Aber, dachte ich mir schon damals. aber diesen Weg musst du so oder so nochmal zu Ende fahren.

Also, ganz klar einen kleinen unerheblichen Umweg eingeplant und losgelegt. Das Wetter heute morgen heiter - Regen war angekündigt, aber gut.



Die Surfer waren im Wasser und ich fuhr los...



Nach einigen Kilometern hatte ich nicht nur Tel Aviv, sondern auch den asphaltierten Fahrradweg entlang des Yarkon Flusses hinter mich gelassen. Schilf und Plantage so weit das Auge reicht. Bachstelzen am Wegesrand und Papageien flog aufgeregt umher ... Noch lief alles gut. Der Weg ging sich sanft an und noch war es trocken.



Nur wenig später, sah das etwas anders aus



Schlamm. Überall. In dicken Brocken verklebte er die Reifen, die Gabel, die Bremsen



Diese beide Zeichen sind auf dem Weg zwischen Tel Aviv und Jerusalem recht sinnvoll. Links die 3 Balken sind der Israel Trail, der Shvil Israel, ein über tausend Kilometer langer Fernwanderweg, der sich einige hundert Kilometer eben auch gut zum Radfahren eignet. Daneben, ist der Mountainbike Weg "Jam leJam" im Hebräischen ein Wortspiel, am Ende bedeutet es von Jersualem zum Meer.

Langsam nährte ich mir jener Stelle, an der ich Vorjahr nicht mehr weiterkam...



Und was soll ich sagen. Auch diesmal blockierten reißende Ströme (ganz im Ernst) die Weiterfahrt... Diesmal allerdings konnte mich besseres Kartenmaterial (Komoot) auf einen anderen Weg führen und da fing es an zu regnen.

Auf besseres Wetter wartend, verbrachte ich eine Weile unter einer trockenen Autobahnunterführung und konnte nach der Weiterfahrt an einer Tankstelle eine kleine Pause einlegen.




Vorbei an der Quelle vom Yarkon erreichte ich nach etlichen weiteren schlammigen Feldwegen den Übergang in die Hügel und damit in, so hoffte ich, etwas bessere Wege...




Zunächst musste ich allerdings durch einen langen mit Wasser gefüllten Tunnel, der erst ab der Hälfte halbwegs begehbar wurde.



Drüben angekommen, erreicht ich bald den Givat Koach Forrest, ein kleiner Nationalpark mit schöngen Singletrails. Allerdings unfahrbar. Innerhalb von Sekunden waren die Reifen derart mit Schlamm blockiert, dass ich das Rad tragen musste, da selbst schieben zu schwer wurde...




Hier entschied ich mich, was sollte ich auch anderes machen, den Wald Wald sein zu lassen und mich irgendwie zur nächsten "Bundesstraße" durchzuschlagen. Es fing an zu regnen und kaum war ich auf der Straße prasselte es in Strömen und ich war nass bis auf den Schlüppi. Da es auf den Bundesstraßen in Israel in etwa wie auf einer deutschen Autobahn ist, der Seitenstreifen ein Sturzbach war und sich bereits meine Vorderradbremse verabschiedet hatte gibt es keine Bilder und ich fuhr weiter bis zu meinem ersten Etappenziel, dem Jugenddorf Ben Shemen - in den 30ern einer der wichtigsten Orte zur Rettung von hunderten jüdischen Jugendlichen und noch heute quasi ein Internat. Vor Ort bekam mein Rad eine Wäsche und ich nen Kaffee und ne Stulle bei meiner Kollegin. Irgendwann machte ich mich auf die Weiterfahrt, die nunmehr die Rückfahrt nach Tel Aviv, über Lod, Ramlah, Rishon LeZion und Bat Yam sein sollte. Nach der Vorderradbremse verabschiedete sich nun auch die hintere Bremse und ich musste feststellen, dass ich irgendwo auf dem Weg mein Multitool verloren hatte. Also weiter ohne Bremse. Was auf der Bundesstraße noch irgendwie ging, weil man dort ja selten Bremsen muss, war in den Städten Scheiße. So auch meine Routenplanung, die ich immer wieder unterwegs modifizieren musste. Glücklicher Weise ist Freitag Nachmittag kaum noch jemand unterwegs, da sowohl Shabbat als auch das Freitagsgebet beginnt und ich kam relativ unbehelligt bis zum Meer.



Von dort (Bat Yam) sind es nur noch ein paar Kilometer nach Jaffa, zumeist auf schönen Radwegen ohne Publikumsverkehr. Noch schnell eine Abendaufnahme von der Altstad von Jaffa und dann ab in meine Unterkunft...




Statt der geplanten 100km fuhr ich "nur" knapp 85km mit einer Fahrtzeit von 5 1/2 Stunden und etwa 650Hm. In Anbetracht der Umstände ganz ordentlich, wie ich finde.
So, jetzt trink ich mein Weizen und geh zum Shabbat Dinner. In diesem Sinne Shabbat Shalom und ein schönes Wochenende.

Marco

(PS: So wie dich Schuhe sah auch der Rest aus :) )
 
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Durch's gelobte Land mit dem Bike ...das würde mich auch reizen.
In den 80igern fuhr ein Freund von mir der Jiddisch sprach durch Israel,damals gab's noch viele deutsch/jiddisch sprechende Menschen.
Ehrlich gesagt hätte ich heute ziemliche Bedenken.....
 
Brauchst du nicht. Und es gibt die Holylandchallenge, ein Bikepacking Race vom Mt.Hermon nach Eilat... Einmal im Jahr gemeinsamer Start; ich glaube nächstes Jahr im Oktober - leider habe ich nie so viel Freizeit. :cool:
 
Nach der Vorderradbremse verabschiedete sich nun auch die hintere Bremse und ich musste feststellen, dass ich irgendwo auf dem Weg mein Multitool verloren hatte. Also weiter ohne Bremse.
Defekte Bremsen ohne Chance auf Radladen und das erste Mal seit Jahren mit einer Disc konfrontiert kann erstmal für Verwirrung sorgen.
Als erstes musste ich Werkzeug besorgen, da wie gesagt mein Multitool verloren ging - ich kann mich noch daran erinnern, wie etwas in dem Tunnel hinter mir ins Wasser fiel, dachte mir aber nichts dabei :wut:. Das mit dem Werkzeug zog sich - in Tel Aviv machen alle Läden erst morgen wieder auf und der einzige Mensch hier im Haus kam erst spät vom Strand zurück. Das zweite Problem war Diagnose und Behandlung des Patienten. Nachdem ich endlich alles beisammen hatte, und bereits diverse Alternativen für meine Fortbewegung in der nächsten Woche durchdachte, ging es eigentlich ganz einfach. Diagnose: PadWear - so wie mein Sattel durch den Schlamm eine Schicht weniger Leder hat, so hats wohl auch die Pads rasant verschlissen... Aber noch war nicht aller Tage Abend und ein paar Schraubenumdrehungen später bremst das Rad wieder und das auch noch besser als vorher. Nichts schleift. Der Patient lebt und kann morgen das Krankenhaus wieder verlassen.

Heureka. Für mich die erste Scheibenbremsoperation überhaupt...

:i2::bier::i2:
 
Die letzten Tage musste ich in einem kleinen Kibbuz etwa 40km südich von Tel Aviv arbeiten. Der Hinweg war verhältnismäßig entspannt, da ich den Zug nehmen konnte (nur zwischen 9.00 Uhr - 15.00 Uhr und ab 19.00Uhr können Räder transportiert werden). Nur der Rückweg war ziemlich ätzend. Nämlich die Hälfte der Strecke neben den Autokolonen des nachmittaglichen Berufsverkehrs die auf der mehrspurigen Bundesstraße vor sich hin rasen... Es gibt leider keinen anderen Weg.

Das Ende des elenden Weges (nun nicht ganz, eigentlich endet der schon vorher) ist natürlich das Meer:





:bier:
 


Well. Nachdem ich mich ja schon einige Tage nicht mehr gemeldet hab - was einfach der Arbeit und dem normalen Stadt-Commuting in Jerusalem geschuldet war - möchte ich mich heute mit einem kleinen Tourenbericht zurückmelden. Gleichsam dies auch mein letzter Bericht sein wird, denn nächste Woche gehts wieder nach Berlin ...

Zielstellung: Jerusalem - Tel Aviv auf dem MeJam leJam MTB Trail/Weg (Offiziell sind das 4 Etappen mit insgesamt 130 km und ca. 1300 Hm Uphill)

Heute morgen, um 6.25 wachte ich auf. Der Wecker sollte erst 5 Minuten später klingeln, nunja. Noch rasch geduscht und zur Rezeption den Schlüssel übers Wochenende hinterlegen, weil ich erst Sonntag zurück muss. Tatsächlich war auch schon das Frühstück fertig, was sich gut traf, den einen Plan zur Essensversorgung hatte ich noch nicht. Dann folgte der Weg durch die Stadt - im Februar 2017 hatte ich einen anderen Einstiegspunkt gewählt um durch die Berge zu kommen, sozusagen den "Höhenweg", was allerdings irreführend ist, den es geht bei diesem Weg beständig zum einen Gipfel rauf und runter ins nächste Tal, ich glaube 6 oder 7 Mal. Heute wollte ich ja einen anderen Weg, eben den offiziellen und wir mir schien etwas moderateren Weg wählen.

(Die offiziellen Infos, allerdings nur auf Hebräisch:
http://www.eyarok.org.il/uploads/files/KKL-bike-alon-print-indd-end-2(2).pdf)


Und hier geht er los:


(Jerusalem, Malcha, in der Nähe vom Bahnhof)

Der Weg führt erstmal asphaltiert in das Wadi/in den Flusslauf hinein und endet dann aprubt nach wenigen hundert Metern in einem sich schnell auf wenige Zentimeter verengenden Singeltrail. Zwar etwas irritiert über den Zustand stellte sich der Weg doch als Richtig heraus und bald musste ich mich an meinen ersten Aufstieg zu den "Lavon Quellen" machen. Breitere Dirtroads wechselten sich mit Singletrails ab und zwischendrin immer wieder breite aber nur mit guter Linienführung fahrbare Wege: Steine von Kinds- bis zum Rindskopf, felsige Stufen und ausgewaschene Passagen machten leider auch den Downhill stellenweise schwierig - ganz zu schweigen vom Weg Bergauf.


(Singletrail auf dem Schwil Israel, dem National Trail)

Der wie sich rausstellte erstmal letzte Singletrail, mit einigen Kilometern länge und meistens gut fahrbar, wenn auch nich sonderlich flowig, mündete in einer ebenfalls mehrere Kilometer lange Abfahrt, die den Alpenpisten im nichts nachsteht. Unten angekommen, wartete das trockene Flußbett des Nahal Refaim auf mich, dass nun mein beständiger Begleiter werden sollte, bis es irgendwann auf den wasserführenden Fluß Sorek traf, der mich nach gefühlt 100 Flusskurven, schließlich oberhalb der Autobahn vor der kleinen Ortschaft Eschatol wieder ausspuckte. Bis dahin, eine sehr gute Wegwahl, landschaftlich der Hammer und in den Morgenstunden ein schönes Spiel von Licht und Schatten. Gut in der Zeit und noch nicht so viele Höhenmeter in den Beinen machte ich mich auf die Suche nach dem Autobahn-Crossing. Hier offenbarte sich das erste Mal das Problem mit meiner Navi-App (komoot), denn die in der Karte verzeichneten Wege waren schlicht nicht mehr da - also Umwege fahren und suchen, suchen, suchen. Als ich dann endlich drüben war, startete der Trail im Eshatol-Forrest - und auch hier: Wege die vielleicht mal da waren aber schon wirklich lang selbst als ausgetretener Pfad nicht mehr existierten, steuerte Komoot (natürlich nur Dank meiner vorherigen Routenplanung) mit einer gottgleichen Selbstherrlichkeit an. Das kostete Zeit und Kraft und sukzessive verlor ich die durch die Fahrt am Fluss gewonnene Zeit. Meine Wasservorräte gingen zur Neige und ich brauchte dringend eine kleine Pause. Plötzlich, wie aus dem Nichts und ebenfalls nicht verzeichnet (!): eine Karaoke Bar, ja richtig, mitten im Nirgendwo, umgegeben nur von Hügeln, Wäldern und Hühnerzuchten, eine Karaoke-Bar, und sogar offen. Cola reingepfiffen, Wasser aufgefüllt (natürlich das Wasser aus der teuren Flasche) und weiter gings. Die Wegführung wurde nicht besser und eine wesentliche Erkenntnis ist: Landwirtschaftliche Nutzwege, die aus irgendeinem Grund auf der Karte verzeichnet waren, sind nicht zwangsläufig mehr vorhanden. Dafür ein Reh gesehen. Und irgendwann auch mal Buka erreicht, den nächsten Ort, den ich zwar nicht passierte, der mir aber als Wegmarke diente.


(Judean Mountains; Refaim National Park)


(Judaen Mountains; Nahal Sorek National Park)




(Music in the Air)


(Such den Weg in Eschatol)

(Als kleine Erklärung: eigentlich wollte ich ja dem Jerusalem-Tel Aviv Trail folgen, aber zumindest in diese Richtung ist die Ausschilderung weitgehend scheiße. Jungs und Mädels vom Kerem Kajehmet LeIsrael: da müsst ihr nochmal ran!)

Nach Buka läpperten sich die Höhenmeter, und wie bei meiner ersten Tour setzte hier langsam die erste Ermüdungsphase ein - es ist nicht besonders steil, aber beständiges Uphill geht vor allem mit zu großer Übersetzung an die Substanz. Dann ging es Querfeldein, mal hier eine steile Auffahrt, mal da eine steile Abfahrt. Hin und wieder MotorCross und Quad-Maschinen (deren Fahrer aber sehr vorsichtig an mir vorbeifuhren) und nach langem, wirklich langem herummäandern und nach Wegen suchen, spontane Entscheidungen für vermeintlich bessere Wege und hin und wieder tatsächlich mal auch Wegweiser für meine eigentliche Strecke, kam ich endlich in Ben Shemen Forrest an. Da war ich ja vor zwei Wochen schonmal. Wieder war das Wasser knapp und die Puste war alle - vor mir hätten aber noch 15-20 weitere solcher Kilometer gelegen, schlecht wenn es spätestens um 17 Uhr zappen duster ist. Also, ab auf die Straße und ab nach Shoham, da gibt es Trinkwasserbrunnen am Wegesrand. Einziges Problem, bei der Einfahrt blieb mein Kettenspanner an einem Bauzaun, Draht, was auch immer hängen und verbog das Schaltauge derart, dass die Kette nunmehr nur mit MagicGear "gespannt" war. Kacke, sage ich Euch, aber wenigsten hatte ich Wasser. An eine Wiedervereinigung mit der Tour in der Hügeln war nicht mehr so denken und so plante ich einen guten Teil der Strecke um, bevor ich schließlich auf den schon mehrfach gefahrenen Weg Richtung Yarkon Springs landete. Unterwegs sprach mich ein MTBler an, ob ich Hilfe, ob meines Kettenspanners brauche, ob ich den Weg kenne, usw. sehr besorgt , sehr nett. :daumen:


(Up ahead in the distance, I saw a shimmering light ...)








Am Ende stand ich wie damals 2017 vor dem Problem nicht am Yarkon entlang nach Tel Aviv reinfahren zu können, sondern wieder den lange Weg über die Straßen von Petach Tikvah, Bnei Brak und Ramat Gan zu nehmen (drei Städte, die aber derart in sich hinein wachsen, dass sie mit Tel Aviv zusammen eine im Grunde geschloßene Großstadt ergeben, die man nur an Hand der unterschiedlich farbigen Straßenschilder erkennen kann). Da es inzwischen dunkel war und Shabbat schon begonnen hatte, waren die Straßen verhältnismäßig leer und irgenwann erreichte ich dann endlich die Stadtgrenze zu Tel Aviv, ein erhebener Moment, auch wenn die Szenerie im Grunde weniger schön ist (große Straßen, große Baustellen, große Häuser), wenigstens kenn ich mich hier aus und konnte auch ohne das nervige Navi (ihre Route liegt 6km rechts von Ihnen) den Weg zum Meer und dann in meiner Unterkunft finden.





Da bin ich jetzt und tippe das hier schnell rein, bevor es Shabbat Dinner, Bierchen und Bettchen gibt.

Die finalen Zahlen sehen dann so aus: 112 km, 1250Hm (bergauf), immerhin 2010Hm (bergab), 7H41 reine Fahrzeit, ca. 10H Unterwegs. Durchschnittsgeschwindigkeit 14,6 km/h.

:i2::bier::i2:
שבת שלום​
 
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Heute habe ich mein Rad in Tel Aviv (in meiner dortigen Unterkunft) angeschlossen und einen Schlüssel hinterlegt - wer also mal ein Rad (und ein Bett) braucht und zufällig in der Gegend ist, kann sich gern zwecks näherer Daten bei mir melden.

Das gleiche gilt natürlich auch für allgemeine oder besondere Infos zum Thema Israel und MTB, Streckenplanung, etc. außerhalb der regulären Rennen, die ja auch hier im mtb-news Bereich regelmäßig besprochen werden.

Danke fürs mitlesen und bis bald :)
 
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