Das Jahr 2020 lief auch für mich anders als erhofft. Ich hatte einiges geplant, aber das fiel flach. Es war ja alles geschlossen. Ja, ich konnte auf dem Bike sitzen. Das wurde mir aber durch Knieschmerzen versaut - ich hatte nicht gemerkt, dass die Sattelstütze gerutscht war und ich viel zu tief saß. Das Knie war erst zum Herbst wieder gut, ich erklärte so etwa Ende September "jetzt kann das Jahr beginnen".
Dafür hatte ich meinen Bachelor abgeschlossen und mein Arbeitgeber freute sich aufgrund von Krankheits- und Quarantäneausfällen über jede Schicht, die ich zusätzlich übernahm. Als kleiner Workaholic richtete ich mich häuslich in der Rettungswache ein und ließ mir einige hundert Stunden mit Überstundenzuschlag auszahlen.
Und was macht man mit dem Geld? Schulden vom Studium hatte ich nie. Für längerfristige Finanzpläne war es dann doch zu wenig. Aber mein aktuelles Bike wird bald 5 Jahre alt. Zumal einige Teile noch von meinem ersten 29er aus dem Jahr 2011 stammen. Was liegt also näher, als sich mit einem neuen fahrbaren Untersatz für das Sche|$§jahr zu entschädigen?
Ich bin Bikemäßig sehr von den hier ansäßigen Feierabendgruppen geprägt. Man trifft sich zum gemeinsamen Tempobolzen mit gelegentlicher Traileinlage. Das Maß der Dinge sind die Kilometer und Höhenmeter. Jene, die etwas auf sich halten, stehen bei den lokalen Marathonrennen mit im Startblock. Selbstverständlich wird Hardtail gefahren, ein Fully ist was für alte Leute mit Bandscheibenvorfall. So war für mich das Hardtail auch lange Zeit gesetzt. Auch, wenn ich schon immer Zweifel hatte, dass das so gut ist.
Auf Trails bin ich nämlich nicht besonders selbstbewusst. Abflüge über den Lenker haben mich schon zwei Mal ins Krankenhaus gebracht. Dass mir ein Reifen auf nassem Kalkstein oder einer feuchten Baumwurzel wegrutschte, hat mir auch schon mehrmals den Tag versaut. Somit kommt eine recht tief sitzende Angst zum Tragen, wenn es steil bergab geht oder rutschig wird. Ich denke ständig daran, dass es wehtun wird wenn was schief geht.
Und klar, das Hardtail mit knappem Federweg und starrer Sattelstütze hilft da nicht wirklich.
Der erste Gedanke war, dem Hardtail ein Trailbike zur Seite zu stellen, um mich auf Trailtouren an den schwierigen Stellen mehr zu trauen und Selbstvertrauen zu gewinnen. Ein großer Heureka-Moment war, als ich mir für drei Tage ein Enduro mietete und damit in Sölden plötzlich Stellen befahren konnte, die ich mich sonst niemals herunter getraut hätte. Dass eine absenkbare Sattelstütze viel ausmacht, war mir schon vorher klar. Aber dass die Hinterradfederung so viel ausmacht, hätte ich nicht gedacht. Beim Hardtail habe ich öfters das Gefühl, dass das Hinterrad von Steinen oder Wurzeln noch extra nach oben geschleudert wird, sodass das Bike nochmal weiter nach vorne kippt. Das passierte beim Fully nicht. Fühlt sich viel sicherer an!
Was ich aber auch merkte: So ein schweres Bike, das sich kaum bergauf pedalieren lässt, ist nicht meine Welt. Und ich kam auch zu dem Schluss, dass ich eher der Typ "ein Bike für alles" bin. Also muss das kommende Bike beim Kilometerbolzen und Höhenmeterfressen mitmachen können, darf zumindest nicht spürbar bremsen.
Das heißt auch: Gewicht sparen. Also Carbon. Carbon von "seriösen Marken" ist teuer. Wieder ein China-Rahmen, wie beim aktuellen Hardtail? Aber da gibt es so viel Auswahl...
Dann gab es auf der Startseite einen sehr interessanten Testbericht. Und passend dazu stolperte ich hier über einen noch interessanteren Aufbauthread. Bei Chinertown gab es einen 70-seitigen Thread.
Einige Onlineshops geöffnet, eine Exceltabelle angefangen: könnte hinhauen... gar nicht uneben... hier und da kann man noch was sparen...
...und einige Mails mit zwei Chinesen ausgetauscht, aufgrund derer zwei ansehnliche Summen über PayPal liefen.
Beide Pakete enthalten Substantielle Bestandteile des neuen Bikes und befinden sich aktuell irgendwo zwischen hier...
...und hier:
Kann sich also nur noch um Wochen handeln. Ich bin leider mit DPD nicht so grün, braucht hierher gerne mal ein paar Tage länger.
Bis dahin werde ich euch mit den Teilen unterhalten, die schon hier sind. Das sind nämlich schon fast alle. Es besteht also soweit kein Diskussionsbedarf mehr über die Teilewahl.
Das Gewicht der Einzelteile werde ich zum Spaß dokumentieren. Es ist allerdings schon klar, dass eine sehr interessante Marke beim Gesamtgewicht nicht geknackt wird.
Es kommt einiges aus dem Reich der Mitte. Der Rahmen kommt aus keiner Kult-Schmiede, es werden keine Kult-Teile verbaut. Man merkt stellenweise auch, dass ich gewisse Kernkompetenzen des Schwabentums beherrsche (es ist nicht der Dialekt). Und ich schreibe gerne viel. Wahrscheinlich trifft dieser Thread also nicht jedermanns Geschmack, womit ich vollkommen einverstanden bin.
Für jene, die jetzt noch mitlesen:
China-Carbon muss nicht schwarz sein