An der Donau entlang bis Rumänien

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Diesen Sommer unternahm ich meine erste etwas längere Fahradtour, ich fuhr an der Donau von Wien startend über Serbien bis Timisoara/Rumänien. Unterwegs war ich alleine im "Bikepacking Style", übernachtet wurde im Zelt. Nix Spektakuläres, trotzdem für mich ein großes Abenteuer durch sechs verschiedene Länder, wenn Interesse besteht berichte ich ein wenig über meine Erfahrungen, ich habe allerdings auf der Tour kaum Fotos gemacht da wird dann eher wenig kommen...
 
Ich glaub ich hab das falsch reingesetzt, ist ja kein Live - Bericht, wo kommen denn die "normalen" Berichte rein, hab da nix gefunden? Kann man das noch verschieben?
 
Respekt für Deine Tour, mich interessiert das.
Ich würde das in "Reisen, Routen und Reviere" posten, aber andererseits hätte ich Dich dort nicht so einfach gefunden. Ich wollte auch mal was verschieben lassen, aber das hat trotz viel Mühe nicht geklappt.

Gruss Tobias
 
Hi Tobias
Danke für die netten Worte.
Na dann schreib ich einfach hier auch wenn meine Tour schon wieder einige Wochen zurück liegr und nicht "live" ist.

Warum die Donau?
Ich mag Südosteuropa, ich wollte schon immer mal nach Rumänien, ich mag es wenn es flach ist und gut rollt (ok Berge mag ich auch so ist es ja nicht) und dann gibt es noch so ein Buch was ich vor vielen Jahren mal gelesen habe und an das ich immer mal wieder gedacht habe: Lothar Günter Buchheim - Tage und Nächte steigen aus dem Strom. Ein fantastisches Buch, all das was heute eine Milliardenindustrie ist, "Outdoor", das gab es schon vor 100 Jahren. Was muss das für ein Abenteuer gewesen sein für den jungen Buchheim, in einer Zeit in der eine solche Reise noch aussergewöhnlich war, so denke ich jedenfalls.
Einmal würde ich gerne diesen längsten oder auch zweitlängsten Fluss Europas von der Quelle bis zur Mündung in einem Stück befahren, aber ich habe ja noch keine Erfahrung mit langen Radreisen, war früher fast nur in den Bergen sportlich unterwegs, also muss fürs erste mal ein Teil der Donau reichen.
Sucht man Infos zum "Donauradweg" im Internet findet man endlose Reiseberichte, kommerzielle Touren , Youube Videos von Passau nach Wien, aber hinter Wien wird es dann sehr spärlich. Also war für mich klar, ich starte in meinem knappen Urlaub gleich von Wien, verlasse all zu ausgetretene Pfade und schau dann mal wie weit ich komme. Naja nicht ganz, die Rückreise mit Fahrrad muss ja auch organisiert werden, und da sah ich schnell dass es gar nicht so leicht ist, vom Balkan mit Rad und Bus wieder zurück nach Deutschland zu kommen. Nach etwas Recherche bot sich dann Timisoara an, von hier gab es (oder auch nicht, aber dazu später) Busse die Fahrradträger haben, und ich hatte von der Donau aus die Optionen zum "abkürzen", denn ich hatte wie gesagt NULL Erfahrung mit etwas längeren Touren. Da kann ja viel passieren dachte ich mir: Das Rad ist im Eimer, der Hintern brennt, die Beine sind müde, man wird verhaftet (okay ist mir dann später fast passiert aber dazu vielleicht später).
Also stand der Plan so ganz grob fest: Von Wien immer an der Donau entlang bis Belgrad, von dort wollte ich dann die Donau verlassen und nach Rumänien, mit dem Bus wieder zurück nach Wien und nach Deutschland.

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Anreise und erster Tag
Mit diesem grünen Reiseunternehmen ging es zunächst nach Wien
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Meine Bikepacking - Taschen verstaute ich in einer Ikea Tasche. Am späten Abend in Wien angekommen suchte ich mir in totaler Finsternis einen schönen Zeltplatz auf der Donauinsel (Foto vom Morgen danach):
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Die erste Nacht schlief ich gleich sehr gut. Es kamen immer mal wieder ein paar Leute zu Fuss oder auf dem Rasl an meinem Zelt vorbei, aber das störte mich nicht. Am Morgen stellte ich dann fest, das ich viel zu viel mitgenommen hatte und vieleicht einmal mit meinem ganzen Zeug eine Probefahrt hätte machen sollen. Nach etwa 2 Stunden war dann aber alles verstaut und es war wohl etwa 10 Uhr, als ich wirklich alles irgendwo festgezurrt hatte und es endlich los ging...
 
Ach schön, die Donau! Da werden Erinnerungen wach. Auch wenns bei mir letztes Jahr nur der erste Teil war.
Aber gerade die ersten Kilometer von der Quelle ab sind wirklich hübsch und empfehlenswert! 😍 Wir sind bis Ingolsstadt gekommen.
 
Ich lese mal mit. An der Donau war ich im Osten auch schon viel unterwegs. Rumänien, Bulgarien, Moldawien und Ukraine. Und ich hatte sogar mal eine Datscha bei Donau-km-10. Auf der ukrainischen Seite. 🙂
 
Noch nicht ganz aus Wien heraus verfranzte ich mich dann gleich ein erstes Mal in einer Art Hafen, ich kam nicht mehr weiter, fuhr ein Stück zurück, stand dann vor einem fast 2 Meter hohen Zaun. Mithilfe eines freundlichen Wiener Rennradfahrers wuchtete ich das schwer beladene Rad dann über das Hindernis. Das geht ja gut los, dachte ich mir. Gerade mal ein paar Minuten unterwegs und schon die erste peinliche AKtion...
Ab da lief es dann aber besser, die Strassen waren mal asphaltiert und mal sehr guter "Gravel", ich kam ganz gut voran und war am frühen Nachmittag in Bratislava, was direkt nach der unbewachten Grenze kam






Da sah mein Fahrrad dann in etwa so aus:

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Eigentlich plante ich einen kurzen Boxenstopp in einem Pressburger Einkaufszentrum. Toilettengang und Powerbank aufladen. Als ich mein Rad in die Mall hineinschob kam mir sofort ein aufgeregter Wachmann eintgegen: Keine Fahrräder meinte er wohl, "No Bikes! He Hallo ich FAHRE hier kein Fahrrad ich SCHIEBE es nur! Nein das war ihm egal, er hatte heute seinen großen Tag, endlich macht mal jemand was Verbotenes in seinem Revier. Okay ich versuchte ihm noch die Bedeutung der "Verbotsschilder" zu erklären: Wenn da eine durchgestrichene Zigarette abgebildet ist, heißt das NICHT dass man keine Zigaretten durch das Einkaufszentrum tragen darf, solang man sie sich nicht anzündet. Aber das war ihm egal, "no bikes", und als ich ihn bat er soll mal den Manager holen verstand er plötzlich kein Wort Englisch mehr...
Gut was solls, ich bin hier Gast, warum sich in etwas hineinsteigern. Ich liess mein vollbepacktes Rad ohne Schloss vor dem EInkaufszentrum stehen in der Hoffnung, die Überwachungskameras sind genug "Schutz" vor Gelegenheitsdieben. So war es dann auch, aber ich war leicht genervt und sah zu dass ich so schnell wie möglich nach erfolgreicher Erledigung von Number Two die eigentlich sehr schöne Hauptstadt der Slowakei wieder verliess...

Hinter Bratislava wurde die Donau dann recht breit, der sehr gut ausgebaute Radweg führte direkt am Donauufer entlang. Schiffe sah ich aber kaum. Nun war der Radverkehr schon äußert spärlich und es wurde sehr heiß, nach einer Weile erschienen vor mir zwei Rennradfahrer, die relativ gemütlich, aber doch deutlich schneller als ich unterwegs waren. Es gelang mir aufzuschliessen und ich fragte den jüngeren der Beiden auf Englisch, ob sie ein Problem damit hätten, wenn ich ein wenig bei Ihnen im Windschatten fahre. Er gab sein okay und so kam ich die nächsten 40 Kilometer recht flott voran ohne dass ich mich extrem anstrengen musste. Als sie dann abbogen vesorgten die beiden mich noch mit ihren restlichen slowakischen Energieriegeln (ich rätsel bis heute was da eigentlich drin war) und ich näherte mich der ungarischen Grenze. Komarom ist eine slowakisch/ungarische Doppelstadt, die ich mir etwas anschaute, das Nachladen der Powerbank holte ich in einem KFC nach, nun wieder in der Slowakei. Danach fuhr ich noch einige Kilometer weiter auf slowakischer Seite bis zu einem Platz wo ich meinte, der könnte gut zum Übernachten sein. Dort war ein kleiner Kiosk, ich freundete mich gleich an mit dem "Wirt" und seiner Kollegin/Freundin/Frau (so klar war das für mich nicht in welchem Verhältnis die beiden standen), kochte mir etwas zu essen.
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Nach einem eiskaltem Spezi trank ich danach noch zwei oder drei Bier, ging zwischendrin in der Donau baden (die Strömung ist echt heftig man sollte schon etwas auspassen) und baute mein Zelt auf. Der "Wirt", der kein Wort deutsch oder englisch sprach aber mir unbedingt alles erzählen wollte zeigte mir seinen Zeltplatz, er campte mit seiner Frau/Kollegin direkt an der Donau, sehr primitiv, sehr bescheinden. Es waren sehr einfach Leute aber sie waren sehr herzlich und freundlich, er freute sich anscheinend total über einen weiteren Camper. Ich habe meine Reise nicht genau getrackt, aber ich bin am ersten Tag etwa 190 km gefahren, für mich eine doch eher lange Strecke auch wenn es flach war. Nachts im Zelt bzw im Moskitonetz, das Aussenzelt liess ich fortan meistens weg, machte ich eine dumme Bewegung, und plötzlich bekam ich furchtbare Krämpfe in beiden Adduktoren. Ich robbte aus dem Zelt heraus was die Schmerzen natürlich zunächst noch mal steigerte und versuchte verzweifelt durch diverse Verenkungen, den Krämpfen etwas engegenzusetzen, was es aber nicht besser machte. :D Jetzt lache ich drüber aber in dem Moment ist das eine dumme Situation, in der man sich komplett hilflos fühlt, und es waren gefühlt eher Minuten als Sekunden. Dann waren die Krämpfe aber wieder genau so schnell weg wie sie gekommen sind und ich schlief ein. Bis ich dann von einem Polizeiauto mit slowakischer Sirene geweckt wurde, was genau neben meinem Zelt hielt, offenbar ein anderes Auto verfolgend. War dann wohl aber ein Kumpel des Polizisten, die beiden stiegen aus, lachten, tranken ein Bier zusammen und verschwanden dann wieder. Andere Länder, andere Sitten. Danach schlief ich dann aber wirklich ein und hatte doch noch eine recht erholsame Nacht.
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Ende von Tag eins wenn ich Zeit habe schreibe ich hier weiter..
 
Cooler Bericht! Lese auf jeden Fall gerne mit. So wie @Bener bin ich schon ein paar mal im Donautal ab der Quelle unterwegs gewesen. Leider aber auch nicht viel weiter wie Günzburg bzw. Kelheim, von der Altmühl kommend. Aber wie du ja sagst, alles ausgetretene Pfade. Bin gespannt, wie deine Geschichte weitergeht 😀
 
bekam ich furchtbare Krämpfe in beiden Adduktoren.
Tipp: gerade nach langen Tagen kann es mitunter hilfreich sein, sich ein paar Entspannungsübungen oder Dehnen der besonders anfälligen Muskulatur zurechtzulegen. Machen sich zwar viele lustig drüber. Aber mir hilft das in eine entspanntere Nacht (danach noch ein Bier, sofern vorhanden).
 
Die Donau lang fahren, wäre zwar nichts für mich, aber Ich lese auch mal mit. Es ist zur Zeit wenig los hier im Reiseteil des Forums. Ich kenne eigentlich nur die Donauquelle von einem 5 tägigen Schwarzwaldcross.
Bist du echt ohne Schloss unterwegs im Osten?

Krämpfe in den Waden bekomme ich manchmal nachts in den Tagen NACH einer Mehrtagestour. Hängt wohl damit zusammen, dass die Belastung von heute auf morgen wegfällt.
 
Zu Krämpfen, ich merke durchaus einen Unterschied, ob ich mich bei langen Aktivitäten mit speziellen Produkten für Ausdauersportler (Gels, Riegel, Maltodextrin...) ernähre oder mich normal ernähre, Brötchen, Limo etc. Bei normaler Ernährung kommt der Mann mit dem Hammer schneller und ich habe eher Krämpfe.

Versuche vielleicht einen Mittelweg auf so langen Touren zu fahren, normales Essen, gelegentlich viele Gummibärchen (soll gut sein, verkauft Powerbar auch in einer anderen Verpackung) und ganz wichtig, Magnesium Tabletten/Pulver.

An so einem warmen 190km Tag muss man irre viel trinken und falls man nur Wasser trinkt, spült man damit die Mineralstoffe aus dem Körper, das kann nur mit einem Defizit enden.
 
Danke für Eure Tipps, Magnesium (Milchprodukte) und auch Salz (in Speisen) nehm ich auf langen Touren viel zu mir, das mit dem zusätzlichen Salz ins Wasser werde ich vielleicht mal ausprobieren.
Ich hatte die Probleme bisher nur zwei mal auf zahlreichen Touren und beides male lag ich schon über eine Stunde im Zelt. Es scheint damit zusammen zu hängen. Es war auch sehr heiß an dem Tag, aber den Rest der Tour hatte ich keinerlei Probleme mehr mit Krämpfen, zum Glück....
Zum Schloss:
Nein hatte ich nicht, am Ende in Rumänien hab ich mir dann noch eines im TEDI gekauft.
Das subjektive Sicherheitsempfinden ist für mich in Osteuropa viel größer, aber was sagt es schon aus? Gerade in Belgrad stand mein Rad aber auch mal 10 - 15 Minuten im Freien ohne Schloss, oder ich verliess mein aufgebautes Zelt mal für eine kurze Zeit. Wenn man alleine unterwegs ist lässt sich das halt kaum vermeiden...
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke für Eure Tipps, Magnesium (Milchprodukte) und auch Salz (in Speisen) nehm ich auf langen Touren viel zu mir, das mit dem zusätzlichen Salz ins Wasser werde ich vielleicht mal ausprobieren.
Ich hatte die Probleme bisher nur zwei mal auf zahlreichen Touren und beides male lag ich schon über eine Stunde im Zelt. Es scheint damit zusammen zu hängen. Es war auch sehr heiß an dem Tag, aber den Rest der Tour hatte ich keinerlei Probleme mehr mit Krämpfen, zum Glück....
Bei mir ist es manchmal so, dass ich morgens nach einer anstrengenden und schweißtreibenden Etappe wie verkadert bin, so als ob ich ne Kiste Bier alleine getrunken hätte. Mit etwas mehr Salz wird es dann aber schnell wieder besser. Am besten machst du dir ne dünne Obstsaftschorle mit Salz. Ist ein prima bekömmliches, und preiswertes Elektrolyt. Abends kann man als Abendessen auch gerne eine etwas würzig-salzige Nudelsuppe sich machen.
@maxito: In den Gels ist meines Wissens ebenfalls ne gute Portion Kochsalz drinnen.
@PaoloH7: Wir warten auf weitere Berichte 😊
 
In (allen?) Fertigprodukten ist mehr Salz drin als nötig, gibt halt billig "Geschmack".
Wer also das übliche schnelle Essen konsumiert, dürfte keinen Salzmangel haben.
 
In (allen?) Fertigprodukten ist mehr Salz drin als nötig, gibt halt billig "Geschmack".
Wer also das übliche schnelle Essen konsumiert, dürfte keinen Salzmangel haben.
Ja, das übliche Essen enthält zu viel Salz für normale Belastungen, aber 190 km an einem heißen Tag ist keine normale Belastung mehr. Gerade wenn man an so einem Tag auch noch das Gefühl hat, gut voran zu kommen, hat der Fahrtwind gut gekühlt und dabei merkt man nicht, wie viel man wirklich geschwitzt hat. Da geht deutlich mehr Salz+Flüssigkeit verloren, als üblich.
 
Tag 2
Von meinem schönen Schlafplatz ging es nach einem schnellen Sprung am Morgen in die Donau zügig weiter, dadurch dass ich kein Aussenzelt trocknen musste war der Abbau schon schneller, aber brauchte trotzdem noch sehr viel Zeit. Immer wieder erstaunlich, wie lange es dauert, seine sieben Sachen wieder einzupacken um loszukommen
Auf guten Wegen kam ich bald erneut an die ungarische Grenze, die Strecke wurde nun ein klein wenig hügeliger und führte öfter durch Wald, was bei den vorhergesagten 36 Grad Recht angenehm war.
Am Nachmittag spürte ich dann doch immer mehr die Hitze, außer einem morgendlichen Stopp an einem Supermarkt noch in der Slowakei fuhr ich ohne große Pausen.
Da kam mir ein kleiner ungarischer Ort mit einem Strand sehr gelegen und hier gönnte ich mir eine schöne Pause von etwa 1,5 Stunden: Essen, Trinken , Baden:

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Weiter ging es mit neuen Kräften und auf hervoragenden Radwegen Richtung Budapest, die Stadtgrenze war bald erreicht, hier hörten die schönen Radwege dann auf und ich musste in den Strassenverkehr. Nun die typischen Sehenswürdigkeiten wie Kettenbrücke, Budas Altstadt und Fussgängerzone. Hier hatte ich vor schnell ein paar Ansichtskarten zu kaufen und in die Heimat zu verschicken, wechselte Geld, kaufte mir Essen und Eis. Ansichtskarten gab es, aber Briefmarken nur bei der Post. Auch im dritten Laden keine Briefmarken. Naja scheint nicht mehr so "in" zu sein, das Schreiben mit der Hand... ;) Da der Abend nahte beschloss ich so schnell wie möglich die wuselige Metropole zu verlassen, um mir für den Abend einen schönen Schlafplatz zu suchen.
Durch den Berufsverkehr leicht genervt war ich wohl etwas zu forsch unterwegs , ich setzte gerade an eine Autofahrerin zu überholen die aber ohne zu blinken abbog als ich schon fast neben ihr war, eine Vollbremsung aus voller Fahrt brachte mich dann wenige Zentimeter vor ihr zum stehen. Puuh das war knapp, noch mal Glück gehabt. Ich habe mich schon in einer wilden Strassenstreiterei gesehen, wer denn nun Schuld sei an der grossen Beule im Auto, die Autofahrerin dagegen bekam von all dem gar nix mit, wer rechnet auch mit Radfahrern in einer Stadt wie Budapest???
Sicher die Autofahrerin hat mich komplett übersehen, allerdings wäre ich da wohl auch nicht ganz unschuldig gewesen hätte es gekracht. Mach mal lieber etwas langsamer sagte ich mir, es macht keinen Sinn so viel zu riskieren nur um etwas schneller aus der aufgeheizten Stadt zu sein... Nach einer gefühlten Ewigkeit inklusive eines Verfahrers (Baustelle, Navigation lieferte falsche Anweisungen) wurde es endlich etwas ruhiger, die Stadtgrenze hatte ich passiert und radelte nun in den ruhigeren Budapester Vororten. Ich steuerte einen kleinen Nebenarm der Donau an, da gab es wieder alles was das wildcampende Bikepacker - Herz begehrt.
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Eine kleine Badeanstalt die sich langsam leerte da es nicht mehr lange hell war, ein Kiosk der zum Glück noch auf hatte, Ich kaufte mir kalte Cola und kaltes Bier, baute meinen Kocher auf, Sprang gleich mal in die Donau: Wunderbar. Autan nicht vergessen wegen der Mücken, essen Bier trinken, nochmal schwimmen, im letzten Sonnenlicht noch das Zelt aufbauen, rein ins Zelt, ein wenig runterkommen, Musik hören, lesen...
Dabei merkte ich aber mein "neues" Problem: Mein Hintern brannte sehr und war stark angeschwollen. Ich bekam es mit der Angst zu tun: Soll ich morgen einen Ruhetag machen? Werde ich überhaupt weiter fahren können? Wie peinlich wäre es, so eine Tour anzubrechen wegen einem wunden Popo? Heute waren es auch wieder knapp 200 Kilometer im Sattel, das alles bei Temperaturen über 35 Grad, das fand mein Allerwertester wohl nicht so gut??? Was wenn die Schwellung noch stärker wird? Vor zwei Jahren war ich an dieser Stelle mal operiert worden, dabei entstand ein riesieger Krater der lange brauchte um wieder zu heilen, liegt es vielleicht daran, kann das nach so langer Zeit noch eine Rolle spielen? Ich hatte noch eine Heilsalbe von damals dabei, die wollte ich eigentlich nur im absoluten Notfall benutzen denn ich war der Meinung: Wenn Du einmal mit Salbe anfängst brauchst Du die immer.
Egal, jetzt musste ich da was machen, Salbe drauf und beten dass es morgen einigermassen geht.
Wie es meinem Hintern ging am nächsten Tag, davon morgen mehr, danach dann aber nichts mehr von diesem leidigen Thema, versprochen! :D
 
Ja, das übliche Essen enthält zu viel Salz für normale Belastungen, aber 190 km an einem heißen Tag ist keine normale Belastung mehr.
Ich bin eher der Typ gesalzene Nüsse statt Gummibären für Unterwegs.
Daher auch noch keine Probleme deswegen.

Liegt auf gar keinen Fall an den 200km/Tag bei 30°C, die ich noch nie gefahren bin.
Respekt!
 
Tag 3
Ja ich schlief sehr gut und als ich etwa mit dem Sonnenaufgang aufwachte merkte ich zu meiner Überraschung, dass sich die Haut an meinem Gesäss überraschend gut anfühlte, die Schwellung war verschwunden, es war so sanft und weich wie eon Babypopo. :D


Also gut, die Karte: "Ich bleib heut hier mal einfach einen Tag am Strand liegen, mein Popo tut ja immer noch so weh", die konnte ich nicht ziehen, es musste weiter gehen. Erstmal aufs Klo natürlich, aber die sehr grosszügigen Toilettenanlagen waren ALLE verschlossen, na So ein Sch... bzw "kein Sch..", wie man es sieht... Der Junge der mir gestern das Bier verkaufte versicherte mir doch, die WCs sind die ganze Nacht offen.
Glücklicherweise war die "Managerin" des ungarischen Ferienresorts auch eine Frühaufsteherin, ich traf sie als sie gerade aus ihrem Wohnwagen trat und bat sie, mir doch mal bitte schnell aufzuschliessen. Hier wohnte das "Personal" also immerhin schon in einem Wohnwagen, gestern in der Slowakei die beiden Wirtsleute mussten noch Wildcampen in einem Nylonzelt, was aber ihrer guten Stimmung keinen Abgrund tat. Ja es ist natürlich so eine Bindenweisheit, aber ich wiederhole es trotzdem: EInfache Leute, sehr einfaches Leben, wahrscheinlich sehr geringer Lohn: Und trotzdem scheinen sie doch zufrieden und sind sehr freundlich. Die Frau jedenfalls Schloss mir gleich auf, ich erledigte meine Geschäfte, und sah dass ich Glück hatte: Kurz danach kam wohl ihr Freund oder Mann vorbei, ein LKW Fahrer, und holte sie ab, die Toilette wäre dann wieder zu gewesen. Was für ein Erfolgstag heute, schon wieder Glück gehabt, ja so kanns weitergehen. Die Abreise von "Szigetszep" zog sich wieder mal ewig in die Länge: Erst mal gemütlich Frühsrücken, Kaffee trinken, schnell noch mal Baden, danach Duschen (da alles noch leer war ging das auch nackt, die Dusche stand mitten auf der Liegewiese). Kurz danach kam eine Famile mit einem Kanu, die wollten ALLES von mir und meiner Tour wissen, was aber etwas schwierig zu erklären war, denn ich kann kein ungarisch und die Familie weder Englisch noch Deutsch. Egal, dann halt italienisch, das konnten wir beide nicht wirklich aber ging noch am Besten....
Als ich dann endlich los kam, es war schon weit nach 9.00 Uhr, merkte ich schon, dass die ca 37 Grad vom Sonntag (also gestern) wohl heute noch mal übertroffen werden könnten. Aber zunächst war es noch ok und es rollte ganz gut.
Die Donau verzweigte sich nach Budapest in viele Nebenarme, die Landschaft ist sehr schön, es gibt viel Schilf und immer wieder kleine Stege mit privaten Badestellen, die aber nicht abgesperrt waren und es gab auch keine Schilder die einen Durchgang untersagten. DIe Verlockung war groß, einfach mal anzuhalten um zu Baden, aber ich wollte auch weiter. Der Hintern blieb gut, aber ich war mir unsicher wie weit ich diesmal fahren würde:
Über dir Grenze nach Serbien? Oh das wäre weit, wieder so ca. 200 Kilometer... Oder einfach mal ein lockerer Tag, unter 100 Kilometer ist doch auch keine Schande, wem muss ich eigentlich was beweisen? Aber wo ist denn ein guter Ort zum nächtigen?
Ich wählte bisher meine Ziele immer nach diesen Kriterien: Möglichst eine Stelle zum Baden, möglichst eine Toilette, nicht zu weit von einer kleinen Stadt oder einem größeren Ort, um noch mal Essen einzukaufen. Die sehr guten Radwege des "Eurovelo 6" waren jetzt endgültig vorbei, ich fuhr immer öfter und längere Strecken auf reinen Feldwegen, und mir war schnell klar dass Serbien bei den Wegen und bei der Hitze ein schwachsinniges Ziel wäre für den heutigen Tag,
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So gut wie auf dem Foto war der Radweg nur selten, aber das Foto zeigt ein anderes Problem an dem Tag: Ich hatte eigentlich NIE Schatten, mit Fahrtwind ging es zwar einigermassen, aber einfach so Anhalten war blöd, das fühlte sich nicht gut an für mich bei den Temperaturen. Das ist auch der Grund, warum ich fast keine Fotos an dem Tag machte: Es gab keine echte Erholung, war der kühlende Fahrtwind weg war meine Lust, die teilweise schöne Gegend zu fotografieren nicht besonders hoch. Ich weiß nicht mal mehr genau, wo ich Mittagspause gemacht habe, es könnte Solt gewesen sein. Halt am Supermarkt, kalte Getränke kaufen, in Geschäften nachfragen ob sie mir mal den Akku etwas laden. Der übliche Vorgang eben. Ich weiß noch, dass ich am Nachmittag im Internet die Temperaturen suchte in der Gegend und dann eine 40 erschien. Ja es war echt heiß an dem Tag, so richtig funktionierte ich nicht mehr, vormittags viele Feldwege wo ich auch nicht gerade bummelte, der Fahrtwind musste ja auch da schon kühlen.
Zum Glück gab es in Ungarn in vielen Dörfern Wasserpunpen, also hatte ich neben Trinkwasser auch immer genug Wasser dabei um mich zu begiessen. Den Kopf alle 20 Minuten oder so und etwas seltener den ganzen Körper. Ohne die Verdunstungskälte wäre ich wohl eingegangen. Inzwischen war ich von meinem zuvor gefassten Ziel, der südungarischen Stadt "Baja" (cooler Name, klang nach California oder Mexiko) abgekommen, auf der Karte im Internet sah ich eine interessante Stelle ca 30 Kilometer vor der Stadt, da gab es ein Restaurant und einen kleinen Hafen, sah gut aus zum Übernachten.
Als ich dort am späten Nachmittag oder frühen Abend ankam und auf der menschenleeren Terasse rollte blaffte mich ein junger Kellner an: "No Bikes here, go away with your bike its not allowed". Gut, hier wollte ich nicht bleiben bei so viel überbordender Gastfreundlichkeit, der Plan meine letzten Forinth in einem Restaurant der gehobenen Kategorie auf den Tisch zu kloppen um danach freundlich zu fragen, am nächsten Morgen mal die Toilette nutzen zu dürfen, war also hinfällig.
Ich fuhr also noch gut 30 Kilometer weiter bis Baja, zum Glück auf perfektem Radweg. Ich erinnere mich noch, wie meine Stimmung sich sofort wieder anhob, als mir die Komoot App die ich nutzte aus irgendeinem Grund so eine Nachricht anzeigte: Ab jetzt 30 Kilometer Fahrrad Autobahn...
Baja erreichte ich noch bei Gelligkeit, ich steuerte einen "Tesco" Mega - Monster - Markt an mit vorgelagertem Döner. Normalerweise mag ich das nicht, diese riesigen Supermärkte wo man nix findet und es fast so wie bei uns und überall auf der Wel ist, aber das war das erste was ich sah und ich war ziemlich im Eimer. Der ungarische Döner Fach Verkäufer der aussah wie der Bruder von Bob Marley war ein cooler Typ, ich bestellte die Karte rauf und runter, lud meinen Akku, ging zwischendrin EInkaufen und Katzenwäsche machen im Supermarkt, und als er mich rauswarf weil er Feierabend machen wollte ging ich einfach in einen kleinen Park, der Mitten im Wohngebiet lag und baute da im Schein der Stirnlampe mein Zelt auf.
Kein idealer Ort, klar, aber überraschend ruhig und ich war natürlich so kaputt dass ich gut schlief die ganze Nacht. Es waren wohl "nur" mit Verfahrer (der war bei einer Klärgrube, an der musste ich dann zwei mal vorbei, und das bei 40 Grad) etwa 160 Kilometer an diesem Tag, aber es sollte der mit Abstand anstrengendste Tag dieser Tour werden.
 
Hallo PaoloH7
Merci für Deinen Bericht. Ich sammle Ziele für mögliche Reisen nach meiner Pensionierung. Donauweg klingt interessant.
Du erlebst die üblichen Höhen und Tiefen und triffst m.A. gute Entscheidungen. Ich bin gespannt wie es weitergeht.
LG Tobias
 
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