Warum habe ich mich für das Taniwha Trail entschieden, was will ich damit anstellen und welche Anforderungen stelle ich an den Aufbau? Am besten ich fange mal damit an, mich kurz vorzustellen.
Vor 16 Jahren hatte ich erst als spätberufener 40er den ersten Kontakt zum MTB. Beinahe sofort war ich unheilbar infiziert und verbringe seit damals jede freie Minute auf dem Bike, mit dem Schrauben daran und seit dessen Gründung mit Arbeiten für den Betreiberverein des Fuchstrail. Funktioniert familiär glücklicherweise prima, weil meine Frau diese Leidenschaft teilt.
Am liebsten fahre ich trail- und höhenmeterlastige Touren, meistens zusammen mit meiner Frau. Wir sind meistens direkt ab Haus/Garage in unserem Heimatrevier Bergstraße / vorderer Odenwald unterwegs und fahren praktisch an jedem Wochenende des Jahres 2 Touren mit jeweils um die 1500 Höhenmeter. Dazu kommen unter der Woche je nach Jahreszeit noch 1-4 kürzere Feierabendausfahrten. Im Sommerurlaub geht es in die Alpen, meist in die Dolomiten. Dort fahren wir in der Regel eine mittelschwere Wochentour und verbringen noch eine gute Woche in der Umgebung des Kronplatz, der für mich in den letzten 50 Jahren zur 2. Heimat geworden ist (im Winter bin ich immer 2 Wochen dort). Auf meinen Touren gefällt mir am besten sowas:
Natürlich muss bei interessanten Alpentouren auch mal ein paar 100 Höhenmeter getragen werden. Ist nicht die große Freude, macht mir aber auch nichts aus!
Regelmäßig fahre ich auch gebaute Strecken. Dabei ziehe ich (sicher altersbedingt) Flowtrails den sprunglastigeren Linien vor. Am Kronplatz mag ich die Ruis und den unteren Teil des Gassl, die Herrnegg komme ich runter, sie ist mir aber eigentlich zu hart. Bei mir Zuhause in Bensheim haben wir in 2017 nach einigen Jahren Vorbereitung den Fuchstrail mit einer „blauen“ flowlastigen Abfahrt und einer „roten“ Jumpline eröffnet.
Beim Betreiberverein des Fuchstrail gehöre ich zu den Gründungsmitgliedern und bin für die Überwachung des Zustands der beiden Strecken verantwortlich. Die Blaue fahre ich gerne und baue sie eigentlich immer in die Wochenausfahrten ein:
Aber Achtung, ich bin bergab eher einer von der langsameren, bedächtigen Sorte, also das Gegenteil eines Enduro-Racers. Und Trails fahre ich genauso gerne hochwärts wie runter.
Übers Jahr kommen bei mir so im Schnitt 200.000 Höhenmeter auf dem MTB zusammen. Weil es auf meinem Touren in der Regel steil rauf und wieder runter geht fahre ich dabei eine eher kleine Streckenleistung von etwa 6000 km per anno.
Ihr könnt Euch jetzt sicher vorstellen, welche Bikes ich bevorzuge: Trail- bis Allmountain nach heutigem Sprachgebrauch. Ich mag dabei Ausprägungen mit Schwerpunkten bei Kletterleistung und Wendigkeit. Stabilität bei hoher Geschwindigkeit zum „Drüberbügeln“ oder „Ballern“ brauche ich eher nicht. Wichtig ist mir extreme Wartungsarmut, insbesondere im Bereich des Antriebsstrangs. Ich möchte nicht öfter als einmal im Jahr Ritzel und Kettenblatt wechseln.
In Folge meiner Wartungsfaulheit fahre ich seit 2004 ausschließlich Getriebebikes, in historischer Ermanglung von Alternativen bisher immer mit Rohloff-Speedhub. Seit 2009 begleitet mich in Frühjahr, Sommer und Herbst ein Helius AC (Modelljahr 2010) von Kalle Nicolai: Größe L, hinten 140mm, vorne 150 mm. Das Teil wiegt komplett (mit Pedalen und Tacho) 14.4 kg. Nicht leicht, für mich aber in Ordnung. So sieht es im aktuellen Ausbauzustand aus:
Im Winter sattle ich bisher ein Hardtail, seit 2015 ein Nicolai Argon AM:
Und mit dem Winter-Hardtail beginnt die eigentliche Aufbaustory des Taniwha Trail. Im Frühjahr 2017 schlug mein PSA-Wert Alarm. Nach langen Untersuchungen und 3 Monaten Zwangspause vom Biken gaben die Mediziner zum Glück Entwarnung: Die Prostata ist entzündet, aber ansonsten o.k. Ursache vermutlich starke Druck/Schlagbelastung über längere Zeiträume. Damit war klar. Das Winter-Hardtail wird zur Sicherheit durch ein Fully ersetzt. Und dieses Winter-Fully wird mein eingefahrenes Helius AC. Aber was fahre ich in Zukunft im Sommer?
Getriebe war gesetzt, Speedhub-Fullys sind aber am MTB-Markt nicht mehr präsent. Eine Folge der Produkte der Firma Pinion, die Getriebelösungen ohne hohe ungefederte Masse am Hinterrad ermöglichen. An dieser Stelle darf ich bemerken, dass mich die Masse der Speedhub am Hinterrad mit Ausnahme von seltenen Situationen beim Umsetzen nie wirklich gestört hat. Aber nun ja, die Nachfrage kann auch mal dem Angebot folgen, also wird es ein Pinion-Fully. Aber viel schwerer als mein Helius AC sollte es nicht werden. Ich muss und will das Neue ja auch mal tragen und leider ist meine Wirbelsäule auch nicht jünger als ich.
Nach intensiver Recherche gab es für meine Ansprüche – Kompletträder bleiben bei mir immer außen vor, ich ziehe Lebensfreude aus dem Selbstaufbau – nur 3 mögliche Alternativen, alle mit Vorteilen (+) und Nachteilen (-).
1) Nicolai G13 GPI
+ zur Qualität habe ich bei Nicolai wirklich Vertrauen
- Für mich zu viel Fastforward bei der Geometrie (wie gesagt ich bin eher ein Langsamer)
-
Flaschenhalter wenn überhaupt, dann nur mit Bastelei an ungünstiger Position möglich
- 29er, die Laufradgröße zieht für mich nur Nachteile (Gewicht, Agilität) nach sich,
Laufruhe und Überrollverhalten sind für mich zweitrangig
- Gewicht ist zu hoch, ein Aufbau unter 17 kg (Größe M) kaum möglich
- nur mit Gates Riemen möglich. Ich habe da so meine Zweifel bei Dauereinsatz in Regen und Matsch
- Nicolai hat es für 2019 schon wieder aus dem Portfolio gestrichen. Nur noch G15 GPI,
mit mehr Federweg, noch schwerer
2) MiTech Szenario
+ meine Wunschgeometrie (habe ich parat) wäre in 27.5 umsetzbar und bezahlbar
+ auch mit Kette und leichter Pinion C-Line möglich
- keine belastbaren Erfahrungen zur Qualität der Kinematik
- Gewicht zu hoch, ein Aufbau unter 16 kg (eher 16.5 kg) kaum möglich
3) Zerode Taniwha
+ laut diverser Tests sehr gute Kinematik
+ Kette und leichte Pinion C-Line
+- Geometrie naja, o.k. aber zuviel Federweg (160mm), zu abfahrtslastig
+- Gewicht am Rande des Erträglichen, Aufbau mit 15.5+ kg möglich
- Plastikrahmen
- Proprietäres Kettenblatt (4mm Offset) bei C-Line
Also alles nicht so richtig das Wahre. Aber im April 2018 gab es die ersten Meldungen, dass Zerode ein abgespecktes für mich besser geeignetes Rahmenset auf den Markt bringt:
4) Zerode Taniwha Trail
+ Kinematik
+ Geometrie dicht an meinem Optimalwunsch in 27.5
+ Aufbau mit 15 (-?) kg möglich
+ Kette und leichte Pinion C-Line
+- Plastik (aber in Alu ist meine Gewichtsvorgabe wohl nicht erreichbar)
- Proprietäres Kettenblatt (4mm Offset) bei C-Line
In einer guten ehrlichen Diskussion hat mich Rob Metz (der Konstrukteur hinter Zerode) von der Qualität seiner Carbonrahmen überzeugt. Eine konstruktive Möglichkeit zur Nutzung offsetfreier Kettenblätter (Pinion Standard) scheint mir im Bedarfsfall mittlerweile auch umsetzbar.
Langer Rede, kurzer Sinn: Es wird ein Taniwha Trail und es soll maximal 15 kg (inklusive Pedale und Tacho) wiegen.