Tag 5, Teil 2
An der Skistation Pasey verpassen wir den weiteren Trail und schießen erst mal zu weit die Skipiste runter. Wieder 50 hm hoch schieben. Aber auch der richtige Weg ist nicht mehr besonders spaßig, denn er ist abschnittsweise praktisch nicht vorhanden, weil die üblichen Berghuftiere mit ihren Füßen das Gelände umgegraben haben. Bei der Alm Larzey (1859 m) keimt kurz Hoffnung auf, als wir in den nächsten Trail einbiegen. Doch was uns die nächsten 1000 hm erwartet ist wahrlich harte Arbeit und definitiv kein Grund, sich auf den Colle de Mille zu begeben. Ein steiler Pfad windet sich über feuchte rutschige Wurzeln in einer großen Rinne in Kehren durch den Wald nach unten. Aufsitzen, Absitzen und Überschlagen. Bei trockenem Boden geht sicher mehr im
Sattel, ich hatte jedenfalls keinen Spaß, und bin wirklich froh, als wir endlich am Talboden ankommen. Es gibt leider keine einzige Möglichkeit, zwischendurch über einen Chickenexit nach Le Châble (821 m) zu gelangen. Um den Mille doch noch zu retten, denn oben ist es wirklich toll zu fahren, würde ich mir ab La Pasey eine andere Abfahrt suchen. Dort gibt es genug Wege nach Osten runter.
Der Plan sieht nun vor, mit Hilfe der Seilbahn nach Verbier (1521 m) hoch zu gondeln und von dort mit Seilbahn Nummer 2 auch den Aufstieg zum Col des Mines (2319 m) abzukürzen. Nur so gibt es eine Chance heute noch Sion im Rhônetal zu erreichen. Es ist immer ein bisschen ein Glücksspiel, aber dieses Mal passt es: die Seilbahnen fahren. Sehr gut. Auf halber Strecke steigen wir trotzdem noch einmal aus, um in Verbier am Nachmittag das Mittagessen nachzuholen. Gutes Timing: der Supermarkt hat gerade die Pause beendet. Gestärkt steigen wir ganz oben aus der zweiten Seilbahn aus (2190 m). Bequem ist so eine Auffahrt ja; Kreditkarte statt Kondition. Es wird nicht die letzte Aufstiegshilfe bleiben.
Verbier-Murmelbahn
Verbier hat auch einen eigenen Bikepark. Überall winden sich Murmelbahnen durch das Skigebiet nach unten. Uns interessiert das allerdings nicht. Wir fahren den aussichtsreichen Panoramaweg bis zum finalen steilen Anstieg zum Col des Mines (2319 m). Dort können wir den ersten Blick ins Rhônetal werfen. Das ist schon ein gewaltiger Einschnitt zwischen all den 3000ern, in den wir da runter müssen. Die Abfahrt vom Col ist noch mal super. Der Trail schlängelt sich mal fordernd, mal flowig, aber nie gemein bis kurz vor La Tzoumaz (1683 m).
Ankunft Col des Mines (2319 m), hinten Colle des Mille
Abfahrt Col des Mines
Wir überlegen kurz, ob wir über die Bisse de Saxon bis Haute Nendaz nehmen, damit wir wenig Höhe verlieren und möglichst direkt in Sion im Talboden ankommen. Allerdings weiß ich nicht, wie dieser Höhenweg beschaffen ist und wie viel Zeit wir dort benötigen würden. Zu mittlerweile vorgerückter Stunde wird es Zeit, etwas Strecke zu machen, ohne dabei zu früh unten an der Rhône zu sein.
Nach einem Blick in die Karte habe ich die Lösung. Wir schlagen uns durch La Tzoumaz bis wir nach Isérables (1103 m) gelangen. Von dort führt ein schönes kleines Sträßchen durch Condémines und Fey endlos bergab bis nach Aproz (486 m) an die Rhône. Die Dreidimensionalität ist wirklich beeindruckend. Das breite langegezogene Tal mit den Bergriesen rundherum. Das hat man in diesen Dimensionen nicht so häufig. Die heutigen 4.700 Abfahrtsmeter aber auch nicht.
Rhônetal
Nun noch ein kurzes Stück auf dem Radweg und wir sind am Ziel. Das hat ja alles sehr gut funktioniert heute. Bezahlbare Unterkünfte zu finden ist dagegen schon wieder schwieriger. Nach einem kurzen Blick in die Jugenherberge, entscheiden wir uns doch für ein gemütliches Hotel und checken im Hotel du Rhône ein. Ist halt die Schweiz. Passt schon. Es ist übrigens die einzige Unterkunft, wo wir unsere Covid-Impfung nachweisen müssen. Zum Abendessen suchen wir uns wieder eine Pizzeria. Die geringe Meereshöhe und das milde Klima erzeugen bereits heute eine lockere Atmosphäre und das Gefühl eines gelungenen Tourabschlusses. Im Grunde ist er das auch, denn der nächste Tag wird nicht ganz so stimmungsvoll enden.