Bikepacking. Transcanada westbound

oV5

Registriert
30. März 2022
Reaktionspunkte
1.706
Ort
Central Europe
Nach geglückter Sartphase bin ich in Neufundland angekommen. Eingewöhnungstage und erste Etappen liegen hinter mir.
Es scheint, dass das Vorhaben gelingen kann, und ich beginne hier mal zu berichten.

Ziel ist eine Durchquerung bis an den Pazifik. Bis zum Herbst. EFI.
Die Route ist in Varianten geplant, so dass unterwegs noch nachjustiert werden kann.


Teilnehmer:

Cina, Bicycle of Color
(der Fuchs, Idee der Enkelkinder und als Schutz vor den Grizzlys gedacht, ist dann doch lieber zuhause geblieben)


Thomas, 66 Sonnen-Umrundungen, ausgeprägte Selfie-Aversion

Systemgewicht beim Start (Fahrer, Gepäck, einiges an Futter, 1,5 l Wasser, Fahrzeug): 89 kg
 
Zuletzt bearbeitet:
2022-05-04 Vorgeplänkel - Anfahrt Tag 1


Nach den ersten 10 km, am römischen Grabmal im Neckartal: Abschied von meiner Frau. Sie fährt ins Büro...


... ich stattdessen hoch zum Hofgut Einsiedel, von wo sich der letzte Blick auf den Trauf der schwäbischen Alb bietet.


Durch den Schönbuch (Bäume, Bäume, Regen) bis Holzgerlingen,


dann ins Würmtal
 

Auf der einigermassen verwaisten Autostrasse käme ich flott bis Pforzheim. Wer jedoch den Hauptwanderweg 5 nimmt, wird bis Weil der Stadt mit Kunst am Wegesrand belohnt...


was weit


unterhaltsamer


ist.


Diese Kläranlage mit flott kreisender Füllung lässt sich hautnah studieren.
Die Enten in der Mitte geben sich unbeeinträchtigt.
 

Bis Pforzheim dann auf der kurvigen Würmtalstrasse. Keine wirkliche Panoramastrecke. Immer wieder mal drohen weitere dunkle Wolkenfelder.


Schliesslich ist Pforzheim mühsam durchquert, ätzender Verkehr.


Auf der Strecke Richtung Bretten wird das nicht besser, so dass ich auf verzwuckelte langsame Nebenstrecken umschwenke.

Etwa ab Bruchsal wird die Landschaft flach, es läuft gut.
Dann aber bildet sich in Fahrtrichtung eine rasch wachsende Gewitterfront. Bis zu der schnell rausgesuchten Schutzhütte am Hochholzer See reicht es nicht mehr.


Dieser Holzverschlag auf einem verwahrlosten Feldgrundstück entpuppt sich als überraschend komfortabler Unterschlupf, mit Sofas und Teppichboden.


Über den Sofas ist das Dach dicht genug - hier bleibe ich einfach - eine gute Entscheidung. Der Regen hält die ganze Nacht an.
Nur die Autobahn, obwohl 1,5 km entfernt, macht sich laut und ununterbrochen bemerkbar.
 
Neufundland ist super schön aber echt leer, da hast Du sehr sehr lange nix im Wald, sei Vorsichtig und gute Fahrt. Und wenn da plötzlich ein Torbogen auf der Straße steht, kann es auch ein Elch sein ;)
 
Bis jetzt kann ich sagen: Hey, da war ich auch schon! Aber das ändert sich sicher bald, und ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf der Reise!
 
2022-05-05 Vorgeplänkel - Anfahrt Tag 2

Der Regen begleitet mich den ganzen Vormittag - leicht, aber unablässig.
Die Strecke zieht sich durch nasse Wälder und flache nasse Felder.


Spektakuläre Landschaft, das passende Wetter: Heidelberg Grenzhof.


Ein kurzer Lichtblick - die Neckarfähre nach Ladenburg. Optisch eine Gierseilfähre, tatsächlich aber mit Motor und im Wasser liegendem Kettenvortrieb.


Nach einer Kaffeepause beim Bäcker
hinter Viernheim wieder ausgiebig Wald.

Ich übe, während des Fahrens zu essen. So machen es die schnellen Langstreckenfahrer.
Schwierig, gelingt aber allmählich besser.


An der Strecke nach Lorsch tut sich überraschend ein grüner Slotcanyon auf.
Den kann ich natürlich nicht auslassen.


Die Wände sind mit bedrohlich wirkenden Elementen versehen.
Und ganz weit vorn, da bewegt sich was Grosses Dunkles!
Ich erwäge kurz, die Bärenglocke zu montieren, bewege mich dann aber mutig vorwärts.
Es ist ein hochgewachsener Spaziergänger mit riesigem schwarzem Regenschirm. In der Hand hält er eine grosse weisse Tüte. Merkwürdig, so kilometerweit im Wald...


Am Ende des Canyons bekomme ich eine Ahnung davon, was es mit der Tüte auf sich haben könnte. In den Folientunneln gedeihen Erdbeeren.
Pilze hat er gesammelt, natürlich.


Erst am Südrand von Lorsch endet der Wald, und auch der Regen.
So ist die legendäre Torhalle noch recht frei zu sehen. Die Karolinger haben da wirklich was nettes hinterlassen.

Bei Gernsheim kurzer Kontakt mit dem Rhein.

Im Weiteren zackle ich über flache Felder nordwärts. Erst ab Königstädten ist es abwechslungsreicher, teils - Hassloch - beinah parkartig.


Was mir überhaupt nicht klar war: Raunheim liegt unmittelbar unter der Einflugschneise. So auch die gebuchte Unterkunft.
Die vielen Flieger stören nachts aber weniger als das Dauergedröhn der Autobahn gestern.


Und anders als die Maikäfer stürzt von denen auch keiner ab.
 
Zuletzt bearbeitet:
2022-05-06 Anreise Tag 3 [textlastig]

In Raunheim erst mal zum Fahrradgeschäft Olek's Radsport / Biketeam, wo ein Karton auf mich wartet. Weitere Verpackungsutensilien finden sich im Baumarkt und bei der Post.

Schock, weil die Übertragung von Fotos zum Smartphone nun doch nicht funktionieren will.
Dabei war das so sorgfältig getestet ...
Mit Hilfe eines familieninternen Profis und dem Computershop gegenüber vom Fahrradhändler lässt sich das noch vor dem Wochenende lösen.


Das strahlend schöne Wetter verlockt dazu, nachmittags eine Fahrradrunde am Mainufer (Flörsheim liegt beschaulich gegenüber) ...


... und am Flugplatz vorbei zu drehen. Weil ich das Flugzeugsymbol in der OSM-Karte dafür halte, verpasse ich allerdings den offiziellen Aussichtspunkt.


An einer gut zugänglichen Stelle wird das Fahrzeug mit Mainwasser gewaschen.
Im Regen hat sich allerhand Material ans Unterrohr geheftet, auch hinter der Kurbelachse des WIDE hat sich einiges aufgehäufelt.
 
2022-05-07 Flugvorbereitungen

Eigentlich hätte die Anahrt bis Hamburg gehen sollen, von dort per Frachtschiff nach Halifax. Wegen der Pandemie dürfen auch dieses Jahr keine Passagiere mit. Daher der Flug.

Frühmorgends mit der S8 zur Flughafen-Erkundung. In diesen Dngen kenne ich mich in keinster Weise aus. 2 Stunden rausfinden, was wo liegt, wie funktioniert und wie benannt ist.
Die Bezeichnung "Kerbside" im Flughafenplan ist mir aber ein Rätsel geblieben :)
Anders wäre ich Sonntag früh womöglich verloren gegangen, trotz vorherigem Coaching durch die Verwandtschaft.
Lacht nicht, Leute. Im bsherigen Leben bin ich nie über Westeuropa hinausgekommen.


Schliesslich: Fahrzeug teildemontieren und alles in den Karton verpacken, zum ersten mal. Das Ergebnis erscheint mir nicht sonderlich robust. Artgerecht ist es sowieso nicht. Das Fahrrad tut mir leid.
 
Zuletzt bearbeitet:
2022-05-08 Sonntag Flüge


Start mit 1 Stunde Verspätung.


Es gibt nix zu sehen.


Der gebuchte Anschlussflug ist ausgefallen, 7 h Wartezeit in Montréal.
Nachtflug nach St. John's, Start eine weitere Stunde verspätet. Ankunft Montag, 01:00 Ortszeit.
Zeitversatz zu deutscher Uhrzeit -4,5 Stunden.

Der Taxifahrer erklärt mir die Ursache der ganzen Unpünktlichkeiten: es ist Muttertag!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hoffe die Probefahrtpedale halten durch. Die sind echt günstig und nicht sehr langlebig.
 
2022-05-09 Montag erst mal zu Fuss


St. John's, Hauptstadt der Provinz New Foundland and Labrador, auf der Halbinsel Avalon. 120.000 Einwohner.
Hier im Süden wurden (versteinert) die ältesten bekannten Lebensformen gefunden.


Downtown: 177 Gower Street, meine Unterkunft in der verblüffend verkehrsarmen Innenstadt ...


... ein sorgfältigst renoviertes historisches Reihenhaus.


Der Inaber Bill Marshall betreibt eine eigene Firma für derartige Renovierungen, und ...


... dieses hier ist wie die Krönung seines Lebenswerks. Die Arbeiten haben sich über 5 Jahre hingezogen.


Zuerst mal zu Fuss in die Avalon Mall, 6 km ausserhalb, zwecks genereller Orientierung und einer kanadischen SIM-Card.


Es liegt noch Restschnee rum. Jogger sind mit Handschuhen unterwegs.
Daheim, gleicher Breitengrad, hat es 25°C.


Strassen oft in Fallinie, Holzverkleidung ist Pflicht, Regenrinnen verpönt.


Radfahrer srind rar. Gesichtet heute 3 Stück. Dieses Gefährt steht festgerostet an der Central Street.


Sonnig aber lausig kalt. Es gibt hier keinen Frühling wie wir ihn kennen, sagt Bill.

 
Wow, toller Plan! Wünsche dir viel Spaß und eine tolle Reise! Du hast echt nicht viel dabei, bei der Länge respektabel 8-)
 
2022-05-10 Dienstag Cape St. Francis

Frühstück in Bills Küche. Spielregeln: alles was da ist steht zur Verfügung. Man nimmt sich, was man mag und so viel man mag, räumt hinterher auf.
Noch immer keine mobilen Daten. Da stimmt was nicht.


Fahrt durch endlose Streusiedelungsgebiete, stark hügelig, teils mit viel Verkehr. Breite Fahrbahnen, manchmal 10 m für 2 Fahrspuren. Rücksichtsvolle entspannte KFZ-Fahrer.
Hier eine deutlich noblere Zone, ganz ohne Freileitungen.

Viele lieb- und anspruchslose Gewerbegebäude auf ausgedehnten Flächen, öffentliche Grünbereiche gern als Band.


Der Quidi Vidi Lake ist eine schöne Unterbrechung.


Erster Kontakt mit dem Transcanada Highway. Wenig Betrieb momentan.


Erst nach 12 km bekomme ich offene Landschaft zu Gesicht. In Torbay dann endlich den Atlantik.


Kurzer Abschnitt auf dem East Coast Trail.


Vorfrühlingszeit, alles noch kahl.


Tapper's Cove Harbour mit eiskaltem Wasser. Ab hier wieder auf befestigten Oberflächen; in einem gefluteten Wegstück hab ich mir nasse Füsse geholt. Hochwärts geschoben. Mein Fitnesslevel ist unter Null.

Wenn du um 21 Uhr die Fotos vom Tag durchsiehst und davon aufwachst, dass dir der Arm mit der Kamera auf den Bauch gefallen ist.
Wenn du nachts um 3 aufwachst, und der Körper bereit ist zum Aufstehen - vermutlich ist das Jetlag. Hoffentlich bessert sich das schnell.


erste lange Gerade, nur 3km


Pouch Cove. Spricht sich aber wie "pooch cove".


Pouch Cove. Fühlbar donnernde Wellen, Gischt und Schaum.


Jetzt beginnt die Piste, immer wieder mit Schotterbrei-Passagen. Freundlich niedriger Wald.


Dann ein Schiffswrack ...


... in einer Bucht.


Der Leuchtturm ist dann aber eine Enttäuschung: komplett unzugänglich ...


... und bewacht von einer gekreuzigten Milchkanne.


Der East Coast Trail kann mich nicht locken. Jämmerlich schwach die Beine, und Zeit für die Rückkehr.
 
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