Blickführung im ruppigen Gelände

Bist du jetzt ein Jahr lang nur die selbe Strecke gefahren??? :D

Länger. Seit August 2015 mit drei Ausnahmen. :D

Ja, die Profis haben vielleicht eine Gabe und/oder trainieren halt viel intensiver. Man muss das auch nicht reflektieren. Wenn man es so auch kann - wozu? Ich muss das halt so machen. Profis verbringen auch viel mehr Zeit am Bike. Wenn ich das mal überschlage: 1,5 Jahre, zweimal pro Woche und das mal 15 Minuten - das sind in etwa 39 Stunden Übung am Trail - das ist doch sehr sehr wenig. Dafür sind die Erfolge ganz in Ordnung, finde ich.
 
Profis gehen auch einfach mehr Risiko bzw. machen sich nicht so viele Gedanken (wodurch man auch lockerer fährt), können idR aber auch schneller reagieren wenn was schief geht.
Ich hatte mal versucht in einem zugewachsenen (dunklen) mit Laub bedecktem Jungletrail am Guide dran zu bleiben. Ich musste nach kurzer Zeit abreißen lassen weil mir das Risiko zu groß war, dass ich größere Steine unter dem Laub übersehe. Auf die Frage wie er das macht kam die Antwort: "Das ist halt Risiko.". Irgendwann lag er dann mit schmerzverzehrtem Gesicht 10m vor seinem Bike.
 
Es hat auch viel mit Routine und dem eigenen Skill-Level zu tun.

EDIT: Ist vielleicht ganz interessant: 20 m bei 20 km/h entspricht 3,6 Sekunden. Scanne ich bei 20 km/h die kommenden 4 m, entspricht das weniger als eine Sekunde. Beim Führerschein lernt man: Reaktionszeit = 1 Sekunde.
1 Sekunde Reaktionszeit?
Ich hab das gerade mal getestet.

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0.2 s war jetzt mit 5-10 Versuchen mein schnellstes. Im Schnitt wohl 0.33 s. Wenn ich überhaupt total unvorbereitet bin, wären es vielleicht 0.5. Eine Sekunde ist verdaaaaammt lang :confused:


Übrigens herzlichen Glückwunsch zu deinem Fortschritt! :daumen:
 

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Danke.
Auf eine Sekunde komme ich ja nur, weil das so beim Führerschein gelehrt wird. ;)
Im Race Modus muss das natürlich viel viel kürzer sein, aber wenn man den ganzen Tag schon auf dem Bike sitzt, etwas mitgenommen ist und vielleicht auch gerade abgelenkt...

Man kann auch abwechselnd den Blick von nah auf weit wechseln. Da merkt man dann recht eindrücklich, wie sich Augen und Gehirn immer wieder neu einstellen müssen.

Und man braucht schon ein großes Vertrauen darin, das Gelände aus der Weite richtig lesen zu können.
 
Interessantes Thema, erst jetzt gesehen. Ich erkenne in diversen Aussagen vieles, was ich auch so mache resp. was mir Probleme bereitet.

Ich versuche, dem Tempo entsprechend (weit) vorauszublicken. Auf unbekannten Trails noch mehr, ich versuche, die Linie zu sehen. Auf bekannten Trails kenne ich diese, also blicke ich auf das next to come. D.h. Fokus auf Fixpunkte, wobei ich mich nicht auf die Schlüsselpassage sondern auf die Einfahrt konzentriere. Andernfalls fokussiert man zu lang, bleibt hängen mit dem Blick. Die Linie in die Passage rein muss stimmen, den Rest macht dann peripheres Sehen. Wie der Skifahrer, die aktuelle Linie/Position peripher, die Linie ins nächste Tor ist entscheidend und wird jeweils angepeilt, und den weiteren Verlauf kenne ich ja.

Ich versuche dabei, es "fahren zu lassen". Locker in zentraler Position auf dem Bike, Rumpf stabil und ruhig, Bike unter mir arbeiten lassen. Das sind die Momente, die als 'übers Gerümpel fliegen lassen' bezeichnet wurden. Wichtig, ausweichen nach oben, nicht zur Seite. Einen kurzen Moment zögerlich/ängstlich, den Wurzelstock doch umfahren statt überfahren und schon bist die nächsten 20, 30 Meter nur noch am korrigieren und Linie wieder suchen. Die Fixpunkte versuche ich aktiv und "mit Gewalt" (an)zufahren. Im Prinzip wechseln sich Momente ab, wo man seine Linie ins Gelände reinpressen und wo man schwerelos drüber rollen will.

Soweit die guten, hochgreifenden Vorsätze. ;) Das ganze hat sehr viel mit Überzeugung und Vertrauen zu tun. Und die basieren stark auf Übung. Nicht nur fahren will geübt sein, insb. schnell fahren. Vertrauen muss man sich kontinuierlich erarbeiten, kann aber schnell dahin sein. Darum versuche ich dran zu denken, dass der Grat zwischen gut drauf und übermütig ziemlich schmal ist.
 
@bastifunbiker: ich glaube die 1 Sekunde bezieht sich auf nicht vorhersehbare Ereignisse, also z.B. ein Kind, das hinter einem Auto vor läuft.
Ein Test bei dem man nur darauf wartet, das ein bestimmtes Ereignis eintritt und auch schon vorher ganz genau weiß was zu tun ist ist da nicht ganz so aussagekräftig.

Auf ein Reh, dass einem plötzlich mitten in den Weg springt reagiert man meiner Erfahrung nach langsamer als auf ein wegrutschendes Rad (weil man letzteres "erwartet").
 
Die Fixpunkte versuche ich aktiv und "mit Gewalt" (an)zufahren. Im Prinzip wechseln sich Momente ab, wo man seine Linie ins Gelände reinpressen und wo man schwerelos drüber rollen will.


Sehr gut beschrieben. Wenn das klappt, kommt man mit erstaunlich wenig Linienkorrektur aus. Ich bilde mir ein, dass es das ist, was einen schneller macht ober besser gesagt schnell sein lässt. Selbst in Kurven, die in einem Zug durch gefahren wird, wird man nur unwesentlich langsamer. Beim Skifahren sagt man, dass man auf "Zug" fährt.

Das schwierigste für mich ist immer noch, den Blick aktiv nach vorne zu führen. Die Fahrposition habe ich so weit automatisieren können, dass ich nahezu immer neutral am Bike stehe. Okay. Noch schwieriger ist das mit dem Selbstvertrauen - sich klar zu sein, dass eigentlich nichts schief gehen kann. Die Stürze ergeben sich nicht aus einer falschen Linienwahl oder so, sondern meistens aus dem Verkrampfen.
 
@bastifunbiker: ich glaube die 1 Sekunde bezieht sich auf nicht vorhersehbare Ereignisse, also z.B. ein Kind, das hinter einem Auto vor läuft.
Ein Test bei dem man nur darauf wartet, das ein bestimmtes Ereignis eintritt und auch schon vorher ganz genau weiß was zu tun ist ist da nicht ganz so aussagekräftig.

Auf ein Reh, dass einem plötzlich mitten in den Weg springt reagiert man meiner Erfahrung nach langsamer als auf ein wegrutschendes Rad (weil man letzteres "erwartet").
Gerade da ist eine Sekunde zu viel. Mir ist Mal in der Stadt ein Hund kurz vor das Auto gesprungen. Habe SOFORT gebremst. 1 Sekunde wäre ich schon komplett drüber ;)
 
Nur um es auch noch einzuwerfen (soll keine Kritik an dir sein): man muss auch zwischen bewusster Reaktion und Reflexartiger Handlung unterscheiden:

Was wäre denn gewesen, wenn der Hund kein Hund sondern nur eine Plastiktüte gewesen wäre?
Und wenn hinter dir jemand (zu dicht) fährt?
Wäre sofort bremsen in den Fällen die richtige Entscheidung (Reaktion) gewesen?

Und gerade als geübter (Auto-)Fahrer nimmt man viele Dinge schon unbewusst wahr die, die einen auf eine entsprechende Reaktion vorbereiten. In deinem Beispiel hast du den Hund vielleicht schon vorher am Straßenrand gesehen. Oder du wusstest aus Erfahrung, dass hinter dem Hindernis, hinter dem er hervorsprang, etwas kommen kann.
 
Wenn das klappt, kommt man mit erstaunlich wenig Linienkorrektur aus. Ich bilde mir ein, dass es das ist, was einen schneller macht ober besser gesagt schnell sein lässt. Selbst in Kurven, die in einem Zug durch gefahren wird, wird man nur unwesentlich langsamer. Beim Skifahren sagt man, dass man auf "Zug" fährt.
Schnell ist, wenn man schnell bleibt. :) In diesem Sinne sind 29er eine gute Fahrschule. ;) Rollt besser, wenn man's lässt. Beschleunigt aber zäher. (Will hier keinesfalls eine Radgrössendiskussion eröffnen, aber nach meinem Wechsel von 26 direkt auf 29 anfangs letzte Saison, habe ich das selber erfahren.)
Ein Freund von mir ist ein Paradebeispiel für "auf Zug fahren". Korrigiert seine Linie quasi nie, lässt laufen wo's geht und bremst nur ungern. Und seiner Linie merkt man deutlich den (Ex)Racer an. Sehr darauf bedacht, stets den Schwung zu halten. Anders als viele (Ex)Racer kann er das aber auch auf unbekannten Trails erfolgreich umsetzen. Wie ist mir nach wie vor nicht restlos klar. Ich schätze, weit vorausschauend gepaart mit Intuition, dazu kommen Selbstvertrauen, Fahrkönnen und Routine.
Das schwierigste für mich ist immer noch, den Blick aktiv nach vorne zu führen.
Ich finde, den Blick dort zu halten schwierig. Ich glaube, schnell fahren heisst auch "linientolerant" fahren. Auch wie ein Skifahrer, an die Linie klammern, sieht gut aus, ist aber nicht schnell. Natürlich muss sie einigermassen passen. Aber Laufenlassen und in gewissem Masse das Bike seinen Weg suchen lassen gehört dazu. Dabei läuft nicht alles nach Drehbuch, regelmäßig fährt man voll in etwas rein statt wie geplant dran vorbei. Das muss dann egal sein. Blick bleibt vorne, Gas geöffnet, nicht fokussieren, unbeirrt nächsten Fixpunkt anpeilen. Vermutlich auch ein Punkt, den mein Kollege mir voraus hat...

Noch schwieriger ist das mit dem Selbstvertrauen - sich klar zu sein, dass eigentlich nichts schief gehen kann. Die Stürze ergeben sich nicht aus einer falschen Linienwahl oder so, sondern meistens aus dem Verkrampfen.
Naja. Manchmal ist es auch einfach too much. Selten, aber dann heftig. Gutes Beispiel übrigens für Selbstvertrauen bei der Linienwahl (und Tempo) :eek:

http://www.vitalmtb.com/videos/features/TEST-RIDE-2-The-2017-Norco-Range-C9-2,33170/sspomer,2
 
Ich such mir auch mit den Augen die Linie vielleicht 5m, 10m im voraus. Wenn ich eine sehe kann ich es einfach laufen lassen, die Position auf dem Bike wird dann "automatisch" angepasst. Probleme gibts wenn ich keine Linie sehe, dann bin ich sofort verkrampft. Dadurch kann ich es bei für mich einfachen Trails auch recht krachen lassen, habe aber Probleme schneller zu werden, technischere Sachen zu erlernen... Denke hier brauchts echt einfach mehr Risikobereitschaft... Meistens klappt ja das was man gefahren ist ohne Probleme.
 
hat das auch dein Fahren sonst verändert, also auf unbekannten Strecken?

Ja, tut es. Hab das jetzt mal auf einem steilen stufigen Trail getestet. Ist schon erstaunlich, wie das dann flutscht.Irgendwo konzentriere ich mich da nicht mehr auf die Stufen, sondern hauptsächlich auf die Stellen, an denen ich bremsen und Richtung machen kann.
 
Ich habe mir das weiter vorausschauen angewöhnt und es funktioniert sehr gut nur in einer Situation klappt es nicht.
Wenn ich im Steilen oder schnell auf eine enge Kurve zu fahre und stank bremsen muss fixiere ich immer den Scheitelpunkt der Kurve und mit dem vorausschauen ist es vorbei und die Kurven sind immer eine Zitterpartie.
Wie macht ihr das?
 
Bei mir hängt das interessanterweise mit dem Bremsen zusammen. Seit ich versuche, vor der Kurve mit dem Bremsen fertig zu werden, klappt es auch mit der Blickführung besser.
 
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