Der "aus alt mach neu"-Faden oder wie die Komponenten wieder hübsch wurden ;)

euphras

Mittelklassebiker
Registriert
19. Juni 2007
Reaktionspunkte
792
Ich habe vor einigen Tagen von Sebastian ein Schaltwerk gekauft, welches eine gute Grundlage für die Wiederaufarbeitung bot. Die Achsen des Parallelogrammkörpers waren so ziemlich festgesetzt, weil der Stahl der Nietbolzen ein elektrochemisches Element mit dem Alu des Schaltwerksgrundlörpers gebildet hatte und bedingt durch die Volumenzunahme (Aluminiumoxid) eine Beweglichkeit stark erschwert wurde. Also mußte der Parallelogrammkäfig entnietet werden, um die Gelenke von ihrer Arthritis zu befreien. Wie das gemacht wird hatte ich schon vor längerer Zeit hier beschrieben.

Aber zuerst ein Blick auf die Ausgangssituation, ein Bild das ich mir aus dem Verkaufsfaden von Sebastian kopiert habe (ich hoffe, das geht in Ordnung):


Neben den rein mechanischen Aspekten, die der Überholung bedurften, galt es also auch, sich des Lackes/Logos und der Aluminium-Grundkörper anzunehmen, die die üblichen "Kampfspuren" zeigten.


Ein Bild erstellt nach der Entnietung des hinteren Grundkörpers und einer ersten Grundreinigung/Farbausbesserung. Das Öffnen des Parallelogrammkäfigs erleichtert natürlich auch das Abschleifen/Polieren/Lackieren der Aluminiumgrundkörper und der Parallelogrammarme.




Der schwarze Aluminium-Parallelogrammarm wird mit Revell-Modellbaufarben unter Lupenbeobachtung ausgebessert. Um wieder eine sanft spiegelnde, glatte und strakende Oberfläche zu erhalten, wird Klarlack in vielen Schichten aufgetragen, bis eine so große Schichtdicke erreicht ist, daß die Oberfläche mit feinem Schleifpapier (800er, 1000er) bearbeitet werden kann, ohne Gefahr zu laufen, die Logos zu beschädigen.




Ausfüllen der vertieften "High - Low" Markierungen mit schwarzen Lack..., ähnlich, wie bei klassischen Fotokameras.. ;)




Mechanisch ist das XC Pro mid-cage Schaltwerk nun wieder annähernd wie neu und auch optisch muß man im Vergleich zu einem echten NOS-Teil nur wenig Abstriche machen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Anzeige

Re: Der "aus alt mach neu"-Faden oder wie die Komponenten wieder hübsch wurden ;)
Hilfreichster Beitrag geschrieben von euphras

Hilfreich
Zum Beitrag springen →
Hilfreichster Beitrag geschrieben von euphras

Hilfreich
Zum Beitrag springen →
Wau,das hast du richtig schön hinbekommen.
Also, da brauch man ne ruhige Hand, das so schön nachzupinseln.
Klasse ich bin echt begeistert.
 
Saubere Arbeit, Patrick! :daumen:

Welche Werkzeuge sind zum kompletten Zerlegen notwendig?

VG

Moritz

würde mich auch intressiern. Aber ich denke mal auch viel Erfahrung notwendig. Ich werde demnächst mal anfangen mit paar Alivio Schaltwerke auseinander zu bauen:) da ist es nicht so tragisch wenn die ersten versuche in den Schrott Eimer gehen...:lol:
 
Saubere Arbeit, Patrick! :daumen:

Welche Werkzeuge sind zum kompletten Zerlegen notwendig?

VG

Moritz

So wahnsinnig viel Werkzeug ist eigentlich gar nicht erforderlich. Aber ein bischen Erfahrung, so wie von schallmauer schon ganz richtig vermutet, ist schon von Vorteil. Das Alu über den Nietbolzen wird (wie im verlinkten Blog beschrieben: http://euphras.blogspot.de/2011/10/how-to-refurbish-suntour-accushift.html ) von oben so angebohrt, daß ein an der Spitze abgefeilter Nagel in einer Achse mit dem Bolzen in das Bohrloch eingeführt werden kann. Die Betonung liegt auf "einer Achse", weil sonst beim Austreiben mit dem Hammer die ganze Geschichte verkantet und man den Bolzen nicht, oder nur unter Beschädigung des Parallelogrammkörpers austreiben kann. Mal ein paar Bilder:




Rot markiert: zwei Bohrungen über den Bolzen, die den vorderen Grundkörper mit den Parallelogrammarmen verbinden




Hier die Bohrungen im Bereich des hinteren Grundkörpers. Insbesondere die Bohrung im Bereich der Schaltwerksbolzenführung (im Bild hinten) ist extremst schwierig zu führen, da der organisch geformte Grundkörper von außen nur wenig Orientierungshilfen für die richtige Plazierung der Bohrung gibt und die Bohrung schräg in eine gerundete Fläche zielt.




Das Austreiben des Nietbolzens mit einem Nagel

Zum Bohren benutze ich Uhrmacherschraubenzieher, die ich vorne mit einem Messerschärfer "anspitze". Handgebohrte Löcher kann man in der Anfangsphase einfach besser kontrollieren, als solche, die mit einem Dremel o. ä. gebohrt werden. Zum Austreiben wird ein normaler, 1 mm dicker Nagel verwendet, der (wie schon geschrieben) an der Spitze abgestumpft wurde.




Wenn man schon mal dabei ist, kann man auch gleich Schmierbohrungen für die Gelenke à la Cunningham Rollercams anbringen. :lol: :)

Das Wiedervernieten erfolgt dann mit einem Körner und gut geschmierten Nietbolzen. Die Bolzen sitzen aufgrund ihres leicht konischen unteren Endes so stramm in den Nietbohrungen, daß eine "echte" Vernietung im technischen Sinne nicht nötig ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Respekt.. :daumen:

...wieder was dazugelernt. Danke. Bin eher grobmotorisch und werde mit den Revellfarben und dem Klarlack-Procedere mal eine alte abgeschabte Kurbel wieder herrichten. :D
 
Zum polieren von Alu soll Oxalsäure ganz gut sein. Gibt's kostenlos im Saft von Rhabarber :daumen: Quelle: Haushaltstpps von Oma.
 
Krass, und ich dachte ich sei schon gründlich beim Reinigen.
Respekt, geniale Arbeit!
Und super Thread-Idee; hoffe, dass hier noch viel mehr kommt!
 
bisher hat sich meine restaurierungen nur auf, von haus aus, zerlegbare teile beschränkt.

aber das top ja mal alles :Daumen:
 



Ausfüllen der vertieften "High - Low" Markierungen mit schwarzen Lack... ;)




Mechanisch ist das XC Pro mid-cage Schaltwerk nun wieder annähernd wie neu und auch optisch muß man im Vergleich zu einem echten NOS-Teil nur wenig Abstriche machen.

Hallo,

erst einmal danke für den guten Denkanstoß.

Polierarbeiten gehen mit ein bischen Mühe besser, wenn man das alte Teil wirklich auf neu machen möchte. Aber wie schützt SHIMANO oder SUNTOUR die polierte Oberfläche? Mit einem besonderen Klarlack? Eine polierte Aluoberfläche ist ohne Schutzschicht zu anfällig und auch nicht original.

Buchstaben ausmalen habe ich schon als Kind nicht gemocht - auf dem Schaltwerk sieht es genau so aus. Kann man da nicht eine Schablone für den Schriftzug fertigen, um den perfekt mit Lack aufzusprühen?

Wenn man Beides bewerkstelligen könnte, dann würde ich mir in den Wintermonaten einen kompletten XTR Antrieb restaurieren.

Schönes Wochenende

raze
 
Shimano und SunTour haben ihre Aluteile nach dem Polieren anodisiert oder eloxiert. Diese Schutzschichten gehen durch das Schleifen und Polieren natürlich verlohren.
Ich schütze dann durch Autohartwachs/-politur.
Die Beschriftungen wurden im Original durch Tampon- oder Siebdruck aufgebracht. Die Ausbesserung dieser Schriften geht für uns eigentlich nur so wie von Patrick beschrieben. Ich habe selbst schon mal mit einer speziellen Klebefolie eine Schablone zum Spritzen (mit der Airbrush) gemacht: Das Ausschneiden in diesen Größenordnungen ist sehr mühsam und dann wird die Folie bei so kleinen Konturen gerne von der Farbe unterwandert. Ist garnicht zu empfehlen!

Es grüßt Euch Armin!
 
Shimano und SunTour haben ihre Aluteile nach dem Polieren anodisiert oder eloxiert.
Es grüßt Euch Armin!

Hallo Armin,

von der XTR Kurbel und dem Schaltwerk kann ich aus eigener Schleiferfahrung sagen, daß die Schutzschicht dicker ist als es eine normale Eloxalschicht. Man sieht ja auch im guten Licht "Polierfehler" oder Unregelmäßigkeiten.

Vielleicht ist es ja farblos eloxiert und dann klar lackiert :confused:

Schade, daß es bei Dir mit dem Lackieren des Schriftzuges per Folie nicht geklappt hat. Wie bringen die Hersteller ihre kleine Logos auf die Vorbauten, Stützen... ?

Schönen Abend

raze
 
Hi Raze!

Den genauen Oberflächenaufbau der Shimano-Teile kenne ich natürlich auch nicht, durch meinen Job im Bereich Medtechnik habe aber ich einige Erfahrung im Bereich Eloxieren sammeln können. Es gibt unterschiedliche Vorarbeiten (z.B. Beizen oder Polieren) und Schichtdicken (5 bis 20µm) beim Eloxieren (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Eloxieren). Ich denke mal, daß Shimano eher am oberen Ende der möglichen Schichtdicken arbeitet. Das dann da noch Klarlack darüber kommt, möchte ich bezweifeln und ist ja eigentlich auch nicht nötig.
Die Logos auf den Fahrradteilen wurden früher per Tapondruck oder Siebdruck aufgebracht, vereinzelt auch durch Aufreibebuchstaben (http://de.wikipedia.org/wiki/Letraset). Deren Verwendung könnte ich mir gut bei den Syncros-Stützen und Kurbeln vorstellen. Heute macht man das meist mittels Laser.
Das Lackieren per Folienschablone hat schon geklappt (ich habe früher Modell-LKW's in 1:87 gemacht), es war nur sehr mühsam und am Ende musste ich dann doch wieder mit dem Cuttermesser und Pinsel ausbessern. Außerdem war die Folie immer nur für eine Anwendung geeignet.

Ich grüße Dich, Armin!
 
Shimano hat bei mir poliert, schwarz lackiert (LX) und silber eloxiert (98er XT), grau eloxiert (Ultegra).
Farblosen Lack (auf Eloxal) kenne ich nicht bei Shimano Die billigste Lösung: polieren- also raw, gefällt mir am besten und schwarz als Akzent bspw..
 
Die meisten Shimano Komponenten sind lackiert. Auch die 900er Kurbel ist poliert und lackiert, auch die STI Hebel der Rennräder sind lackiert. Es lässt sich aber leicht abbeizen.
 
Die 900er Kurbel ist verchromt. Deshalb wird die Schicht auch so unterwandert.

Ich glaube eigentlich nicht, daß diese Kurbel verchromt ist: Sieht normal anders aus (siehe verchromte PKW-Felgen aus Alu). Um Alu zu verchromen ist noch eine Zwischenschicht (aus was?, Kupfer?) nötig, die ist mir da noch nicht aufgefallen. Dicke Eloxalschichten neigen zur Rissbildung und können dann auch unterwandert werden, genauso wie eine Chromschicht.
 
Zurück
Oben Unten