Obwohl sich das Interesse an dieser absolut sehenswerten Naturshow merkwürdigerweise sehr in Grenzen hielt, sollen hier zwei bis drei Worte und Bilder für das Protokoll festgehalten werden:
Die Tour fing schon etwas holperig an. Ich hatte Sprotte und Begleitung kurz vor 14 Uhr beim Bäcker aufgegriffen und ein Stück Mohnkuchen später starteten wir die Reise. Nach wenigen Kilometern fiel Sprotte auf, dass wir gar nicht, wie angekündigt, um 14.00 am Schloss waren. Hatte nicht Will67 sein Kommen noch in Aussicht gestellt? Also kurbelte er um 14.11 nochmal zurück, um eventuelle Mitfahrer in Empfang zu nehmen. Allerdings vergebens.
Das waren die ersten Minuten, die uns am Ende fehlten. Nächster Punkt im Programm war der Tier-, Freizeit- und Urzeitpark Germendorf. Sprotte hatte da bei GoogleEarth irgendwie tolle Inseln und Brücken erkannt, die besichtigt werden sollten. Allerdings hätte man dafür Eintritt bezahlen müssen und nach Plastiksauriern stand uns nicht wirklich der Sinn. Dieser Ausflug schlug mit 00:22:13 zu Buche.
Sprotte war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass ich ein recht ambitioniertes Programm im Köcher, äh Navi hatte. Schließlich sollte bewiesen werden, dass man von Oranienburg nach Linum durchaus abseits von vielbefahrenen Landstraßen unterwegs sein kann.
Wir kehrten also wieder auf meinen Track zurück und mussten nach ein paar Kilometern feststellen, dass der Transfer-Forstweg zwischen Germendorf und Kremmen durch die Freunde der Forstwirtschaft unpassierbar gemacht wurde. Die Ausweichrouten kosteten wiederum Zeit und meine beiden Begleiter suchten die Umgebung nach alternativen Fortbewegungsmöglichkeiten ab. Mitten im Wald fand sich ein Schienenfahrzeug, welches auf einer Erfindung von Karl Drais beruht. Dieses wurde sogleich in Besitz genommen und ich und mein Navi wurden freundlich verabschiedet:
Nein, nach mehreren Versuchen fanden wir einen wirklich sehr schönen herbstlichen Waldweg, der uns in Richtung unseres Ziels trug.
Für mich ist es immer wieder erstaunlich, wie eine einzige Buche einen öden, langweiligen Kiefernplantagenwald beleben kann.
Nun ging es aber recht flott voran und wir erreichten einen Ort namens "Verlorenort". Das ist ein Ortsteil von Kremmen. Nach Verlorenort führt übrigens der, na klar, Verlorenorter Weg. Ich hätte an einem Ort solchen Namens kaum mehr als eine Kuhweide, ein paar Strohballen oder maximal einen Hochstand erwartet, aber unsere Mitfahrerin entdeckte dort das, weswegen wir hergekommen sind. Schwärme von Kranichen! Leider gehen sie im Pixelbrei etwas unter, aber sie waren da!
Um ganz sicher zu sein, wurde ein Utensil des letzten Opernabends hervorgeholt...
... und operative Einheiten zu den Beobachtungseinrichtungen entsandt.
Es ging weiter, vorbei an Kremmen, über den Ruppiner Kanal, auf einem ehemaligen Knüppeldamm, Kremmener Luch, Sommerfelder Luch, Beetzer Luch, Waller Kalklöcher. Wir befinden uns im Naturschutzgebiet
Oberes Rhinluch. Hier gibt es nur Natur, Feuchtwiesen und - Plattenwege.
Sprotte wurde allmählich von Panik ergriffen, dass wir nicht rechtzeitig zur Schlafengehzeit der Kraniche nach Linum gelangen würden. Dass er Recht behalten würde, ahnte ich in diesem Moment schon. Es kam aber noch schlimmer. Vom LPG-Plattenweg wechselten wir auf den "Rhinluch Radweg". Der führt von Hennigsdorf nach Wall und ist wirklich sehr empfehlenswert. Allerdings bestand er auf unserem Teilstück aus einigen Kilometern sehr grobem Kopfsteinpflaster und unsere Mitfahrerin, die mit Sprottes komplett ungefedertem Silberpfeil unterwegs war, tat mir echt leid.
Kurz vor den Waller Kalklöchern überqueren wir wieder den Rhin.
Gut zwei Kilometer weiter teilte sich der Weg nach rechts und links. Wie ich jetzt weiß, wäre es wesentlich besser gewesen, nach links in Richtung Linumhorst zu fahren. Wie mir mein ornithologisch bewanderter Arbeitskollege berichtete, befinden sich dort die Rastplätze. Die Linumer Teiche waren, wie wir später sahen, eher nicht so stark besucht. Na ja, wir fuhren jedenfalls nach rechts und erreichten nach vielen Kilometern Umweg die Landstraße nach Linum. Die Sonne war gerade dabei, hinter dem Horizont zu verschwinden. Obwohl noch überall große Verbände von Zugvögeln unterwegs waren, schein ich sie in dem Moment gerade nicht erwischt zu haben.
Aber Sprotte ließ sich zurückfallen und hat eifrig fotografiert. Vielleicht kommt da ja noch etwas.
Als wir die Linumer Teiche erreichten, war dort schon Aufbruchsstimmung. Die Leute packten ihre meterlangen Teleobjektive ein. Auf den Parkplätzen brachen Fahrzeuge von HH bis GAP auf. Auch ZH aus CH wurde von mir gesichtet. Meine Tochter, die bereits vor uns vor Ort war, berichtete vom absolut beeindruckenden Einflug tausender von Vögeln, der den Himmel schwarz erscheinen ließ. Vielleicht müssen wir die Sache im nächsten Jahr wiederholen und dann aber etwas früher losfahren. Auch wenn sich die Höhenmeter in Grenzen halten, gibt die Landschaft das Zeug für eine Tagestour her.
Nachdem wir die Wege zwischen den Teichen gekreuzt haben, ließen wir uns zu einem wohlverdienten Snack mit Bierchen in der "Fischerhütte im Linumer Teichland" nieder. Bei den (für Ende Oktober) außergewöhnlich hohen Temperaturen, konnte man dort gut draußen sitzen. Sehr schön fand ich die eindrückliche Ansage des Personals "Wir machen hier aber um 7 zu!!!" in Zusammenhang mit diesem Zeitungartikel:
Die Flexibilität endet halt um 19.00 Uhr. Ist ja auch okay. Prost!
An dieser Stelle habe ich Sprotte & Co., die zu diesem Zeitpunkt schon ca. 90 km auf der Uhr hatten, alleine gelassen. Bis Oranienburg war es für die beiden noch ca. 26 km Nightride. Es stand auch zur Debatte, bis Ahrensfelde durchzuziehen. Keine Ahnung, ob sie das noch gemacht haben.
Für mich war das jedenfalls ein sehr eindrucksvoller Tag in wirklich sehr netter Begleitung. Danke an Sprotte für den, wenn auch etwas halbherzigen
Aufruf! Wer Naturliebhaber ist und heute nicht dabei war, hat etwas verpasst!
Ich werde da nochmal hinfahren. Alleine schon wegen der Fischerhütte:
Altglienicker
Ergänzung:
Irgendwie wurmte es mich doch, den Einflug der Kraniche nicht so richtig erlebt zu haben, und so nahm ich den Brückentag am darauffolgenden Freitag zum Anlass, den Ort des Geschehens nochmals zu besuchen. Dafür, dass es der 1. November und schlechtes Wetter vorausgesagt war, erlebte ich die Skyline von Linum in durchaus ansehnlicher Abendatmosphäre. Allein für diesen Anblick hat sich die ganze Anreise gelohnt.
Um Kraniche formatfüllend abbilden zu können, fehlte mir definitiv Brennweite und Lichtstärke. Ich hatte nur meine kleine Kompaktknipse dabei. Die Landeplätze der Vögel waren mindestens 200 m entfernt und der NABU hatte (zu Recht) weiträumig abgesperrt. Hier ein Foto mit Kranichen und Wildgänsen im Frontalanflug. Nicht spektakulär, aber es zeigt den Größenunterschied.
Die nächstgelegene Wiese, die bei meiner Ankunft noch leer war, füllte sich zusehends, während im Hintergrund neue Schwärme anreisten.
Es war unglaublich: Im ersten Moment dachte ich noch, hier passiert heute nicht mehr viel. Aber innerhalb von vielleicht 15 Minuten füllte sich der Himmel mit Tausenden von Vögeln bis zum Horizont. Im Foto ist das nur ansatzweise wiederzugeben.
Vor allem dieser
trompetenartige Ruf schaffte eine einzigartige Geräuschkulisse. Das muss man erlebt haben!
Irgend etwas ließ die Vögel aufschrecken.
Kraniche sind sehr scheue Tiere.
Folgende Fluggesellschaften haben den Kranich als Markenzeichen.
Japan Airlines
Air Uganda - The Wings of East Africa
XIAMEN-AIR
Deutsche Lufthansa AG
Warum nur?
Habe gelesen, dass im März "nur" 3.000 bis 10.000 Kraniche in Linum Rast machen. Vielleicht lohnt sich ja trotzdem eine Winterpokal-Abschlusstour dorthin. Mal sehen...
Altglienicker
Hier noch ein Videolink:
Flying over Venice - Earthflight Europe