Elektrifiziert - Pendeln mit dem Smart Ebike

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Hallo,

ich wollte mich hier gerne einmal an einem kleinen Erfahrungsbericht mit dem Smart Ebike versuchen. Sicher wird der Eine oder Andere auch bereits über eine solche Anschaffung nachdenken. Infos und Bilder zu dem Pedelec gibt es hier: http://www.smart.de/produkte-ebike

Wer regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit fährt, und dabei für die einfache Wegstrecke länger als 30 Minuten im Sattel sitzt, wird sicher auch schon mindestens einmal einen Gedanken an die Anschaffung eines Pedelecs verwendet haben. Vielleicht um den Weg noch schneller zurückzulegen, vielleicht auch einfach nur, um etwas entspannter im Büro anzukommen. Beides keine verkehrten Gedanken. Selbst der begeisterte Freizeit-Mountainbiker wird ohnehin dem Einsatzzweck entsprechend mindestens zwei Räder sein eigen nennen. Warum sich also nicht für den Pendelverkehr etwas Unterstützung in Form eines elektrischen Antriebs holen?

Und der Markt gibt einiges her! Sieht man allerdings von Citybikes mit Einkaufskörben und Hollandradcharakter einmal ab, wird die Luft im Marktsegment doch schnell dünner. Jenseits der 3.500 Euro Marke mag es für den technikaffinen Biker noch einmal Interessant werden, für ein Zweitrad mit beschränktem Einsatzgebiet aber eine große Investition. Schickes, durchdachtes Design und eine Ausstattung, die durch Übersichtlichkeit und Wartungsfreundlichkeit bestechen könnte bietet dagegen das Smart Ebike. Die eigenständige Formsprache macht klar, dass es sich hier nicht einfach um ein Fahrrad mit angebautem Elektromotor handelt. Eine Ausstattungsvielfalt wie sie der Fahrradteilemarkt mit unterschiedlichen Bremsen, Schaltungen und Laufrädern bietet, bleibt einem bei dem Smart Ebike dagegen vorenthalten. Auch die Geometrie des Rahmens beschränkt sich auf eine Einheitsgröße. Lediglich durch eine Lenkervariante und eine gekröpfte Sattelstütze lässt sich das Rad auf die individuelle Körpergröße anpassen. Kein einfaches Unterfangen bei 189cm Körpergröße. Entsprechend nüchtern fällt die erste Sitzprobe aus. Die Sattelstütze bietet zwar ausreichend Reserven auch für groß gewachsene Fahrer, die Griffposition mag aber trotz der weiter ausladenden Lenkervariante nie so richtig passen. Darunter leidet dann auch das erste Fahrgefühl. Der kurze Rahmen mit dem, weit nach vorne überstehendem Lenker vermittelt zunächst wenig Sicherheit und macht den Parcour durch das Autohaus zur Zitterpartie für mich und den Verkäufer.

Auf dem Radweg mit mehr Geschwindigkeit und der Anschubhilfe des 250W BionX-Motors in der Hinterradnabe fühlt sich das nach den ersten Metern dann schon besser an. Während der Elektromotor in Verbindung mit dem Zahnriemenantrieb seine Arbeit vollkommen geräuschlos ausführt, macht die SRAM I-Motion 3-Gang Schaltung mit permanentem Klackern im zweiten und dritten Gang auf sich aufmerksam. Egal. Ich bin spät dran und am ersten Hügel lässt sich das Bike in der dritten von vier Unterstützungsstufen schon sehr bequem mit 16 km/h aufwärts bewegen. Mit der ersten richtigen Steigung wird mir dann schnell klar, dass es sich nur um eine Unterstützung handelt. Wo ich mit dem Mountainbike im sechsten Gang mit gemütlichen 6 bis 7 km/h in die Pedale trete, muss ich den Elektromotor auch in der höchstmöglichen Unterstützungsstufe durch kraftvolles Treten im ersten Gang auf 11km/h bewegen. Die Anstrengung dürfte dabei identisch sein. Nur eben ist der Gipfel schneller erreicht! Danach geht es erstmal bergab. Mein Mountainbike lasse ich hier laufen. Auch in der Hoffnung, den Verschleiß der Bremsbeläge dadurch etwas reduzieren zu können. So sind gute 50 km/h drin. Anders mit dem Smart Ebike. Mit Betätigung der Vorderradbremse springt die Anzeige im abnehmbaren Lenkerdisplay auf Generatorbetrieb um und nutzt die Geschwindigkeit, um dem 423Wh Akku wieder etwas Energie zuzuführen. 45-47 km/h sind aber trotz der gut zupackenden Magura MT4 Bremse mit 180er Scheiben vorne und hinten noch drin. Auch über die Tasten am mittig angeordneten Display lässt sich diese Rekuperationsfunktion in vier Stufen einschalten. Dazu allerdings die Hände vom Griff nehmen zu müssen ist hier nicht sonderlich elegant gelöst. Ebenso die Ausführung eines Kontaktgebers nur in der Vorderradbremse. Auf einem längeren ebenen Stück wird dann zum ersten Mal die gesetzlich vorgeschriebene Abriegelung der elektrischen Antriebskräfte ab 25 km/h deutlich spürbar. Soll es schneller vorwärts gehen, muss schon ganz ordentlich in die Pedale getreten werden. Im dritten Gang zeigt die Schaltung dabei erneut Probleme. Häufig rutscht der Gang kurz wieder zurück und hinterlässt ein Loch im ohnehin etwas unrund wirkenden Tretgefühl. Geht es nur leicht bergauf, schiebt einen der Antrieb auch in der ersten Stufe permanent mit leichten Schüben über die 25 km/h Grenze. Insgesamt erscheint mir da der Kraftaufwand mit dem Mountainbike deutlich harmonischer.

Auch der Fahrkomfort des Smart Ebike lässt erwartungsgemäß etwas zu wünschen übrig. Im Vergleich zu meinem Hardtail mit 80mm Federweg am Vorderrad muss man mit den Schlägen der Starrgabel und den schmalen Reifen leben. Lässt sich das Vorderrad noch wie gewohnt über Bordsteine und Schlaglöcher anheben, ist das Hinterrad der fast 26 kg schweren Fuhre dazu nicht zu bewegen. Mit dem Motor im Hinterrad verteilt sich die Last auch zu fast zwei Dritteln aufs Hinterrad. Der Versuch, etwas komfortablerer Reifen zu montieren dürfte leider auch an den schmalen Felgen, den engen Schutzblechen und der, dazu notwendigen Einbaubreite des Hinterbaus scheitern.

Nach den ersten 22,2 km in 53 Minuten bleibt also ein etwas flaues Gefühl. Fahrspaß wollte nicht so richtig aufkommen. Im Vergleich zur selben Fahrt mit dem Mountainbike habe ich knapp 3 Minuten gutgemacht. Kaum der Rede wert eigentlich auch die Krafteinsparung. Im Anzug und Krawatte wäre diese Strecke aber ohnehin kaum zu machen.

medium_Hinweg.jpg

Der Hinweg: links Mountainbike, rechts Pedelec

Deutlich mehr Bergauf Passagen zeigt dann allerdings der Rückweg auf. So ist der Akku auch nach der ersten Wegstrecke noch zu gut 80% vollgeladen. Die Uhrzeit im Display zeigt nun allerdings bereits 22:59 Uhr an. Merkwürdig, noch scheint die Sonne was eigentlich auch schade ist, denn die integrierte Beleuchtung macht einen guten Eindruck. Warum diese allerdings permanent angeschaltet sein muss bleibt mir ein Rätsel. So trete ich also um kurz nach fünf den Heimweg an. Irgendwann stimmt dann plötzlich auch die Uhrzeit im Display wieder. Leider gibt es keinerlei Staufächer in denen z.B. eine Bedienungsanleitung mitgeführt werden könnte. Viel zu erklären gab es bei der Übergabe des Testrades am Morgen aber ohnehin nicht. Auch ein Ladegerät wollte man mir nicht mitgeben. „100 km seien ja drin!“ und so schalte ich auf dem Rückweg nur noch selten zwischen den Unterstützungsstufen um. Über die ersten Hügel schiebt mich das Smart Ebike noch mit zügigen 22-25 km/h. Mit gleichem Krafteinsatz bin ich hier mit dem Mountainbike nur mit 16-18 km/h unterwegs. Erschreckend dann allerdings der letzte Anstieg. Bei einer Steigung um die 23 Prozent die ich mit meinem Mountainbike nur im ersten Gang und ganz vorne im Sattel bewältige geht mir und dem elektrischen Antrieb die Luft aus. Die Kapazität des Akkus ist nach 38km zwar „nur“ zu zwei Dritteln verbraucht aber die Motorunterstützung ist zu schwach, um mir im ersten Gang und im Wiegetritt über den Berg zu helfen. Also schiebe ich leicht frustriert und auch nicht ohne Anstrengung die restlichen Meter den Berg nach oben. Insgesamt hatte ich auf dem Rückweg damit Null Zeitersparnis, was aber sicher auch den äußeren Umständen wie den Windverhältnissen oder der Verkehrssituation an vier Ampelkreuzungen geschuldet werden darf. Zugegeben, die unverbrauchten Kraftreserven, besonders nach der Rückfahrt, könnte ich sicher anschließend im Fitnessstudio verbrauchen. Das allerdings ist ja nicht Ziel der Aktion…

medium_Rueckweg.jpg

Der Rückweg: links Mountainbike, rechts Pedelec
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Video passt so richtig zur Hipster-Hauptstadt Berlin :lol:

Ansonsten sind Pedelecs sicher eine tolle Erfindung, wenn man im Büro keine Duschgelegenheit hat etc.

Was ist denn der Kostenpunkt für so ein Hipst.... Smart-Bike?

Gruß,
Michael

Edith fragt: Macht die Bremsenergie-Rückgewinnung nicht den Akku nutzlos schnell kaputt?
 
Hallo Holzmichl
Probier mal was mit dem neuen "Stand der Technik"
-Mittelmotor
-Stufenlose Getriebenabe
-15Aph Akku
Sehen vielleicht nicht so "Hipp" aus, funktionieren aber.
 
Rein optisch gefällt mir Das Winora S-2 Trekking/City/wasauchimmer Pedelec sehr gut.
49578cf612459c47d5f6a654d4b75120.detail.jpg

in schwarz sieht es aber besser aus in raw oder graumetallic wäre es der Hit für mich, um zur Arbeit zu Fahren... allerdings glaube ich, dass so Teile erst in 5-10 Jahren richtig ausgereift sind.
 
Lass das Teil mal in Berlin irgendwo stehen. Das schneller weg, als du Smart sagen kannst :D
 
Das Video passt so richtig zur Hipster-Hauptstadt Berlin :lol:
[...]

Jetzt wissen wir auch wofür die Vorderradbremse erfunden wurde - für sich öffnende Autotüren. In welchem § der StVO steht nochmal, daß Fahrradfahrer den vorgeschriebenen Seitenabtsand nicht einhalten dürfen?
Total bekloppt, das Video. :o
 
Die sind auch elektrifiziert, haben aber in dem 1:30 Min. Video sicher mehr Spaß als in dem Smartvideo ;)

[ame="http://vimeo.com/47260688"]DANI & MARKY at MX-TRACK on Vimeo[/ame]
 
2.849,- EUR möchte Smart für das Bike haben. Vielleicht versuche ich wirklich noch ein Pedelec mit Bosch-Antrieb aus. Der soll besser bergauf gehen. Allerdings würde ich gerne auf Kettenschaltung und Federgabel verzichten. Stevens Carpo oder Merida E-spresso (mit anderer Gabel) kämen hier vielleicht noch in Frage...

Erstens wird es aber schwer werden, ein solches Bike für einen ganzen Tag zum Testen zu bekommen, und zweitens glaub ich nicht mehr daran, dass ich mit einem Pedelec auf meiner Wegstrecke mehr wie 10 Prozent Zeitersparnis herausfahren kann. :(
 
Sollten beide Räder ein Lächeln ins Gesicht zauber, wobei das Stevens mehr Komfort bieten sollte.
Bin gespannt, wie du den Unterschied findest zu dem Smart.
Müßten eigentlich Welten dazwischen liegen.
 
Die Schutzbleche sind 'ne Wucht...*daumenhoch*.
Da hat der Designer aber sicher bei "Staiger Luxus" abgekupfert?!
 
Sehr interessanter Erfahrungsbericht!

Nur eine 3 Gang Nabenschaltung, 26 kg, keine sinnvolle Anpassung an die Körpergröße möglich, starrer Rahmen und schmale Reifen... und das für 2849 EUR...Gepäckträger nur gegen Aufpreis. Das erinnert mich ein bißchen an den Smart PKW, den ich vor ein paar Jahren mal fahren "mußte", als mein Auto in der Werkstatt war. Mein erster Gedanke: Wer gibt soviel Geld für sowas aus? Das frage ich mich jetzt bei dem eBike auch.

Das Bike scheint mir, wie damals der PKW, noch im Beta-Stadium zu stecken. Ich glaube beim Smart hat es 8 Jahre gebraucht, bis die gröbsten Mängel, mit Einführung der 2. Generation beseitigt wurden. Daß das Bike durch die Herstellung in Deutschland teurer ist, als die Konkurrenz aus Asien, ist klar, aber dann sollte die Technik wenigstens überzeugen. Für mich wäre das Bike nur bedingt alltagstauglich.

Optisch finde ich es nicht schlecht, auch die Schutzbleche und der Zahnriemen, sind Details, die mir gefallen. Falls die Reichweite wirklich bei 100 km liegen sollte, wäre das auch ein Pluspunkt. Aber wenn ich mir dagegen die technischen Daten und die Optik der anderen beiden Räder anschaue, dann würde mir eine Entscheidung gegen das Smart Bike sehr leicht fallen.

Und das Werbevideo... OK, ist halt Werbung...aber eine von der Art, bei der man den Eindruck hat, als potentieller Kunde nicht für voll genommen zu werden.
 
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