es sei denn, man sagt "wendig" ist wenn man ein paar kurven durch den trail fährt und der breite mtb lenker das rad direkt reagieren lässt
Ein breiter Lenker lässt kein Rad direkt reagieren. Das "direkt" kommt ins Spiel, wenn man wie es üblich ist, einen breiten Lenker mit einem kurzen Vorbau kombiniert. Der breite Lenker ansich funktioniert aber eher wie ein langer Vorbau: er führt dazu, dass der Fahrer für dieselbe Steuerbewegung des Fahrrads eine Lenkbewegung mit größerer Amplitude ausführen muss. Im gängigen Sprachgebrauch macht der breite Lenker also das Lenkverhalten eher "träger" oder auch "stabiler", oder "beruhigt die Lenkung".
Der Grund warum man am Mtb sehr breite Lenker verwendet ist die benötigete Kraft zum Steuern und Halten (Kippen) des Fahrrads. Hier hat man durch einen breiten Lenker einen guten Hebel, braucht also weniger Kraft. Das Lenkverhalten wird durch die sinnvolle Kombination der Vorbaulänge mit der Lenkerbreite korrigiert. Eins von beiden muss kurz sein und das zweite lang. Wenn beides kurz ist hat man keinen Hebel, wenn beides lang ist wird es sehr träge.
Warum dann also nicht einfach, so wie es früher war, einen langen Vorbau mit einem schmalen Lenker belassen? Kann man auch machen. Bei Rennrädern und Crossern/Gravels ist es ja derzeit immer noch so und funktioniert. Bei Mtbs hat es sich erwiesen, dass der andere Ansatz mit dem breiten Lenker/kurzen Vorbau funktional besser ist, da der Hebel des Lenkers quer zum Fahrrad ist. Somit hat man den Hebel nicht nur beim Drehen des Vorderrads in der Vertikalen zur Verfügung, sondern auch wenn man das Rad aus der Vertikalen kippt, also in die Kurve legt, und kann somit mit weniger Körperkraft mehr Kraft auf das Fahrrad ausüben um es gegen die Impulserhaltung unter sich zu kippen. Mit einem langen Vorbau erreicht man das nicht.
Bei Rädern wo die Aerodynamik entscheidend ist, also Rennrädern, wird denke ich ein schmaler Lenker+ langer Vorbau immer der beste Ansatz bleiben. Obwohl man auch Rennräder gerne in die Kurve kippt, aber hier ist einfach die Aeodynamik letztendlich wichtiger. Bei Rädern, die nicht so sehr auf Aerodynamik sondern eher auf Handling im Gelände ausgelegt sind, spricht imo nichts dagegen, auch mal den Ansatz zu versuchen, den moderne Mountainbikes schon längst gegangen sind. Da Gravelbikes einen fließenden Übergang zwischen beidem, also Aerodynamik auf Straße und Fahrdynamik im Wald, darstellen, kommt es hier einfach auf die Vorlieben des Fahrers an, welcher Ansatz oder welcher Kompromiss im individuellen Fall mehr Sinn macht.
und dann kommen extreme ins spiel, wie peter verdone, der kann das angeblich mit nachlauf zu einem sinnvollen gravelbike machen. ich habe mir wirklich vorgestellt auf dem bike zu fahren. geradeaus ging noch ...
Dieselbe Aussage habe ich noch in den Ohren, als Lenkwinkel von Mountainbikes anfingen die 70° zu unterschreiten. Mein erstes vernünftiges Mtb hatte total krasse 68° Lenkwinkel und einen viel zu breiten Lenker, mit für meine schmale Schulterbreite unfahrbaren 64cm (bin spät eingestiegen ). Damals wurde ich wurde von Leuten, die schon länger dabei waren, gewarnt, dass das höchstens bergab geradeaus vernünftig fahren könnte, aber niemals in einer Kurve, und dass ich darauf sitzen würde wie der gekreuzigte Jesus.
ich versuche das alles zu verstehen, jetzt denke ich langsam, dass der mtbler der ein gravel anfängt zu benutzen, wahrscheinlich mit einem flachen lenkwinkel und einem sehr breiten dropbar besser zurande kommt und ein cx-fahrer halt mit dem rennlenker und langem vorbau
leider gibt es noch nicht so viele sehr breite dropbars. im lenker thema wurden die ersten gezeigt ...
Genau das schrieb ich weiter vorne schon.
Wenn man anfängt die Lenkwinkel flacher/Nachlauf größer zu machen, erkennt man recht schnell, dass man im gleichen Aufwasch breitere Lenker braucht. Einerseits kippt beim Drehen des Vorderrads eines vertikal gestellten Rads die komplette Front nach unten, umso stärker je flacher der Lenkwinkel ist, was dem Gesamtsystem eine Kipptendenz nach innen gibt, die vom Fahrer mit Kraft gehalten und ausgeglichen werden will. Andererseits erlaubt es ein flacherer Lenkwinkel durch die bessere Selbststabilisierung des Fahrrads bei größeren Neigungswinkeln, das Rad mehr durch Kippen als durch Lenkerdrehen zu steuern, und auch für das willentliche Neigen des Rads braucht es den Hebel des Lenkers.
An der Verfügbarkeit von breiten Dropbar-Lenkern liegt imo momenan noch die Krux die es schwierig macht. Aber wie du schriebst, die ersten gibt es schon. Bleibt spannend, was man damit dann so alles anstellen kann. Wie oben geschrieben eröffnet genau das meiner Meinung nach neue Wege bei der Geometrie.
aber das ist für mich genau eine definition von präzise
das ist für mich unpräzise
Ok, nachdem wir schon an "Wendigkeit" und "direkter Lenkung" gescheitert sind, warum nicht auch noch an der "Präzision"
Für mich ist "Präzision" beim Steuern eines Fahrrads, wenn mein Fahrrad, und dabei primär mein Vorderrad, exakt das tut was ich will. Beim Stolperbiken (schwieriges Terrain, langsame Geschwindigkeiten) hat man im Extremfall genau eine Reifenbreite Platz, auf der man das Vorderrad durch eine Engstelle oder über eine Kante laufen lassen muss. Oder genau eine wenige Quadratzentimeter große Kante am Rand einer Stufe, auf der das Vorderrad exakt zum stehen kommen und stehen bleiben muss, damit man das Hinterrad versetzen kann. Genau solchen Kram möchte ich nie wieder mit "steileren" Rädern fahren, weil es mit meinen modernen long-low-slack Rädern, die für dich scheinbar die Definition von "unpräzise" sind, so leicht und präzise vonstatten geht wie mit nichts anderem.
Um das Prinzip anhand eines einfachen Büro-Beispiels zu veranschaulichen:
Nimm mal einen feinen Kugelschreiber und male damit mit einer langsamen Handbewegung eine kleine geometrische Figur auf, eine gerade Linie, ein Viereck, einen Kreis, was auch immer. Damit es noch etwas näher am "Radfahren" dran ist, lass dich von deinem Büronachbarn dabei ablenken während du das tust und stütze die Hand nicht auf dem Tisch ab sondern halte sie in der Luft in der "Balance", so dass der Stift wie ein Fahrrad den einzigen Kontakt zwischen deiner Hand und dem Untergrund darstellt. Dann nimmst du einen dicken Edding und malst mit einer großen schwungvollen Bewegung dieselbe geometrische Figur vier Mal so groß auf. Die Edding-Zeichnung lässt du vom Kopierer auf 1/4 verkleinern und vergleichst das verkleinerte Ergebnis dann mit der kleinen Kulizeichnung. Welche Linie schaut "präziser" und gleichmäßiger aus, welche Figur ist exakter gezeichnet?
Ich gehe jede Wette ein, dass es die verkleinerte Edding-Zeichnung sein wird. Ganz einfach, weil durch die Verkleinerung das kleinräumige "Zittern" der Hand, also kleine menschliche Fehler/Fehlbewegungen, im Ergebnis nicht mehr so viel Rolle spielen.
Die Kugelschreiberzeichnung ist so wie sich ein (für dich "direktes" und "präzises") Fahrrad mit steiler Geometrie lenkt, es übersetzt jede Bewegung und somit auch jeden Fehler 1:1 in eine Fahraktion. Die Edding-Zeichnung ist das, was eine moderne Mountainbike-Geometrie mit deinen Fahrbefehlen tut: sie benötigt vielleicht einen großräumigeren oder schwungvolleren Fahrbefehl, aber gleichzeitig verkleinert sie in Relation zum gewünschten Ergebnis auch deine Fehler und Ungenauigkeiten.
In dem Beispiel haben wir nur abgehandelt, wie die Rückkopplung zwischen Fahrer und Fahrrad ausschaut. Jetzt kommt bei einem Geländefahrrad auch noch die Rückkopplung zwischen Untergrund->Fahrrad->Fahrer dazu. Gelände ist selten topfeben, glatt, und zu 100% berechenbar, somit kommt durch rutschigen oder unebenen Untergrund nur noch mehr Ungenauigkeit in das Gesamtsystem rein. Und auch hier ist die Feststellung, dass es der Präzision des Endergebnisses (sprich: ich bin da langgefahren wo ich langfahren wollte, oder um die Ecke rumgekommen um die ich rumkommen wollte) nicht unbedingt schaden muss, sondern eher förderlich sein kann, durch den Untergrund eingebrachte Ungenauigkeiten in gewisser Weise abzudämpfen, in diesem Zusammenhang durch die Selbststabilisierung des Fahrrads (die u.a. durch größeren Nachlauf besser wird).
wollte das nur mal erwähnen, da hier oft die reine längs geo ohne den fahrer und die verwendung diskutiert wird. auf die 3d geo mit lenkung kommen wir aber bestimmt noch.
mir ist das zu theoretisch
Ich glaube, das Steuern des Fahrrads durch Neigung bzw die Selbststabilisierung des Rads bei Neigung aus der Vertikalen (was du mit 3d meinst?) habe ich bereits oft genug angesprochen und erwähnt, dass das meiner Meinung nach genau der Punkt ist, wo ein größerer Nachlauf/flacherer Lenkwinkel kombiniert mit breitem Lenker/kurzem Vorbau anfängt Vorteile auszuspielen. Schau mal in meinen ersten Beitrag hier im Thread.
Damit bin ich dann raus hier, für eine lustige Grundsatzdiskussion bin ich zwar immer zu haben, aber das hier ist mir zu fundamentalistisch und wird aus diesem Grund zu nichts führen. "Die Mtbler" hier versus "die Rennradler"/"die Cyclocrosser" da. Wenn wir dann noch anfangen, von einer "anderen" "Präzision" oder "Wendigkeit" bei Mountainbikes als bei Graveln/Crossern zu reden, versteh ich an dieser Diskussion überhaupt nichts mehr. Ich verstehe ja, dass der Background und daher die Gewohnheiten von den Leuten speziell in diesem Unterforum sehr unterschiedlich sind, und sich daher Unterschiedliche Denkweisen und Ansätze ergeben. Aber trotzdem kann man in einer Diskussion über Grundprinzipien des Fahrrads imo zusammenkommen und muss nicht für jede Fahrradgattung eigene Definitionen desselben Begriffs erfinden. Für mich sind das alles Fahrräder, und ich gehe davon aus, dass Funktionsweise und die Grundprizipien des Fahrverhaltens für alle Fahrräder im Wesentlichen gleich sind, zumal es deutliche Überschneidungen hinsichtlich des Terrains gibt, wo sie bewegt werden und dieselben Leute drauf sitzen.
Mein Cross/Gravelrad habe ich übrigens seit über 10 Jahren, länger als ich Mountainbike fahre. Und obwohl ich deutlich lieber Mtb fahre und mich auch eher als "den Mtbler" sehe, bekomme ich auf Rennrad/Gravel immer noch meine 10kkm im Jahr zusammen. Von daher: meine Welt ist grau, nicht schwarz-weiß (leider aktuell tatsächlich beim Blick aus dem Fenster )
Was bei meinem Versuch zum Thema des Threads in der Praxis rauskommt, werde ich dann beizeiten nebenan in meinem Monstergravel-Aufbauthread zum Besten geben, wenn das Projekt endlich mal in die Pötte kommt
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