Heraklix - von Kreta zum Gardasee

30.06. 18:00 Andrijevica, Montenegro, 800m

Lange verweilen kann ich an der grünen Grenze zu Montenegro am Cakor-Pass nicht. Erstens kommt das Gewitter bedrohlich schnell näher, zweitens will ich mein Glück nicht überstrapazieren. Vielleicht sind ja noch andere Grenz-Patroullien unterwegs. Da schaff ich lieber schnell Tatsachen, verwandle den halbnackten Uphill-Zorro in den Dreischichten-Downhill-Zorro und heize talwärts hinein die dunstige Sonne von Montenegro.


Die Piste führt in perfekter Nicht-Brems-Neigung hinunter in ein grünes, bergiges Land.


Erste kleine Ansiedlungen tauchen auf, die Leute winken.

Die Abfahrt ist schier endlos, doch irgendwann nimmt schließlich die Neigung ab und ich muss wieder strampeln. Durch ein grünes Tal zwischen hohen Bergen führt die mittlerweile geteerte Straße nur noch leicht bergab. Am Ende geht's nochmal durch eine kleine, felsige Schlucht, dann erreiche ich nach einem langen Tag den Ort Andrijevica.


Andrijevica auf der alten russischen Topokarte. Sehr brauchbar für die Orientierung, auch wenn sich Straßenverläufe manchmal inzwischen geändert haben.

Für die Statistiker: Heute war die bisher längste Etappe des Trips: 160km, 2000hm und 8:30 Stunden Sattelzeit. Mir geht's prima damit, aber deswegen fahr ich jetzt nicht gleich jeden Tag solche Dinger. Dann wäre ich ja in vier Wochen am Lago, wer will denn das... :).

Das Gewitter hat die Jagd auf mich verloren. Bevor es richtig los geht, sitze ich bereits in Andrijevica in einer gemütlichen Kneipe. Eigentlich war endlich mal wieder eine Outdoor-Nacht geplant, aber die nasse Witterung lässt mich die Lust auf's Camping ziemlich schnell verlieren. Im Ort gibt's nur ein einziges Hotel, ein ziemlich luxuriöser Schuppen mit drei (echten) Sternen. Hilft nix, rein mit mir. Für 30 Euro bekomme ich ein nobles Zimmer mit Sofaecke, Flatscreen-TV, einem Duschbad mit seitlichen Massagedüsen und Frühstück. Vor allem aber gibt's hier das einzige WLAN im Ort, den ganzen Luxus nehm ich also nur für Euch in Kauf. The show must go on... :)
 

Anzeige

Re: Heraklix - von Kreta zum Gardasee
@xexano, geklaut wurde mir noch nix, bargeld hab ich selten mehr als hundert euro. je nach land reicht das weit und geldautomaten gibts eh an jeder ecke. kreditkarten mit europa/weltweit kostenloser bargeldverfügung an beliebigen automaten sind für sowas von vorteil (hab eine von der kkb, gibt aber sicher auch viele andere).

ein bestimmter "konditionslevel" ist auf so einer reise völlig sinnfrei. man radelt einfach jeden tag so weit man lust hat und hört dann auf.

@spargel, du willst über den losa? das wird dann wohl die zweite dokumentierte befahrung/betragung/bekletterung :)

@hanya, ohne glück geht nix.

@carsten, danke für den trailtip in kroatien. hoffe ich komme da hin.
 
über Kroatien würd ich auch gerne viel lesen ... fahre nur leider in 2 Wochen schon anch Kroatien in Urlaub (nach Istrien) mit ner Jugendreisegruppe ... bis dahin biste wohl noch nicht dorte ..
 
Nach dem heutigen Bericht muß ich meiner Begeisterung mal freien Lauf lassen: die Grenzabenteuer auf dem Balkan sind noch deutlich spannender als Deine Trailabenteuer (da will man lieber selber fahren, das mit den grünen Grenzen macht nicht jeder ...).

Das Hotelzimmer hast Du Dir nach der langen Tagesetappe und dem München nicht unähnlichen Wetter verdient - ich hab Dein Spendenkonto gleich mal um den Übernachtungsbetrag aufgefüllt.

Weiter so,

akay
 
Langsam bricht das Eis trotz Sprachbarrieren. Von Umdrehen ist auf einmal keine Rede mehr, statt dessen werde ich mit einem leckeren Schinkensandwhich und Coke versorgt. Einer der drei wirft noch kurz einen flüchtigen Blick auf meinen Perso und deutet dann zum Pass hinauf: "Montenegro there... good luck!".
Für 30 Euro bekomme ich ein nobles Zimmer mit Sofaecke, Flatscreen-TV, einem Duschbad mit seitlichen Massagedüsen und Frühstück. Vor allem aber gibt's hier das einzige WLAN im Ort
Also so viel Glück auf einem Haufen gibts ja eigentlich garnicht... hast wohl während der Zeit in Griechenland mit deiner Anwesenheit die Götter milde gestimmt ;) Viel Spaß beim frisch geduscht TV glotzen!
 
Ja servus, Stuntzi, ein echter Biker ohne Grenzen :D bzw., bei diesen Aktionen kann man sich als Leser, wenn man will in so ein gewisses Flair von "Männer ohne Nerven" (kennt das noch einer?) reinsteigern, gell.

Wenn man also möchte, dann kann man z.B. während des Lesens auf warmem Sofakissen genüsslich darüber spekulieren, ob unser Stuntzi jetzt in den Auto-/Panzersperrengraben reinfällt und nicht mehr rauskommt, oder ob hinterm nächsten Gebüsch ein Sheriff herausspringt und ihn verhaftet oder in die Wildnis schickt..etc. Und dann, nach überstanderner Mission - Wechsel des Genres - James-Bond-mäßig im echten 3-Sterne Hotel eingecheckt. Fehlt jetzt nur noch eine entsprechende Spionin...nagut, genug rumphantasiert.

Gratulation zu dieser Aktion! Ich wünsch Dir noch viele spannende Trail-Abenteuer auf Deiner Reise - für uns ;)
 
glotze aus , Stuntzi an, der Abend ist gerettet. Und das nach 56 km Feierabendrunde mit 1370 hm und reichlich brennesselverseuchten Hometrails.
Ich wünsche eine gute Nacht!
 
Hallo Stuntzi!
Binn einfach sprachlos, die heutige Aktion ist einfach Spitze!!!
Gut das die Grenzer ein Herz für verrückte Biker hatten...

Eins muß ich aber fragen,
du schreibst immer von russischen Topokarten für das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien!:confused:

Ich wüßte nicht wann Russen dort Karten erstellt haben sollen........

Ich denke da an:
Jugoslawien-Gründungsmitglied der Blockfreienstaaten,
andererseits UDSSR-Warschauerpakt! Gegner!!!

Gruß
Ervin
 
Die Russenkarten warn zur damaligen Zeit als der kalte Krieg noch aktuell war mindestens auf gleichem Niveau wir die heimischen Karten.
Wenn man ein westliches Land überrollen will muss man ja auch wissen wo man abbiegen muss:lol:

Aber ganz ehrlich zu Grenzeraktion. Soviel Dusel hätte keiner von uns gehabt. Wir würden wahrscheinlich die nächsten Wochen gesiebte Luft atmen und ne Wasser/Brot Diät machen.
Hut ab
 
Die Russen habe eine weltweite Katografie betrieben.
Was die Motivation war...
diese Maps sind inzwischen frei verfügbar.
Neben den Russen dürften nur noch die USA vergleichbare Karten haben, nur sind diese nicht öffentlich zugänglich.
Jede anständige Kriegsnation hat wert auf eine gute Katografie gelegt.
Dt. Wehrmacht Karten gingen u.a. als Entschädigung an die entsprechenden Ländern.

Inzwischen gibt es als Quelle noch GoogleMaps und OSM (http://www.openstreetmap.org/).

Ray
 
mal wieder eine erstklassige morgenlektüre. danke, stuntzi :daumen:

hoffe, eine angenehme nacht gehabt zu haben. immerhin hast du diesen luxus ja nur für uns in kauf genommen :D
 
hi stuntzi,
woher hast du denn die karten? die russentopos, die ich kenne, sind immer nur mit kyrillischer
beschriftung gewesen. auch die fuer .de :spinner:
 
Er legt die Ortsnamen, ... von www.geonames.org drueber.
Da kann man sich fuer jedes Land die Bezeichner (incl. Koordinaten) im Text-Format runterladen.

Fuer die Konvertierung des Formats zu GPX-Waypoints gab es vom user Sardinien@naviboard fuer Montenegro Hilfe :daumen:

ray
 
Ich glaube ich muss meine Urlaubsplanung mal Richtung Osten auslagern.

Die Bilder von Montenegro sind ja wunderschön und vielversprechend.

Stuntzi das mit dem Grenzer-Jeep erinnert mich irgendwie so an den Zeichentrick mit rumm ums Eck und plötzlich steht da ein riesen Bär, und die kleine Zeichentrickfigur frägt ob er auch mal in den Honigtopf langen darf :lol:
Supergenial.

War mal wider ein aufregender Bericht. Wünsch dir viel gutes Wetter für Montenegro.

Grüße Michi
 
01.07. 09:00 Hotel Komovi in Andrijevica

Der neue Tag im neuen Monat beginnt standesgemäß mit einem leckeren Frühstück. Dann hab ich ein Early-Morning-Date mit einer Spionin:


Ana vom Hotel Komovi erklärt mir die schönsten Plätze von Montenegro.

Außerdem bekomme ich hier die andere Seite des Kriegs zu Gesicht. Ana und ihre Familie sind Serben und mussten vor elf Jahren aus Pec im nördlichen Teil des Kosovo fliehen. Haus verbrannt, Grundstück vom albanischen Nachbarn annektiert, die ganze traurige Geschichte eben. Seitdem leben sie hier in Montenegro und trauen sich selbst heute noch nicht wieder zurück. Für mich unbegreiflich, fand ich doch die Leute dort sehr freundlich. Aber es macht natürlich einen riesigen Unterschied, ob man als radelnder Tourist aus Deutschland dort unterwegs ist, oder als Teil einer "unerwünschten Bevölkerungsgruppe".
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten