Hilfsangebot aus dem Forum: Kostenloses FEM-Hilfspaket – Corona-Hilfe für Bike-Entwickler!

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IBC-User Onkel_Bob hat nicht nur schon ein aufwändiges Bike der Woche selbst konstruiert, sondern verfügt auch sonst über höchste Expertise, wenn es um FEM-Berechnungen geht. Nun erhielten wir ein spannendes Hilfsangebot von ihm, von dem speziell Bike-Entwickler und -Konstrukteure in Deutschland profitieren sollen.

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Hilfsangebot aus dem Forum: Kostenloses FEM-Hilfspaket – Corona-Hilfe für Bike-Entwickler!
 
Hallo,

ein Quadratische Belastung ist z.b ein Speiche. Die wirkende Fliehkraft durch die Rotation des Rades, wenn ich mich nicht täusche. Hier ist es so das diese mit zunehmender länge die Masse und auch die Rotationsgeschwindigkeit und auch der Hebelarm sich verändert.

Zumindest war das damals in der Vorlesung das genannte Beispiel.

Hallo @Reitermaniac ,
vielen Dank - ich dachte schon, ich hätte da etwas verpasst ...

Ich kann in meinem System auch "Body-Loads" eingeben, d.h. Geschwindigkeit, Beschleunigung, Drehgeschwindigkeit, Drehbeschleunigung. Bei den Drehungen ist es natürlich so, dass sich die Wirkung mit dem Abstand zur Drehachse ändert.

Bei den aktuellen Projekten haben wir aber nur einfache Kräfte und Momente. Immerhin wird die Nabe von @MantaHai mit Speichenvorspannung gerechnet. Aber das ist letztlich auch nur ein überlagerter Lastfall mit einzelnen Kräften. Die Fliehkräfte sind vergleichsweise gering und werden nicht berücksichtigt.

Viele Grüße
Onkel_Bob
 

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Re: Hilfsangebot aus dem Forum: Kostenloses FEM-Hilfspaket – Corona-Hilfe für Bike-Entwickler!
Aus dem Nähkästchen geplaudert #4: Schweißnähte
Einige haben wohl schon darauf gewartet: hier das Nähkästchen zum Thema Schweißnähte.

Wenn der Alu-Rahmen irgendwann das Zeitliche segnet, passiert das meist in oder neben einer Schweißnaht. Die Schweißnaht stellt eine Schwachstelle dar: einerseits wird durch den Wärmeeinfluss die Festigkeit gemindert, andererseits stellt die Schweißnaht nur durch ihre Geometrie eine Kerbe dar mit entsprechender Spannungsüberhöhung.

Statische Lasten
Für statische Lasten ist das relativ einfach. Über einen Schweißnahtfaktor αw wird die zulässige Spannung herabgesetzt. Für die typischerweise im Fahrradbau eingesetzten Legierungen bewegt sich αw im Bereich von 0,5 … 1,0 – abhängig von Legierung, Schweißnaht und Spannungsrichtung. Ein paar Beispiele:

Nähkästchen #4 Bild1.jpg


Ein wichtiger Punkt ist noch die Wärmeeinflusszone, also der Bereich direkt neben der Schweißnaht. Auch hier wird die zulässige Spannung herabgesetzt, der „Entfestigungsfaktor“ nennt sich ρWEZ und hängt von Legierung und Zustand ab.

Nähkästchen #4 Bild2.jpg


Idealerweise kann durch eine Wärmebehandlung die ursprüngliche Festigkeit wiederhergestellt werden und man muss die Wärmeeinflusszone nicht gesondert betrachten.

Statische Lasten sind in der Regel nicht so problematisch, weil das Material notfalls mit lokalen Plastifizierungen recht gutmütig reagiert. Die Bruchdehnung liegt je nach Legierung bei ca. 10% - davon können Carbon-Rahmen nur träumen …

Dynamische Lasten
Aber jetzt kommt der Hammer: für dynamische Lasten wird die Festigkeit in der Schweißnaht in sogenannte FAT-Klassen (Fatigue = Ermüdung) eingeteilt – und zwar unabhängig von der Legierung! Entscheidend für die Ermüdungsfestigkeit ist hier nur Geometrie der Schweißnaht.

Sehen wir uns erst einmal ein Beispiel an – das könnte eine Schweißnaht oben zwischen Oberrohr und Steuerrohr sein:
  1. Eine Schweißnaht (grün): schön ausgerundet (A),eckige Fase (B), konvex (C)
  2. Die Geometrie inkl. Schweißnaht wird sehr fein vernetzt. Die scharfen Ecken werden mit einem fiktiven Radius von 1mm verrundet.
  3. Die Belastung ist so getrimmt, dass die Spannung vor der Schweißnaht einen Wert von 100 MPa erreicht. Ergebnis: A=107 MPa, B=130 MPa, C=123 MPa
  4. Detailansicht Variante B
Nähkästchen #4 Bild3.jpg


Erinnern wir uns an Nähkästchen #2. Aus dem Verhältnis der Spannungen von Variante A und B lässt sich der Effekt für die Lebensdauer berechnen:

Nähkästchen #4 Bild4.jpg

Eckige Schweißnaht, nicht einmal halbe Lebensdauer …

Das ist natürlich alles sehr theoretisch und der fiktive Kerbradius von 1mm beeinflusst maßgeblich die Ergebnisse. Als Fazit kann man aber sagen: je runder, desto länger hält es. Steifigkeitssprünge (nicht nur bei Schweißnähten!) sollte man unbedingt vermeiden.

Kerbspannungskonzept vs. Nennspannungskonzept
Die Vorgehensweise oben nennt man Kerbspannungskonzept – die Kerbe (Schweißnaht) wird genau nachgebildet, so dass man direkt die überhöhte Spannung in der Kerbe erhält.

Das erforderliche Netz ist sehr fein und das ist natürlich nur für (vereinfachte) Detailmodelle möglich. Das oben gezeigte Netz auf einen kompletten Fahrradrahmen anzuwenden ist nicht praktikabel.

Für reale Bauteile benötigt man eine einfachere Vorgehensweise – das Nennspannungskonzept. Die Schweißnaht wird nicht mehr modelliert, sondern man verwendet die Spannungen direkt vor der Schweißnaht.

Und hier kommen die FAT-Klassen zum Einsatz: ein Katalog von „konstruktiven Details“ beschreibt verschiedene Schweißnähte inkl. Kraftrichtung und anderer Kriterien wie z.B. zerstörungsfreie Prüfungen. Die FAT-Klasse ist ein Maß für die Schwingfestigkeit.

Hier ein paar Beispiele:

Nähkästchen #4 Bild5.jpg


Aus der FAT-Klasse wird über verschiedene Faktoren die Bauteilbetriebsfestigkeit berechnet. Da spielt die Mittelspannungsempfindlichkeit eine Rolle (wechselnde / schwellende Belastung) und insbesondere auch die Lastspielzahl. Außerdem wird unterschieden zwischen Normal- und Schubspannung. Jede Spannungskomponente hat ihre eigene Wöhlerkurve und wird im Nachweis separat behandelt.

Das Prozedere für den Nachweis ist recht komplex und in der Berechnungspraxis ist es wichtig, dass das automatisch abläuft. Ich habe mir für verschiedene Materialien Makros geschrieben, damit geht die Auswertung sehr schnell.

Anwendung auf Mountainbike-Rahmen
Die meisten oben genannten Informationen stammen aus der aktuellen FKM-Richtlinie – wobei da fleißig aus anderen Quellen abgeschrieben wurde (div. DIN-Normen, DVS, Eurocode, Hobbacher). Die Richtlinie ist sicher eine große Hilfe bei der Dimensionierung – aber wie genau lässt sich ein Mountainbike-Rahmen damit berechnen?

Dazu ein paar Anmerkungen:
  • Solche Richtlinien sind grundsätzlich sehr konservativ angelegt (siehe Nähkästchen #1).
  • Bei vielen Faktoren muss man abwägen: Sicherheit gegen Leichtbau. Die letzte Instanz ist hier der Test bei EFBE und wenn man den mit 10% Reserve besteht, ist man schon zu schwer (zumindest für den Testsieg bei der Bike).
  • Die konstruktiven Details passen selten genau zu der tatsächlich vorhandenen Konstruktion.
  • Die konstruktiven Details werden mit 5*10e6 … 1*10e8 Lastspielen geprüft. Man ist damit sehr weit weg von den typischen Lastspielzahlen beim EFBE-Test. Die Umrechnung anhand der Wöhlerkurve ist daher recht ungenau (und auf der sicheren Seite).
  • Eine weitere Ungenauigkeit ist der Dickenfaktor. Die FAT-Klassen beziehen sich auf Blechdicken von 25mm. Immerhin darf für t<=10mm pauschal eine 10% höhere Festigkeit angenommen werden, aber für die beim Mountainbike typischen Wandstärken gibt es keine genaueren Angaben.
Fazit, meine persönliche Einschätzung
Es gibt viele Einflussfaktoren, die die Bauteilbetriebsfestigkeit positiv oder negativ beeinflussen. Und die sollte man als Konstrukteur (und natürlich als Berechner) kennen. Ein Mountainbike-Rahmen ist extremer Leichtbau und da muss man viele konservative Annahmen aus so einer Berechnungsvorschrift kritisch hinterfragen (und einige Dinge über Bord werfen).

Eine buchstabengetreue Dimensionierung, inkl. aller Sicherheitsfaktoren und bei jedem Detail auf der sicheren Seite – ich schätze, dass man damit bei einem Rahmengewicht von fast 10 kg landen würde.

Macht dann eine FEM-Berechnung überhaupt Sinn? Ich denke schon. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, was man erwarten kann:

Nähkästchen #4 Bild6.jpg


Viele Grüße

Onkel_Bob
 
Zuletzt bearbeitet:
Respekt, Onkel_Bob, für diese Nähkästchenplaudereien!
Ergänzung zum Zeiteinfluss / "Alterung beim In-der-Gegend-Herumstehen" und für die, die sich den Thread hier ausdrucken und in einem Ordner "Wie konstruiere ich ein Fahrrad" abheften: Wärmebehandlung bei den fahrradüblichen Knetlegierungen - siehe Merkblatt Wärmebehandlung - Aluminium-Zentrale
Und unser Kollege Sascha hat hier bei EFBE eine ganz spannende Masterarbeit zum Einfluss der Schweißnaht (und insbesondere des Schweißspalts) auf die Ermüdungsfestigkeit (hier: 6061 T6) anhand eines standardisierten Probekörpers erstellt - vielleicht schmeißt er die Ergebnisse auch mal in die Runde.
 
Respekt, Onkel_Bob, für diese Nähkästchenplaudereien!
Ergänzung zum Zeiteinfluss / "Alterung beim In-der-Gegend-Herumstehen" und für die, die sich den Thread hier ausdrucken und in einem Ordner "Wie konstruiere ich ein Fahrrad" abheften: Wärmebehandlung bei den fahrradüblichen Knetlegierungen - siehe Merkblatt Wärmebehandlung - Aluminium-Zentrale
Und unser Kollege Sascha hat hier bei EFBE eine ganz spannende Masterarbeit zum Einfluss der Schweißnaht (und insbesondere des Schweißspalts) auf die Ermüdungsfestigkeit (hier: 6061 T6) anhand eines standardisierten Probekörpers erstellt - vielleicht schmeißt er die Ergebnisse auch mal in die Runde.

Hallo @EFBE_Marcus ,
vielen Dank für Deine Rückmeldung! Die Wärmebehandlung von der Aluminium-Zentrale ist ein wertvoller Hinweis, die werde ich mir auch noch unters Kopfkissen legen.

Die Masterarbeit von Deinem Kollegen klingt sehr spannend! Ein Katalog mit konstruktiven Details ähnlich der aktuellen Richtlinien, aber speziell auf Mountainbikes zugeschnitten - das wäre ein Traum. Ich weiß nicht, ob wir irgendwann soweit kommen. Aber zumindest für ein oder zwei typische Schweißverbindungen die Grenzen ausloten, das wäre für die Dimensionierung ein echter Fortschritt. Wenn Sascha sich dazu durchringen könnte, etwas hier zu veröffentlichen, würde ich mich freuen.

Viele Grüße
Onkel_Bob
 
Moin,

super nice Sache! Ich bin Michael aus Darmstadt, studiere an der TU Maschinenbau im Master und habe seit längerer Zeit die Idee einer Nabe mit Klemmkörperfreilauf, aber einem geringerem Gewicht als die Hope 4 (etwa 310g mit 142mmx12mm), im Kopf. Mein Herz gehört Getriebebikes und da macht eine Nabe mit geringem Einrastwinkel einfach Sinn. Das Gewicht soll nicht zulasten der Haltbarkeit gehen und PiRope-Speichen sind für mich auch ziemlich spannend ;)

Mein erster Entwurf ist schon sehr nah an dem Zielgewicht, aber mit entsprechendem Simulations-Know-How geht da noch was. Prinzipiell kann ich es auch selbst machen, aber mir fehlt dann doch etwas die Erfahrung.

Wenn das Projekt es bis zu EFBE schafft, würde ich danach gerne eine deutsche Firma übernehmen lassen. Ich selbst sehe das Projekt einfach als praktisches Lerning-by-Doing-Ding und fände es einfach nice, wenn nächstes Jahr vielleicht die ersten Leute mit meiner Nabe fahren, die am liebsten von einer deutschen Firma wie Newmen oder Intend ins Portfolio übernommen wird.

Anhang anzeigen 1021994

Kurzes Update aus Darmstadt:

Auf Grund von Rennen und Klausuren ging es etwas schleppend voran und noch werden zum Thema Klemmkörperfreilauf und Belastungen im Radsport Paper gelesen und Simulationen gestartet, um ein wirkliches Verständnis vor dem Bau des ersten Prototypen zu entwickeln.
 
@Onkel_Bob ....hab mit 16 Monaten Verspätung diesen thread enteckt.
Bin Hersteller von CFK-Teilen. (KleinGewerbe, KleinstSerie). Quasi nebenbei einen Prototypen einer Fahrradkomponente pi mal daumen ausgelegt, und 'prototyped' und bei EFBE testen lassen (OK).
Und seit Jahren im Selbstversuch im Einsatz.
sldprt, sldasm und step vorhanden - nur 'nachrechnen' kann ich es nicht - bzw. vorab berechnen einer next-design iteration wäre willkommen. sorry für minimal info. hoffe das reicht für PN Kontakt. danke.
 
@Onkel_Bob Wie schauts denn mittlerweile mit den Projekten aus? Es würde sicherlich viele Leute für den aktuellsten Stand interessieren :)
Hallo @Guts,
vielen Dank für die Nachfrage :)

Von meiner Seite sind die Projekte schon lange abgeschlossen. Jeder Teilnehmer hat eine ausführliche Berechnungsdokumentation erhalten - die letzte ging im Juli 2020 raus.

Ich weiß, dass die praktische Umsetzung manchmal sehr lange dauert (und auch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt sein muss). Ich will hier auch niemand unter Druck setzen. Eine Veröffentlichung hier im Thread ist natürlich freiwillig. Wenn jemand mittlerweile eine interessante Story hat, her damit. Und dann gab es ja noch das Angebot von EFBE.

Um die Sache hier etwas aufzupeppen hatte ich ja diverse Nähkästchen geöffnet. Hier nochmal die Links:
Aus dem Nähkästchen geplaudert #1: Wie genau ist eine FE-Berechnung?
Aus dem Nähkästchen geplaudert #2: Lebensdauer auf 900% gesteigert – oder doch nur 899%?
Aus dem Nähkästchen geplaudert #3: Vernetzung
Aus dem Nähkästchen geplaudert #4: Schweißnähte

Ich hoffe, dass das einigen auch unabhängig von den Hilfsprojekten etwas geholfen hat. Aber das ist natürlich schon ein sehr spezielles Thema und der "Kundenkreis" entsprechend klein. Für eine Handvoll Likes hat es immerhin gereicht.

Viele Grüße
Onkel_Bob
 
Ach so ist das. Schade, dass dann keine Rückmeldung von den Teilnehmern erfolgte (oder ich habe alle verpasst). Deine Nähkästchenkolumne ist durchaus interessant gewesen, ich habe sie mir heute Morgen wieder durchgelesen und manches wurde aufgefrischt oder als Neuwissen aufgegriffen. Ist immer wieder schön, wenn jemand aus der Praxis hier seinen Erfahrungsschatz teilt :daumen:
 
@Onkel_Bob Wie schauts denn mittlerweile mit den Projekten aus? Es würde sicherlich viele Leute für den aktuellsten Stand interessieren :)
Guude,

ich habe in letzter Zeit Mal kleine Updates gegeben. Bei mir hat sich hatte sich die finale Konstruktion auf Grund von Uni & Job etwas hingezogen, die Fertigung dann auch. Ich hoffe, dass ich am Wochenende in Ruhe zur Montage komme.

Ein Bericht kommt dann noch, aber erst Mal ist Testen angesagt & ich muss meine Masterarbeit fertig machen 😂
 
Um Mal ein kurzes Update zu geben:
Masterarbeit, zu viele geile Punk-Konzerte, die BC-Enduro-Tour, neues Bike mit Boost-Hinterbau, neuer Job und das Leben haben dazu geführt, dass ich erst jetzt die erste Nabe testen konnte. Naja hat so semi gut geklappt, prinzipiell funktioniert alles, aber eine Klebeverbindung hat nicht gehalten und einmal stimmt irgendwas noch nicht so ganz. Aber alles lösbar :) und dafür sind Prototypen ja da. Beim Gewicht bin ich aber sehr zuversichtlich :)
Wenn einer der beiden Prototypen meine strammen Waden beim Parkplatztest aushält, werden in der Woche 100km aufm Rückweg von der Arbeit abgespult. Da sollte ich dann im Frühjahr mehr über die Dauerhaltbarkeit wissen.
 
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