Im Heimatrevier. Mit den TANNENWALD Luchs 29-er durch den Pfälzerwald

Kelme

"Meine Räder - meine Hunde - meine Autos"
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Pfalz - mittig
Der erste Eindruck
Den allerersten Eindruck vom Rad hatte ich bei unserer Veranstaltung „Gäsbock und die wilde 13“ Mitte Mai in der Sporthalle in Lambrecht. Da stand das Rad selbstbewusst aufgestellt in einem Baumstamm, der als Radständer XXL ausgebildet war. Stahl. Tannengrüner Hinterbau und der blanke Stahl – ok Klarlack ist drüber - an der Front mit sichtbaren, feinen Schweißnähten.


Tannenwald LUCHS_2 von kelme_sis auf Flickr​

Weil mich das Rad zunächst einfach „interessiert“ hat, die Nachfrage, ob denn mal eine Testfahrt möglich wäre. Und siehe da: Das erste Juliwochenende passt hervorragend in den Plan. „Angeliefert“ wird das Rad in Rahmengröße L. Das passt zu meiner Körpergröße und Beinlänge hervorragend und nur die Sattelstütze wird ein wenig heraus gezogen. Anpassung fertig.

Klassik trifft Moderne
Das Rad verbindet den „altmodischen“ Werkstoff Stahl mit modernen Elementen. Das Steuerrohr ist tappered ausgelegt. Klar, da mag die ansonsten schlanke Stahloptik für den Puristen verletzt sein, aber letztendlich spiegelt auch dieses Detail den Anspruch wider, sinnvolle technische Detaillösungen dann zu verbauen, wenn es dem Fahrspaß und der Idee des Rades dient.


Steuerrohr von kelme_sis auf Flickr​

Der Stabilität an der Front freut es und im Zusammenspiel mit der Rock Shox Reba (15mm Steckachse mit Lock-out am Lenker) folgt das Rad willig der Absicht des Fahrers.
Das gleiche Ziel verfolgt die X12-Syntace-Steckachse hinten. Klar ist das Geröhr eines 29-er Hinterbaus ein wenig länger als bei einem 26-er, aber die sinnvoll verbauten Stege zwischen den Sitz- und Kettenstreben und die Steckachse fangen das meiner Meinung nach ein.


Tannenwald LUCHS_8 von kelme_sis auf Flickr​

Ein Pressfit-Innenlager ist heute auch Standard und ja, ich finde das heute angenehmer als die „klassische“ Vierkantlösung. Das taugt mir.
Ebenso funktioniert der Umwerfer in der Ausführung „direct Mount“ hervorragend.


Umwerfer von kelme_sis auf Flickr​

Die Komponenten
Bei den Komponenten sei bemerkt, dass dies der individuellen Abstimmung und Zusammenstellung des Interessenten bedarf. Um den Rahmen herum findet sich einiges an SRAM-Teilen. Der komplette Antrieb basiert auf einer 2x10 Gruppe und eine andere Übersetzung habe ich die Tage über nicht vermisst. Die Hebeleien der Schaltung am Lenker funktionieren SRAM-typisch „knackig“ mit definiertem Druck. Da liegt der Kraftaufwand ein wenig höher als bei einer Shimanogarnitur. Reingefeuert werden die Gänge blitzschnell. Gebremst wird mit einer feinen Hope-Bremsanlage, die alle notwendigen Verzögerungen zuverlässig mit einem Finger erledigt.
Sattelstütze und Vorbau liefert Thomson und als Lenker ist ein Syntace verbaut. Den Sattel steuert SQLab bei.
Die Felgen sind NoTubes, aber den genauen Typ kenne ich nicht. Reifen vorne ein 2,4-er Mountainking und hinten ein 2,2-er. In den Hinterbau passt auch keine größere Breite rein. Vermisst habe ich einen breiteren Reifen nicht. Die Traktion war hervorragend. Beide Felgen drehen sich um Hope Pro EVO2 Naben und gerade die Hinterradnabe hat einen herrlichen Sound. Das geht im Wald absolut klingelfrei.

Durch den Wald
Richtig auf Tour zuerst bei einem Nightride. Da lenkt die Optik des Rades nicht ab und man „hört“ besser ins Rad. Raus aus dem Ort und durch die Weinberge auf die Haardt zu. Erstes Zwischenziel: die Riethburg oberhalb von Edenkoben. Zunächst gemütlich und auf breitem Forstweg bergan. Schon hier fällt mir die „andere“ Sitzposition auf. Die Winkel sind so bemessen, dass ich zentral über dem Bike sitze. Ich trete nicht von hinten in die Pedale, sondern eher von oben. Für die Willigkeit bergan richtig PS auf den Trail zu bringen eine feine Geometrie. Das Rad neigt überhaupt nicht zum Steigen an der Front. Ab auf den Trail bergauf. Das Rad rollt sicher über Wurzel und Steine und war die Position mittig auf dem Bike auf dem breiten Weg noch Nebeneffekt, so wird sie im Zusammenspiel mit der überdurchschnittlichen Traktion ein Genuss.


Da wohnt kein Luchs von kelme_sis auf Flickr​

Für den Spaß habe ich einem Mitfahrer sein Koblenzer-Fully unter dem Bobbes weg geklaut und ihn auf das Luchs gesetzt. Der fand das richtig gut und da ich für die gleiche Strecke bergauf jetzt das Fully fahren durfte, wurde der Unterschied „wie trete ich in das Bike“ super klar. Das Luchs als 29-er Hardtail geht da nicht schlechter den Trail bergauf auf als ein 26-er Fully. Eher schiebt das Luchs immer weiter nach vorne.
Der richtige Spaß beginnt auf dem Trail vom Ludwigsturm in Richtung Kohlplatz. Wenn 29-er aus dem Amiland kommen und dort für eine spezifische Art des „Trailbikens“ erfunden wurden, dann passt dieser Trail auf den Einsatzzweck wie die Faust aufs Auge. Der Trail fließt ohne zu großes Gefälle (kann es das geben?) am Hang entlang bergab. Mal glatt – mal ein paar Wurzeln und/oder Steine. Spielerisch wirft sich das Rad durch die kleinen Biegungen und setzt kleine Tretpassagen direkt in Schub um. Ja, das Rad läuft auch sicher in der Spur. wenn mir jetzt jemand „träge – spurtreu“ kommt, wiederholt er meiner Meinung nach nur ein Vorurteil. Ich habe davon nichts beobachtet und wenn ich um eine Spitzkehre nicht rum kam in den Tagen, liegt das eher an meinen eher mäßigen technischen Fertigkeiten.
Für die, die sich in der Region ein wenig auskennen: Schänzelturm und Heldenstein standen noch auf dem Programm, bevor das Kapitel Kalmit aufgeschlagen wurde. Als Abfahrt wurde die „Rüttelstrecke“ hinunter nach St. Martin ausgewählt. Ok, da wäre es auf ein paar Stücken mit Federung am Heck komfortabler gewesen, aber ein Unding ist das alles nicht. Man folge entspannt dem Satz „Geschwindigkeit bringt Sicherheit“ und das Rad spielt mit.

Den Samstag verbrachte das Rad „in fremden Händen“ und vielleicht ergänzt Freund @lomo seine Sicht der Dinge.

Für den dritten Testtag war eine Tour ab Wachenheim vereinbart. Wieder für die Ortskundigen: Eckopf, Stabenberg, Benjental, Glaserpfad bergauf in Richtung Lambertskreuz und dann über das „Gelbe Kreuz“ nach Hardenburg. Von dort in einer kleinen Zusatzschleife über den Zeppelinturm nach Wachenheim. Bei Tageslicht betrachtet finde ich meine Eindrücke vom ersten Ausritt in der Nacht bestätigt. Wenn es bergab richtig grob wird, hilft das einfache „Drüberrollen“. Der Tag hatte viele Spaßtrails, wo das Rad fein gefordert werden konnte. Der erreichbare Speed ist nie ein Problem. Rad und Komponenten arbeiten sauber


Treppen-Luchs von kelme_sis auf Flickr​

zusammen.
Der finale Singletrail über den Höhenkamm und dann bergab nach Hardenburg. Da bin ich „Sattelversenker“ und arbeite gerade daran in Abfahrten nicht dem Impuls „hinter den Sattel“ zu folgen, sondern tief zu gehen und über dem Tretlager zu bleiben. Der Sattel war also schon früh auf dem Trail soweit möglich versenkt, aber es hatte zunächst noch einige Wellen bergauf zu bieten. Es schlägt die Stunde des Wiegetritts. A Drraum! Jeder Einsatz an der Kurbel geht sofort ans Hinterrad und wird in Schub umgesetzt. Datt is’ wie wenn’se fliechs.

Was würde ich anders haben wollen?
Den Lenker hätte ich gerne einen Tick breiter, da ich an den „anderen Rädern“ derzeit bei einer Breite von 780 mm angekommen bin. Das ist aber eine Frage der individuellen Ausstattung des Bikes und obliegt der Verantwortung des Käufers resp. Fahrers.
Die Versenkbarkeit der Sattelstütze ist noch ein Punkt. Da gilt es aber in Zusammenarbeit mit dem Hersteller zu klären, wie weit er denn die Stütze im Rahmen versenkt sehen möchte. Reicht es gerade so über den Knotenpunkt des Ober- und Sitzrohres hinaus? Selbst ich als alter Mann bin inzwischen bei einer Vario-Stütze angekommen und gerade bei dem häufig wechselnden Bergauf Bergab im Pfälzerwald macht so ein Teil Sinn. Wenn dann gleich die Ösen für die Zugverlegung montiert sind, freut das umso mehr. Lässt sich das machen? Das Format 27,2 mm wird am Markt bedient.

Fazit
Das Rad oder vielleicht besser der Rahmen sind nicht beliebig. Man wird Rahmen und Räder finden, die von den technischen Daten vielleicht alles genau so gut können. Man wird Räder und Rahmen finden, die billiger sind. Preiswerter sind sie nicht. Mit dem TANNENWALD Luchs 29-er wurde ein Rad von Enthusiasten für Enthusiasten gebaut, die die technischen Lösungen zu schätzen wissen und die Gefallen an einem schönen modernen Stahlrahmen finden. Ich mag es, wenn ich mit dem „Erbauer“ am Küchentisch eine Stunde über das Rad und die Idee dahinter philosophieren kann. Wenn ich lese, dass die Rahmen in Kleinstserie in Karlsruhe vom Schweißen abgeholt werden, und dann das Rahmenfinish in akribischer Handarbeit auch noch optisch seine Vollendung findet, bin ich auch bereit mehr zu bezahlen.
Jenseits des hydrogeformten Einheitsbreis und weit weg der organischen Kohleformen wurde hier eine moderne Interpretation aus klassischem Columbusstahl geschaffen. Wir brauchen solche Projekte nicht nur, weil sie die Vielfalt erhalten. Wir brauchen sie, weil sie uns Raum für Individualität geben. Individualität, die nicht durch irgendwelche funktionalen Zugeständnisse erkauft wird, sondern die hochmodern daher kommt.
Zuletzt: Es fühlt sich einfach anders an. Nicht nur für die Hand, die über den Rahmen fährt. Für mich strahlt das Rad eine Wärme wieder, die ihm bei der Konstruktion und beim Bau mitgegeben wurde. Ich würde es haben wollen.


LUCHS_1 von kelme_sis auf Flickr​
 
Zuletzt bearbeitet:

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Re: Im Heimatrevier. Mit den TANNENWALD Luchs 29-er durch den Pfälzerwald
ja, das tannenwald hab ich auch immer noch im focus...mal schaun wa sdas nächste jahr so mitbringt.

Schöner beitrag:daumen:
 
super interessanter Bericht und tolles Bike :daumen:

auch wenns niemals für mich in Frage kommen wird (Preislich) ist es ein absoluter Hingucker :love:
 
Wunderschöner Rahmen, auch wenn ich ihn etwas anders aufbauen würde und auch gerne eine andere Lackierung hätte. Danke für den Bericht.

Ein Frage, die hier meiner Meinung nach nicht unbedingt falsch ist:

Was gibt es noch an Stahlrahmen mit x-12 Dropouts, Steuerrohr für tapered Gabeln mit 100mm Federweg. Jetzt bitte keine Maßrahmen.

Danke und Gruß
 
Wunderschöner Rahmen, auch wenn ich ihn etwas anders aufbauen würde und auch gerne eine andere Lackierung hätte. Danke für den Bericht.

Ein Frage, die hier meiner Meinung nach nicht unbedingt falsch ist:

Was gibt es noch an Stahlrahmen mit x-12 Dropouts, Steuerrohr für tapered Gabeln mit 100mm Federweg. Jetzt bitte keine Maßrahmen.

Danke und Gruß



2Souls aber mit einen hübschen ZS 44 Steuerrohr(Passt auch tapered)
 
Kelme, das ist ein super Bericht und spiegelt fast vollkommen meine Eindrücke die ich vom Luchs 29" habe wieder. Mit etwas Glück wird es im August fertig sein :)
 
Das freut mich, wenn sich unsere Eindrücke einigermaßen decken. So oft war ich noch nicht auf großes Rädern unterwegs und die erste Begegnung und Testfahrt war ein recht frühes Centurion 29-er, das ich mal zum Test hatte. Ich wollte aber im eigentlichen Bericht keinen Vergleich "besser - schlechter" liefern, sondern mich ganz auf das Luchs an sich konzentrieren. Die Unterschiede sind aber deutlich spürbar.

Das Thema "Vario-Sattelstütze" lässt sich auch für 27,2 mm lösen. Kind Shock LEV z. Bsp.. Der Hersteller hat aber in einer Mail an mich auf meine Anmerkung im Bericht schon reagiert und prüft gerade, was geht.


Luchs Seitenansicht von kelme_sis auf Flickr

Das Rad steht immer noch in meiner Garage, aber die Arbeitswoche verhindert im Moment - zum Glück ;) - weitere Beschäftigung damit. Ich fürchte, das wird kein leichter Abschied.
 
Na endlich fragt jemand nach Zahlen ;)?
Mit einer professionellen Waage habe ich das Rad nicht gewogen, sondern nur den "Badezimmerwaagentest" gemacht. Nach der Tour mit Klamotten auf die Waage: 83 kg (upps!!). Das Rad in die Hand und wieder drauf: 95 kg. Ob das jetzt genau dem Gewicht entspricht - keine Ahnung, aber die Größenordnung wird schon passen. Einsparpotentiale wird es noch geben, aber die kann jeder Besitzer für sich ausloten.
 
das rad wiegt so unter 12kg...11,?? hab ich wo im blog oder auf facebook gelesen.

Da kommt man locker mit hübschen teilen an die 10kg. Ich hab meins aus stahl mal bis auf 10,4 runter gehabt und der rahmen wiegt 2300g.

Der tannenwald so um die 1900g in L...

10kg oder drunter sind also möglich...:daumen:
 
@ Kelme: wie immer - sehr feiner und schön bebilderter Bericht :daumen:, *ast Du sehr nachvollziehbar beschrieben.

Abends auf dem Parkplatz war das erste Bewundern der feinen Handwerkskunst möglich, und als Handwerker kann ich mich für alle Handwerksrichtungen und deren feine Detaillösungen begeistern. Kompliment an TANNENWALD :daumen:

Später -als "Beklauter" :D und noch nie auf 29er gefahrener- konnte ich mal bergauf vergleichen: kurzer Radwechsel auf dem Trail rauf zur Rietburg - Sattelhöhe leicht korrigieren und los geht´s - ähh rollt´s. Kurzes Eingewöhnen an die leicht andere Sitzposition geht recht schnell - nur das Rad hinten läuft "irgendwie klebrig"... Leicht und mit sehr guter Traktion durch kurze etwas ruppige Steinpassagen, hinten wohlgemerkt Conti RaceKing. Das Rad schiebt, läuft, rollt, drückt drüber oder durch ... Oben an der Rietburg weiß ich, das die viel erwähnte Traktion in den Zeitschriften wirklich existent ist.
Ob´s an dem Hardtail oder dem geringeren Gewicht oder den 29" lag ? wahrscheinlich von allem etwas - egal, es war ne kurze nette Er Fahrung

Kelme - noc*mal Danke für´s Rad-Klauen :lol:


Achja: zwei Sachen noch: ich hab diese Woche noch Platz in der Garage und bin abends zuhause - also wenn Du .... :D

und * - das sind die im Namen des Burgenbeauftragten verkauften H´s aus der Riet(*)burg ;)
 
Schöner Bericht ... für CC-Racer sicher ein schöner Rahmen:)

Was ich absolut nogo finde sind sich ablösende Aufkleber am Steuerrohr und Oberrohr, da gibt es bessere Möglichkeiten :rolleyes:
 
Wenn du noch einmal "CC-Racer" zu mir sagst, gibt's Haue :D.
Scherz beiseite. Vielleicht könnte man mit dem Rad auch ein CC-Rennen bestreiten, aber davon habe ich keine Ahnung. Ich habe es die Tage als "Tourenrad" bei uns benutzt. So eine Tour hat klassischerweise zwischen 40 und 50 Kilometern und zwischen 1.100 und 1.400 Höhenmetern. Mal mehr - mal weniger. Der geneigte Pfälzer Biker lässt dann keine Möglichkeit aus, eines der unzähligen "Pädelcher" in die Tour zu integrieren. Dafür passt es.
 
Schöner Bericht ... für CC-Racer sicher ein schöner Rahmen:)

Was ich absolut nogo finde sind sich ablösende Aufkleber am Steuerrohr und Oberrohr, da gibt es bessere Möglichkeiten :rolleyes:

Ist das echt ein Aufkleber? Vielleicht wäre eine Plakette aus Metall passender. Das Gewicht finde ich mehr als akzeptabel. Da kann man was mit machen. Gibt es denn irgendwo auch andere Farbvarianten zu sehen?
Bisher konnte ich nur Bilder vom dem oben beschriebenen Rad finden.
 
Schöner Bericht ... für CC-Racer sicher ein schöner Rahmen:)

Was ich absolut nogo finde sind sich ablösende Aufkleber am Steuerrohr und Oberrohr, da gibt es bessere Möglichkeiten :rolleyes:

...sind keine Aufkleber sondern Klarsichtdecals die selbstverständlich zum Schutz Unterlack angebracht sind :daumen:
 
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