Maximale Bremskraft - Faktoren, Physik?

porph

Schleifbremser
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(Hoffe das Unterforum ist korrekt gewählt, da die Frage eher theoretischer Natur ist kam mir der "Tech Talk Bremsen" unpassend vor.)

Erstmal, bin ein ziemlicher Physik-Laie, und trage schon seitdem ich MTB fahre diese nebulöse Verwirrtheit was die Bremsen angeht mit mir herum... :D

Also, folgendes. Es wird ja immer sehr viel über die Bremskraft verschiedener Bremsen usw geredet, da wird viel verglichen. Ich bin mir aber irgendwie nicht ganz im Klaren, was sind denn überhaupt die Faktoren für "maximale Bremskraft" bzw. wie steht es denn mit der Physik dahinter? Tritt nicht ein Limit auf dass gar nichts mit der Bremse zu tun hat?

Naive Annahme: Wenn ich so stark bremse dass entweder a) ein Rad blockiert / Haftung zum Untergrund verliert (Untergrund mit schlechter Traktion) oder b) durch die entstehende Schwerpunktsverlagerung nach vorne das Hinterrad abhebt (Untergrund mit guter Traktion), ist die maximale Bremskraft für diese Situation erreicht, ohne dass die reine "Kraft" der Bremse eine Rolle spielt?

Mir ist bekannt, dass z.B. das Hinterrad sehr leicht blockiert wenn es im Zuge der Entlastung beim Bremsen kaum noch Traktion hat. Aber wie sieht es da beim Vorderrad aus? Je stärker ich bremse, desto mehr Traktion hat das Vorderrad (durch Gewichtsverlagerung), was dann nach meinem Verständnis die Bremskraft verstärkt bis ein Limit durch den Untergrund/Reifen (--> Vorderrad rutscht) erreicht wird oder eben nicht (--> Verlagerung geht soweit, dass das Hinterrad abhebt, so dass man dann intuitiv die Bremskraft verringert, um nicht zu überschlagen).

Also im konkreten Beispiel: Wie wirkt sich eine "stärkere" Bremse (gute hydraulische Scheibenbremse vs. V-Brake) in so einem Fall aus? Intuitiv würde ich da denken, dass z.B. die Handkraft zum Erreichen der limitierenden Bremskraft geringer wird, aber einen weiteren Effekt kann ich mir gerade nicht vorstellen.

Also, was sind die Vorteile einer stärkeren Bremse? Es kann ja nicht nur die verringerte Handkraft sein...

Erleuchtet mich bitte :) Irgendwo fehlt mir da ein Faktor im Gedankengebäude zum Bremsen...
 
Also, was sind die Vorteile einer stärkeren Bremse? Es kann ja nicht nur die verringerte Handkraft sein...

Alles richtig soweit. Maximale Verzögerung des Rades wird bei gerade abhebendem Hinterrad erreicht. Allerdings ist die Bremsleistung, die für diese Verzögerung benötigt wird geschwindigkeitsabhängig!

Bei 10km/h kommt man mit jeder billigen V-Brake an diesen Punkt. Bei 50km/h brauchts ganz andere Kaliber...
 
Ich würde mich selbst als Physik-Fortgeschrittenen bezeichnen, und was du so schreibst hat für mich Hand und Fuß.
@flyingscot:
Die Bremskraft um das Hinterrrad zu heben ist geschwindigkeitsunabhängig. Wenn eine Bremse das also bei 10 km/h schafft, schafft sie es auch bei 50 km/h. Die geschwindigkeitsabhängige Leistung spielt nur dann eine Rolle, wenn die billige Bremse nicht genug Kühlleistung aufbringen kann und hitzebedingt nachlässt. Das passiert beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten eher, weil dort mehr Bewegungsenergie vernichtet wird.
 
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Naja es kommt noch hinzu, dass div. Bikes deutlich längere Radstände haben (vornehmlich mit zunehmendem Abfahrtsanteil des Einsatzprofiles). Damit ist die Grenze bis das Hinterrad über die Luftlinie überholen will schon sehr weit nach hinten geschoben.

Ansonsten hast du recht, die maximale Bremsleistung bringt ab einem gewissem Punkt nicht mehr so viel. Entweder kommts Hinterrad oder aber das Vorderrad blockiert und der Spaß wird unberechenbar->es muss nachgeregelt werden was den Bremsweg verlängert

Aber, eine agressive starke Bremse baut eben schnell eine gehörige Verzögerung auf und wenn die maximale Bremskraft dann nicht mit einer unmöglichen Dosierbarkeit erkauft wurde kann man so sehr gut am oben beschriebenem Maximum entlangbremsen. Da wäre es hinderlich, wenn die Bremse an jener Grenze bereits ihre Grenzen erreicht bzw. zu hohe Handkräfte erfordert. Dann wäre das nötige feine Nachregeln nicht möglich. Am Hinterrad ist das bei den meisten Bremsen schon lang kein Thema mehr, am Vorderrad dagegen sehr
 
I
Die Bremskraft um das Hinterrrad zu heben ist geschwindigkeitsunabhängig. Wenn eine Bremse das also bei 10 km/h schafft, schafft sie es auch bei 50 km/h.
Die geschwindigkeitsabhängige Leistung spielt nur dann eine Rolle, wenn die billige Bremse nicht genug Kühlleistung aufbringen kann und hitzebedingt nachlässt. Das passiert beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten eher, weil dort mehr Bewegungsenergie vernichtet wird.

Meine Aussage gilt ohne Fading. Es gab in der Bike oder Mountainbike mal eine grafische Auftragung hierzu: Bremsweg einer Vollbremsung aus ich glaube 50km/h in Relation zu Scheibengröße bei drei verschieden Bremsen (nur mit dem Vorderrad). Alles mit dem selben Rad mit Slicks auf warmen, trockenen Asphalt (perfekter Grip), selber Fahrer.

Die Ergebnisse haben mich auch überrascht: Der kürzeste Bremsweg war weniger als halb so groß wie die der längste.

Da so eine Vollbremsung vielleicht 30 Sekunden dauert, glaube ich kaum, dass Fading hier eine Rolle spielt....

Wenn alle Bremsen zu jeder Zeit die maximal mögliche Verzögerung auf den Boden bringen, woher kommen die Unterschiede?
 
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Ein Versuch noch, dann gebe ich auf, versprochen :D:

Um von 10km/h auf 0km/h abzubremsen muss ich die Energie von ca. 380J vernichten (100kg Systemgewicht mal angenommen).

Um von 50km/h auf 40km/h abzubremsen muss ich die Energie von ca. 3500J vernichten.

Das Hinterrad hebt bei der gleichen Verzögerung ab, z.B. bei -2.8m/s^2. D.h. der obige Bremsvorgang dauert 1 Sekunde. Die Bremsleistung ist im ersten Fall also 380 Watt im zweiten Fall 3500 Watt...

Wenn eine schwache Bremse nun maximal 2500 Watt bremsen kann -> Kein Anheben des Hinterrades bei hohen Geschwindigkeiten möglich.
 
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Ich frage mich bloß wer bei einer VOLLBREMSUNG 30 oder auch 10 Sekunden braucht.Zähl mal bei der nächsten Vollbremsung mit, das ist ganz schön lang ;)
Aberdu hast recht, ist im Prinzip hier egal wie lange so eine Bremsung dauert ;)
 
den letzen physikalischen post versteh sogar ich und ich hasse physik :) aber der letzte post macht für mich am meisten sinn und ist auch am leichtesten zu verstehen. Wenn das mal so mit den J angaben stimmt, nachgerechnet mit den Watt oder so hab ich es jetzt mal nicht aber es ergibt sinn
 
zurück zum OP und seinem ersten Beitrag:

Du siehst ganz richtig, dass eine stärkere Bremse IMMER weniger Handkraft für gleiche Bremskraft bedeutet.
... und das macht nen Unterschied, wenn Du irgendwo lange runterfährst. Verschlimmernd kommt hinzu, wenn das ruppelig ist.


... jetzt wieder mein altes Lieblingsbeispiel: Val del Tovo am Gardasee
wer den durchfährt hat eine gute Bremse + viel Ausdauer :D
(früher, wie ich noch die Avid mechanical aufm Rad hatte, hab ich all die Spötter vom Campingplatz dorthin eingeladen und mich hämisch über die verkrampften Hände, verzerrten, weinerlichen Gesichter und die Pausen alle 200-300 Meter amüsiert)
 
Ein Versuch noch, dann gebe ich auf, versprochen :D:

Um von 10km/h auf 0km/h abzubremsen muss ich die Energie von ca. 380J vernichten (100kg Systemgewicht mal angenommen).

Um von 50km/h auf 40km/h abzubremsen muss ich die Energie von ca. 3500J vernichten.

Das Hinterrad hebt bei der gleichen Verzögerung ab, z.B. bei -2.8m/s^2. D.h. der obige Bremsvorgang dauert 1 Sekunde. Die Bremsleistung ist im ersten Fall also 380 Watt im zweiten Fall 3500 Watt...

Wenn eine schwache Bremse nun maximal 2500 Watt bremsen kann -> Kein Anheben des Hinterrades bei hohen Geschwindigkeiten möglich.

Du bremst also von 10km/h genauso schnell auf 0 wie mit 40km/h? Gibst du Trainingsstunden?
 
Auch das ist hohe Kunst, einen Kurs würde ich noch immer gern besuchen oder hast du nur irgend ne geheime Reifenmischung?
 
Auch das ist hohe Kunst, einen Kurs würde ich noch immer gern besuchen oder hast du nur irgend ne geheime Reifenmischung?

:rolleyes:
Es ist ein BEISPIEL.
Die 1 Sekunde ist nur zur Vereinfachung der Berechnung herangezogen worden...
Wenn er nun 5.32s oder sonstwas geschrieben hätte wär halt eine unschönere Zahl rausgekommen...

aber: don't feed....



@flyingscot: danke für die Berechnung - das werd ich mir merken. Prinzipiell wusste ich das ja scho, aber ich hatte keine Zahlen :)
 
Wie beim Sex der G-Punkt ist es beim Bremsen der Druckpunkt. Jede Menge nebulöse c&p-Weisheiten, aber niemand weiß etwas genaues.
 
Interessante Diskussion... ja ja, die kinetische Energie enthält das v zum Quadrat, hätte man drauf kommen können :).

Meine Vollbremsungs-Tests beschränkten sich bislang eher so auf den Bereich bis 20 km/h, werde dann wohl demnächst mal austesten wie es da bei gutem Untergrund bei höherer Geschwindigkeit aussieht. Bleibt aber wohl als Grundgedanke festzuhalten, dass bei rutschigem Untergrund (und das kommt beim MTB ja eher oft als selten vor) auch ne "gute" Bremse nichts bringt, was die reine Verzögerungsleistung, aber sehr wohl was Dosierbarkeit und Handkraft angeht...
 
Sehr informativer Thread, aber bei den Worten "Energie und vernichten" streuben sich mir die Haare...

Die Kinetische Energie (Bewegungsenergie) wird beim Bremsen in z.T. Wärme "umgewandelt", daher erhitzt sich das Bremssystem (Körper, Beläge und Scheibe)und kann bei mangelnder Wärmeabführung (Kühlung) zu Bremskraftverlusten führen.

Falls das jemand lesen sollte, der wirklich rein garkeine Ahnung von Physik hat, Energie wird nie vernichtet, sondern immer umgewandelt!
 
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Sehr informativer Thread, aber bei den Worten "Energie und vernichten" streuben sich mir die Haare...
...Energie wird nie vernichtet, sondern immer umgewandelt!

Oh, ein Klugschieter, sehr hilfreich. Trotzdem wird die Energie dem System entzogen, die Wärme wird durch Konvektion und Strahlung abgeführt. Es ist also für das System ein Energieverlust. Aber danke für die Richtigstellung. ;) Global betrachtet wird natürlich nichts vernichtet.
 
Lieber das Prinzip verständlich erklären als mit wissenschaftlich korrekter Herleitung und Termini die Leute verwirren...

Aber jeder wie er mag :)
 
Meine Aussage gilt ohne Fading. Es gab in der Bike oder Mountainbike mal eine grafische Auftragung hierzu: Bremsweg einer Vollbremsung aus ich glaube 50km/h in Relation zu Scheibengröße bei drei verschieden Bremsen (nur mit dem Vorderrad). Alles mit dem selben Rad mit Slicks auf warmen, trockenen Asphalt (perfekter Grip), selber Fahrer.

Die Ergebnisse haben mich auch überrascht: Der kürzeste Bremsweg war weniger als halb so groß wie die der längste.

Wenn alle Bremsen zu jeder Zeit die maximal mögliche Verzögerung auf den Boden bringen, woher kommen die Unterschiede?

woher kommen die unterschiede?
müssen von den redakteuren kommen. physikalisch ja wohl kaum zu erklären. (solange alle bremsen die power haben das rad zum (fast) blockieren zu bringen)
 
Oh, ein Klugschieter, sehr hilfreich. Trotzdem wird die Energie dem System entzogen, die Wärme wird durch Konvektion und Strahlung abgeführt. Es ist also für das System ein Energieverlust. Aber danke für die Richtigstellung. ;) Global betrachtet wird natürlich nichts vernichtet.

Solche Antworten find ich einfach nur beschissen! Da sollte man lieber garnichtsmehr schreiben und alle Fragen unbeantwortet lassen!

Und da gerade der Faktor der Wärme und deren Ableitung bei Bremsen eine sehr wichtige Rolle spielt, sah ich diese "Klug********rei" als wichtig
 
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