Mein Thread über verschiedene Detaillösungen am Rad

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Im Folgenden Text wollte ich Euch ein paar Detaillösungen von mir für ganz verschieden Sachen an ganz verschiedenen Fahrrädern vorstellen. Da ich zumindest auf die Schnelle keine passenden Texte im Forum gefunden habe, wo ich sie mit dazustellen kann bzw. auch keine Lust habe mich in mehreren Foren anzumelden und viele verschiedene Threads zu verfolgen, habe ich hier „Meinen Thread“ eröffnet.
Vielleicht hilft Euch die ein oder andere Detaillösung in irgendeiner Form weiter und sei es nur zur Inspiration. Der Text besteht eigentlich aus vielen Texten, die ich z.T. schon einmal für ein kleines lokales Forum geschrieben habe, welches es nicht mehr gibt und die ich für den Beginn dieses Threads erstmal zusammengefasst habe.
Los geht’s:

Paul Thumbies und Shimano-Rahmenschalthebel

Vor rund 20 Jahren hat sich Shimano leider entschieden vom robusten und leichten Daumenschalthebel Abstand zu nehmen. Man kann sich jedoch seit geraumer Zeit mit den Thumbies von Paul/USA behelfen (http://www.paulcomp.com/thumbies.html). Diese sind für die Verwendung mit Lenkerendschalthebeln ausgelegt und ergeben in Kombination mit selbigen einen brauchbaren Ersatz. Für die Verwendung von Rahmenschalthebeln heißt es auf der website von Paul: “The Shimano version has a shifter mounting boss that fits Shimano bar end shifter and some downtube shifter.“ – Informationen mit welchen Rahmenschaltern die Thumbies funktionieren sind nicht zu bekommen.

Das Problem liegt offenbar im Design der rechten Shimano Lenkerend- und Rahmenschalthebel. Hier gibt es 2 verschiedene Varianten, welche im Bild 1 dargestellt sind. Die 10-fach Lenkerend- und 9-/10-fach Rahmenschalthebel, sowie die 7/8-fach DuraAce-Rahmenschalthebel (im Bild links) haben unter der Rille für den Bowdenzug weniger „Fleisch“ als 8-/9-fach Lenkerendschalthebel (im Bild rechts) und viele ältere 7-/ 8-fach Rahmenschalthebel.
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Bild 1: links - Rahmenschalthebel DuraAce 8-fach, rechts - Lenkerendschalthebel Shimano600 8-fach
Shimano hat bei den Lenkerendschalthebeln aber immer die selben Befestigungen für die Lenkermontage verwendet. Mit Einführung der 10-fach Lenkerendschalthebel war es deshalb nötig andere Sockeladapter („boss covers“) zu verwenden, um die geringere Bauhöhe des Hebels auszugleichen. In Bild 2 sind die verschiedenen Shimano-Sockeladapter dargestellt: Für Rahmenschalthebel in Verbindung mit Stahlrahmen haben die Sockeladapter eine konkave Form (im Bild links). Die 8-/9-fach Lenkerendschalthebel sowie neue und alte Rahmenschalthebel für (Oversized-)Aluminiumrahmen werden mit flachen Sockeladaptern geliefert (in der Bildmitte, im weiteren Text als „dünne Sockeladapter“ bezeichnet). An den 10-fach Lenkerendschalthebeln werden flache Sockeladapter mit größerer Bauhöhe verwendet (im Bild rechts, im weiteren Text als „dicke Sockeladapter“ bezeichnet). Die Paul Thumbies funktionieren natürlich nur mit flachen Sockeladaptern (Bildmitte und rechts).
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Bild 2: die 3 verschiedenen Shimano Schaltsockeladapter („boss covers“), links – für Rahmenschalthebel + Stahlrahmen, Mitte – für Rahmenschalthebel + Alurahmen (dünner Schaltsockeladapter), rechts – für Lenkerendschalthebel 10-fach (dicker Schaltsockeladapter)
Da die Lenkerendschalthebel immer mit dem passenden Sockeladapter geliefert werden, passt auch der Thumbi von Paul immer perfekt. Durch den jeweiligen Sockeladapter wird die Bauhöhe der verschieden Lenkerendschalthebel ausgeglichen und der Bowdenzug verläuft stets in der richtigen Höhe.

Bei den Rahmenschalthebeln ist das anders. Hier gibt es als Option nur die dünnen Sockeladapter. Damit verläuft der Bowdenzug bei den 7/8-fach DuraAce und den neueren 9/10-fach Rahmenschalthebeln bei den Thumbies zu tief. Bei Verwendung des dicken Sockeladapters (Bild 2, rechts) wird auch hier die Bauhöhe ausgeglichen und der Bowdenzug verläuft optimal (Bild 3). Der dicke Sockeladapter ist einzeln für kleines Geld zu bekommen (http://luuki.de).
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Bild 3: Paul Thumbi mit DuraAce 8-fach-Rahmenschalthebel und dickem Schaltsockeladapter: der Bowdenzug verläuft in der richtigen Höhe

Beim linken Schalthebel gibt es dieses Problem offenbar nicht. Hier haben alle Schalthebel die gleiche Bauhöhe und werden überall mit den dünnen Sockeladaptern verwendet.

Paul Thumbies für „Stem-Shifter“ – Schalthebel am Vorbau
Die Paul-Thumbies sind auch mit Schellendurchmesser 31,8 mm erhältlich. Dieses Maß passt an viele Vorbauten. In der Kombination mit Rahmenschalthebel ergibt sich ein brauchbarer Vorbauschalter. Im folgenden Bild wurden sie an einem Jugendrennrad verbaut.
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Bild 4: „Stem-Shifter“ am Jugendrennrad

Tandem 48L-Naben mit 32L-Felgen
Naben mit 36 oder 48 Speichenlöchern können auch in Kombination mit Felgen verwendet werden, die nur 24 bzw. 32 Speichenlöcher haben. Das kann insbesondere bei Tandems nützlich sein, da für ältere 48-Loch-Naben kaum noch passende Felgen zu bekommen sind. Aber auch beim Rennrad kann es Sinn machen eine 36-Loch-Nabe für den Bau eines aerodynamischen Laufrades zu verwenden.

Beim Einspeichen muss im Nabenflansch jedes 3. Loch freigelassen werden. Das Einspeichen kann auf 2 verschiedene Arten erfolgen: die benachbarten Speichen, welche nicht durch ein freigelassenes Speichenloch voneinander getrennt liegen, laufen a) aufeinander zu oder b) voneinander weg.

Die Berechnung der Speichenlänge muss in beiden Fällen mit nicht-ganzzahligen Kreuzungszahlen erfolgen. Nach langem Suchen findet man bei http://www.sheldonbrown.com/rinard/36-24.htm die Berechnung der entsprechenden Kreuzungszahl für den Fall b einer 36-Loch-Nabe. Bei Anwendung der Berechnungsprozedur auf die Fälle a / b und 36 / 48 Loch ergeben sich bei mir folgende Kreuzungszahlen:

36 a: 1,833
36 b: 2,167
48 a: 2,833
48 b: 3,167

Die exakten Speichenlängen sollten sich somit berechnen lassen. Selbst hatte ich bis jetzt aber nur Gelegenheit das für den Fall 36 b zu überprüfen (Bild 5). Grundsätzlich würde ich die b-Variante bevorzugen. Bei 26“-Laufrädern in Verbindung mit Hochflanschnaben und / oder hohen Felgenprofilen dürfte auch die a-Variante Sinn machen, um das Abknicken der Speiche am Nippel zu minimieren.
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Bild 5: 36L Nabe in Verbindung mit 24L Felge (36 b, Kreuzungszahl 2,17)

Bauanleitung Kindertretlager (Stokid)
(nur für Sitzrohrdurchmesser 28,6 mm und 31,8 mm)

Material:
Downhill-Vorbau für Gabelschaft 28,6 mm und Lenkerklemmung 31,8 mm; 0° Steigung; möglichst kurz (ich habe ein Brave Monster verwendet mit 0° und 35 mm Länge),
Kinex Innenlager (Achslänge entsprechend Kettenflucht),
Reduzierhülse Cane Creek 25,4 mm–26,0 mm (0,3 mm Wandstärke),
Bei Sitzrohrdurchmesser 28,6 mm zusätzlich Reduzierhülsen PVC mit Wandstärke 1,5 mm

Anleitung:
Der Vorbau wird mit der Lenkerklemmung am Sitzrohr befestigt. Je nach Rohrdurchmesser mit oder ohne PVC-Reduzierhülsen.
Das Kinex Innenlager wird auf ca. 80°C erwärmt. Anschließend wird die rechte Lagerschale (ist leicht aufgepresst) abgeschlagen.
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Bild 6: Kinex Patronenlager mit abgeschlagener Lagerschale

Die Cane Creek Reduzierhülse muß entsprechend der Länge des Patronenlagers gekürzt werden. Dafür habe ich die Lagerschale auf ein passendes Rohr aus Aluminium aufgeschoben und mit einem Rohrschneider vorsichtig abgeschnitten.
Das Kinex Lager kann jetzt mit der Cane Creek Reduzierhülse in die Gabelschaftklemmung des Vorbaus geführt werden. Die Schrauben der Klemmung nur leicht anziehen (sonst wird das Lager blockiert); evtl. Schraubensicherung verwenden.
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Bild 7 Fertiges Kindertretlager

Kurbeln kürzen

Für meine Tochter habe ich meine alten 730er Shimano XT Kurbeln (das Pedalgewinde war ohnehin versaut) gekürzt, damit sie mit mir auf dem Tandem fahren kann. Da sie gerade erst 4 geworden war und die Beine in diesem Alter noch entsprechend kurz sind, waren alle brauchbaren käuflichen Kurbeln viel zu groß. Die kleinste ist meines Wissens die Miche Young mit 125 mm. Für das Alter von 4-7 könnte die Kurbellänge aber deutlich kleiner ausfallen. Ich habe mich für 110 mm entschieden.

Hier die Bauanleitung:

Material:
Standbohrmaschine, 2 Maschinenschraubstöcke mit senkrechten Nuten, Gewindeschneider Pedalgewinde 9/16“ Links / Rechts, Metallbohrer 13 mm und 6 mm, Flachsenker, alte Innenlagerachse, alte Pedalachsen (links + rechts), Metallsäge, Feile

Anleitung:
Kurbel auf Innenlagerachse montieren, Pedalachse von hinten in die Kurbel einschrauben. Die Kurbel anschließend in die 90° zueinander schließenden Schraubstücke einspannen. Die Kurbel ist jetzt exakt ausgerichtet. Die Schraubstöcke sind auf dem Bohrtisch so zu fixieren, dass das Bohrfutter über der Position des neuen Pedalgewindes zu liegen kommt. Hier mit 6 mm vorbohren und dann mit 13 mm nachbohren. Mit dem Flachsenker eine plane Fläche erzeugen. anschließend mit dem Gewindeschneider das Pedalgewinde herstellen. Dabei das Bohrfutter mit der Hand drehen. (Links- / Rechtsgewinde beachten!)
Die Schraubstöcke unverändert lassen, die zweite Kurbel einspannen und in gleicher Weise bearbeiten. (Links- / Rechtsgewinde beachten!) Anschließend die Kurbeln unterhalb der neuen Pedalgewinde absägen und noch etwas rund feilen, evtl. noch polieren.
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Bild 8: gekürzte Kurbel

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Bild 9 gekürzte Kurbel


Ovale Kettenblätter-modifiziertes Biopace
Seit über 100 Jahren tauchen sie immer wieder mal auf: ovale Kettenblätter. Sie sollen den Bewegungsablauf beim Treten optimieren und die Überwindung der Totpunkte erleichtern. Größere Bedeutung erlangten die elliptischen Kettenblätter aber nie. Gegen die konventionellen runden Kettenblätter konnten sie sich zu keinem Zeitpunkt durchsetzen. Dennoch gibt es zur Zeit eine ganze Reihe von Herstellern, die ovale Kettenblätter anbieten: das „Ogival“ von Bernard Hinault, das „O.symetric“, die Rotor-„Q-Rings“ und die „BioConcept“-Version des CT2 von Stronglight.

Auch die Biopace-Kettenblätter von Shimano waren einst oval, verfolgten aber trotzdem eine ganz andere Philosophie: Bei Biopace war das Oval gegenüber allen anderen Eiern um ca. 80° verdreht. Im Shimano-Katalog 1991 heißt es: „Anders als bei herkömmlichen runden Kettenblättern kommt Biopace der menschlichen Beinbewegung beim Laufen weitgehendst entgegen. Die besondere Form von Biopace vergrößert den Radius des Kettenblattes, um die Beingeschwindigkeit am oberen und unteren Punkt der Tretbewegung zu verlangsamen. Der Radius wird verringert und die Auf- und Abwärtsphasen des Tretzyklus helfen dem Bein, sich schneller zu bewegen.“ Das Konzept hat sich nicht bewährt, angeblich verringerten sich aber zumindest die Knieprobleme vieler Fahrer. Aufgrund der Marktstellung von Shimano waren die Biopace-Kettenblätter aber zeitweise recht verbreitet. Aus diesen Gründen sind sie oft noch vorhanden oder Restbestände preiswert zu bekommen.

Durch Verdrehung des Blattes um 72° (360° / 5) im Uhrzeigersinn kann eine Anpassung an das ursprüngliche Konzept des ovalen Kettenblattes erfolgen (Bild 10). Damit erhält man eine preiswerte Alternative zu den aktuell käuflichen Versionen. Zu beachten ist jedoch, dass verschiedene Versionen von Biopace auf den Markt gebracht wurden. Das „Biopace HP“ zeigt nur noch eine gering ausgeprägte Ellipsenform.
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Bild 10: Ein um 72° verdrehtes Biopace-Kettenblatt mit 52 Zähnen an einer Shimano600-Kurbel; durch die Position des Kettenfangstiftes wird die Verdrehrichtung deutlich.

So das war es erstmal! …Naja etwas habe ich noch im SSP-Unterforum zu Thema Retrodirecte-Antrieb eingestellt.

Später sollen noch ein paar fertige Räder vorgestellt werden und ein paar weitere Ideen, wenn ich sie denn auch mal umgesetzt habe….
 

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