MTB Rahmen aus hochfestem Luftfahrtaluminium

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Bike der Woche
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Hallo Zusammen

Mein Name ist Thomas und ich komme aus Darmstadt. Ich bin 44, einfacher Angestellter, wohne in einem kleinen Haus in der Vorstadt und bin gerne draußen in der Natur.

Hier möchte ich mein Rahmenbau-Projekt vorstellen. Es handelt sich um einen XC-MTB Rahmen aus Luftfahrtaluminium.

Vielleicht ein paar Worte zum Einstieg. Ich bin Fahrradanfänger, saß 25 Jahre nicht auf dem Rad und habe erst in der letzten Zeit das Radeln wieder entdeckt. Inzwischen fahre ich mit dem Rad zur Arbeit (26 km einfach) und am Wochenende nimmt mich ein Freund öfter mit auf Mountainbike-Touren in den nahen Odenwald. Dabei fuhr ich stets seine „alte Gurke“, ein 90er Jahre Bulls-Hardtail. Den Abschluss meiner ersten MTB-Saison im letzten Jahr bildete der Eselsweg, eine einmalige Nord-Süd-Passage des Spessarts, die das Kinzigtal mit dem Maintal verbindet und am Kloster Engelberg endet. Das war genau mein Ding und somit brauchte ich natürlich ein eigenes Rad.

Eine meiner Leidenschaften ist Strukturleichtbau und ich habe einen aktiven Luftfahrhintergrund und verfüge über einige Erfahrung im Flugzeugbau und in der Tragwerksentwicklung. In meinem Studium beschäftigte ich mich mit der Konstruktion von Carbon-Flugzeugen und stellte viele Teile in diversen Verfahren in Handarbeit her. Wirklich angesprochen hat mich aber stets der Metallflugzeugbau und daher kam auch die Motivation ein Fahrrad zu konstruieren, welches vom Tragwerk her wie ein Flugzeug aufgebaut ist und vor allem die in der Luftfahrt üblichen Verfahren und Materialien verwendet.

Im Mountainbike-bau halten sich zwei Bauweisen. Das vielgerühmte Carbon und geschweißte Aluminiumrahmen aus Rohren bzw. Hydroformhalbzeugen. Carbon ist trotz Faserverbund das Material mit dem höchsten Verhältnis von Festigkeit zu Dichte. Das kann ich als Ingenieur nicht leugnen. Bei entsprechender Ausrichtung erreicht man damit Steifigkeiten, die anderweitig schwer hinzukriegen sind. Ich halte es daher bei einigen Anwendungen für ideal. Leider, und man möge mich dafür steinigen, nicht zur Herstellung eines Fahrradrahmens. Ich fahre viel Schotterwege und höre mit Unbehagen die Steine gegen das Unterrohr klingeln. Ich möchte mich dann einfach nicht fragen, ob das irgendwann ein überraschendes Strukturproblem wird. Mein Fahrrad wird bei uns in der Garage stehen, bekommt kein eigenes Zimmer, keinen Wandhalter und keinen Geigenkasten und soll auch nicht „vielleicht im Eimer“ sein, wenn die Kinder den Rasenmäher oder die Spitzhacke darauf liegen lassen.
Nee nur Spaß, am Ende ist es eine reine Philosophie-frage. Ich bin eben 1975 geboren, mag Rock’n’Roll, stehe auf Unimogs und klassische Flugzeuge, trinke gerne kaltes Bier aus Gläsern und ich sehe mich daher einfach nicht auf einem Plastikfahrrad.
Ein Fahrrad ist eine formlose Maschine mit Wellen, Zahnrädern, Hebeln und Lagern. Sie hat eine Grundästhetik die sich auf einer rein funktionalen Gestaltung basiert. Die Schönheit eines Fahrrades entsteht durch Schlichtheit, durch eine sinnvolle, ja möglichst ideale, pur technisch orientierte Formgebung. Hier besticht für mich Metall, als solches erkennbar und in seiner unverfälschten, von Patina gezeichneten, ehrlichen Oberfläche. Einige Hersteller greifen das meiner Ansicht nach auf und bauen wunderschöne Rahmen. Mir gefallen da besonders die Produkte von Nicolai und Cheetah.
Baut man so mit Luftfahrthalbzeugen, entsteht aber etwas ganz anderes, was so in der Fahrradwelt wohl auch noch wenig bekannt ist.

Viele gängigen Aluminiumrahmen bestehen aus 6061-T6. Dieses Material gilt als „mittelfest“ und die nötige Schweißbarkeit verhindert bislang die Verwendung von hochfesten Legierungen. Einige nicht schweißbare Metallmischungen, wie beispielsweise 2024-T3 oder 7075-T6, erreichen deutlich höhere Festigkeiten bei vergleichbarer Dichte.
Das Schweißen von Aluminium ist ohnehin nicht ganz frei von Nachteilen. Beim Aufschmelzen des Gefüges geht die Wärmebehandlung verloren, was einen gravierenden Nachlass bei der Festigkeit zur Folge hat. Weitaus schwerwiegender ist die reduzierte Ermüdungsresistenz. Einhergehend mit einer Schweißnaht ist mitunter ein Steifigkeitssprung der zu Spannungsüberhöhung führt und ebenfalls Ermüdung begünstigt. Auch Restspannungen durch Verzug, der bei Alu relativ groß ist, können hier eine Schwächung bewirken. Mit einer entsprechenden Nachbehandlung bekommt man das zwar alles wieder einigermaßen hin, aber so gut wie vorher wird es nie mehr. Das ist der Grund warum Alurahmen meistens an einer Schweißnaht reißen oder warum Ermüdungsrisse meistens an einer Schweißnaht beginnen.

Ich wollte einen Rahmen aus 2024-T3 bauen. Neben der höheren Festigkeit besitzt dieses Material eine überlegene Ermüdungsresistenz. Für mich ist diese entscheidender bei der Auslegung. Es ist kein Zufall, warum viele Flugzeuge hauptsächlich aus dieser Legierung bestehen. Die Halbzeuge werden vernietet, was einige Vor- aber auch Nachteile hat.
Die erforderlichen Querschnitte lassen sich weitaus gewichtsoptimierter herstellen und an besonders hoch belasteten Stellen ist der Einsatz von anderen Materialien, wie z.B Stahl, problemlos möglich. Es existieren deutlich dünnere Wandstärken als bei Rohren und durch Aufdopplung entsteht auch so etwas wie Redundanz. Ein potentieller Ermüdungsriss würde dann nur eine Schicht betreffen und nicht wandern. Andererseits erfordert diese Art der Verbindung Überlappungen, die nicht immer Festigkeit und Steifigkeit bei dem entsprechenden Materialeinsatz bringen. Das sehe ich als Nachteil.
Die Herstellung ist enorm aufwändig und erfordert viele Arbeitsschritte.

Der Rahmen soll selbstverständlich leicht werden und so die Vorteile von 2024-T3 offenlegen. Allerdings war ich nicht bereit bei der Festigkeit Kompromisse einzugehen. Außerdem bin ich Hobbyschrauber und ich verbringe nicht einen ganzen Feierabendwinter mit der Entwicklung und dem Bau, um schließlich im Sommer festzustellen, dass an der einen oder anderen Stelle zu wenig Fleisch vorhanden ist. Auch die Sicherheit spielt hier eine Rolle.
Ein wichtiger Lastfall entsteht durch die Einleitung eines Biegemomentes durch die Gabel in das Steuerrohr. Hier wollte ich eine deutlich höhere Festigkeit als die der kaufbaren Modelle haben. Das ging nur mit Stahl und einer aufwendigen, leider auch schweren, Krafteinleitung in die Struktur. Das gleiche galt für die Festigkeit und die Steifigkeit des Tretlagers bzw. der Laschen der Kettenstreben. Hier kommt hochfester Stahl zum Einsatz.
Bedenken hatte ich zunächst wegen Knarz-Geräuschen. Jeder Fahrradrahmen verbiegt sich, ganz egal wie steif er auch sein mag, die Frage ist nur wie viel. Da die Bleche zwischen den Nieten unverbunden aufeinander liegen, kann das bei so einer Konstruktion vorkommen, dass kleinste Relativbewegungen auftreten. Flugzeuge knarzen und knacken beinahe alle. Glücklicherweise läuft der Rahmen bislang ruhig, auch im Wiegetritt.

Nach dem Gewicht des Rahmens wurde ich schon oft gefragt und ich möchte es vermeiden jetzt einfach eine Zahl heraus zu werfen, die dann in irgendeiner Form den Erfolg oder Misserfolg meiner Arbeit beschreibt. Lasst mich als Ingenieur und nicht als Kaufmann antworten:

"Dieser Rahmen ist fester, ermüdungsresistenter und steifer als ein Rahmen aus 6061-T6 mit gleicher Masse"

Das Fahrrad ist kein Schwergewicht und hat noch eine „10“ vorne, für alle die rückwärts rechnen können. Ich glaube die Wahl der Komponenten zeigt auch, dass es kein Leichtgewichts-champion werden sollte. „Ein genietetes Fahrrad braucht auch einen genieteten Sattel“, sagte meine Frau, und sie hatte recht. Auch die Chris King Naben sind keine Leichtgewichte, aber ich will um keinen Preis auf dieses total g...le Gebrumm mit seinen verschiedenen Resonanzen beim Rollen verzichten. Das alleine macht schon voll Laune.

Mein Fahrstil ist schnell und daher wählte ich eine tiefe, weit nach vorne gerichtete Sitzposition. Dabei achtete ich auf die Gewichtsverteilung, die aber glücklicherweise sehr gut hingekommen ist. Die Übersetzung der Eagle mit dem größten verfügbaren Kettenblatt (38er) reicht oben herum gerade so aus. Der kleine Gang ist trotzdem kurz genug für die Technikpassagen. Aus Gewichts- und Agilitätsgründen habe ich mich für 27,5 Zoll entschieden.
Das Teil rennt und steigt wie die Wucht und ich fuhr damit auf Anhieb meine Bestzeit auf der 40 km Hausstrecke mit 1000 Höhenmeter. Es macht einen Riesenspaß das Teil nun endlich auszufahren, zu erleben und zu testen. Besonders genieße ich die Erfahrung nun dem Berg nicht nur mit den Beinen, sondern auch mit den Realität gewordenen Gedanken zu konfrontieren. Teil meiner selbst entworfenen Maschine zu sein und so den schönen Aussichten auf den Hügeln entgegen zu strampeln ist einfach der Knaller.

Die Fotos sind alle von meiner Frau, die etwa zeitgleich mit mir ebenfalls ein neues Hobby, das Fotografieren, anfing. Das "Firmenlogo" ist nur ein Gag.

https://lukasczyk.myportfolio.com/

Grüße und viel Spaß

Thomas
 
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Hilfreichster Beitrag geschrieben von Flugzeugradler

Hilfreich
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Hammer Idee! Optisch natürlich sehr Gewöhnungsbedürftig, technisch allerdings hochinteressant.
Wie lange hat’s gedauert von der Idee bis zur Fertigstellung? Hast du zahlen zur Geo?

Auf alle Fälle Gratulation zum selbst gebauten bike!
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Flugzeugradler

Hilfreich
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Sehr außergewöhnlich und deshalb für mich das Bike des Jahres! :) Sehr beeindruckend!
Viele Grüße von einem Konstrukteur, der sich etwas ähnliches auch vielleicht mal trauen wird. ;)
P. S. Mit welcher Software hast Du den Rahmen gezeichnet und die Steifigkeit berechnet? Ansys?
 
Ich müsste nachsehen wer es war es gab Mitte der 90er auch einen Hersteller der mit Titan und Aluminium Blechen einen Rahmen mit Manitou-Hinterbau angeboten hat. Der Rahmen war auch genietet. Ich schaue Mal ob ich davon noch Bilder auftreiben kann. Ich finde die Ausführung auch gut habe auch schon Mal gedanklich mit sowas gespielt.
Ich finde die Optik wenn so ein Teil entsteht und das und das Zusammenklemmen mit den Clecos immer total cool.
 
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messerschmitt, lem, tarkowski und kubrick haben gemeinsam ein mtb entworfen?
das könnte klappen.

"Ich fahre viel Schotterwege und höre mit Unbehagen die Steine gegen das Unterrohr klingeln. Ich möchte mich dann einfach nicht fragen, ob das irgendwann ein überraschendes Strukturproblem wird."
das stimmt, ist aber selbst mit einer angeklebten filzmatte schnell gelöst. ;)
fahre seid 2012 plastik(mit unterrohrschutz). alu dauerschwingt womöglich nicht so lang. zumindest brach es bei mir ab und an.

ansonsten rockige grüße.
 
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Guten Morgen Leute

Das Projekt hat etwa 1 Jahr gedauert, man hat eben noch ein Leben bei all der Spielerei...
Die Geometrie sollte einen guten Schritt Richtung Cyclocross gehen.
Radstand ist 1150, die Oberrohrlänge (oder das Äquivalent) liegt bei 680. Der Steuerrohwinkel liegt bei 68° und der Sitzrohrwinkel liegt bei 73°. Die Sitzlänge kommt dann mit dem entsprechenden Vorbau auf 800.
Ich wollte unbedingt horizontale Kettenstreben haben und das hat die ganze Würfelei eben etwas verschoben.
Eine richtige CAD-Software habe ich bei der Konstruktion nicht verwendet.
Das Teil ist mehr oder weniger auf dem Zeichenbrett entstanden, sprich mit dem Kritzeltool in Visio.
Die Festigkeitsrechnung habe ich mit EXCEL, einem Taschenrechner und einem Blatt Papier, zu Fuß gemacht. So viel ist das auch gar nicht.
Eine Steifigkeitsrechnung gibt es gar nicht, aber das lässt sich ganz gut abschätzen, gerade im Vergleich. Der Rahmen ist tatsächlich sehr steif geworden, jedenfalls steifer als alles, was ich bisher gefahren bin.
Die Schwierigkeit bei der Konstruktion bestand darin, die erforderliche Anzahl Niete unterzubringen und so zu platzieren, dass man zum schlagen von beiden Seiten dran kommt.

Gruß

Thomas
 
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Nieten auf diese Idee muss Mann erst mal kommen.:D
Der Rahmen ist so gar nicht im aktuellen Designe der Bikeindustrie .
Weiter so !!!!!!!!!
Mich würde interessieren wie du die Anbindung Blech ans Steuerrohr gelösen hast.
Mehr Bilder :anbet:
PS Ich trinke am liebsten Rieslingschorle
:D
 
Hey Thomas,
da hast du ja eine Bombe platzen lassen! Zunächst fünf Daumen hoch für das Werk, auch ein dickes Lob an deine Frau für die gelungenen Impressionen. Für mich ist es viel mehr als nur ein Rahmen, es ist in mehreren Hinsichten ein Kunstwerk. Ab in BdW!!

Bin auf 2.0 gespannt, eventuell mit geplantem Flexzonen ...sollte er eventuell doch zu steif sein ;-)

Werfe seit eh und je ein Auge auf das Nicolai Argon, aber der Komfort lässt mich beim Stahl verweilen :-( im immer wieder verwundert, wie Leute einen Alu Rahmen fahren können, wenn ich mal gelegentlich auf einem sitze.

Ich hoffe, dass du uns in Zukunft noch viele neue Variationen und Entwicklungsstufen präsentieren wirst, die Basis ist auf jeden Fall solide.
 
Guten Morgen Leute

Das Projekt hat etwa 1 Jahr gedauert, man hat eben noch ein Leben bei all der Spielerei...
Die Geometrie sollte einen guten Schritt Richtung Cyclocross gehen.
Radstand ist 1150, die Oberrohrlänge (oder das Äquivalent) liegt bei 680. Der Steuerrohwinkel liegt bei 68° und der Sitzrohrwinkel liegt bei 73°. Die Sitzlänge kommt dann mit dem entsprechenden Vorbau auf 800.
Ich wollte unbedingt horizontale Kettenstreben haben und das hat die ganze Würfelei eben etwas verschoben.
Eine richtige CAD-Software habe ich bei der Konstruktion nicht verwendet.
Das Teil ist mehr oder weniger auf dem Zeichenbrett entstanden, sprich mit dem Kritzeltool in Visio.
Die Festigkeitsrechnung habe ich mit EXCEL, einem Taschenrechner und einem Blatt Papier, zu Fuß gemacht. So viel ist das auch gar nicht.
Eine Steifigkeitsrechnung gibt es gar nicht, aber das lässt sich ganz gut abschätzen, gerade im Vergleich. Der Rahmen ist tatsächlich sehr steif geworden, jedenfalls steifer als alles, was ich bisher gefahren bin.
Die Schwierigkeit bei der Konstruktion bestand darin, die erforderliche Anzahl Niete unterzubringen und so zu platzieren, dass man zum schlagen von beiden Seiten dran kommt.

Gruß

Thomas

Macht das ganze noch viel interessanter! Wirklich tolles Projekt.
 
Du musst das noch so machen, dass man den Rahmen aufpumpt, was sich auf die Stabilität auswirkt.
Wie beim Flieger in großer Höhe und das dann in die Konstruktion miteinrechnen :D
 
Gratulation zu dem gelungenen Rad. Ich finds eine sehr respektable Arbeit. Sei froh, dass Du dich hier erst zu Wort gemeldet hast als es schon fertig war, sonst laesst man sich doch gerne mal entmutigen wenn man unkonventionelle Wege geht.

Falls Du nochmal eine zweite Version machen moechtest, dann wuerde ich bei der Geometrie ansetzen. Ich glaube da kannst Du, wenn Du Dich nicht von Zahlen abschrecken laesst und grundsaetlich offen bist was neues aus zu probieren (was ja definitiev der Fall zu sein scheint), noch optimieren.
 
Falls Du nochmal eine zweite Version machen moechtest, dann wuerde ich bei der Geometrie ansetzen. Ich glaube da kannst Du, wenn Du Dich nicht von Zahlen abschrecken laesst und grundsaetlich offen bist was neues aus zu probieren (was ja definitiev der Fall zu sein scheint), noch optimieren.
Ich unterstelle jetzt mal, dass du von long/low/slack sprichst und muss direkt an Stukas denken :oops:
 
Hallo Leute

Die Krafteinleitung in das Steuerrohr muss ich leider beschreiben. Ich habe auch Fotos, die ich aber gerade nicht finden kann.
Wie gesagt, die Fotos macht meine Frau...
Das Stahl-Steuerrohr hat zwei angeschweißte U-Profile, die saugend in die außen sichtbaren Aluminium-Profile passen.
Das Material zwischen den Nietlöchern wurde teilweise entfernt, sprich rausgefeilt.
Sie reichen etwa so weit wie die sichtbaren Verstärkungen. Einige Niete da vorne verbinden also 4 Baugruppen.
Verstärkung-Außenhaut-Ober/Unterträger-Steuerrohranschluss.
Diese "Anschlüsse" sind aus 1,6 mm starkem, hochfesten Luftfahrstahl und wurden beidseitig (innen und außen) an das Rohr geschweißt.
Das ist ein großer Vorteil, denn bei klassischen Schweißkonstruktionen kommt man nur von einer Seite dran und die Naht führt immer durch den Querschnitt mit der größten Spannung (Außenseite).
Dieses Feature und die Stahllaschen kosten natürlich auch ne Menge Gewicht und man könnte über Alternativen nachdenken.
Jetzt fahr ich aber erstmal und die Ideen kommen dann von selbst...;-)
Alles lässt sich verbessern.

Jetzt würde mich aber mal die Angelegenheit mit der Geometrie interessieren.
OK ich bin da kein Experte, aber für mich passt das soweit super. Ich fahre jede Woche neue Bestzeit auf meiner Hausstrecke und am Wochenende saß ich zum ersten Mal den ganzen Tag schmerzfrei auf einem Fahrrad, auf diesem.

Wo würdet ihr denn an der Geometrie drehen?

Gruß

Thomas
 
Hallo Thomas,
erst mal meinen aller grössten Respekt für dein Bike. Mal was ganz anderes und konsequent umgesetzt. Danke fürs Zeigen!!!!
Auch ein Kompliment an deine Frau für die tollen Bilder.

Im Mountainbike-bau halten sich zwei Bauweisen. Das vielgerühmte Carbon und geschweißte Aluminiumrahmen aus Rohren bzw. Hydroformhalbzeugen. Carbon ist trotz Faserverbund das Material mit dem höchsten Verhältnis von Festigkeit zu Dichte. Das kann ich als Ingenieur nicht leugnen. Bei entsprechender Ausrichtung erreicht man damit Steifigkeiten, die anderweitig schwer hinzukriegen sind. Ich halte es daher bei einigen Anwendungen für ideal. Leider, und man möge mich dafür steinigen, nicht zur Herstellung eines Fahrradrahmens. Ich fahre viel Schotterwege und höre mit Unbehagen die Steine gegen das Unterrohr klingeln. Ich möchte mich dann einfach nicht fragen, ob das irgendwann ein überraschendes Strukturproblem wird. Mein Fahrrad wird bei uns in der Garage stehen, bekommt kein eigenes Zimmer, keinen Wandhalter und keinen Geigenkasten und soll auch nicht „vielleicht im Eimer“ sein, wenn die Kinder den Rasenmäher oder die Spitzhacke darauf liegen lassen.
Nee nur Spaß, am Ende ist es eine reine Philosophie-frage. Ich bin eben 1975 geboren, mag Rock’n’Roll, stehe auf Unimogs und klassische Flugzeuge, trinke gerne kaltes Bier aus Gläsern und ich sehe mich daher einfach nicht auf einem Plastikfahrrad.

Danke dir für diese Aussage, die kann ich nur unterschreiben. :daumen:


Wo würdet ihr denn an der Geometrie drehen?

Du hast nach deinen Aussagen ein schnelles Rad gebaut. mit nem 38er!!!!!!! Kettenblatt vorne. Du musst ja gewaltige Wadeln haben wenn du damit auf der Hausrunde 1000 Höhenmeter machst, respekt.
Ich wäre da auf jeden Fall auf 29 Zoll gegangen. Nach meinen eigenen Erfahrungen ist das vor allem beim Hardtail ein Quantensprung. Auserdem würde ich beim Lenkwinkel flacher gehen. Aber wenn du dich auf deinem Rad wohl fühlst und immer wieder Bestzeiten fährst passt doch alles :D

Gruss Stefan
 
Ich unterstelle jetzt mal, dass du von long/low/slack sprichst und muss direkt an Stukas denken :oops:

Ich wuerde es nicht so nennen. Im Grunde geht es darum den "Center of Gravity" and eine guenstige Stelle zu bringen um das beruehmte "im Rad Gefuehl" zu erzeugen.
- steilerer Sitzwikel, wenn man die Kettenstreben nicht zu lang machen will. Daraus resultiert dann wiederum
- ein laengerer Reach um das Rad nicht zu kurz zu machen.
- der steilere Sitzwinkel (beim HT troztdem flacher als beim Fully, weil SAG nur vorne) bringt die Kraft besser auf die Kette, grade wenn man dicke Beine hat und Hoehenmeter macht, -> Center of gravity - fuer Grip am Hinterrad und gegen steigendes Vorderrad.
- ein tieferes BB hilft dem Wohlfuehlfaktor...
- ein flacherer Lenkwinkel faellt bei der richtigen Sitzposition beim klettern nicht negativ auf, hilft aber immer beim runter kommen.

Viele Leute schreien immer schnell "long, low, slack" und meinen damit, dass es nur ein nutzloser Trend ist, "den sich die Industrie ausdenkt um mehr Raeder zu verkaufen".
In der Realitaet sitzen aber in den Entwicklungsabteilungen der Fahrradhersteller auch Leute, die sich tagtaeglich mit der Materie beschaeftigen.
 
Du hast nach deinen Aussagen ein schnelles Rad gebaut. mit nem 38er!!!!!!! Kettenblatt vorne. Du musst ja gewaltige Wadeln haben wenn du damit auf der Hausrunde 1000 Höhenmeter machst, respekt.

Bei dem Gewicht ist es nach wie vor immer noch der Körper selber, der die Masse und damit die Vorgabe für die Übersetzung macht. Seit ich schwerer geworden bin, brauche ich häufiger mal das kleine Blatt, trotz kräftigerer Waden als früher :D

Auch von mir Gratulation an den TE!
 
Hammergeile Nummer!
Rein optisch zumindest gewöhnungsbedürftig, aber das soll die Genialität der Umsetzung kenesfalls schmälern.
 
Hammergeiles Projekt! :daumen:
Baut Orange nicht aus Flugzeug Aluminium? Finde das sehr interessant und frage mich schon länger warum das im Leichtbau nicht öfter zu hören ist...

Edith: Sehr gut geschrieben, liest man gerne :)
 
Vielleich habe ich mich mit "Flugzeug Aluminium" etwas ungeschickt ausgedrückt.
Orange baut, soweit ich informiert bin, aus 6061-T6.
Das wird auch im Flugzeugbau eingesetzt.
Es darf da nur nicht geschweißt werden und man setzt es gerne an Stellen ein, bei denen die Korrosionsbeständigkeit wichtiger ist als die Festigkeit.
Hoch belastete Teile bestehen im Flugzeugbau aus Legierungen, die nicht mehr schweißbar sind oder die durch das Schweißen so viel "leiden", dass man davon absieht.
 
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