Hier ein kleiner Bericht zu einer kleinen und funktionalen Werkstatt auf Bikepacking Tour:
Ich fahre viele Kilometer mal mehr mal weniger durch's Isländische Gemüse und nehme so viele single tracks wie möglich mit auf den Weg.
Auf meiner 1. Hochlanddurchquerung mit dem Bike ist das Gelände stellenweise ganz ordentlich anspruchsvoll zum Fahren. Das ich mit meinem starren Eingänger unterwegs bin macht die Sache nicht einfacher und ich mache mir bisweilen auch Sorgen um die Karkassen.
Ein paar Tage später auf der 2. Hochlanddurchquerung und ein paar 100 km weiter wird das Gelände sanfter für die Reifenmäntel.
Doch plötzlich ein Schleicher - gerade als ich zügig vorankomme und in Bewegung bleiben muss um warm zu bleiben. Die Luft geht langsam aus dem Hinterreifen. Ich halte an, ziehe Regenklamotten über und entdecke einen Riss in der Karkasse, der durch Reibung des Felgenhorns am Mantel entstanden ist.
Schlauch rein im horizontalen Schneeregen und weiter geht's
250 km später kapituliert der Mantel komplett. Oops... mitten im trockenen nirgendwo...
Ich überlege mir, ob ich auf die Schnelle was reparieren soll, oder gleich richtig Zeit lassen und dann weiter schauen. Ich steige wenig Bergan um einen Überblick der Umgebung zu bekommen und entdecke unweit von meiner Stelle Moos und Gräser die eine Quelle andeuten. Der Entscheid ist gefallen; schnelle Reparatur mit Draht und zur nächsten Quelle für die Nacht.
Am nächsten Tag reisst nach wenigen Kilometern der quick-fix und der
Schlauch platzt.
Wenn ich schon dran bin, kann ich gleich meiner Fingernägel schneiden. Danach lege ich mit diesen Mitteln los:
Von drei Nadeln sind drei rostig, da sie immer wieder im Reparaturset mit auf Bike-, Wander-, Berg- und Packrafting-Touren kommen und nie kontrolliert wurden.
Zwei sind an der Öse verrostet und brechen gleich. Eine bleibt übrig. Diese ist dafür an der Spitze verrostet und bricht beim Einstechen in den Mantel.
Mit dem Mini-Sackmesser mit dem ich auf diesem Trip bereits zwei Schafe aus einer sehr misslichen Lage befreit habe, schleife ich die Nadelspitze wieder scharf.
Ich habe zwei Fäden dabei. Starkes, reguläres Nähgarn und Sternfaden. Der Sternfaden ist deutlich widerstandsfähiger, aber kaum durch die Ösen zu fädeln. Meine Nerven werden recht strapaziert, bin aber sehr von meinen Fähigkeiten überzeugt und davon, dass ich noch am gleichen Abend in Landmannalaugar ankommen werde - aus eigener Kraft, fahrend, auf meinem Bike. Ich lasse nicht locker.
Eine Weile später.
Während der Reparatur fahren zwei alte Massey Ferguson Traktore an mir vorbei. Wir plaudern - ist es doch recht witzig mitten auf der Sprengisandur Traktore anzutreffen, die zudem einiges älter als ich selber bin.
Der geplatzte
Schlauch dient als Schutz für die Naht. Mit dem Vulkanisierer kann ich trotz (mit 4x6 cm Schleifpapier) angerautem Mantel und
Schlauch nicht verkleben. Zum Glück habe ich noch in meinen (nicht Bikespezifischen-)Reparaturset ein paar Milliliter Superkleber.
Nach ca. 90 min kann's weiter gehen.
Später hole ich die zwei Traktore wieder ein und sachte baut sich ein Abstand zwischen uns auf, aber da wir fast gleich schnell sind zieht sich die Sache recht lange hin und wirkt sehr eigenartig. In dieser Einöde als Eingangbiker gegen zwei alte Traktore dieses "Rennen" zu fahren.
Nach 70 weiteren Kilometern reisst der Mantel wieder. Es sind nur noch 20 km bis zu meinem Ziel. Ich repariere nur noch mit Riemen...
Unglaubliche 500 m vor meinen Ziel Platz der
Schlauch wieder. Kein Wunder, ich habe das Bike den ganzen Tag ordentlich gehämmert.
So fahre ich die letzten 500 m mit Plattfuss auf den Zeltplatz.
30 min später bin ich mit einem Bier im heissen Wasser bei Landmannalaugar.
Nun... gewisse Tourenfahrer packen auch Ersatzreifen ein. Die gleichen Radler haben dann auch mehrere Hosen dabei, weil ja... was auch immer passieren kann und und und. Ihr glaubt nicht wieviele Tourenfahrer ich angetroffen habe, die Abgebrochen haben oder umgedreht sind, weil sie nicht die angepeilten Distanzen decken konnten. Bei mir war's umgekehrt. Ich war schneller als geplant und konnte dadurch ein faszinierendes Gebiet intensiver erkunden.
Fazit: Pack nicht Deine Ängste ein, sondern vertraue auf Deine Fähigkeiten.
p.s.: Meine Werkstatt habe ich weiter vorne in diesem Thread vorgestellt.