Peripheres Sehen / Blickführung + Reaktion off-Bike trainieren

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Nähe Stuttgart
Hallo Zusammen,

da es (unter den aktuelleren Seiten) kein entsprechendes Thema gibt eröffne ich hier mal eines zur Diskussion, Anregung, Austausch.

Kurze Einleitung: Ich komm eigentlich aus der Ausdauerschiene, fahre aber seit knapp 5 Jahren hauptsächlich Trail/Enduro. Vor kurzem bin Ich in Bad Wildbad mein erstes Enduro-Rennen gefahren, und habe dementsprechend in den Wochen davor versucht etwas mehr Richtung Race zu trainieren. Dabei ist mir mal wieder sehr bewusst aufgefallen, dass für mich die Blickführung ein großer Leistungsbegrenzer ist. Auf meinen Hometrails fahre ich idR recht kurzsichtig, also mit max. 3-4m Vorlauf. Das ist solange kein Problem, wie Ich Trail und Linien auswendig kenne und kein Baum quer liegt. In fremden Terrain muss ich mich tendenziell überwinden den Blick weiter nach vorne zu richten. Wird das Terrain schwerer, wie in Bad Wildbad die DH1/DH2 komme Ich ab einer gewissen Geschwindigkeit vom Agieren ins Reagieren. Ab da wirds aber tendenziell gefährlich und unvorteilhaft. Von toller Linienplanung brauchen wir dann gar nicht mehr reden. Da kommt dann die Reaktion ins Spiel.

Ich stelle bei mir fest: Schaue ich weiter vor weiß ich nicht mehr genau was direkt vor mir passiert und fahr gefühlt im Blindflug, kann aber gut vorausplanen. Schaue Ich was direkt vor mir passiert kann Ich darauf gut reagieren, aber nicht vorausplanen. Ich kann mich dann meist gut aus der Affäre ziehen weil ich einigermaßen gute Reaktionen habe.
Ich denke die richtig schnellen DH-Profis schauen quasi nie unmittelbar vors Rad, wissen aber trotzdem was da abgeht, sonst könnten sie ja darauf nicht reagieren und solche Geschwindigkeiten fahren. Und Reagieren können die recht gut.
Das ganze wird für mich interessant in längeren technischen Passagen wie langen Steinfeldern, wo eben kein kurzes Stück "gerade" kommt wo man mal vorschauen kann.

Nun ist der Mensch ja nicht nur zum Sehen im Fokuspunkt fähig, sondern sieht auch periphär, und genau da vermute Ich die Krux, bzw. möchte das trainieren. Weiters spielt beim Blick ja auch immer die Reaktion auf das gesehene eine Rolle.
Blickführung auf dem Rad hat, wie Ich finde, Ben Cathro schon ganz gut dargestellt und gute Tipps hierzu.
Ich möchte Reaktion und peripheres Sehen aber auch gerne off-bike trainieren, da ich nicht immer Zeit habe aufs Rad zu hocken, bzw. meine Hometrails eben wirklich auswendig kenne.
Und genau hier ist mein Latein am Ende, und Ich habe wenig Ideen wie ich das bewerkstelligen könnte.

Hat da jemand Erfahrung wie man Reaktionsvermögen und peripheres Sehen trainieren kann, oder macht das schon?
Bin über Tipps und Meinungen dankbar, genau so wie über Diskussion zum Thema.


Grüße, Tristan
 
Dabei ist mir mal wieder sehr bewusst aufgefallen, dass für mich die Blickführung ein großer Leistungsbegrenzer ist. Auf meinen Hometrails fahre ich idR recht kurzsichtig, also mit max. 3-4m Vorlauf.
Wie ist es den generell mit dem sehen auf Entfernung? Brille?

Vielleicht liegt dein Fokus auf den 3 bis 4m und darüber hinaus wollen die Augen nicht mehr bzw. es wird anstrengender.
 
Wie ist es den generell mit dem sehen auf Entfernung? Brille?

Vielleicht liegt dein Fokus auf den 3 bis 4m und darüber hinaus wollen die Augen nicht mehr bzw. es wird anstrengender.
Habe eine Brille und Kontaktlinsen beim Sport. Bin - 5 kurzsichtig, allerdings habe ich mit Korrekturen sehr gute Augen. Die letzte Zeile beim Optiker ist fast ein Selbstläufer.
Weil jetzt nicht sagen, dass alles super ist, aber zumindest scharf 😁
 
Aus meiner Erfahrung, ist aber ne Weile her:

- Enduro Hobbyrennen konnte man zwar idR eine Proberunde fahren, aber das genaue Einprägen von richtigen Linien erlaubte das meist nicht,. Die wenigen Stellen die prägnant genug waren, daß man sie nicht vergaß waren oft dann im Rennen ganz anders ausgefahren. Also doch meist auf Sicht. Und daher langsamer.

- schlechte Augen bremsen ganz enorm, mir fiel das bei meiner Zweitbrille auf, als ich mich eine steile felsige Linie gar nicht mehr hinunter traute und dann feststellte, das die Brille minimal unschärfer als meine Erstbrille ist, insbesondere im Bereich so 5 - 15m und knapp unterhalb des oberen Randes. Dadurch konnte ich das Gelände nicht mehr differenziert sehen, es war quasi zweidimensional (wo ist ein Loch? Wo ist Schatten?)
Ist mit Kontaktlinsen evtl nicht so das Problem., aber man sollte halt in ALLE wesentlichen Richtungen scharf sehen können.

- meine bescheidenen Fahrkünste auf den Hometrails einer lokalen DH WC Größe zeigen, daß diese Art Strecken nur blind auswendig schnell gefahren werden. 3-5m Doubles hinter nicht einsehbaren Anliegern, Roadgaps nach Steilstückgestrüppgerumpel usw. - so etwas auf Sicht fahren (und springen) ist praktisch unmöglich.

- generell halte ich den Ausdruck "peripheres Sehen" für irreführend. Wenn man das nicht eh könnte, dürfte man ja nicht Autofahren oder durch eine Fußgängerzone laufen. Entscheidender ist es, das Gelände richtig zu interpretieren (s.o.), und das geht nur mit viel Übung und Erfahrung. Also immer neue Herausforderungen suchen, oft ergibt sich sowas auch neben dem Hometrail, musst halt bissl rumspielen.
 
Auf meinen Hometrails fahre ich idR recht kurzsichtig, also mit max. 3-4m Vorlauf. Das ist solange kein Problem, wie Ich Trail und Linien auswendig kenne und kein Baum quer liegt. In fremden Terrain muss ich mich tendenziell überwinden den Blick weiter nach vorne zu richten. Wird das Terrain schwerer, wie in Bad Wildbad die DH1/DH2 komme Ich ab einer gewissen Geschwindigkeit vom Agieren ins Reagieren. Ab da wirds aber tendenziell gefährlich und unvorteilhaft.
Kenn ich ganz gut, gerade bei Trails, auf denen man jeden Stein und jede Wurzel persönlich kennt. Auch da lohnt sich schon die Überwindung, übungsweise den Blick etwas zu heben.
Das beste Training bleibt immer, viel unbekannte Trails auch in zügigem Tempo zu fahren und genau diese Blickführung zu üben. Das geht nämlich nur, wenn man möglichst weit voraus schaut.

Für Rennsituationen wie in Bad Wildbad kann vielleicht gelten: im Training ne grobe Linie zusammenbasteln, um nicht vom Trailverlauf oder einem Feature/Riesenstein etc. überrascht zu werden, dann kann der Blickpunkt für den Rennlauf in schwierigen Sektionen auch wieder etwas kürzer vors Rad wandern.
Kursiv deshalb, weil spätestens danach der Blick wieder hoch gehen sollte um den weiteren Verlauf zu erfassen.
Also im Idealfall vor dem Feature kurz weit schauen, um die richtige Balance für den danach folgenden Trailverlauf (Kurve, off-camber etc.) zu haben, sich dann um die "Bewältigung" kümmern und im drüberfahren/durchfahren wieder weit schauen.
Das wäre der Kompromiss für das unten beschriebene "entweder-oder", bzw. so mach versuch ich das. ;)
Ich stelle bei mir fest: Schaue ich weiter vor weiß ich nicht mehr genau was direkt vor mir passiert und fahr gefühlt im Blindflug, kann aber gut vorausplanen. Schaue Ich was direkt vor mir passiert kann Ich darauf gut reagieren, aber nicht vorausplanen.

Zum Training: wie oben geschrieben hilft Trails "blind" und schnell zu fahren am meisten (vergewissern, dass kein Überraschungs-Roadgap o.ä. dabei ist).
Ich hab die Blickführung auch schon bissl bei POV-Videos mitgemacht, aber um das regelhaft zu "trainieren" bin ich zu faul.

Pros machen alle möglichen Sachen für die Koordination und peripheres Sehen, gab neulich wieder ein Video mit glaub Rapha Richter und Nina Hoffmann - es wird viel mit Jonglierbällen gearbeitet. ;) Meist braucht's dafür aber ne weitere Person.
Gibt's von anderen auch auf YouTube, allein beim Aufwärmen vor DH Rennen siehste in den Aufzeichnungen viele solcher Übungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur ein paar Info-Bruchstücke:

Es gibt Übungen, die macht man zum Verbessern der Augensteuerung. z.B. nach Hirnverletzung, Augenverletzungen oder zum Aufhalten des Abbaus beim Altern. "Saccade" und "Smooth Pursuit":


Peripheres Sehen mit entspannten Augen ist toll. Das ist aber ein breiter Blick, der hauptsächlich die Augen entspannt und Bewegung detektiert. Sobald was interssantes wahrgenommen wird, fokussiert das Auge diesen Punkt. Unser Hirn baut das Bild, das wir zu sehen meinen, aus vielen, scharfen Einzelblicken pro Sekunden auf. Das ist erstmal der Normalmodus bei Sport. Keine Ahnung, ob man das jetzt optimieren sollte, oder was völlig anderes ausprobiert.

Biken: Wenn ich in einem beherrschbaren Gelände mit einer beherrschbaren Geschwindigkeit fahre, dann schaue ich weit nach vorne. Das richtet die Körperhaltung, Kurvenneigung und das Bremsverhalten so aus, dass ich flüssig durch den Trail komme anstatt zu stoppeln. Dabei reichen Fähigkeit und Vertrauen, dass ich das Nahfeld vor dem Vorderrad fast nicht mehr anschauen muss.
Wenn ich mich überfordert fühle und Angst bekomme, dann kommt natürlich der Teufelskreis aus "direkt vors Vorderrad schauen" und "falsche Geschwindigkeit und Körperhaltung für die nächste Schikane".
 
Hi, ich versuch mal auf alles ein zu gehen:
Enduro Hobbyrennen konnte man zwar idR eine Proberunde fahren, aber das genaue Einprägen von richtigen Linien erlaubte das meist nicht,. Die wenigen Stellen die prägnant genug waren, daß man sie nicht vergaß waren oft dann im Rennen ganz anders ausgefahren. Also doch meist auf Sicht. Und daher langsamer.
Ja, das habe ich auch festgestellt, das ist dann so ne Mischung als Erinnerung und Auf-Sicht.

- schlechte Augen bremsen ganz enorm, mir fiel das bei meiner Zweitbrille auf, als ich mich eine steile felsige Linie gar nicht mehr hinunter traute und dann feststellte, das die Brille minimal unschärfer als meine Erstbrille ist, insbesondere im Bereich so 5 - 15m und knapp unterhalb des oberen Randes. Dadurch konnte ich das Gelände nicht mehr differenziert sehen, es war quasi zweidimensional (wo ist ein Loch? Wo ist Schatten?)
Ist mit Kontaktlinsen evtl nicht so das Problem., aber man sollte halt in ALLE wesentlichen Richtungen scharf sehen können.
Absolut. Dunkle Brillen kann ich zB gar nicht. Fahre im höchsten Sommer ganz leicht getönt (gelb) und ansonsten komplett klarglas.
- meine bescheidenen Fahrkünste auf den Hometrails einer lokalen DH WC Größe zeigen, daß diese Art Strecken nur blind auswendig schnell gefahren werden. 3-5m Doubles hinter nicht einsehbaren Anliegern, Roadgaps nach Steilstückgestrüppgerumpel usw. - so etwas auf Sicht fahren (und springen) ist praktisch unmöglich.
Klar, komplett auf Sicht zum ersten Mal geht nicht. Dann denkst du quasi dass dann beim Fahren die Erinnerung abgespult und abgefahren wird und quasi nur noch mit der aufgenommenen Realität nachkorrigiert wird?
generell halte ich den Ausdruck "peripheres Sehen" für irreführend. Wenn man das nicht eh könnte, dürfte man ja nicht Autofahren oder durch eine Fußgängerzone laufen. Entscheidender ist es, das Gelände richtig zu interpretieren (s.o.), und das geht nur mit viel Übung und Erfahrung. Also immer neue Herausforderungen suchen, oft ergibt sich sowas auch neben dem Hometrail, musst halt bissl rumspielen.
Der begriff passt schon in meinen Augen, da man auch das aufnimmt was sich zwischen Fokuspunkt und Vorderrad abspielt. Nur eben nicht komplett scharf und bewusst.
Sowas auf den Hometrails einbauen fällt mir in der Tat schwer, da falle Ich gern in die bekannten Muster rein. Muss ich mir bewusster machen und probieren.
Das beste Training bleibt immer, viel unbekannte Trails auch in zügigem Tempo zu fahren und genau diese Blickführung zu übe
Exakt das mache ich auch. Einfachere Trails mit mäßigem Tempo. Dann hat man freie Kapazitäten.
Zum Training: wie oben geschrieben hilft Trails "blind" und schnell zu fahren am meisten (vergewissern, dass kein Überraschungs-Roadgap o.ä. dabei ist).
Klar, ist nur leider schwierig regulär um zu setzen. Dazu kommt noch, wenn man nicht gerade im abgeflatterten Park unterwegs ist, dass man auch noch navigieren muss. Deswegen möchte ich das ja gezielt angehen. Und weil's mir Spaß macht :)
Pros machen alle möglichen Sachen für die Koordination und peripheres Sehen, gab neulich wieder ein Video mit glaub Rapha Richter und Nina Hoffmann - es wird viel mit Jonglierbällen gearbeitet. ;) Meist braucht's dafür aber ne weitere Person.
Gibt's von anderen auch auf YouTube, allein beim Aufwärmen vor DH Rennen siehste in den Aufzeichnungen viele solcher Übungen.
Es gibt Übungen, die macht man zum Verbessern der Augensteuerung. z.B. nach Hirnverletzung, Augenverletzungen oder zum Aufhalten des Abbaus beim Altern. "Saccade" und "Smooth Pursuit"

Muss ich mal gezielt drauf achten, bzw. werde mir die Videos anschauen.
Ich werde berichten.

Grüßle
 
Der begriff passt schon in meinen Augen, da man auch das aufnimmt was sich zwischen Fokuspunkt und Vorderrad abspielt. Nur eben nicht komplett scharf und bewusst.
Sowas auf den Hometrails einbauen fällt mir in der Tat schwer, da falle Ich gern in die bekannten Muster rein. Muss ich mir bewusster machen und probieren.
Wobei das an sich war ja der Bereich zwischen Fokuspunkt und Vorderrad ja ein paar Sekunden vorher auf den Fokuspunkt, interessant ist es sich das zu merken und und dann Zeitversetzt darauf zu reagieren. Garnicht einfach zu erklären 😅
 
Exakt, genau darum gehts mir. Je nach Geschwindigkeit ehr Sekunden oder Millisekunden ;)
Genau und in diesem Bereich ist weniger das Sehen ein Problem sondern die schnelle Verarbeitung der Informationen, das geht gut wenn man viel davon abschätzt auf Basis von Erfahrung.

Die Bewegungsabläufe die darauf folgen laufen im besten Fall auch intuitiv ab auf Basis von Erfahrung und "richtigem" Timing. Das bedeutet immer wieder sich im Grenzbereich zu bewegen und mit der Zeit wird auch das abschätzen besser, ohne Risiko geht es leider nicht ganz
 
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