Eine spannende und wichtige Diskussion, leider mit sehr harten Fronten:
Auf der einen Seite die "Kulturbewahrer" die "unsere" ach-so-tolle Kultur nicht verlieren wollen. Was ist denn eigentlich so toll an unserer Kultur im Ganzen betrachtet? Die Lohnsklaverei im Turbokapitalismus des 21. Jahrhunderts? Unsere Gier nach Ressourcen? Unsere Industrie, die die Menschen mit immer schrottigeren und unnötigen Dingen bombadiert, nur damit möglichst schnell, möglichst viel neuer Mist verkauft werden kann (v.a. neue Bike-Standards
)? Regierungen, die unter dem Deckmantel der Demokratie in Wirklichkeit nur dem Kapital dienen?
Schon mal drüber nachgedacht, dass evtl. vor allem die Politk "des Westens" für die aktuelle Lage verantwortlich ist? Rohstoffe werden in aller Welt derart ausgeschöpft, dass "Stehlen" das bessere Wort dafür ist und wenn unliebige Regierungen nicht (mehr) mitspielen, dann werden sie gestürzt. Alternativ werden in solchen Ländern auch gerne Stellvertreterkonflikte geführt. Der Iran, Irak, Afghanistan und einige südamerikanische Länder seien hier als Beispiel genannt... zumindest für die Menschen, die bereit sind sich mehr als die letzten drei Jahre zurück zu erinnern.
Wer also auf die ungebildeten, verrohten, unzivilisierten Flüchtlinge/Migranten schimpft, sollte auch mal daran denken, dass es in vielen der heutigen Krisenländern einmal liberale und weltoffene Kulturen gab! Hätten "wir" uns nicht in aller Welt benommen wie die Axt im Walde, dann hätten die jetzt auch keinen Grund zu uns zu kommen...
Auf der anderen Seite die "tapferen Helferlein" deren gute Absichten sicherlich nicht in Frage zu stellen sind. Auch mir ist es lieber, wenn meine Steuern in die Unterstützung Hilfsbedürftiger (egal welcher Nation!) fließt, als in die Rettung von Banken.
Nichtsdestotrotz muss man an dieser Stelle die akutelle Lage und die aktuelle Stimmung in fremden Kulturen erkennen. Unser "Gutmenschentun" (sorry, verwende das Wort eigentlich nicht gerne) wird von manchen durchaus als Schwäche erkannt. Wie soll sich einer vernünftig integrieren, wenn er uns für Weicheier hält? Dazu kommen strukturelle Probleme bei der Integration, denn wer schon 9 Monate in einem Auffanglager, nur mit anderen Flüchtlingen oder Migranten, gesessen hat, der ist schon längst in einer Parallelkultur angekommen bevor die Integration beginnen kann...
Und last but not least können diejenigen mit einer guten & sicheren Ausbildung unter uns auch viel leichter als Gutmensch gerieren, aber bei den ärmeren und schlechter Ausgebildeten wird der Druck auf dem Arbeitsmarkt durch die Flüchtlingskrise sicher noch schlimmer werden. Da sind die heftigen Abwehrreaktionen doch eigentlich nur menschlich?
Eine kurzfristige Lösung sehe ich leider nicht, dafür bräuchte es ein umfassendes Umdenken auf dieser Welt. Nur leider sind Gier & Egoismus verdammt tief in der menschlichen Natur verankert (macht ja ursprünglich/biologisch/individuell gesehen auch Sinn). Wir in Deutschland haben halt das "Glück", dass wir bisher eher als Nutznießer aus der Sache hervor gegangen sind... verloren haben die anderen...
Greez,
Stefan
By the way:
Wenn es (noch) etwas gibt, das an unserer Kultur toll ist, dann ist es aus meiner Sicht das Recht auf freie Meinungsäußerung. So besteht wenigstens noch eine geringe Chance auf einen nutzbringenen Diskurs für eine bessere Zukunft... wobei ich eher befürchte, dass wir uns wegen einiger machtgeiler Deppen bald wieder gegenseitig die Rübe einschlagen. Nach 70 Jahren Frieden in Europa scheinen einige Vergessen zu haben was Krieg eigentlich bedeutet