10.02. 10:45 Irgendwo auf dem Hauptkamm von El Hierro, 1350m
Nach dem dritten Kaffee trenne ich mich schliesslich schweren Herzens von meiner Frühstücksbar in Frontera und strample auf einer verkehrslosen Teerstraße etwas eintausend Höhenmeter aus der El-Golfo-Bucht hinauf auf die Gratschneide von El Hierro.
Unten noch sonnig und warm, tauche ich oben wieder in die feuchten Passatwolken ein.
Ein übler Wind und gefühlte Temperaturen um den Gefrierpunkt machen das Stückerl auf der "Panoramastraße" nicht gerade zu einem besonderen Vergnügen. Der Pico Malpaso ist nicht mehr besonders weit und nur noch zweihundert Meter über mir, aber besser ist das Wetter dort oben sicher auch nicht.
Blick links bergab auf die andere Seite der Insel. Sieht so aus, als könnte man in perfekter Neigung querfeldein von ganz oben bis ganz unten durch den Lavasand talwärts surfen. Macht man wahrscheinlich im Naturpark nicht, obwohl auf El Hierro ja noch mehr oder weniger alles erlaubt ist.
Naja, die Frage stellt sich für mich sowieso nicht. Mein Gepäck ist ja heute unten auf der Westseite geblieben, da muss ich irgendwie wieder hin. Aber auf den Pico Malpaso im Nebelsturm und den weiteren Weg aussenrum auf dem Grat hab ich bei dem Sauwetter keine besondere Lust.
Da kommt mir der Zufall zu Hilfe. Am rechten Straßenrand, etwas versteckt im undurchdringlichen Dschungel, erspähe ich plötzlich ein rotweißes Fähnchen.
Hoppala... das sieht ja aus wie ein Sahneschnittchen von einem Trail. Auf meinen Karten ist nix verzeichnet, aber der Pfad ist alle paar Meter freundlichst markiert und scheint überall mindestens Lenkerbreite zu haben. Die Richtung stimmt auch irgendwie, bergab und nach Westen, das passt.
Die Entscheidung fällt leicht. Ich verschiebe den Malpaso-Gipfel und begebe mich statt dessen in den Wind- und Wolkenschutz des grünen und unbekannten Dschungeltrails. Irgendwo wird er mich schon hin führen...