Rennbericht - 7. Salzkammergut-Trophy am 10.07.04 in Bad Goisern

Tüte

König der Langobarden
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Ort
Dresden
7. Salzkammergut-Trophy in Bad Goisern (AUT) am 10./11.07.04

Dieser Marathon zählt wahrscheinlich ohne Zweifel für jeden Teilnehmer zu den Highlights in der Jahresplanung. Bei keinem anderen mir bekannten Marathon hat man so sehr das Gefühl wie hier, dass da eine ganze Region hinter der Veranstaltung steht. Jeder will seinen Teil zum Gesamtwerk beitragen, angefangen bei den immer freundlichen Strecken- und Verpflegungsposten über die Unmengen an Zuschauern vor allem im Start/Zielbereich bis hin zu den spontan eingerichteten Kärcher-Reinigungspunkten nach diversen Schlammbädern am Streckenrand. Auch die Rundum-Organisation ist erste Güte. Als Beispiel sei hier die Fahrerbesprechung am Vorabend genannt, wo man auch schon mal Helden wie Fasching und Heymans etc. zu Gesicht bekommt. Und die grandiose Kulisse mit all seinen Leckerbissen, wie Ewige Wand, Dachsteinmassiv oder Hallstätter See bilden einen würdigen Rahmen.

Hier meine Impressionen: Start ist an diesem zwar noch trockenen aber doch relativ frischen Samstag Vormittag um 10 Uhr. Kurz zuvor habe ich noch die Gelegenheit, mit Daryl ins Gespräch zu kommen - dabei wird noch etwas über das miese Wetter und die Streckenbeschaffenheit gefachsimpelt - und ab gehts, zuerst über eine leicht ansteigende Asphaltstraße, dann langsam immer steiler werdend über Schotterpisten, bis schlussendlich nur noch ein steiniger und verschlammter Weg übrig bleibt, der sich bis hinauf zum Hochmuth schlängelt - über 500 Höhenmeter am Stück, ein erster Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll: über 30%ige Steigungen, Schlamm ohne Ende und Höhenmeter bis zum Umfallen. Zu allem Übel fängt es auch noch an zu regnen - ein stetiger Regenvorhang, mal nieselnd, mal schauerartig, der schon bald meine komplette Kleidung durchnässt.

Nach diesem ersten überstandenen Anstieg folgt ein Teil zum Ausruhen. Immer stetig bergab, relativ unspektakulär folgen wir einer Forststraße zur Chorinskyklause bis nach Lauffen, wo es den ersten Verpflegungspunkt gibt. Ab hier ändert sich der Charakter der Strecke, wie es so schön in der offiziellen Beschreibung heißt. Und das bedeutet übersetzt: eigentlich unfahrbar - teils matschiger und aufgewühlter Boden, teils schmieriger und mit Steinen übersääter Belag mit einer durchschnittlich 20%igen Steigung und dazu noch immer sehr viele Fahrer unterwegs, so daß Staus und Schiebeeinlagen unvermeidbar werden. Ich reihe mich ein und schiebe mit ...

Oben angekommen erwartet uns ein Streckenteil, der mir fast den Atem raubt: eingefräst in eine senkrecht abfallende Wand geht es durch 2 Tunnel direkt am Abrund vorbei durch die "Ewigen Wand" zurück Richtung Bad Goisern. Phänomenal. Noch hab' ich die Energie, das alles voll zu genießen.

Diesem Highlight folgt auf dem Fuß ein extremer Schnitt: An der Ratluck'n Hüttn mündet der gut fahrbare Untergrund in einen, wie soll ich's nennen? Singletrail sagt man dazu, wenn's trocken gewesen wäre. Ist's aber nicht. Und deshalb wird aus diesem Abschnitt so was wie 'ne Schlammlawine - um die 20% Gefälle, zäher, knöcheltiefer Brei, darunter schmierige Wurzeln, unfahrbare Links-Rechts-Kombinationen, meterhohe Stufen, alles Zutaten, die nach Bodenkontakt per Gesicht schreien. Ich tu' mir den Gefallen und schiebe mal wieder. Im Nu ist alles schlammig, zugesetzt, das Hinterrad blockiert sogar beim Schieben - keine Traktion, nix - unfahrbar. Am nächsten Tag während der Marathon-WM auf der gleichen Strecke werd' ich eines Besseren belehrt - doch fahrbar ... waaahnsinn. ich würd's nicht glauben, wenn ich's nicht selbst gesehen hätte!

Weiter unten stehen gottlob einige Anwohner, bewaffnet mit Wasserschlauch und Kärcher in Stellung und entfernen mir fluggs den gröbsten Dreck vom Rad - prima Service. Weiter gehts bergab auf Asphalt und einigen Singletraileinlagen bis zur nächsten Labestation nach Bad Goisern.

Der folgende Streckenabschnitt ist einfach - asphaltierte Straßen schlängeln sich moderat hinauf bis zum Herndl. Dieses Stück bin ich im Training bereits abgefahren. Hier geb' ich richtig Gas und pedaliere locker an 10-20 Leuten vorbei. Die folgende Abfahrt hat es etwas in sich: Schotter, harte Querrillen und einige Spitzkehren garniert mit einem entsprechenden Gefälle machen diese Abfahrt leicht tückisch.

Der folgende Anstieg ist einer von der qualvollen Sorte. Zwar nicht allzu steil, dafür um so länger windet sich hier ein öder Forstweg 12km lang und 500 Höhenmeter hoch Kehre um Kehre den Berg hinauf. Von außen wirk ich wahrscheinlich schon leicht aphatisch. Der Blick ins Leere, den inneren Schmerzen lauschend, krampfhaft am Lenker ziehend, zwing ich mich eine geschlagene Stunde diesen Berg hoch ... kein Ende in Sicht. Und dazu dieser ewige, vor sich hin nässelnde Regen ...

... endlich oben. 'Jetzt bitte 'ne entspannte Abfahrt', denk ich mir noch insgeheim. Und schwups geht's rechts ab ins nächste Schlammloch. Langsam werd' ich mich wohl damit anfreunden müssen, daß die Strecke heuer keines der zigtausend Pfützen und Schlammbäder im Salzkammergut auslässt - ist ja schließlich auch WM-Strecke. An der Blaa Alm und den Sandling-Liften wird's noch mal vollkommen unfahrbar. Ich Depp versuchs trotzdem, schmiere mit dem Hinterrad weg, Bremsen hilft nix mehr. Lass ich mich als mehr oder weniger gekonnt nach hinten fallen und schlittere die letzten 20 Meter auf dem Allerwertesten nach unten. Der Schlamm nimmt kein Ende: mal zäh und breiig, mal dünnflüssig und glitschig ... jede erdenkliche Konsistenz wird hier mitgenommen. Ich seh' jetzt schon aus wie nach 'nem Schlammbad (was ja nicht so weit her ist).

Ab der Rettenbachalm geht's mal wieder bergauf. Wieder Schotterpiste, wieder ewig lang und zäh ... ich glaub' ich krieg 'nen Koller. Da heißt's durchbeißen. Hier kommen mir die ersten Pedaleure entgegen, die sich den Rest der Strecke nicht mehr geben wollen. Meinetwegen, denk' ich, das bringt mich nur weiter nach vorn ...

Um nun zum Schluss zu kommen, der Rest ganz kurz: klitzschnasse Abfahrten, teilweise an tiefen Abhängen vorbei, noch mal ein saftiger Anstieg bei Perneck wo mich eine ziemlich entkräftete Lady fast in den dort fließenden Bach gestoßen hätte, geben mir den Rest. Ich hab' schon längst mein Ziel von 6 1/2h Fahrzeit aufgegeben, mir ist kalt, ich sehne mich nach einer warmen Dusche. An der letzten Verpflegungsstelle Tauernkreuz muss ich erst mal verschnaufen: 2 große Stück Kuchen, 2 Liter Wasser und 2 Bananen schling ich in 5 Minuten hinter. Das tat Not, denn hier geht's ein letzten mal rauf, zum höchsten Punkt der Trophy an der Hütteneckalm in ca. 1200 Meter Höhe.

...endlich oben. Vollkommen platt bin ich. Mit letzter Kraft schmeiß ich mich in die letzte Abfahrt, mit der Gewissheit, die bereits zu Beginn passierte Schlammlawine nochmal durchwaten zu müssen. Macht aber nix, ... es geht ja bergab. Und irgendwann nach insgesamt ca. 7 Stunden erreich ich tatsächlich das Ziel.

Allen Respekt an alle, die vor und nach mir gefinished haben und einen Kniefall vor denjenigen, welche sich auf der doppelten (!!) Distanz diese Hölle zweimal zu Gemüte führten - ihr seid Übermenschen ...

Meine Leistungsdaten sind dann im übrigen doch nicht so schlecht, wie zuerst gedacht: Gesamt-136ster von ca. 800 Startern und ungefähr 500 Finishern. Meine Zeit - 6:52h. Zufrieden steh' ich unter der Dusche und geh' das Rennen in Gedanken noch mal durch - was für ein Wahnsinn!

http://www.trophy.at
 
Tüte schrieb:
7. Salzkammergut-Trophy in Bad Goisern (AUT) am 10./11.07.04

Allen Respekt an alle, die vor und nach mir gefinished haben und einen Kniefall vor denjenigen, welche sich auf der doppelten (!!) Distanz diese Hölle zweimal zu Gemüte führten - ihr seid Übermenschen ...

http://www.trophy.at

Danke, danke mein Kollege und Ich haben uns die lange angetan !
Vorbereitung ca, 3/4 Jahr. War schon echt der absolute Hammer !

Ich habe das Rad mehr bergab geschoben als bergauf !! :lol:

Ich bin nach ca. 16 Stunden in Ziel gerauscht, mein Kollege wartet da schon ne knappe Stunde!

Dein Bericht war klasse wenn Du unsere mal lesen willst dann Besuch mal unsere Homepage. Auf der Startseite findest Du den Link zum Bericht !

Gruß Daniel :daumen:
 
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