Indoor-Training: Home Sweet Home
Die Frostbeulen unter uns müssen sich im Winter noch etwas stärker
motivieren als in den hellen Jahreszeiten, um sich draußen in
nasskalter Dämmerung eine Trainingseinheit anzutun, die im Wald oft
unausweichlich auch noch mit einer ordentlichen Schlammpackung für
Pilot und Fahrzeug verbunden ist.
Doch was ist die Alternative zum Training in der freien Natur? Wer
das Wintertraining in den eigenen vier Wänden absolvieren will, sei
es nun das heimelige Wohnzimmer, der Hobby- oder gar dedizierte
Trainingsraum, hat mehrere Möglichkeiten: Das Fahren auf der (festen)
Rolle ist nicht gerade leise. Zwar sitzt man auf dem gleichen
Vehikel, das einen auch durch den Wald bringt, und man muß sich
nicht auf eine veränderte Geometrie einstellen. Aber jeder, der
schon mal Rolle gefahren ist, weiß, daß es halt doch ganz was anderes
ist. Das Rad macht keinerlei Relativbewegungen, die Krafteinleitung
unterscheidet sich z.T. deutlich vom normalen Fahren. Mich hat vor
allem die nicht mit Mietwohnungen kompatible Lautstärke von der
Rolle abgebracht. Auch schallemissionsarme Gel- und Fluidtechnologien
haben mich nicht hinreichend überzeugen können.
Bleiben noch Ergometer und Indoor-Bikes (besser bekannt als
"Spinning-Bikes", wobei "Spinning" ein eingetragenes Warenzeichen
ist). Ergometer haben in der Regel eine elektronisch geregelte
Wirbelstrombremse, die den mechanischen Widerstand in Watt über
unterschiedliche Trittfrequenzen konstant hält. Man kann also nicht
"schummeln", in dem man langsamer kurbelt. Das hilft vielleicht,
den inneren Schweinehund zu überwinden, ist aber letztenendes noch
weiter von der Realität entfernt als die feste Rolle. Ein guter
Ergometer ist deutlich leiser als eine Rolle. Allerdings haben
Ergometer oft einen für Amateur-Radsportler unangenehm großen
Q-Faktor (Abstand zwischen linkem und rechtem Pedal). Insgesamt
scheint die Zielgruppe für Ergometer eher der Fitness- und
Medizinbereich (Physikalische Therapie / ReHa) zu sein als der
Amateursport, wobei es aber auch einzelne Ausnahmen gibt (z.B.
Daum).
Die Indoor-Bikes kennt man vielleicht vom Spinning im Fitness-Studio:
Was zunächst wie die Profiversion des schlichten Heimtrainers mit
Textilbandbremse aussieht, entpuppt sich schnell als erbarmunslose
Energiesenke. Die Kurbel treibt über eine Kette mit hoher Übersetzung
eine 25kg schwere Schwungscheibe an, die über ein Filzpad abgebremst
wird. Klassischerweise hat ein Indoor-Bike keinen Freilauf -- ein
Detail, an das man, gerade wenn man mit Klickies fährt, am Anfang
immer wieder mal nachdrücklich erinnert wird. Auch ein Indoor-Bike
ist viel leiser als eine Rolle. Prinzipbedingt erzeugt der Kettenantrieb
aber noch ein Laufgeräusch und leichte Vibrationen. Durch die hohe träge
Masse der Schwungscheibe fühlt sich ein Indoor-Bike von der dynamischen
Krafteinleitung beim Beschleunigen her schon recht authentisch an.
Leisetreter: Sound of Silence
Bei der Suche nach einem Indoor-Bike für mein Wohnzimmer stand eine
minimale Geräuschemission ganz oben im Pflichtenheft. Daher habe
ich mich vor allem auf Indoor-Bikes mit Riemenantrieb konzentriert.
Der Riemen selbst läuft quasi geräuschlos, allerdings fühlt sich
das Kurbeln auch ein wenig anders an als mit Kettenantrieb, welcher
viel direkter wirkt. Die recht hohe Eigendämpfung des Riemenantriebs
ist nicht unangenehm, aber eventuell etwas gewöhnungsbedürftig.
Aber auch an anderer Stelle gibt es Maßnahmen, das Laufgeräusch
weiter zu reduzieren. Der Hersteller Schwinn kam auf die Idee, an
seinen Indoor-Bikes die klassische Filzbremse gegen eine modernere
Lösung in Form einer rein passiven und berührunglosen Wirbelstrombremse
zu tauschen. Dabei wird ein U-förmiges Kunststoffprofil, in dessen
Flanken starke Permanentmagneten eingelassen sind, je nach zu
erzielender Bremswirkung mehr oder weniger weit über die drehende
Schwungscheibe geschoben, jedoch ohne diese mechanisch zu berühren.
Die klaren Vorteile sind verschleißfreier Betrieb, ein exzellenter
Rundlauf, sehr gute und reproduzierbare Dosierbarkeit der Bremswirkung
und ein insgesamt noch etwas leiserer Betrieb. Allerdings hat
Schwinn ausschließlich Indoor-Bikes mit Kettenantrieb im Portfolio.
Mittlerweile scheinen aber auch andere Hersteller das Konzept der
passiven Magnetbremse zu übernehmen. Vortec verbindet z.Z. als
einziger Hersteller die Magnetbremse mit dem von mir favorisierten
Riemenantrieb.
Das alles klingt nach recht viel Aufwand, aber das Laufgeräusch von
Indoor-Bikes sollte man nicht unterschätzen. Scheint ein Indoor-Bike
im Fitness-Studio wegen des höheren allgemeinen Schallpegels im
Raum noch relativ leise zu sein, ändert sich das im eigenen Wohnzimmer
recht schnell: das Laufgeräusch wird deutlich stärker wahrgenommen.
Diesen Effekt habe ich durchaus zu spüren bekommen, als ich mir
leihweise ein Tomahawk XXL mit klassischem Kettenantrieb ins
Wohnzimmer gestellt habe, um herauszufinden, ob ein Indoor-Bike für
mich überhaupt das richtige ist.
Vortec Magnetic Bike: Weapon of Choice
Die in Taiwan hergestellten Vortec-Bikes können in Deutschland
ausschließlich über den Direktvertrieb der Firma Indoorcycling mit
Sitz in Düren, 30km westlich von Köln, bezogen werden. Je nach
Modell erinnern die Bikes von Vortec mal denen von Tomahawk und mal
denen von Vision (gehört zu Trek). Da der Hersteller Vortec in
Deutschland weitgehend unbekannt zu sein scheint, und ich keinerlei
Testberichte im Netz finden konnte, habe ich mich entschieden, meine
Erfahrungen hier mal zu dokumentieren.
Mein Magnetic Bike wurde in einem normalen Fahrrad-Karton auf einer
Europalette durch eine Spedition frei Haus geliefert. Von der Norm
weicht der Karton allerdings durch sein Gewicht von rund 55kg ab.
Leichtbau ist was anderes, aber hier auch nicht indiziert -- im
Gegenteil. Der Lieferumfang umfaßt zwei verschiedene Sättel (einen
Gel-Sattel und einen einfachen Sport-Sattel), zwei Flaschenhalter,
sowie ein Paar kombinierte Käfig- und Klickpedale von Wellgo (WPD
95B). Die Pedale haben zwischen 15er Maulschlüsselansatz und Gewinde
keinen Flansch und sollten daher unbedingt mit Unterlegscheiben
montiert werden, damit die Kurbeln nicht ruiniert werden. Die
Unterlegscheiben liegen erfreulicherweise bei -- zwar nur ein Detail,
aber schön, daß auch Kleinigkeiten beachtet werden. Das Bike wird
weitgehend vormontiert geliefert. Es sind lediglich die beiden Füße
und der Lenker anzubringen. Dazu benötigtes Werkzeug liegt in sehr
einfacher Ausführung bei. Mit "richtigem" Werkzeug gestaltet sich
der Zusammenbau dann allerdings doch etwas angenehmer.
Mechanik und Verarbeitung: Fistful of Steel
Das Magnetic Bike ist sehr ordentlich verarbeitet, nichts klappert,
nichts wirkt lieblos zusammengefügt, nirgendwo sind scharfkantige
Stellen auszumachen. Der Riemenantrieb ist vollständig in einem
stabilen Kunststoffkasten gekapselt. Die Spaltmaße geben keinen
Anlaß zur Beanstandung. Der Rahmen ist aus nasslackiertem Stahl,
die Schweißnähte sind keine Kunstwerke, aber ordentlich ausgeführt,
soweit sich das unter dem Lack feststellen läßt. Sattel- und
Lenkerauszüge bestehen aus Edelstahl. Insgesamt wirkt die Konstruktion
sehr solide, was sich auch im Gewicht niederschlägt: Das Magnetic
Bike bringt über 50kg auf die Waage. Im Lieferumfang ist eine
ausführliche Explosionszeichnung enthalten, was an sich selbstverständlich
sein sollte, heutzutage aber leider keineswegs gängige Praxis ist.
Um einen sicheren Stand zu gewährleisten, hat das Magnetic Bike
hinten Füße mit Niveauregulierung. Allerdings bestehen die Füße aus
(hartem) Kunststoff, und nicht aus dämpfendem Gummi wie bei anderen
Herstellern. Empfindliche Böden sollte man daher mit einer
entsprechenden Matte schützen. Das jedoch empfiehlt sich eigentlich
ohnehin, da man wegen der fehlenden Kühlwirkung des Fahrtwindes
deutlich stärker schwitzt als bei Fahren unter freiem Himmel.
Die Verstellungen hinterlassen zumindest für den Heimgebrauch einen
exzellenten Eindruck und sind stufenlos (also keine Rastung wie bei
vielen Trainingsgeräten in Fitness-Studios). Mit Zahlen versehene
Skalen sorgen dafür, daß eine voherige Einstellung schnell wieder
hergestellt werden kann. Die Verstellmöglichkeiten sind vielfältig:
Sowohl Sattel als auch Lenker (eigentlich eher "Haltegriff", gelenkt
wird hier nichts) sind vertikal und horizontal verstellbar. Zwar
wird das Magnetic Bike für Personen bis 200cm Körperlänge beworben,
aber ich bin mit meinen 192cm Gesamt- und 92cm Schrittlänge bereits
am oberen Anschlag. In gewissen Grenzen lassen sich verschiedene
Geometrien von MTB bis Triathlon annähern. Der "Lenker" ist
vollständig mit einem griffigen Kunststoff beschichtet und bietet
viele verschiedene Griffpositionen, auch ein Unterlenker fehlt
nicht. Mit der Kurbellänge von 175mm sollte eigentlich jeder
zumindest halbwegs zurecht kommen. Der Q-Faktor beträgt angenehme
160mm, das ist etwas breiter als beim durchschnittlichen Rennrad
und etwas schmaler als beim MTB.
Bremstechnologie: Ring of Fire
Wie auch bei Schwinn ist die Schwungscheibe des Magnetic Bikes
zweiteilig: innen eine Stahlscheibe und außen ein Ring aus Aluminium.
Dies ist für ein einwandfreies Funktionieren der Wirbelstrombremse
notwendig. Wenn die Scheibe komplett aus Stahl bestehen würde,
könnte sie sich auf Dauer magnetisieren, was die bezogen auf eine
Umdrehung der Schwungscheibe gleichmäßige Bremswirkung stark
beeinträchtigen würde. Dies kann beim paramagnetischen Aluminium
nicht passieren. Anders als beim Schwinn wirkt die Schwungscheibe
des Magnetic Bikes trotz des zweigeteilten Aufbaus wie aus einem
Guss. Der Aluminiumring erwärmt sich übrigens je nach Intensität
des Trainings recht deutlich -- irgendwo muß die Energie ja auch hin.
Geregelt wird die Stärke der Bremswirkung -- wie bei den Indoor-Bikes
mit mechanischer Filzbremse auch -- über einen gut erreichbaren
roten Drehknopf aus Kunststoff. Der Drehknopf dient auch als
"Notbremse", indem er einfach "gedrückt" wird, was unverzüglich die
volle Bremskraft entfaltet. Die Dosierung gelingt ausgesprochen
gut und reproduzierbar, über den gesamten Einstellbereich ist die
Stärke der Bremswirkung breit aufgefächert. Bei einer Filzbremse
liegen gerade bei höherer Bremskraft die Einstellungen oft sehr
dicht beieinander, so daß man Schwierigkeiten hat, das richtige Maß
zu finden, da vielfach schon eine viertel oder gar eine achtel
Umdrehung zu viel sind.
Die Mechanik des Drehknopfes hat mechanische Anschläge, so daß es
nicht möglich ist, die Bremse so weit "zuzudrehen", daß die
Magnetbremse die Schwungscheibe berührt. Die begrenzenden Anschläge
können bei Bedarf nachjustiert werden.
In der Praxis: Session One
Sobald man auf das Magnetic Bike aufsteigt, fällt sofort das sehr
hohe Tretlager auf. An sich spielt die Höhe zwar keine Rolle, da
man auch "im Stand" nicht umfallen kann. Man sollte sich aber gerade
nach einer Kräfte zehrenden Trainingseinheit beim Absteigen nicht
vom deutlich weiter entfernten Boden überraschen lassen.
Das eigentliche Pedalieren ist angenehm unspektakulär. Es ist
schlicht und einfach nichts vorhanden, was als störend wahrgenommen
werden kann. Für Fahrer, die noch keine Erfahrung mit Indoor-Bikes
haben und auch noch nie auf einer Rolle gefahren sind, mag der
Bewegungsablauf am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig sein, da das
Bike absolut starr ist und nicht wie ein Rennrad oder MTB auf
Krafteinleitungen "antwortet", wie z.B. beim Wiegetritt. Hier
unterscheidet sich das Indoor-Biken dann doch recht stark vom
"echten" Fahrradfahren. Die Vorstellung, man läßt das Indoor-Bike
beim Wiegetritt hin- und herpendeln hat schon etwas Bizarres.
Das Magnetic Bike arbeitet wirklich nahezu geräuschlos -- auch unter
Vollast. Der eventuell laufende Fernseher kann auf normaler
Lautstärke bleiben. Das lauteste beim Training sind die eigenen
Atemgeräusche. Besser geht es nicht. Die perfekt ausgewuchtete
Schwungscheibe wird über einen Keilrippenriemen nach DIN angetrieben.
Meine Befürchtung, der Riemenantrieb könnte bei großer Krafteinleitung
durchrutschen, hat sich nicht bestätigt. Man kann das zwar provozieren,
wenn man es denn darauf anlegt, aber beim Training trat es bisher
nicht in Erscheinung.
Die maximale Bremswirkung ist für mich mehr als ausreichend. Rein
subjektiv geschätzt geht es zwar nicht über die Kilowattgrenze,
aber K3-Training (und EB/EP) sollte ohne weiteres möglich sein.
Aber vielleicht habe ich auch einfach nicht genug Power in den
Beinen, um das Magnetic Bike an seine Grenzen zu bringen.
Beim Magnetic Bike wurde auf jegliche Elektronik verzichtet. Einen
Trainingscomputer kann man optional separat erwerben. Das halte ich
für eine gute Strategie, denn oftmals ist ohnehin schon eine Pulsuhr
mit Trainingscomputer vorhanden. Einen Abnehmer für die Trittfrequenz
sollte sich mit wenig Aufwand befestigen lassen.
Fazit: In The End
Wenn man bedenkt, daß das Training auf einem Indoor-Bike schon
prinzipbedingt nicht mit dem Abwechlungsreichtum eines schönen
Hometrails mithalten kann, macht das Magnetic Bike dennoch recht
viel Spaß. Auf die Kernkompetenz reduziert, macht es seinen Job
außerordentlich gut. Man ist selbst in Mietwohnungen Dank des leisen
Betriebs an keinerlei Tageszeiten gebunden und kann während des
Trainings lesen oder sich vom Heimkino berieseln lassen. Welchen
Eindruck das Magnetic Bike langfristig macht, also nach mehreren
Jahren Nutzung, vermag ich nicht zu sagen. Die ersten 4 Wochen waren
jedenfalls vielversprechend.
Die Frostbeulen unter uns müssen sich im Winter noch etwas stärker
motivieren als in den hellen Jahreszeiten, um sich draußen in
nasskalter Dämmerung eine Trainingseinheit anzutun, die im Wald oft
unausweichlich auch noch mit einer ordentlichen Schlammpackung für
Pilot und Fahrzeug verbunden ist.
Doch was ist die Alternative zum Training in der freien Natur? Wer
das Wintertraining in den eigenen vier Wänden absolvieren will, sei
es nun das heimelige Wohnzimmer, der Hobby- oder gar dedizierte
Trainingsraum, hat mehrere Möglichkeiten: Das Fahren auf der (festen)
Rolle ist nicht gerade leise. Zwar sitzt man auf dem gleichen
Vehikel, das einen auch durch den Wald bringt, und man muß sich
nicht auf eine veränderte Geometrie einstellen. Aber jeder, der
schon mal Rolle gefahren ist, weiß, daß es halt doch ganz was anderes
ist. Das Rad macht keinerlei Relativbewegungen, die Krafteinleitung
unterscheidet sich z.T. deutlich vom normalen Fahren. Mich hat vor
allem die nicht mit Mietwohnungen kompatible Lautstärke von der
Rolle abgebracht. Auch schallemissionsarme Gel- und Fluidtechnologien
haben mich nicht hinreichend überzeugen können.
Bleiben noch Ergometer und Indoor-Bikes (besser bekannt als
"Spinning-Bikes", wobei "Spinning" ein eingetragenes Warenzeichen
ist). Ergometer haben in der Regel eine elektronisch geregelte
Wirbelstrombremse, die den mechanischen Widerstand in Watt über
unterschiedliche Trittfrequenzen konstant hält. Man kann also nicht
"schummeln", in dem man langsamer kurbelt. Das hilft vielleicht,
den inneren Schweinehund zu überwinden, ist aber letztenendes noch
weiter von der Realität entfernt als die feste Rolle. Ein guter
Ergometer ist deutlich leiser als eine Rolle. Allerdings haben
Ergometer oft einen für Amateur-Radsportler unangenehm großen
Q-Faktor (Abstand zwischen linkem und rechtem Pedal). Insgesamt
scheint die Zielgruppe für Ergometer eher der Fitness- und
Medizinbereich (Physikalische Therapie / ReHa) zu sein als der
Amateursport, wobei es aber auch einzelne Ausnahmen gibt (z.B.
Daum).
Die Indoor-Bikes kennt man vielleicht vom Spinning im Fitness-Studio:
Was zunächst wie die Profiversion des schlichten Heimtrainers mit
Textilbandbremse aussieht, entpuppt sich schnell als erbarmunslose
Energiesenke. Die Kurbel treibt über eine Kette mit hoher Übersetzung
eine 25kg schwere Schwungscheibe an, die über ein Filzpad abgebremst
wird. Klassischerweise hat ein Indoor-Bike keinen Freilauf -- ein
Detail, an das man, gerade wenn man mit Klickies fährt, am Anfang
immer wieder mal nachdrücklich erinnert wird. Auch ein Indoor-Bike
ist viel leiser als eine Rolle. Prinzipbedingt erzeugt der Kettenantrieb
aber noch ein Laufgeräusch und leichte Vibrationen. Durch die hohe träge
Masse der Schwungscheibe fühlt sich ein Indoor-Bike von der dynamischen
Krafteinleitung beim Beschleunigen her schon recht authentisch an.
Leisetreter: Sound of Silence
Bei der Suche nach einem Indoor-Bike für mein Wohnzimmer stand eine
minimale Geräuschemission ganz oben im Pflichtenheft. Daher habe
ich mich vor allem auf Indoor-Bikes mit Riemenantrieb konzentriert.
Der Riemen selbst läuft quasi geräuschlos, allerdings fühlt sich
das Kurbeln auch ein wenig anders an als mit Kettenantrieb, welcher
viel direkter wirkt. Die recht hohe Eigendämpfung des Riemenantriebs
ist nicht unangenehm, aber eventuell etwas gewöhnungsbedürftig.
Aber auch an anderer Stelle gibt es Maßnahmen, das Laufgeräusch
weiter zu reduzieren. Der Hersteller Schwinn kam auf die Idee, an
seinen Indoor-Bikes die klassische Filzbremse gegen eine modernere
Lösung in Form einer rein passiven und berührunglosen Wirbelstrombremse
zu tauschen. Dabei wird ein U-förmiges Kunststoffprofil, in dessen
Flanken starke Permanentmagneten eingelassen sind, je nach zu
erzielender Bremswirkung mehr oder weniger weit über die drehende
Schwungscheibe geschoben, jedoch ohne diese mechanisch zu berühren.
Die klaren Vorteile sind verschleißfreier Betrieb, ein exzellenter
Rundlauf, sehr gute und reproduzierbare Dosierbarkeit der Bremswirkung
und ein insgesamt noch etwas leiserer Betrieb. Allerdings hat
Schwinn ausschließlich Indoor-Bikes mit Kettenantrieb im Portfolio.
Mittlerweile scheinen aber auch andere Hersteller das Konzept der
passiven Magnetbremse zu übernehmen. Vortec verbindet z.Z. als
einziger Hersteller die Magnetbremse mit dem von mir favorisierten
Riemenantrieb.
Das alles klingt nach recht viel Aufwand, aber das Laufgeräusch von
Indoor-Bikes sollte man nicht unterschätzen. Scheint ein Indoor-Bike
im Fitness-Studio wegen des höheren allgemeinen Schallpegels im
Raum noch relativ leise zu sein, ändert sich das im eigenen Wohnzimmer
recht schnell: das Laufgeräusch wird deutlich stärker wahrgenommen.
Diesen Effekt habe ich durchaus zu spüren bekommen, als ich mir
leihweise ein Tomahawk XXL mit klassischem Kettenantrieb ins
Wohnzimmer gestellt habe, um herauszufinden, ob ein Indoor-Bike für
mich überhaupt das richtige ist.
Vortec Magnetic Bike: Weapon of Choice
Die in Taiwan hergestellten Vortec-Bikes können in Deutschland
ausschließlich über den Direktvertrieb der Firma Indoorcycling mit
Sitz in Düren, 30km westlich von Köln, bezogen werden. Je nach
Modell erinnern die Bikes von Vortec mal denen von Tomahawk und mal
denen von Vision (gehört zu Trek). Da der Hersteller Vortec in
Deutschland weitgehend unbekannt zu sein scheint, und ich keinerlei
Testberichte im Netz finden konnte, habe ich mich entschieden, meine
Erfahrungen hier mal zu dokumentieren.
Mein Magnetic Bike wurde in einem normalen Fahrrad-Karton auf einer
Europalette durch eine Spedition frei Haus geliefert. Von der Norm
weicht der Karton allerdings durch sein Gewicht von rund 55kg ab.
Leichtbau ist was anderes, aber hier auch nicht indiziert -- im
Gegenteil. Der Lieferumfang umfaßt zwei verschiedene Sättel (einen
Gel-Sattel und einen einfachen Sport-Sattel), zwei Flaschenhalter,
sowie ein Paar kombinierte Käfig- und Klickpedale von Wellgo (WPD
95B). Die Pedale haben zwischen 15er Maulschlüsselansatz und Gewinde
keinen Flansch und sollten daher unbedingt mit Unterlegscheiben
montiert werden, damit die Kurbeln nicht ruiniert werden. Die
Unterlegscheiben liegen erfreulicherweise bei -- zwar nur ein Detail,
aber schön, daß auch Kleinigkeiten beachtet werden. Das Bike wird
weitgehend vormontiert geliefert. Es sind lediglich die beiden Füße
und der Lenker anzubringen. Dazu benötigtes Werkzeug liegt in sehr
einfacher Ausführung bei. Mit "richtigem" Werkzeug gestaltet sich
der Zusammenbau dann allerdings doch etwas angenehmer.
Mechanik und Verarbeitung: Fistful of Steel
Das Magnetic Bike ist sehr ordentlich verarbeitet, nichts klappert,
nichts wirkt lieblos zusammengefügt, nirgendwo sind scharfkantige
Stellen auszumachen. Der Riemenantrieb ist vollständig in einem
stabilen Kunststoffkasten gekapselt. Die Spaltmaße geben keinen
Anlaß zur Beanstandung. Der Rahmen ist aus nasslackiertem Stahl,
die Schweißnähte sind keine Kunstwerke, aber ordentlich ausgeführt,
soweit sich das unter dem Lack feststellen läßt. Sattel- und
Lenkerauszüge bestehen aus Edelstahl. Insgesamt wirkt die Konstruktion
sehr solide, was sich auch im Gewicht niederschlägt: Das Magnetic
Bike bringt über 50kg auf die Waage. Im Lieferumfang ist eine
ausführliche Explosionszeichnung enthalten, was an sich selbstverständlich
sein sollte, heutzutage aber leider keineswegs gängige Praxis ist.
Um einen sicheren Stand zu gewährleisten, hat das Magnetic Bike
hinten Füße mit Niveauregulierung. Allerdings bestehen die Füße aus
(hartem) Kunststoff, und nicht aus dämpfendem Gummi wie bei anderen
Herstellern. Empfindliche Böden sollte man daher mit einer
entsprechenden Matte schützen. Das jedoch empfiehlt sich eigentlich
ohnehin, da man wegen der fehlenden Kühlwirkung des Fahrtwindes
deutlich stärker schwitzt als bei Fahren unter freiem Himmel.
Die Verstellungen hinterlassen zumindest für den Heimgebrauch einen
exzellenten Eindruck und sind stufenlos (also keine Rastung wie bei
vielen Trainingsgeräten in Fitness-Studios). Mit Zahlen versehene
Skalen sorgen dafür, daß eine voherige Einstellung schnell wieder
hergestellt werden kann. Die Verstellmöglichkeiten sind vielfältig:
Sowohl Sattel als auch Lenker (eigentlich eher "Haltegriff", gelenkt
wird hier nichts) sind vertikal und horizontal verstellbar. Zwar
wird das Magnetic Bike für Personen bis 200cm Körperlänge beworben,
aber ich bin mit meinen 192cm Gesamt- und 92cm Schrittlänge bereits
am oberen Anschlag. In gewissen Grenzen lassen sich verschiedene
Geometrien von MTB bis Triathlon annähern. Der "Lenker" ist
vollständig mit einem griffigen Kunststoff beschichtet und bietet
viele verschiedene Griffpositionen, auch ein Unterlenker fehlt
nicht. Mit der Kurbellänge von 175mm sollte eigentlich jeder
zumindest halbwegs zurecht kommen. Der Q-Faktor beträgt angenehme
160mm, das ist etwas breiter als beim durchschnittlichen Rennrad
und etwas schmaler als beim MTB.
Bremstechnologie: Ring of Fire
Wie auch bei Schwinn ist die Schwungscheibe des Magnetic Bikes
zweiteilig: innen eine Stahlscheibe und außen ein Ring aus Aluminium.
Dies ist für ein einwandfreies Funktionieren der Wirbelstrombremse
notwendig. Wenn die Scheibe komplett aus Stahl bestehen würde,
könnte sie sich auf Dauer magnetisieren, was die bezogen auf eine
Umdrehung der Schwungscheibe gleichmäßige Bremswirkung stark
beeinträchtigen würde. Dies kann beim paramagnetischen Aluminium
nicht passieren. Anders als beim Schwinn wirkt die Schwungscheibe
des Magnetic Bikes trotz des zweigeteilten Aufbaus wie aus einem
Guss. Der Aluminiumring erwärmt sich übrigens je nach Intensität
des Trainings recht deutlich -- irgendwo muß die Energie ja auch hin.
Geregelt wird die Stärke der Bremswirkung -- wie bei den Indoor-Bikes
mit mechanischer Filzbremse auch -- über einen gut erreichbaren
roten Drehknopf aus Kunststoff. Der Drehknopf dient auch als
"Notbremse", indem er einfach "gedrückt" wird, was unverzüglich die
volle Bremskraft entfaltet. Die Dosierung gelingt ausgesprochen
gut und reproduzierbar, über den gesamten Einstellbereich ist die
Stärke der Bremswirkung breit aufgefächert. Bei einer Filzbremse
liegen gerade bei höherer Bremskraft die Einstellungen oft sehr
dicht beieinander, so daß man Schwierigkeiten hat, das richtige Maß
zu finden, da vielfach schon eine viertel oder gar eine achtel
Umdrehung zu viel sind.
Die Mechanik des Drehknopfes hat mechanische Anschläge, so daß es
nicht möglich ist, die Bremse so weit "zuzudrehen", daß die
Magnetbremse die Schwungscheibe berührt. Die begrenzenden Anschläge
können bei Bedarf nachjustiert werden.
In der Praxis: Session One
Sobald man auf das Magnetic Bike aufsteigt, fällt sofort das sehr
hohe Tretlager auf. An sich spielt die Höhe zwar keine Rolle, da
man auch "im Stand" nicht umfallen kann. Man sollte sich aber gerade
nach einer Kräfte zehrenden Trainingseinheit beim Absteigen nicht
vom deutlich weiter entfernten Boden überraschen lassen.
Das eigentliche Pedalieren ist angenehm unspektakulär. Es ist
schlicht und einfach nichts vorhanden, was als störend wahrgenommen
werden kann. Für Fahrer, die noch keine Erfahrung mit Indoor-Bikes
haben und auch noch nie auf einer Rolle gefahren sind, mag der
Bewegungsablauf am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig sein, da das
Bike absolut starr ist und nicht wie ein Rennrad oder MTB auf
Krafteinleitungen "antwortet", wie z.B. beim Wiegetritt. Hier
unterscheidet sich das Indoor-Biken dann doch recht stark vom
"echten" Fahrradfahren. Die Vorstellung, man läßt das Indoor-Bike
beim Wiegetritt hin- und herpendeln hat schon etwas Bizarres.
Das Magnetic Bike arbeitet wirklich nahezu geräuschlos -- auch unter
Vollast. Der eventuell laufende Fernseher kann auf normaler
Lautstärke bleiben. Das lauteste beim Training sind die eigenen
Atemgeräusche. Besser geht es nicht. Die perfekt ausgewuchtete
Schwungscheibe wird über einen Keilrippenriemen nach DIN angetrieben.
Meine Befürchtung, der Riemenantrieb könnte bei großer Krafteinleitung
durchrutschen, hat sich nicht bestätigt. Man kann das zwar provozieren,
wenn man es denn darauf anlegt, aber beim Training trat es bisher
nicht in Erscheinung.
Die maximale Bremswirkung ist für mich mehr als ausreichend. Rein
subjektiv geschätzt geht es zwar nicht über die Kilowattgrenze,
aber K3-Training (und EB/EP) sollte ohne weiteres möglich sein.
Aber vielleicht habe ich auch einfach nicht genug Power in den
Beinen, um das Magnetic Bike an seine Grenzen zu bringen.
Beim Magnetic Bike wurde auf jegliche Elektronik verzichtet. Einen
Trainingscomputer kann man optional separat erwerben. Das halte ich
für eine gute Strategie, denn oftmals ist ohnehin schon eine Pulsuhr
mit Trainingscomputer vorhanden. Einen Abnehmer für die Trittfrequenz
sollte sich mit wenig Aufwand befestigen lassen.
Fazit: In The End
Wenn man bedenkt, daß das Training auf einem Indoor-Bike schon
prinzipbedingt nicht mit dem Abwechlungsreichtum eines schönen
Hometrails mithalten kann, macht das Magnetic Bike dennoch recht
viel Spaß. Auf die Kernkompetenz reduziert, macht es seinen Job
außerordentlich gut. Man ist selbst in Mietwohnungen Dank des leisen
Betriebs an keinerlei Tageszeiten gebunden und kann während des
Trainings lesen oder sich vom Heimkino berieseln lassen. Welchen
Eindruck das Magnetic Bike langfristig macht, also nach mehreren
Jahren Nutzung, vermag ich nicht zu sagen. Die ersten 4 Wochen waren
jedenfalls vielversprechend.