Interessantes Patent: Arbeitet Shimano an einem Getriebe?

Interessantes Patent: Arbeitet Shimano an einem Getriebe?

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Seit Jahrzehnten wird an Getriebebikes getüftelt und von der Schaltungsrevolution geträumt - nun wurde ausgerechnet vom Kettenschaltungs-Riesen Shimano ein Patent angemeldet, das ein Rahmen-integriertes Getriebe beschreibt. Rollt hier vielleicht eine Revolution auf uns zu?

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Interessantes Patent: Arbeitet Shimano an einem Getriebe?
 
Hallo, ich möchte den Artikel zum "neuen Patent" von Shimano etwas relativieren.
1. Es ist noch kein Patent. Es wurde 2017 in den USA angemeldet und ein Jahr später in Deutschland. Derzeit läuft in USA ein Prüfungsverfahren, in Deutschland noch nicht.
Das hat Shimano einfach noch nicht beantragt. Die haben erst einmal einen Recherchenbericht beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt.
2. Shimano beansprucht kein neues Getriebe. Der erste Anspruch lautet:
"Gleitende Komponente umfassend:
ein Basiselement;
eine plattierte Schicht, die ein metallisches 5 Material aufweist, wobei die
plattierte Schicht auf dem Basiselement angeordnet ist; und
ein Schmiermittel, das eine Fettsäure umfasst, die eine Carboxylgruppe
beinhaltet, wobei das Schmiermittel die plattierte Schicht kontaktiert/berührt."

Der Schutzumfang den der erste Anspruch umfasst ist lediglich eine Komponente die geschmiert wird. Im Anspruch 18, der ein zum ersten Anspruch abhängiger Anspruch ist wird die Verwendung dieses geschmierten Komponente in einem
Getriebeeinheit aufgezeigt.

3. Das DPMA ist derzeit der Auffassung, dass die Erfindung Neu ist, allerdings beruht sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da ein mit der Entwicklung so einer geschmierten Komponente beauftragter Ingenieur sich
diese Ideen aufgrund seiner Ausbildung und dem allgemeinen Stand der Technik ermitteln kann. Eine Anmeldeverfahren ist dann für den Anmelder erfolgreich, wenn seine Erfindung Neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Diskussion darüber mit Patentämtern zieht sich in der Regel über Jahre hin. Dabei ist es typisch, dass der erste Anspruch weiter eingegrenzt wird.

4. In einem Prüfungsverfahren kann Shimano da natürlich dagegen argumentieren. Derzeit tun sie das aber noch nicht, weil es noch kein Prüfungsverfahren, zumindest in Deutschland gibt.

Wer das nachlesen möchte kann das gerne hier tun:

https://register.dpma.de/DPMAregister/pat/register?AKZ=1020181160356
Oder hier:

http://www.patbase.com/phppnlegal/?pn=US2019011037&orig=US2019011037AA
Viele Grüße

Andreas
Danke für die Erläuterung Andreas!

Mein Patentverständnis ist nicht sonderlich tief, aber schützt ein Patent nicht immer nur den Anspruch 1 oder nicht: im Patent folgender:

"1. Gleitende Komponente umfassend: ein Basiselement; eine plattierte Schicht, die ein metallisches Material aufweist, wobei die plattierte Schicht auf dem Basiselement angeordnet ist; und ein Schmiermittel, das eine Fettsäure umfasst, die eine Carboxylgruppe beinhaltet, wobei das Schmiermittel die plattierte Schicht kontaktiert/berührt"

Und alle anderen Unter/Nebenansprüche sind mehr oder minder eine Rückzugsmöglichkeit wenn das nichts wird? Sind also für den Schutz nicht relevant. Außer, dass sie halt dann Stand der Technik sind. Sprich man kann sie zukünftig selbst nicht mehr schützen lassen. (wie du erwähnt hast muss es ja neu sein)

Sprich: für mich sieht das eher so aus, als wölle Shimano dieses Getriebe durch diese Veröffentlichung des Patents zum Stand der Technik machen. Dadurch ists halt gesperrt. Aber der Hauptanspruch der Schmierung klingt für mich so als wäre ihnen das Getriebe relativ egal? Warum das dann so ausführlich beschrieben ist verstehe ich aber nicht.. Oder warum erwähnt Shimano sonst im Hauptanspruch nicht dass es ein Getriebe ist?
Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen :)
 
Ja, etwas quasi freizugeben für alle durch Veröffentlichung ist ein beliebter Trick. Allerdings reicht dazu ein Zeitungsartikel oder sogar ein Aushang an einem schwarzen Brett, dass für die Allgemeinheit zugänglich ist. Patente oder vielmehr Offenlegungsschriften sind da schon ein eher teurer Weg, allerdings ziemlich gut passend zur Zielgruppe=Bikeentwickler, denn die lesen (hoffentlich) Patente. Wenn nicht, gibt es ja noch die mtb-news :daumen:
 
Danke für die Erläuterung Andreas!

Mein Patentverständnis ist nicht sonderlich tief, aber schützt ein Patent nicht immer nur den Anspruch 1 oder nicht: im Patent folgender:

"1. Gleitende Komponente umfassend: ein Basiselement; eine plattierte Schicht, die ein metallisches Material aufweist, wobei die plattierte Schicht auf dem Basiselement angeordnet ist; und ein Schmiermittel, das eine Fettsäure umfasst, die eine Carboxylgruppe beinhaltet, wobei das Schmiermittel die plattierte Schicht kontaktiert/berührt"

Und alle anderen Unter/Nebenansprüche sind mehr oder minder eine Rückzugsmöglichkeit wenn das nichts wird? Sind also für den Schutz nicht relevant. Außer, dass sie halt dann Stand der Technik sind. Sprich man kann sie zukünftig selbst nicht mehr schützen lassen. (wie du erwähnt hast muss es ja neu sein)

Sprich: für mich sieht das eher so aus, als wölle Shimano dieses Getriebe durch diese Veröffentlichung des Patents zum Stand der Technik machen. Dadurch ists halt gesperrt. Aber der Hauptanspruch der Schmierung klingt für mich so als wäre ihnen das Getriebe relativ egal? Warum das dann so ausführlich beschrieben ist verstehe ich aber nicht.. Oder warum erwähnt Shimano sonst im Hauptanspruch nicht dass es ein Getriebe ist?
Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen :)


Hallo @simplesimson, du hast Recht. Der Schutzumfang eines Patents ist durch die unabhängigen Ansprüche definiert. Alle abhängigen Ansprüche dienen als Rückzugsmöglichkeit falls ein Amt meint, dass der erste Anspruch nicht neu und nicht erfinderisch ist. In einem Anmeldeverfahren würde man die Merkmale der abhängigen Ansprüche nach oben in den ersten ziehen, sich dadurch einschränken aber für Patentierbarkeit sorgen. Deshalb prüfen die Ämter auch die Patentierbarkeit der abhängigen Ansprüche.
Tatsächlich sagt das DPMA, dass der erste Anspruch neu ist. Das bedeutet, dass es kein anderes Dokument gibt, in dem die Merkmale des ersten Anspruches vollständig enthalten sind. Das DPMA sagt aber auch, dass der erste Anspruch nicht erfinderisch ist. Ein Fachmann, der die Aufgabe hat so eine Schmierung zu entwickeln würde aufgrund seiner allgemeinen Ausbildung auf die Idee kommen. Das DPMA beschreibt auch den Fachmann.
Somit hast du Recht @simplesimson, das Getriebe, so wie es im abhängigen Anspruch 13 (DE) und 18 (US) beschrieben ist, dass die geschmierte Komponente nutzt ist nun lediglich im Stand der Technik. Kein anderer kann sowas mehr schützen. Formal werden aber alle abhängigen Ansprüche neu und erfinderisch, sobald es der erste ist. Würde also irgendein Amt feststellen, dass die Ansprüche 13 und 18 neu und erfinderisch sind, dann hätte Shimano die Möglichkeit den Hauptanspruch durch diese Ansprüche jeweils einzuschränken. In diesem Fall wäre dann das Getriebe im Schutzumfang des Hauptanspruchs enthalten.

Das amerikanische Anmeldeverfahren läuft gerade. Dort wurde die Patenterteilung beantragt. Im deutschen Verfahren wurde noch kein Antrag auf Erteilung eines Patents gestellt. Es wurde lediglich ein Antrag auf Recherche gestellt. Das hat das DPMA gemacht und dem Erfinder seine Meinung zur Patentierbarkeit mitgeteilt.

Mein Fazit und das steht dem eigentlichen Artikel etwas entgegen:
1. Es gibt noch gar kein Patent von Shimano mit dem oben genannten Hauptanspruch. Es gibt lediglich zwei Anmeldeverfahren.
2. Es wird bisher kein Getriebe geschützt, sondern eine gleitende Komponente, die geschmiert werden muss.

Viele Grüße
 
Prima Erläuterung, ich möchte noch mal hervorheben, dass wenn das Getriebe dadurch zum Stand der Technik wird, Shimano keine Rechte mehr daran hat und jeder das so bauen kann. Warum macht man so was? Wenn man verhindern will, dass jemand anderes sich das Patent sichert und dann alle anderen aussperrt für 20/25 Jahre respektive Lizenzgebühren kassiert.
Syntace hat z.B. Lizenzgebühren für X-12 kassiert (wenn auch nicht Unsummen, ich glaube ca. 1€/Achse irgendwo gelesen zu haben).
Specialized hat aber in USA alle Wettbewerber daran gehindert, Hinterbauten mit Horst-Link zu produzieren+verkaufen.
Spekulation: wenn Shimano das wirklich auf den Markt bringen möchte, wollen sie ja möglichst viele Kunden=Bikehersteller und nicht nur einen, der das Patent hält. Durch Veröffentlichung stellen sie das sicher.
 
Prima Erläuterung, ich möchte noch mal hervorheben, dass wenn das Getriebe dadurch zum Stand der Technik wird, Shimano keine Rechte mehr daran hat und jeder das so bauen kann. Warum macht man so was? Wenn man verhindern will, dass jemand anderes sich das Patent sichert und dann alle anderen aussperrt für 20/25 Jahre respektive Lizenzgebühren kassiert.

Wenn man davon ausgeht, dass Shimano nicht doof ist und ggfs. auch gute Patentanwälte bezahlen kann, dann kann man davon ausgehen, dass sie über eine derartige Veröffentlichung vorher nachdenken.

Mögliche Szenarien:

1. Man kann es ja einfach mal versuchen, vielleicht hat man ja Glück. Die Kosten bisher belaufen sich auf ca. 15.000€ für Shimano. Das ist vielleicht zu verschmerzen.
2. Es kann als Sperrpatent angemeldet sein. Das wird von den Ämtern schneller gefunden als irgendeine Diplomarbeit in irgendeiner Universitätsbibliothek oder eine Veröffentlichung in irgendeiner Zeitschrift.

Im Artikel über die Veröffentlichung von Shimano ist auch geschrieben, dass ein Patent 25 Jahre Laufzeit hat. Das gilt aber nur für Patente aus dem medizinischen Bereich. Damit wird den sehr langen Zulassungsverfahren für medizinische Produkte Rechnung getragen. Eine Anmeldung, wie die von Shimano hat, sofern sie patentiert wird eine Lebenszeit von 20 Jahren ab dem Anmeldetag. Das wird nur verkürzt, wenn Shimano die Aufrechterhaltungsgebühren nicht mehr zahlt. Das ist typisch, wenn es sich wirtschaftlich nicht lohnt.

Gruß
Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Specialized hat aber in USA alle Wettbewerber daran gehindert, Hinterbauten mit Horst-Link zu produzieren+verkaufen.

ich muss dazu sagen, wo das patent noch galt, gab es eine vielzahl von konstruktionen, die entwickelt wurden um das ganze zu umgehen. sowas kann aus meiner sicht natürlich auch zu vielfalt führen und nicht dazu, das jede kiste gleich aussieht am ende (wie es mittlerweile scheint)
 
IMHO: Wo soll denn die Entwicklung der Kettenschaltung noch hingehen? Mit den zwölf Ritzeln geht es den Schaltwerksherstellern doch ähnlich wie Gilette mit ihren 8 Klingen: Immer nur mehr Klingen bzw. Ritzel ergibt irgendwann für keinen Kunden mehr mehr Sinn (genau so: ergibt nicht "mehr mehr Sinn").
Also muss etwas Anderes, manchmal nur vermeintlich Neues, her. Bei dem wohl nicht aufzuhaltenden Hype um E-Bikes, bei dem ich es selbst eher mit Reinhold Messner und seinem "Mord am Unmöglichen" halte und mir Fragen zur Nachhaltigkeit stelle, ist ein Getriebe rein marktwirtschaftlich doch eine gute Wahl. Innovation soll sein, denn es geht um immer währendes Wachstum. Soll heißen: es muss was "Neues" her. Das Sperren des Schaltwerks zum Radausbau war eine nette Idee, die elektronische, kabellose Schaltung ein netter Witz.
 
das wäre natürlich das nonplusultra... ich bezweifel jedoch, das man soviel strom mit so einem kleinen dynamo erzeugen könnte.
das wäre für mich aber zumindest eine art "notlaufeigenschaft", die halt dann auch die standzeit zwischen den ladezyklen hoch setzt.

insgesamt pack ich mir oft eh an den kopf, auch bei smartphones, die dinger werden immer grösser, alles aus glas, aber eine solarzelle baut auf der rückseite keiner ein...
 
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