Was es ändert ist, dass deine ganzen Rechnungen nicht mehr stimmen (z.B. bei welchem SAG, welche Kräfte zum Durchschlag nötig sind). Zudem kann man nur schwer verschiedene Bikes trotz gleichem Federweg pauschal vergleichen. Du hast es ja genau gesagt: Es kommt auf die Spacer / Tokens, die Reibung, Verwindesteifigkeit usw. an. Du beziehst alles auf lineare Zusammenhänge mit konstanter Federhärte. Aus meiner Sicht ist diese Vereinfachung (mir ist klar was deine Intention dahinter ist) zu einfach.
Ich will dir nicht zu nahe treten, aber habe in den letzten folgendes Bild gewonnen:
- du leitest alles theoretisch her (was ja okay ist), vereinfachst dann aber so viel, dass der Bezug zur Realität verloren geht. Näherungsweise ist halt eine sehr beliebte Formulierung bei Physikern.
- du nutzt völlig korrekt physikalische Zusammenhänge. Schreibst aber so lange Texte, dass die kaum einer versteht (ich kann dir folgen, ist aber nicht das Thema gerade)
- unter Berücksichtigung von Punkt zwei kritisierst du die Tests zu den einzelnen Rädern (insbesondere zum Canyon) mit den Worten, dass zu plakativ und phrasenbehaftet geschrieben wird und damit die Schärfe in den Aussagen verschwimmt. Du selber schreibst in deinen ewig langen Texten immer noch (im Zusammenhang unnötige) "Funfacts" rein. Da widersprechen sind Anspruch und eigene Schreibweise
Im Grunde stimme ich dir bei fast allem zu, auch was die Kategorisierung nach Federweg angeht. Allerdings solltest du vielleicht nicht den Bezug zur Realität von 98 % der Biker verlieren.
Ich hoffe, dass du dich nicht angegriffen fühlst, das ist absolut nicht meine Absicht gewesen.
Erst mal, ich fühle mich gar nicht angegriffen, sondern freue mich eher über das Feedback. Ich verstehe auch schon, dass längere Erklärungen selbst in einem Special Interest Forum nur beschränkte Aufmerksamkeit bekommen und ich lasse es auch schon gut sein. Mir fehlt bald eh wieder die Zeit dazu.
Ansonsten, ich leite mir nicht irgendwas theoretisch her, um es jemanden um die Ohren zu hauen. Ich fahre vor allem gern Rad. Ich fahr nicht besonders gut, aber auch nicht schlecht, ist ja auch egal. Ich interessiere mich halt für das Thema. Dazu hab ich halt auch einen Hintergrund als Physiker. So ein Studium in einer fundamentalen Wissenschaft prägt, weil man viel mit Modellbildung etc zu tun hat und deshalb zerlegt man vieles ganz automatisch in seine grundlegenden Teile. Ich lese dann hier oft Dinge, egal ob im redaktionellen Teil oder im Forum, wo ich einfach sehe, dass da eine Vorstellung dahinter steht, die physikalisch einfach keinen Sinn macht. Sowas spreche ich halt an, nicht weil ich irgendwie ein theoretisches Wissen zur Schau stellen will, sondern weil denke, dass ja vielleicht jemand davon profitieren kann. Dass die meisten das dann nicht tun, weil sie sich angegriffen fühlen, ist zum Glück nicht mein Problem.
Beispiel: Dieses Video von Vorsprung, das ich da verlinkt hab und was ja im Prinzip die Grundlage von dem ist, was du ja in deinem Post zu Anfang auch angesprochen hast. Ich finde das Video sehr schlau, musste es aber ehrlich gesagt auch zweimal anschauen, um zu verstehen, worauf er hinaus will. Das ist recht physikalisch und leider nicht ganz gut erklärt. Das habe ich dann hier versucht in zugegebenermaßen sehr langen Posts ein weniger verständlicher darzustellen. Ob das gelungen ist? Keine Ahnung. Frag vielleicht
@JensDey der hat zumindest entsprechend Feedback gegeben.
Um dann nochmal auf deinen Einwurf zu den ganzen Vereinfachungen zurückzukommen. Der Typ von Vorsprung Suspension macht genau die gleichen Vereinfachungen - von dem hab ich ja diesen ganzen Gedankengang; ich will mich da auch nicht mit falschen Federn schmücken - und der steht jetzt wohl nicht im Verdacht, dass er keinen praktischen Bezug zum Mountainbiken und zu einer Vielzahl an Bikern hätte. Mir hat der Gedankengang jedenfalls sehr viel gebracht und ich hab jetzt ein sehr viel besseres Verständnis von Fahrwerken und deren Einstellungen. Davor war mir das auch oft eher ein Rätsel, was mit Sag und Spacern und Compression anstellen. Hab ich aber auch nicht so intensiv drüber nachgedacht. Ich bin halt nach Anleitung vorgegangen, das Ergebnis hat getaugt und gut war‘s. Erst das Vorsprung Video (bzw. deren ganze Serie) hat mich dann dazu gebracht, mal mehr über das Thema und dann auch über die Physik dahinter nachzudenken, und das hat mir dann ein Aha-Erlebnis gebracht. Ist jetzt schon ne Zeit her, aber hier war halt der Punkt, wo ich dachte, das kann ich mal teilen.
Ansonsten, klar hast du recht, dass da eine Menge Vereinfachungen im Spiel sind. Aber sieh es mal so: Bewährtes menschliches Vorgehen besteht darin, dass man sich mit einfachen Mitteln versucht einer Problemlösung so weit als möglich zu nähern und dann mit komplizierteren Mitteln daran arbeitet, die Lösung weiter zu verbessern. Man steht dann auf einer soliden Grundlage. Wenn man es gleich mit komplizierten Mitteln versucht, hat man oft das Problem, dass wenn es nicht funktioniert, man nicht weiß, woran es liegt. Im schlimmsten Fall weiß man gar nicht, dass man falsch liegt. Ob man damit zur besten Lösung kommt? Kann dir keiner garantieren, aber es ist zumindest nicht komplett falsch. Wenn du zu einer idealen Lösung kommen willst, kannst du es ja mit einer KI versuchen. Die sind da anders gestrickt und kommen teils zu faszinierenden Ergebnissen. Das näheste Äquivalent bei Fahrwerken wäre da wohl LiveValve - klar, keine KI - aber davon hört man jetzt auch nicht so viel Gutes. Aber wenn die Realität der meisten Biker einfach im Popometer ohne weitere Überlegungen (jedenfalls keine physikalisch fundierten) liegt, soll mir das auch recht sein. Soll einfach jeder mit seinem Bike so fahren, wie er will, und damit glücklich werden.
(Disclaimer: solange er damit nichts und niemandem schadet, natürlich)