Liebe Forumslesende,
vielen Dank für die aufmunternden Worte! Jetzt nun endlich der versprochene Bericht von den 1000Miles.cz.
Werde versuche, jeden Tag zwei Tage der zwei Wochen Trans-Tschechoslovakia hochzuladen, dann haben wir es in einer Woche geschafft
Und noch etwas zur Motivation: Zum Ende hin werden es wesentlich mehr Fotos, die ich direkt einbinden kann und ihr müsst dann weniger Links anklicken
An dieser Stelle möchte ich Euch über ein MTB-Abenteuer aus dem vergangenen Sommer berichten. Damals hatte ich die Gelegenheit, am 1000-Meilen-Rennen quer durch die Slowakei und Tschechien teilzunehmen.
Die Regeln des Rennens sind recht einfach: Der Route führt nonstop vom Ostende an der Ukrainische Grenze bis ans Westende an der Bayerischen Grenze quer über diverse Gebirge:
Teil1: SK
http://www.cykloserver.cz/cykloatlas/?d=113303#pos=49.25997P20.29110P8
Teil 2: CZ
http://www.cykloserver.cz/cykloatlas/?d=108887#pos=50.03688P15.15451P8
Gewonnen hat, wer die Route komplett absolviert und als erstes im Ziel ankommt. Unterstützung gibt es – im Gegensatz zu Etappenrennen - keine – außer an drei Checkpoints, die angesteuert werden müssen. Ansonsten ist jeder unterwegs auf sich selbst angewiesen und kann sich die Strecke zeitlich einteilen wie sie/er will. Die Strecke ist per GPS-Track vorgegeben und komplett zu absolvieren. Der Track im GPS-Gerät ist zusammen mit den Checkpoints dann der Beleg dafür. (Man sollte sich also besser nicht verirren, wenn man nicht disqualifiziert werden will.) Vorgeschrieben ist auch noch eine Mindestausrüstung - „letzte Hilfe“ genannt .-) Dazu gehören u.a. Schlafsack, Feuerzeug und Pfefferspray (gegen Bären). Die Route führt im jährlichen Wechsel von Ost nach West und umgekehrt.
Prolog
2012 war ich schon einmal mitgefahren, hatte es aber nur von der bayerischen Grenze bis in den Osten Tschechiens geschafft, also nur die halbe Distanz von 500 statt 1000 Meilen. (Die vielen offroad-Passagen und die Höhenmeter, die den Grenzgebirgen zusammen kommen, hatte ich damals unterschätzt.) 2013 führt die Route westwärts. Mit etwas mehr Training hoffte ich, es dieses Mal die komplette Distanz zu schaffen. Entsprechend hatte ich seit Weihnachten Kilometer „geschruppt“. Am Ende standen rund 330h/ 3000km/ 55000hm auf dem Tacho. Aber es war ein langer Winter. In den drei Monaten vor dem Rennen kamen nur ca. 750km/Monat zusammen – für einen Ultramarathon von 1600km und 30000hm (das Cape Epic bringt es nicht einmal auf die Hälfte davon!) eigentlich nicht viel an Training...
Nachdem ich 2012 viel zu schwer war, habe ich 2013 versucht, massiv Gewicht zu sparen: Das neue 29er Hardtail samt minimalistischer Ausrüstung hat rund 15kg Gewichtsersparnis gebracht. (Danke an Udo von Stein-Bikes in Chemnitz für die super Beratung!) Außerdem muss auch noch das Wichtigste mit: Isomatte und Ersatzschläuche am Lenker, Akkus & Handy auf dem Oberrohr,
Werkzeug und kleine Ersatzteile in einer Dreieckstasche darunter, Schlafsack und Regensachen am
Sattel. Wasser, Lebensmittel und leichte Sachen im Rücksack auf dem Rücken. Auf Trinkflaschen am Rahmen habe ich bewusst verzichtet, um das Rad besser auf der Schulter in unwegsamen Passagen tragen zu können:
Kurz vor der Abreise zu den 1000-Meilen-2013. (Der Sattel mag zwar wenig sportlich aussehen, aber mit der mitschwingenden Active-Variante habe ich gute Erfahrungen gemacht. Und soviel Luxus für den Allerwertesten muss einfach sein. Die Anzahl der Stunden auf dem Rad folgen dann jeweils in der Tageszusammenfassung und erklären dies sicher nachdrücklich... ) Foto: Autor
Die 3-Liter-Trinkblase im Rucksack muss also reichen. Ca. 12kg für das Bike, 4kg für Equipment und max. 3-4kg Wasser & Proviant sollten also dafür sorgen, dass ich unter der 20kg-Marke bleibe - immerhin knapp 1/4 von dem, was der Fahrer auf die Wage bringt
Dem Feilschen um jedes Gramm fiel leider 2013 auch der Fotoapparat zum Opfer. Ich versuche daher, den zweiten Teil der Strecke mit Fotos von mir aus dem Vorjahr zu illustrieren. Von Jan Kopka habe ich einige Fotos bekommen (Danke!) , die ich ebenfalls mit verwenden darf. Die Fotogalerie der 1000-Meilen hat auch schöne Fotos, zu ein paar davon werde ich verlinken.
Noch ein letztes Vorwort: Die mehrsprachigen Ortsnamen klingen vielleicht etwas kompliziert, sollen aber die Orientierung und den Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart erleichtern.
So, jetzt aber genug der Vorworte.
Viel Spaß beim Lesen & Anschauen!
29.6.2013 (Tag 0)
Samstagabend auf dem Hauptbahnhof in Prag. Von hier geht der Nachtzug in den Osten der Slovakei.
Hl. nádraží Praha. Fotos: Jan Vaněk/1000miles.cz
http://www.1000miles.cz/fotogalerie-2013/fotogalerie-2013-jan-vanek-nadrazi-praha
Die Organisatoren haben zwei Gepäckwagen bei der CD geordert, um die rund 100 Biker samt ihren Rädern an dem Start bringen zu können. (Danke an Cheforganisatorin Lada!)
Logistikdienstleister CD hat eigens ein Werbevideo dazu erstellt:
(Ob die DB dies auch machen würde? Grübel...)
Halb elf abends geht die Reise los. Die beiden einzigen Deutschen haben die Organisatoren in einem Abteil untergebracht. Gelegenheit, mit Uwe über Taktik und Technik zu fachsimpeln.
30.6. (Tag 1)
Halb Elf morgens rollt der Zug dann in Hummene ein. Die Kleinstadt ist Endstation für die Bahn aus dem großen Prag. Nach Medzilaborce (Andy-Warhol-Mueum) und Stakcin (ohne Museum) fahren noch Bummelzüge. Für uns heißt es hier aber umladen da es jetzt per Bus und für unsere Räder per LKW die letzten Kilometer zum Startort weitergehen wird.
Vormittags auf dem Bahnhof in Hummene. Foto: Martin Vojtuš - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_martin_vojtus/martin_vojtus_img_7910.jpg & http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_martin_vojtus_vyber/martin_vojtus_img_7881.jpg
Zwei Wagons voller MTBs. Foto: Petr Kopka - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_petr_kopka_vyber/petr_kopka_dscf1953.jpg
Stück um Stück werden die Räder ausgeladen. Foto: Martin Vojtuš - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_martin_vojtus_vyber/martin_vojtus_img_7890.jpg
Irgendwann sind über 100 Räder dann in einem winzigen LKW verstaut. Foto: Petr Kopka - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_petr_kopka_vyber/petr_kopka_dscf1973.jpg
Nová Sedlica liegt ganz hinten in der Ecke. Ein winziges Dorf mit 300 Einwohnern, einer Kirche, Schule und Gasthaus im Nationalpark Poliny. Im Osten hinter dem Hügel ist die EU zu Ende, drüben hinter dem Wald fängt die Ukraine an. Fünf Kilometer nördlich liegt der Karpatenkamm und die Grenze zu Polen. Wir sind hier im Land der Russinen (früher Ruthenen), einer ostslawischen Minderheit, die wegen ihrer dem Ukrainischen ähnelten Sprache noch früher Altrussen genannt wurden. Deutliches Zeichen sind die orthodoxen Kirchen und Kreuze unterwegs. Es ist der Ostrand der Mitteleuropäischen Zeitzone. Drüben hinter der EU-Ostgrenze haben die Menschen wechselvolle Zeiten erlebt. Selbst an den Zeitzonen macht sich das bemerkbar: Heutzutage Kiewer Zeit (MEZ -1h), zu Sowjetzeiten Moskauer Zeit (MEZ -2h) und davor Budapester bzw. Prager Zeit. Denn zwischen den beiden Weltkriegen, als die damalige Tschechoslowakei noch ein Vielvölkerstaat war, gehörte die Karpatenukraine zu dieser Republik, die Züge aus Prag endeten in Jassinja (ukrainisch Ясіня; russisch Ясиня, russinisch Єсінє/Jesinje, slowakisch Jasiňa, ungarisch Kőrösmező, rumänisch Frasin – dies nur um zu zeigen, dass es mit den Ortsnamen in den verschiedenen Sprachen auch noch komplizierter gehen kann
) und der östlichste Grenzstein mit der „CS“-Markierung stand an der Hoverla, mit 2061 Metern höchster Berg der Ukraine. Eine touristisch vergessene Region, die mehr Besucher verdient hätte und auch vertragen würde. Vielleicht starten oder enden die 1000-Meilen ja zukünftig mal an der Hoverla?
Der Nationalpark um unseren Startort Nová Sedlica bekam seinen Namen nach den einzigartigen Bergwiesen, „poliny“ genannt. Die Urwälder der Region sind mittlerweile UNESCO-Weltnaturerbe. Das Tourismusmarketing wirbt mit „großen Raubtieren“ wie Braunbär, Wolf, Luchs und Wildkatze sowie verweist stolz darauf, dass dies der einzige Nationalpark in der ganzen Slowakei sei, wo der Wisent in freier Natur lebt. Gleich vornweg: Von all diesen wilden Tieren habe ich nicht eines zu Gesicht bekommen. Im Vorjahr soll es zumindest mal Sichtkontakt Bär-Biker geben haben. Aber allein die Landschaft und die Ruhe hier sind einen Besuch wert.
Vor dem Start des Rennens Registrierung und das obligatorische Briefing vor dem Rennstart, bei dem Organisator Jan die Regeln noch einmal im Detail erklärt. Als kleines Souvenir haben wir mit der Startnummer zwei kleine Glöckchen erhalten, deren Geräusche die wilden Tiere fernhalten sollen. Um Gepäck zu sparen, können alle Teilnehmer kleine Päckchen abgeben, die dann an den Checkpoints abgeholt werden können. Ich schicke ein paar Batterien und einen Ersatzschlauch so auf die Reise.
Briefing vor dem Rennstart. Foto: Vít Huspenina - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_vit_huspenina_vyber_1/vit_huspenina_2013_06_30_img_2579.jpg &
Briefing vor dem Rennstart. Foto: Martin Vojtuš - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_martin_vojtus_vyber/martin_vojtus_img_8119.jpg
Kurz vor dem Start. Fotos: Petr Kopka - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_petr_kopka_vyber/petr_kopka_dscf2058.jpg & http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/2013_petr_kopka/petr_kopka_dscf2068.jpg
Dass mir Rollerfahrer (Koloběžkář) Jarda später noch mehrmals begegnen wird, ahne ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Foto: Tadeas Kotyk - http://www.1000miles.cz/wp-content/gallery/30-6-2013/tadeas_kotyk_06_30_img_2208.jpg
17 Uhr. Die Sirene ertönt, es geht (mit Verspätung) endlich los:
Eine kurze Ehrenrunde durch den Ort und dann die Straße hinab. Impressionen von den ersten Kilometern gibt es hier:
Wir rollen die Straßen gemütlich talabwärts, durch Zboj bis Ulic. Dahinter verkrümelt such das Flüsschen Ulicka hinüber in die Urkaine und die Straßenbauer mussten die kleine Verbindung ins Nachbardorf über den Berg legen. Vor Ruska Volova - halb slovakisch, halb rusinisch - geht es den ersten von unzähligen Waldwegen entlang, durch zwei weitere Dörfer und zur Fernstraße 74, die zum nahen Grenzübergang Ubla führt. Hier bin 2010 entlang als ich durch die Karpaten geradelt bin. Auch die Sternwarte vom Astronomical Observatory am Kolonica
Sattel gleich hinter der Straße steht noch. Inzwischen hat sich die Region zum Dark Sky Park Poloniny ausgerufen. Es ist halb Acht und der Weg windet sich in die Vihorlatské vrchy (Vihorlatgebirge) hinauf. Zum Glück streift die Route das Gebirge nur. Höchste Zeit, die obligatorische SMS vor 20 Uhr mit der GPS-Position zu senden und gleich noch einen kurzen Snack hinterher einzuwerfen. Die Dorfkneipe in Remetske Hamre hat noch auf und bekommt Besuch von ein paar Bikern. Aber ich will noch weiter. Am Fußballplatz richten sich andere inzwischen auf das Nachtlager ein. Als ich Jovsa halb Zehn erreiche wird es langsam dunkel. Die Route biegt jetzt eigentlich nach rechts ab in die Berge. Links geht es aber zum Stausee Zemplínska šírava („Sempliner Weite“), ein beliebtes Ausflugsgebiet bei der Bezirksstadt Michalovce. Hier sollte sich doch ein Hotel oder eine Pension finden lassen. Oder direkt am See schlafen? Im Hotel Postar, ein wenig oberhalb gelegen, werde ich dann kurz vor Zehn fündig. Das Rad kommt in der Abstellkammer unter. Frühstück brauche ich nicht, aber die Dusche kommt sehr gelegen.
Am ersten Tag stehen dann zu Buche:
71km, 5:06h inkl. 0:30h Pause, 14km/h, 1000hm, 127bpm
Fotos:
http://www.1000miles.cz/category/aktualne-z-trasy-2013/page/2#tabs-7837-0-2