Trail Magic, besondere Momente der Aufmerksamkeit und Gastfreundschaft auf Tour

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Das Thema gibt es hier als Thread meines Erachtens noch nicht (oder ich war mal wieder blind…), gehört aber wie ich finde zu den besonderen Momenten beim BP. Trail Magic. Vom angebotenen Kaffee und Kuchen am Gartenzaun, dem Abendessen oder dem Beiwohnen des eh anstehenden Grillabends, der Poolnutzung an heißen Tagen oder einem Schlafplatz in der Einfahrt, Garage oder Gartenschuppen, bis hin zum Bett im Gästezimmer oder im Hotelflur. Was ist euch so an kleinen Geschenken und Aufmerksamkeiten, guten Taten und spontaner Gastfreundschaft und Hilfe „widerfahren“ und besonders in Erinnerung geblieben?
(Ich denke aber das ganze sollte etwas anonym bleiben, also vielleicht nicht unbedingt den genauen Ort oder Person nennen, damit nicht der nächste mit irgendwelchen Hoffnungen und Erwartungen dorthin radelt.)

Ich finde es immer wieder besonders wie spontan und unerwartet manches entsteht. Natürlich hilft hier und da auch mal ein kleines Anschubsen oder Aufmerksam machen auf die Probleme die man hat, oft um dann plötzlich mit umso mehr Angeboten überhäuft zu werden. Weil viele wissen nicht um die alltäglichen Probleme die einen auf so Tour beschäftigen…

Amüsant fand ich wie ich mich mal in nem Supermarkt am späten Samstagnahmittag mit mehreren Äpfeln und (sächs.) Knackern eingedeckt habe, dann ein paar Kilometer weiter auf einem Bauernhof die Wasservorräte aufgefüllt habe und der gute Mann dort mit mehreren Äpfel und selbst gemachten Knackern zurückkam und sie mir in die Hand drückte :)

Ansonsten stark in Erinnerung ist mir eine Situation, die für manchen kein wirkliches Trail Magic Erlebnis sein mag, aber wie ich finde den allgemeinen Gedanken dahinter gut ausdrückt.
Ich saß in einer schmalen, 5-6m breiten, drumherum zugewucherten Zufahrts-Schneise einer Waldstraße, an die 150m-200m von einer engen, (nur) 2-spurigen, schnell und stark befahrenen Talstraße entfernt und war beim zweiten Frühstück. Da bog plötzlich ein Auto in den Waldweg und hielt vor mir. Ich dachte nur „Oh, oh, Förster“. Aber: „Ob alles in Ordnung sei?“ Er habe gerade nochmal umgedreht als er mich gesehen hat. Ich dachte nur mit viel schlechtem Gewissen: „Uh, der hat jetzt nicht extra wegen mir gewendet. Vor allem wie und wo? Und mit welch eigenem Risiko? Und sehe ich wirklich so „kaputt“ aus auf 200m?“ Ich finde einfach diese sehr aufmerksame Hilfsbereitschaft eines Menschen (, der beim Autofahren scheinbar 90° nach rechts guckt, sonst hätte der mich eigentlich nicht sehen können…,) sehr beeindruckend.

Die mir mit schönste mitbekommene Geschichte, vielleicht finde ich auch nochmal den Link dazu, ist die von den beiden Jungs die bei einer der TDs in nem Diner saßen und gesagt bekommen die Rechnung sei bereits bezahlt. Da hätte einer angerufen und per Kreditkarte gezahlt… Der edle Gönner hatte über die GPS-Tracker die beiden dort sitzen sehen und ihnen das Essen spendiert.

Also, wenn man früh morgens mal keine Möglichkeit mehr hatte Danke zu sagen, dann tut es hier mit euren Erinnerungen…
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Re: Trail Magic, besondere Momente der Aufmerksamkeit und Gastfreundschaft auf Tour
Ich bin in den Vogesen eines frühsommerlichen Morgens nach der Übernachtung auf dem Petit Ballon abgefahren und habe einen Kaffee trinken wollen. Im Ort hatte leider nix offen, dann bin ich weiter geradelt und kam irgendwann an einem alten Schild vorbei, das auf ein café verwies.

Auf mein Klopfen öffnete eine alte, sehr betagte Dame. Ich in Hightech-Klamotten, sie grad eine Kochschürze um. Also dachte ich, ja, das sei nun das café. Sah aber gar nicht so aus. Sah aus wie ein Aufenthaltsraum, in dem sie in einer Ecke grad backte. Auf meinen verdutzten Blick hin erklärte sie mir, dass sie das Haus geerbt habe und das café seit fast 50 Jahren geschlossen sei. Weil aber die ganzen Erinnerungen daran hingen, brächte sie es nicht übers Herz das Schild demontieren zu lassen.

Naja, da ich nun da sei und sie grad frischen Rhabarberkuchen habe, könne sie mir auch einen café crème machen. Wir haben uns zwei Stunden lang unterhalten, sie hat mir aus den über 80 Jahren ihres Lebens erzählt, über den 2. WK und Ihre Enkel und ich, noch grün hinter den Ohren, über das Reisen mit dem Rad. Als ich die gleiche Tour dieses Jahr nochmals gefahren bin, habe ich wieder bei ihr gehalten und wir haben unser Gespräch fortgesetzt.
 
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Wir sind an der Saale unterwegs...reichlich 100Km Tagesleistung...ziemlich spät auf dem Campingplatz angekommen...die anwesenden Camper die da grillten nett gegrüßt und unser Zelt aufgebaut.
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Leider hatte der Imbiss gerade dicht gemacht und mir noch ein gezapftes Bierchen hingestellt nur zu Essen gab es nicht mehr.
Wie wir überlegten welche Tütensuppe aufgebrüht wird, kam die Rettung...
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... :cool: sogar mit Besteck und wir durften noch nicht mal den Abwasch erledigen obwohl ich mich intensiv um den Posten beworben hatte.
Sahen anscheinend sehr leidend aus :D
 
Am Wochenende war ich auf dem Rheinsteig, war mir aber streckenweise zu matschig und zu regnerisch sowieso. So hatte ich dann keine Lust mehr und nahm den Zug nach Bonn zurück. Ich hatte kein Licht für das Rad und wartete an den Theaterhallen Beuel auf den Bus nachhause... worin aber kein Platz für mein Rad war. Dafür hat sich der Busfahrer nicht nur äußerst freundlich entschuldigt - mit der Frage "Keine Energie mehr?" warf er mir noch lächelnd einen Mars-Riegel zu! Übrigens: Sein 'Migrationshintergrund' war klar zu erkennen. Schade, dass ich mich durch den Zeitgeist genötigt fühle, dies hinzuzufügen.
 
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Grenzteintrophy nach einem (bzw. drei) verregneten Tagen, komplett kaputt und verdreckt, abends um 10 in einer Pension im Eichsfeld:

Die beiden betagten Betreiberinnen sind entsetzt über meinen Zustand und bieten mir an, meine Klamotten zu waschen. Ich will ablehnen, weil ich die Sachen ja morgen ganz früh wieder brauche. Kommt gar nicht in Frage entscheiden die Beiden. Die Tochter wird aus dem Nachbardorf herbeitelefoniert, weil sie neben der Waschmaschine auch einen Trockner besitzt. Zum Frühstück gabs dann neben üppiger Verpflegung einen Stapel frisch gewaschener, duftender Klamotten.
 
Schönes Thema!

1. Ich war in Südamerika unterwegs, irgendwo in Araucania in Chile. Es war Herbst und in den Nächten gab es schon Frost. Im Hinterland muss man sich Araucania vorstellen, wie man sich ein Indianerreservat vorstellt: Viel Armut, schon am Nachmittag alkoholisierte Männer auf der Strasse, irgendwie ungemütlich. Ich komme also in das Dorf und überlege, wo ich schlafen könnte. Soll ich mich irgendwo im Wald verstecken und hoffen, das niemand über mich stolpert, oder im Dorf fragen? Ein Mann ist gerade dabei, den Zaun vor seinem Haus zu streichen und trotz der vorgerückten Stunde scheinbar noch nüchtern. Also frage ich, ob ich bei ihm im Garten zelten darf. Er schaut mich gross an, meint: sicher nicht zelten! Ich will schon weiterfahren, da sagt er, ich könne im Gartenhäuschen schlafen. Er ruft seiner Frau, die kommt mit dem Schlüssel und zeigt mir das Häuschen, in dem es zwei bezogene Betten hat. Im einen könne ich schlafen. Und in einer halben Stunde gebe es Abendessen. Ich solle einfach rüber ins Haus kommen.
Ich gehe rüber, da werde ich "genötigt" zuerst zu duschen und dann gibt's Znacht. Und dann "muss" ich noch etwas bei ihnen an der Wärme bleiben, denn das Gartenhäuschen ist dann doch nicht geheizt.
Am anderen Morgen gibt's Frühstück. Und bevor ich mich wieder auf den Weg mache, betet der Hausvater noch mit mir, damit ich eine gute Reise habe.

In der nächsten Nacht finde ich kein Obdach. Ich befinde mich weiterhin in Mapuche-Gebiet und die Armut ist weithin sichtbar. Auf einer kargen Hochebene verstecke ich mich zwischen Büschen, bin allerdings in Hördistanz zu einem Haus, in dem die halbe Nacht rumgeschrien wird - äusserst unangenehm. Immerhin ist der Morgen schön:
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1.1 Das passiert nur in Südamerika? Mitnichten! Irgendwo im Aostatal in Italien. Die Berge sind bis weit hinauf zersiedelt, darum frage ich wieder bei einem Mann, der etwas an seinem Chalet rumwerkelt, ob ich im Garten schlafen könne. Er meint: Im Garten nicht, aber auf dem Sofa, holt mir ein Bier und sagt, dass seine Frau bald nach Hause komme, die bringe was zu Essen mit. Mein Protest, dass ich selbst Essen hätte, nützt nicht. Ich sei sein Gast und basta. Die Frau kommt, wieder "muss" ich unter die Dusche und dann wird gespiesen: Brot Käse und Wein, so muss das sein. Wir sprechen und diskutieren. Vor Mitternacht komm ich nicht auf mein Sofa. Am Morgen gibt's Frühstück - zum Glück muss die Frau früh raus, so komm ich auch beizeiten wieder aufs Bike.

1.2 Und in der Schweiz? Ich bin im Wallis unterwegs und hab mir auf der Karte einen Übernachtungsplatz vorgemerkt. Gerade als ich auf den Wanderweg einbiegen will, um zu dem Platz hochzuschieben, kommt ein Hippiemädchen den Pfad runter. Da ich nicht unnötig Energie verschwenden will, frag ich sie, was sie denke, ob da oben ein brauchbarer Biwakplatz zu finden sei. Nachdem wir eine Sprache gefunden haben, die wir beide sprechen, erklärt sie mir, dass sie Aprikosenpflückerin sei, und dass ihr Lager beim Schulhaus des Dorfes sei, ich solle doch dahin kommen. Das scheint mir eine etwas abenteuerliche Geschichte zu sein, aber neugierig, wie ich bin, mach ich mich auf den Weg zu besagtem Dorf, finde das Schulhaus und die Aprikosenpflücker. Nachdem ich erklärt habe, wie ich den Weg dahin gefunden habe, werde ich freundlich aufgenommen, verköstigt und mit selbstgebranntem Apricotine abgefüllt. Einige Zeit später taucht auch das Hippiemädchen wieder auf. Der Abend endet dann damit, dass sie mich einlädt, ihr Zelt und ihren Schlafsack mit ihr zu teilen. Das ist mir dann allerdings etwas zu viel Gastfreundschaft.
 
@Comfortbiker Ich bin ja sowieso sprachlos... persönlich war ich längst zu der Ansicht gelangt, dass die solo reisende Bikepackerin (aber eben auch all ihre Verwandten) im Reich des Einhorns lebt und ohnehin nur mit Aragorn redet. ;-)
 
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Der Abend endet dann damit, dass sie mich einlädt, ihr Zelt und ihren Schlafsack mit ihr zu teilen. Das ist mir dann allerdings etwas zu viel Gastfreundschaft.
Im Interesse der Gewichtsoptimierung hättest Du annehmen sollen.
Jedes Gramm, welches man am anderen Morgen nicht mitschleppen muss, zählt.
Ne ne, so wird das nix mit dem Light Bikepacking.
 
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