Ein Bericht wäre ganz nett, vernahm ich es von hier und da .... na denn, mal begonnen damit:
Umzusetzen galt es das Projekt Alpenüberquerung mit Start in Garmisch und der Ankunft in Riva. Teilnehmer Rennschnecke, Eispickel, Will. Angesagt waren etwa 650km und 20.000hm. Es wurde nicht unwesentlich mehr, aber das hätte eigentlich schon vorher klar sein sollen.
Die Reiseleitung stellte mir für die Teilnahme einige harte Bedingungen. Das Full-Suspension-Fahrgefährt durfte nicht mit auf die Reise. Zu schwer, nicht antriebsneutral und überhaupt. Auch für eine Spiegelreflex-Ausrüstung sei kein Platz, wurde mir mitgeteilt. Aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, hätte ich noch einigen Wochen früher gesagt. Dann fiel ich in der Vorbereitungsphase zweimal ausgerechnet auf den Kopf, hatte daher mit Trainingsausfall zu kämpfen, konnte aber in der Zwischenzeit doch noch den einen oder anderen klaren Gedanken fassen.
Anstelle der DSLR wurde eine Sigma DP1, eine zickige aber großartige Kamera mit Riesensensor und hervorragender Optik, angeschafft und für das Hardtail wurden Scheibenbremsen und ein Laufradsatz geordert. Es gibt eben als gesichert geltende Sachverhalte, die ich einfach nicht glauben mag. Ich strecke den Kompetenzen die Zunge entgegen und bin ganz furchtbar renitent. Mein Unglaube ist frech, doch mein Recht. Klar komme ich auch felgengebremst über die Alpen, aber ich wollte nicht. Logo, Starrgabel, Singlespeeder, Trekkingrad, geht alles. Alles Helden, und früher sowieso.
Nun gut, der Umbau des Fahrrads gelang dann zeitlich leider doch nicht mehr, und so standen am Tag 1 drei tapfere Recken mit 80mm-Gabeln und konventioneller Bremstechnik am Hauptbahnhof (tief). Gleiche Waffen, hat auch was.
Die Ochsentour nach Garmisch nahm ihren Anfang, wir hatten den ganzen Tag Zeit, eine Ausgabe des Tagesspiegels durchzuackern, auch den Rätseln wurde sich mit ungeahnter Sorgfalt gewidmet. In Leipzig war Games Convention, der Zug überfüllt und fuhr nicht los; später blieb noch ein Helm im Zug liegen und musste wiederbeschafft werden. Aber Garmisch wurde am Abend erreicht, die Unterkunft in Beschlag genommen und am nächsten Tag sollte es dann endlich losgehen.
Eine Panoramatour durchs Karwendel stand auf dem Programm. Über die Partnachalm ging es rauf auf den Hochalmsattel wieder runter ins Engtal und dann wurde aufs Plumsjoch gekurbelt.
"Doch Hänsel faßt die Hex am Bein, Plums! fällt sie in den Topf hinein." Heißt es bei Wilhelm Busch. Nicht unpassend zitiert, denn das Plumsjoch verdankt seinem Namen der plumsigen Abfahrt zum Aachensee. Ein steiler Schotterdownhill windet sich Richtung Gernalm und vernichtet Höhenmeter mit vorbildlicher Effizienz. Da schwebte ich also in den Abgrund und war gerade am Austesten meiner, sicher auch in Fachkreisen nicht ganz konkurrenzlosen Theorie, dass man es trotz der Steile mit dem Schlachtruf Arsch hinter den Sattel auch übertrieben kann, weil wo soll denn die Führung für das Vorderrad herkommen? Irgendwie muss man schließlich um die ausgewaschenen Kehren kommen. Und so halb kontrollverlustete, aber immer bester Laune, halb driftete ich um eine weitere Serpentine als ich eine Überraschung erlebte. Meine Fahrt erlebte ein jähes Ende. Was war passiert? Eine Kuh stand im Weg, nahm diesen aufgrund ihrer nicht unbeträchtlichen Leibesfülle fast komplett ein, rührte sich kein Stück, zuckte nicht mit der Wimper, so to speak, und sah gelangweilt zu, wie ich zuerst querstand und dann, eher harmlos, aus dem Stand umfiel. Nix passiert, und es sollte auch mein einzigster Sturz bleiben. Das hatte mich aber überrascht und mir gezeigt, dass ich noch nicht vollständig in den Alpen angekommen war. Immer noch emotional in Brandenburg verortet, rechnete ich einfach nicht damit, dass auf einer Alm auch mal eine Kuh im Weg steht. Und viel wichtiger, dass eine Almkuh einfach mal die Ruhe weg hat. Ein Sinnbild der Coolness. Kein überhitztes, um Souveränität hechelndes, Brandenburger Dorfündchen, keine mißtrauisch äugende Katze auf der Flucht, sondern ein Fels in der Brandung. Ob Brocken Rocken-Trikot, Magentadress, knallgrüne Fun-Punker-Frisur, die Almkuh ignoriert unabhängig von Aussehen und Auftreten und wiederkäut nur mit glasigem Blick vor sich hin.
Ich kenne diesen Blick, er begegnete mir zuletzt auf dem Radweg in der Landsberger Alle wo eine Autofahrerin ignorierend durch mich durchblickte und mich unsanft vom Radweg holte. Auch Ex-Freundinnen oder denen die diesen Schritt in Erwägung zogen, hat man schon derart in die Landschaft schauen sehen. In beiden Fällen ist ein kurzes Dumme Kuh! vielleicht nicht nett noch empfehlenswert, aber manchmal einfach nicht vermeidbar. Aber hier auf der Abfahrt vom Plumsjoch, wo wir uns trotz der Abschweifung immer noch befinden, hätte ich mir das nie erlaubt.
Also die Fahrt wieder aufgenommen und weiter ging es zum Aachensee. Nun stand nur noch der Transfer nach Schwaz an und dann ein letztes Mal hinauf nach Weerberg wo eine Unterkunft uns erwartete. Man fuhr vorbei an majestätischen Hügeln, hinter denen Dörfer sich verschanzen. Noch führte die Straße vorbei an Wiesen, an deren aberwitzigen Steigungen Maschinen ihre Arbeit verrichten. Wirklich steil, dass weiß man aber, sind die Wiesen, die sich nur noch per Hand, mit der Sense mähen lassen. Die Sonne stand schon tief. In nicht einmal einer Stunde würde sie zur Freude der Urlaubsphotographen glühend hinter den Bergriesen verschwinden. Sehr spät, eigentlich schon zu spät, wurden die Ausläufer von Weerberg erreicht und es gab auf 800m vor dem Ortseingang allerlei Früchte von Bäumen am Wegesrand. Die angedachte Pension hatte ich einen Tag vor Abreise noch, ohne gesteigerte Ortskenntnis gebucht, und auf Nachfrage wurde uns beschieden, dass es noch 1,2km bis zum ersehnten Ziele seien.
Ahnungslos machten wir uns auf den kurzen Weg, die Vorfreude auf Dusche, Speis und Trank, Bett im Herzen und genossen derweil das Schauspiel zu unserer Rechten. Entweder ging gerade die Sonne unter oder im Vulkan Mount Doom, dem Schicksalsberg in der der Ebene von Gorgoroth wurde gerade Saurons Ring vernichtet.
1,2 km kamen und gingen und so langsam wurde klar, dass es sich bei Weerberg um das Strausberg des Karwendelgebirges handeln musste: Ein sich zäh am Steilhang mäandernder Siedlungsbrei; ganze 14km lang, wie sich noch herausstellen sollte. Und ganz witzig: Unsere Pension war irgendwo oben auf dem Berg, auf 1200m. Der Motivation ist das nicht gerade zuträglich, wenn aus 1,2km, quasi gleich um die Ecke dann mal eben 400hm in rapide einsetzender Dunkelheit werden. Und so kam es, dass aus einer unschuldigen Frage nach dem Weg, ein Shuttleservice durch einen unkomplizierten und furchtbar netten Ureinwohner wurde. Das war knapp gewesen: In 5 Minuten hätte der Laden dichtgemacht, wir waren die einzigen Gäste, wurde nicht gerade erwartet und so gab es improvisierte Pommes mit Würstchen und Eieromlett zum Abendbrot.
Tag 1 war geschafft am nächsten Morgen lockte ein klarer Blick aufs Inntal und es standen zum Start 30km Anstieg zum Geiseljoch auf dem Programm. Erst mal wieder runter von unserer Unterkunft auf dem Berg und dann auf der Straße in Gluthitze auf 1200m gekurbelt und auf zunehmend steilerem Schotter weiter bis zur Weidener Hütte vorgekämpft um dann endlich auf 2300m das Geiseljoch zu erreichen.
Dort die Aussicht genossen und es ging auf Schotter recht flott wieder runter ins Tal, in Finkenberg eingekauft und dann standen nur noch 25km bergauf zum Schlegeisspeicher auf dem Programm. Auf endlos erscheinendem Asphaltband scghraubten wir uns bis zum Stausee auf 1800m, wo die Dominikushütte uns Unterkunft geben sollte. Die Reisegruppe zerplitterte dabei, verlor aber nie den Kontakt. Eispickel düpierte unterwegs eine Schwucke aus München und war zeitweise weit in der Führung, Schnecke war mal hinten, dann wieder vorne, den See erreichten wir aber fast zeitgleich. Das übliche Programm wurde abgespult und nach Essen, Duschen, Waschen der Kleidung, blieb eigentlich nur noch etwas Zeit für die Planung des nächsten Tages und dann war auch schon Ruhe im Karton.
Der nächste Tag begann mit der Anfahrt zum Pfitscherjoch, wir würden also bereits am dritten Tag in Italien einfallen.
Das Wetter war wieder einmal hervorragend, die Fernsicht beeindruckend und so genossen wir den tiefblauen Blick auf den Hochpfeiler und stürzten uns auf die unkomplizierte Abfahrt auf alter Militärstraße. Im Geschwindigkeitsrauch ging es auf festem Schotter nahezu 1000hm in den Abgrund. Weiter ging es auf schmalen Wiesenpfaden und erst der Versorgungsstopp in Sterzing bremste unserem Bewegungsdrang erst einmal ein. Vierzig eher flache Kilometer führten uns bis nach Mühlbach und dann sollte es eigentlich langsam Richtung Unterkunft gehen, aber ein Stopp am Brunnen in Nauders warf alle Pläne über den Haufen. Aus einem harmlosen Gespräch entwickelte sich eine Empfehlung für die Starkenfeldhütte auf der Rodeneckeralm, die dann mal eben auf 1900m lag und nicht gerade um die Ecke war. Dies sollte auch die Blaupause für alle weiteren Nachmittage werden: Kurz vor dem drohenden Ende des Tages auf die Karte geschaut und dann eine Hütte so hoch wie möglich raussucht. Ein Grund, warum die geplanten Höhemeter nicht ausreichten. Also am Brunnen die Flaschen gefüllt, Fragen nach den Brocken-Rocken-Trikots (Wo kann man die bekommen?) beantwortet und mal wieder zu Tagesausklang 1000hm raufgeschraubt. Pünklich zum Sonnenuntergang waren wir dann endlich oben. Mehr wie Essen, Planung und Schlafen war mal wieder nicht drin, aber was soll man auch sonst machen?
Sonnenuntergang auf der Rodeneckeralm.
Das Frühstück war in Ordnung, aber nicht besonders, was etwas verwunderte, weil dies eigentlich der Grund war, warum wir uns hier hochgekämpft hatten. Das Frühstück war es, was uns am Brunnen in Nauders in den höchsten Tönen empfohlen wurde. Egal, es ging zum Tourbeginn rauf aufs Astjoch, welches eine wirklich einmalige 360 Grad Rundumsicht lieferte. Grandios und definitiv eines der Highlights des gesamten Unternehmens.
Blick vom Astjoch.
Abfahrt im Niemandsland zwischen Astjoch und Kleinem Astjoch und was da noch so rumsteht.
Ein kleines Astjoch war noch zu bezwingen, und da noch ein Anstieg und hier wieder runter auf die Alm und so waren wir vor Mittag nicht wirklich weit gekommen. Runter nach St. Vigil, dort eine längere Versorgungs- und Planungspause und dann mal wieder die höchste Hütte in der Gegend klargemacht. Rauf auf über 2000m zum Heiligen Kreuz und rein in die Dolomiten. Steil und steiler, teilweise auf Kletterstiegen erreichten wir wieder mal zum Sonnenuntergang unser Nachtlager. Der Felsen im Rücken des Anwesens glühte und Schnecke lies für den Sonnenuntergang die Nudeln stehen. Keine schlechte Wahl.
Der Hüttenvorstand spendierte zu fortgeschrittener Stunde noch 3 Gläser Wein denen ich mich schweren Herzens allein widmen musste, denn meine Mitreisenden machen um Wein einen Bogen. Wie ist dieser Bogen beschaffen? Es ist einer der größten Bögen, die man abgesehen vom Pariser Triumphbogen, als Mensch machen kann. Leckerer Hauswein und so schläft man doch gleich viel besser ein. Der Alkohol blieb aber die Ausnahme, schade eigentlich. Denn noch vor die Tür gegangen und den Sternenhimmel, hell funkelnd und frei von Lichtverschmutzung, genossen und dann war wieder mal Nachtruhe. Wir hatten 4 Tage hinter uns gebracht. Kein Tag unter 100km, 2500hm waren es auch jeden Tag mindestens gewesen. Das konnte ja heiter werden.
Umzusetzen galt es das Projekt Alpenüberquerung mit Start in Garmisch und der Ankunft in Riva. Teilnehmer Rennschnecke, Eispickel, Will. Angesagt waren etwa 650km und 20.000hm. Es wurde nicht unwesentlich mehr, aber das hätte eigentlich schon vorher klar sein sollen.
Die Reiseleitung stellte mir für die Teilnahme einige harte Bedingungen. Das Full-Suspension-Fahrgefährt durfte nicht mit auf die Reise. Zu schwer, nicht antriebsneutral und überhaupt. Auch für eine Spiegelreflex-Ausrüstung sei kein Platz, wurde mir mitgeteilt. Aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen, hätte ich noch einigen Wochen früher gesagt. Dann fiel ich in der Vorbereitungsphase zweimal ausgerechnet auf den Kopf, hatte daher mit Trainingsausfall zu kämpfen, konnte aber in der Zwischenzeit doch noch den einen oder anderen klaren Gedanken fassen.
Anstelle der DSLR wurde eine Sigma DP1, eine zickige aber großartige Kamera mit Riesensensor und hervorragender Optik, angeschafft und für das Hardtail wurden Scheibenbremsen und ein Laufradsatz geordert. Es gibt eben als gesichert geltende Sachverhalte, die ich einfach nicht glauben mag. Ich strecke den Kompetenzen die Zunge entgegen und bin ganz furchtbar renitent. Mein Unglaube ist frech, doch mein Recht. Klar komme ich auch felgengebremst über die Alpen, aber ich wollte nicht. Logo, Starrgabel, Singlespeeder, Trekkingrad, geht alles. Alles Helden, und früher sowieso.
Nun gut, der Umbau des Fahrrads gelang dann zeitlich leider doch nicht mehr, und so standen am Tag 1 drei tapfere Recken mit 80mm-Gabeln und konventioneller Bremstechnik am Hauptbahnhof (tief). Gleiche Waffen, hat auch was.
Die Ochsentour nach Garmisch nahm ihren Anfang, wir hatten den ganzen Tag Zeit, eine Ausgabe des Tagesspiegels durchzuackern, auch den Rätseln wurde sich mit ungeahnter Sorgfalt gewidmet. In Leipzig war Games Convention, der Zug überfüllt und fuhr nicht los; später blieb noch ein Helm im Zug liegen und musste wiederbeschafft werden. Aber Garmisch wurde am Abend erreicht, die Unterkunft in Beschlag genommen und am nächsten Tag sollte es dann endlich losgehen.
Eine Panoramatour durchs Karwendel stand auf dem Programm. Über die Partnachalm ging es rauf auf den Hochalmsattel wieder runter ins Engtal und dann wurde aufs Plumsjoch gekurbelt.
"Doch Hänsel faßt die Hex am Bein, Plums! fällt sie in den Topf hinein." Heißt es bei Wilhelm Busch. Nicht unpassend zitiert, denn das Plumsjoch verdankt seinem Namen der plumsigen Abfahrt zum Aachensee. Ein steiler Schotterdownhill windet sich Richtung Gernalm und vernichtet Höhenmeter mit vorbildlicher Effizienz. Da schwebte ich also in den Abgrund und war gerade am Austesten meiner, sicher auch in Fachkreisen nicht ganz konkurrenzlosen Theorie, dass man es trotz der Steile mit dem Schlachtruf Arsch hinter den Sattel auch übertrieben kann, weil wo soll denn die Führung für das Vorderrad herkommen? Irgendwie muss man schließlich um die ausgewaschenen Kehren kommen. Und so halb kontrollverlustete, aber immer bester Laune, halb driftete ich um eine weitere Serpentine als ich eine Überraschung erlebte. Meine Fahrt erlebte ein jähes Ende. Was war passiert? Eine Kuh stand im Weg, nahm diesen aufgrund ihrer nicht unbeträchtlichen Leibesfülle fast komplett ein, rührte sich kein Stück, zuckte nicht mit der Wimper, so to speak, und sah gelangweilt zu, wie ich zuerst querstand und dann, eher harmlos, aus dem Stand umfiel. Nix passiert, und es sollte auch mein einzigster Sturz bleiben. Das hatte mich aber überrascht und mir gezeigt, dass ich noch nicht vollständig in den Alpen angekommen war. Immer noch emotional in Brandenburg verortet, rechnete ich einfach nicht damit, dass auf einer Alm auch mal eine Kuh im Weg steht. Und viel wichtiger, dass eine Almkuh einfach mal die Ruhe weg hat. Ein Sinnbild der Coolness. Kein überhitztes, um Souveränität hechelndes, Brandenburger Dorfündchen, keine mißtrauisch äugende Katze auf der Flucht, sondern ein Fels in der Brandung. Ob Brocken Rocken-Trikot, Magentadress, knallgrüne Fun-Punker-Frisur, die Almkuh ignoriert unabhängig von Aussehen und Auftreten und wiederkäut nur mit glasigem Blick vor sich hin.
Ich kenne diesen Blick, er begegnete mir zuletzt auf dem Radweg in der Landsberger Alle wo eine Autofahrerin ignorierend durch mich durchblickte und mich unsanft vom Radweg holte. Auch Ex-Freundinnen oder denen die diesen Schritt in Erwägung zogen, hat man schon derart in die Landschaft schauen sehen. In beiden Fällen ist ein kurzes Dumme Kuh! vielleicht nicht nett noch empfehlenswert, aber manchmal einfach nicht vermeidbar. Aber hier auf der Abfahrt vom Plumsjoch, wo wir uns trotz der Abschweifung immer noch befinden, hätte ich mir das nie erlaubt.
Also die Fahrt wieder aufgenommen und weiter ging es zum Aachensee. Nun stand nur noch der Transfer nach Schwaz an und dann ein letztes Mal hinauf nach Weerberg wo eine Unterkunft uns erwartete. Man fuhr vorbei an majestätischen Hügeln, hinter denen Dörfer sich verschanzen. Noch führte die Straße vorbei an Wiesen, an deren aberwitzigen Steigungen Maschinen ihre Arbeit verrichten. Wirklich steil, dass weiß man aber, sind die Wiesen, die sich nur noch per Hand, mit der Sense mähen lassen. Die Sonne stand schon tief. In nicht einmal einer Stunde würde sie zur Freude der Urlaubsphotographen glühend hinter den Bergriesen verschwinden. Sehr spät, eigentlich schon zu spät, wurden die Ausläufer von Weerberg erreicht und es gab auf 800m vor dem Ortseingang allerlei Früchte von Bäumen am Wegesrand. Die angedachte Pension hatte ich einen Tag vor Abreise noch, ohne gesteigerte Ortskenntnis gebucht, und auf Nachfrage wurde uns beschieden, dass es noch 1,2km bis zum ersehnten Ziele seien.
Ahnungslos machten wir uns auf den kurzen Weg, die Vorfreude auf Dusche, Speis und Trank, Bett im Herzen und genossen derweil das Schauspiel zu unserer Rechten. Entweder ging gerade die Sonne unter oder im Vulkan Mount Doom, dem Schicksalsberg in der der Ebene von Gorgoroth wurde gerade Saurons Ring vernichtet.
1,2 km kamen und gingen und so langsam wurde klar, dass es sich bei Weerberg um das Strausberg des Karwendelgebirges handeln musste: Ein sich zäh am Steilhang mäandernder Siedlungsbrei; ganze 14km lang, wie sich noch herausstellen sollte. Und ganz witzig: Unsere Pension war irgendwo oben auf dem Berg, auf 1200m. Der Motivation ist das nicht gerade zuträglich, wenn aus 1,2km, quasi gleich um die Ecke dann mal eben 400hm in rapide einsetzender Dunkelheit werden. Und so kam es, dass aus einer unschuldigen Frage nach dem Weg, ein Shuttleservice durch einen unkomplizierten und furchtbar netten Ureinwohner wurde. Das war knapp gewesen: In 5 Minuten hätte der Laden dichtgemacht, wir waren die einzigen Gäste, wurde nicht gerade erwartet und so gab es improvisierte Pommes mit Würstchen und Eieromlett zum Abendbrot.
Tag 1 war geschafft am nächsten Morgen lockte ein klarer Blick aufs Inntal und es standen zum Start 30km Anstieg zum Geiseljoch auf dem Programm. Erst mal wieder runter von unserer Unterkunft auf dem Berg und dann auf der Straße in Gluthitze auf 1200m gekurbelt und auf zunehmend steilerem Schotter weiter bis zur Weidener Hütte vorgekämpft um dann endlich auf 2300m das Geiseljoch zu erreichen.
Dort die Aussicht genossen und es ging auf Schotter recht flott wieder runter ins Tal, in Finkenberg eingekauft und dann standen nur noch 25km bergauf zum Schlegeisspeicher auf dem Programm. Auf endlos erscheinendem Asphaltband scghraubten wir uns bis zum Stausee auf 1800m, wo die Dominikushütte uns Unterkunft geben sollte. Die Reisegruppe zerplitterte dabei, verlor aber nie den Kontakt. Eispickel düpierte unterwegs eine Schwucke aus München und war zeitweise weit in der Führung, Schnecke war mal hinten, dann wieder vorne, den See erreichten wir aber fast zeitgleich. Das übliche Programm wurde abgespult und nach Essen, Duschen, Waschen der Kleidung, blieb eigentlich nur noch etwas Zeit für die Planung des nächsten Tages und dann war auch schon Ruhe im Karton.
Der nächste Tag begann mit der Anfahrt zum Pfitscherjoch, wir würden also bereits am dritten Tag in Italien einfallen.
Das Wetter war wieder einmal hervorragend, die Fernsicht beeindruckend und so genossen wir den tiefblauen Blick auf den Hochpfeiler und stürzten uns auf die unkomplizierte Abfahrt auf alter Militärstraße. Im Geschwindigkeitsrauch ging es auf festem Schotter nahezu 1000hm in den Abgrund. Weiter ging es auf schmalen Wiesenpfaden und erst der Versorgungsstopp in Sterzing bremste unserem Bewegungsdrang erst einmal ein. Vierzig eher flache Kilometer führten uns bis nach Mühlbach und dann sollte es eigentlich langsam Richtung Unterkunft gehen, aber ein Stopp am Brunnen in Nauders warf alle Pläne über den Haufen. Aus einem harmlosen Gespräch entwickelte sich eine Empfehlung für die Starkenfeldhütte auf der Rodeneckeralm, die dann mal eben auf 1900m lag und nicht gerade um die Ecke war. Dies sollte auch die Blaupause für alle weiteren Nachmittage werden: Kurz vor dem drohenden Ende des Tages auf die Karte geschaut und dann eine Hütte so hoch wie möglich raussucht. Ein Grund, warum die geplanten Höhemeter nicht ausreichten. Also am Brunnen die Flaschen gefüllt, Fragen nach den Brocken-Rocken-Trikots (Wo kann man die bekommen?) beantwortet und mal wieder zu Tagesausklang 1000hm raufgeschraubt. Pünklich zum Sonnenuntergang waren wir dann endlich oben. Mehr wie Essen, Planung und Schlafen war mal wieder nicht drin, aber was soll man auch sonst machen?
Sonnenuntergang auf der Rodeneckeralm.
Das Frühstück war in Ordnung, aber nicht besonders, was etwas verwunderte, weil dies eigentlich der Grund war, warum wir uns hier hochgekämpft hatten. Das Frühstück war es, was uns am Brunnen in Nauders in den höchsten Tönen empfohlen wurde. Egal, es ging zum Tourbeginn rauf aufs Astjoch, welches eine wirklich einmalige 360 Grad Rundumsicht lieferte. Grandios und definitiv eines der Highlights des gesamten Unternehmens.
Blick vom Astjoch.
Abfahrt im Niemandsland zwischen Astjoch und Kleinem Astjoch und was da noch so rumsteht.
Ein kleines Astjoch war noch zu bezwingen, und da noch ein Anstieg und hier wieder runter auf die Alm und so waren wir vor Mittag nicht wirklich weit gekommen. Runter nach St. Vigil, dort eine längere Versorgungs- und Planungspause und dann mal wieder die höchste Hütte in der Gegend klargemacht. Rauf auf über 2000m zum Heiligen Kreuz und rein in die Dolomiten. Steil und steiler, teilweise auf Kletterstiegen erreichten wir wieder mal zum Sonnenuntergang unser Nachtlager. Der Felsen im Rücken des Anwesens glühte und Schnecke lies für den Sonnenuntergang die Nudeln stehen. Keine schlechte Wahl.
Der Hüttenvorstand spendierte zu fortgeschrittener Stunde noch 3 Gläser Wein denen ich mich schweren Herzens allein widmen musste, denn meine Mitreisenden machen um Wein einen Bogen. Wie ist dieser Bogen beschaffen? Es ist einer der größten Bögen, die man abgesehen vom Pariser Triumphbogen, als Mensch machen kann. Leckerer Hauswein und so schläft man doch gleich viel besser ein. Der Alkohol blieb aber die Ausnahme, schade eigentlich. Denn noch vor die Tür gegangen und den Sternenhimmel, hell funkelnd und frei von Lichtverschmutzung, genossen und dann war wieder mal Nachtruhe. Wir hatten 4 Tage hinter uns gebracht. Kein Tag unter 100km, 2500hm waren es auch jeden Tag mindestens gewesen. Das konnte ja heiter werden.
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