Vom „Mountainbiken“ im Baltikum und anderen Extremsportarten – Ein Urlaubsbericht

So viele schöne Touren lagen nun schon hinter uns, aber das Highlight hatten wir uns bis zum Schluss aufgehoben: unsere Teilnahme an der Gummistiefelweitwurf – Weltmeisterschaft 2004 in Pärnu/ Estland. Wir näherten uns, mit den Ärzten im CD-Fach, im rasanten Tempo der Stadt am Meer.
Es schlich sich so langsam eine Nervosität und Aufregung ein, denn dieses Wochenende sollte ein ganz besonderes werden in diesem Jahr, ja vielleicht sogar in meinem ganzen Leben. Eine Weltmeisterschaft, so eine richtig offizielle, wo Deutschland ( wow, ich bin für Deutschland an den Start gegangen ) als Außenseiter antrat .
Um uns ein bisschen zu beruhigen, öffneten wir erst einmal ein frisch erworbenes einheimisches Bier, sollte eigentlich ein Mitbringsel werden, aber diese lustige Flasche brachte das Fass der Heiterkeit zum Überlaufen.


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Am frühen Abend kamen wir im kleinen, etwas auswärts gelegenem Hotel an. Die Mitstreiter von „Gib Gummi 03„ , der Verein, für den ich mitwerfe, erwartete uns schon sehnsüchtig. Der Grill war am Glühen und die Getränke standen kalt. Zum ersten mal hatten wir die Chance, anderen als uns selbst, von unseren Abenteuern zu erzählen - die Jungs mussten herhalten. Ähnlich wie im ESK ist auch der Gummistiefelweitwurf eine Männerdomäne. Wir hatten einen wunderschönen Abend, der nicht enden wollte, denn in Estland wird es nicht dunkel. Nachts um 1 stürmten wir noch in die Sauna und zur Abkühlung sprangen wir in den eiskalten Fluss. Müde werden konnte man hier nicht. In den Morgenstunden krabbelten wir in unser Zelt, das wir auf der Wiese aufgebaut hatten.


Der 1. Wettkampftag

Am ersten Tag fanden die Vorentscheidung statt und später am Tag das Finale der Teamwertung.

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Es regnete, aber die Stimmung in unserer deutschen Mannschaft war sehr heiter. Auf dem Sportplatz gab es erst einmal viele Ansprachen: auf finnisch, estisch und schwedisch und natürlich auch in deutsch.


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Es gab eine Cheerleadershow und dann wurden die Trikots verteilt.


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Und jetzt kam Trilli zum Einsatz. Von wegen nur Groupie. Damit sie sich nicht langweilte und weil wir sie auch brauchten, wurde noch schnell ein Team zusammen gestellt und somit war Trilli eine Mitstreiterin-werferin bei dieser WM. Ich glaube, zu Anfang war sie nicht so begeistert, aber es gab kein zurück.

Teamwertung : - ein Team besteht aus 3 Werfern, Frauen und Männer getrennt
- jeder Athlet hat 3 Würfe und der weiteste von jedem zählt, die werden
addiert und das ergibt die Teamweite

Ich habe in meinem Team völlig versagt, denn alle meine Würfe flogen ins Aus. Diese schlechte Leistung deprimierte mich sehr doll, denn ich war besseres gewohnt, aber diese Nervosität....
Trilli hingegen war ein Naturtalent. Sie hielt das erste Mal einen Stiefel in der Hand und schwupp, versetzte sie ihm Flügel und er flog recht weit. ( das stimmt so alles gar nicht – ich warf 10 Meter, was besser ist als ins Aus, aber einen Blumentopf gewinnt man damit auch nicht. Ich hatte das Glück im Team die Frau eines Profis zu haben, die anscheinend einiges von ihm gelernt hatte. Eigentlich wollte auch sie nicht mitwerfen, aber genauso wie bei mir – wir brauchten sie um ein vollständiges Team zu sein. Anmerkung von trillian)

So kam es, dass mein Team das Finale nicht erreichte, aber Trilli`s war dabei. Was für ein Jubel. Sie konnte es erst gar nicht glauben, aber es stand da schwarz auf weiß. Da war ich ja schon ein bisschen neidisch, denn ich dachte, das diese WM für mich gelaufen war....dachte...
Als sie irgendwann realisierte, was nun auf sie zukam, wollte sie dann doch mal ein bisschen trainieren. So erklärte ich mich spontan zu ihrem persönlichen Coach und wir gingen aufs Übungsfeld.
Nachdem wir den ein oder anderen Stiefel in die Ferne warfen, ( Naja – was halt so Ferne nennt; ich musste nicht allzu weit laufen um ihn wiederzuholen... Anmerkung von trillian) kam eine Schwedin der Profiliga zu uns, die meine Rolle als Trainerin übernahm. Sie zeigte uns, wie man den Stiefel richtig hält, wie man sich professionell dreht, schrie uns an, riss an unseren Armen, drehte Trillian die Hand um und riss ihr dabei fast einen Fingernagel ab. (Ich fühlte mich wie Kati Witt – Trainerin Jutta muss ähnlich rabiat gewesen sein – Anmerkung von Trillian) Sie hatte kein Erbarmen. Wir waren müde, uns taten die Arme weh, aber sie trieb uns weiter an... ( und an und an und an und an, ich hatte bald keine Lust bzw. Kraft mehr, aber sie wollte aus mir unbedingt einen weiblichen Terminator machen)
Das hatte zur positiven Folge, das unsere Würfe wirklich weiter und gezielt waren. Ich wurde noch trauriger, dass ich mein frisch Erlerntes nicht ausüben konnte. So gab ich Trillian mein ganzes Glück und feuerte sie ordentlich an, bei ihrem sensationellen Auftritt. ( 20 Meter fürs erste, das ist gut! Sensationell waren die Finnen.)
Doch leider hat es für eine Medaille nicht gereicht, denn die Finninnen sind wirklich unschlagbar. Unsere Kinder bekommen als erstes Spielzeug eine Barbie oder einen Bagger, aber bei den Finnen sind es wohl kleine Gummiestiefelchen.


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Sie basteln ja sogar Tragetaschen für ihre Gummistiefelweitwurfutensilien wie Messband, Puder, Handschuh, Poliertuch, Bierdose, Stullenbüchse ect.


Aber so richtig frustierend war es nicht, denn es ging ja hier auch um das dabei sein und Trilli wurde hier als große Heldin gefeiert und hatte ja einen großen Erfolg.

Doch was ich ganz vergessen hatte: Und da kam dann S-Punkt wieder ins Spiel... es gab noch eine Einzelwertung.
- jeder einzelne Werfer hatte wieder 3 Würfe und der weiteste zählt

So durfte ich doch noch mal an den Start und die Trainingsstunden machten sich bemerkbar.

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Ich war hochkonzentriert und alle Würfe waren gut und im Feld. Aber Chancen rechnete ich mir keine aus. So schaute ich auch nicht weiter auf die Ergebnisliste, die später rumgereicht wurde.

An diesem Abend wurde ein großes Barbecue für alle Wettkämpfer veranstaltet. Es fand in unserer Herberge statt.
Fast alle WM-Teilnehmer kamen und so wurde es ein großes, rauschendes Fest. Eine 2-Mann Combo beglückte uns mit bekannten Evergreens auf estisch, es wurde päarchenweise unterm Apfelbaum in dieser lauschigen Nacht getanzt und die Esten, Finnen und Schweden bestätigten, was allgemein bekannt ist. Die saufen wie die Löcher, Wodka fließt in Strömen und keiner findet ein Ende. Wir überlebten alle.

2. Wettkampftag

Heute wurde das Finale das Finale der Männer und Frauen ausgetragen, aufgeteilt in jeweils 3 Altersgruppen.
Wir beiden wollten uns eigentlich einen lauschigen Tag machen, bisschen rumlümmeln, langsam wach werden, anfeuern, bisschen üben. Ich ging davon aus, aus der Wertung zu sein und Trillian war ja nicht zur Einzelwertung angemeldet.
schließlich bin ich als Sabines Fanblock angereist

Als wir auf dem Sportplatz ankamen, kam Jorma - unser Präsident – auf uns zugerannt und erzählte mir, das ich im Finale bin. Potzblitz....was war geschehen, ich konnte es nicht fassen. Nun hieß es schnell das Trikot anziehen und ab an den Start und schöööööön ruhig bleiben. Ich war natürlich sofort dran, hatte Mühe meinen auserwählten Stiefel zufinden.

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Es ist so, dass nicht jeder mit seinem eigenen Stiefel wirft, die könnten ja manipuliert sein, nein, es werden Stiefel gestellt. Es gibt 2 Marken, die als Wettkampfstiefel zugelassen sind. Der klassische Nokia oder ein Sulman. Die Männer werfen mit Gr.43, die Frauen mit Gr. 38. Ich bevorzuge den alten Sulman in links.
Ich fand ihn und nun konzentrieren. Den Arm schön lang machen, das Handgelenk in den richtigen Winkel drehen, Beine anspannen und den Blick nach vorn gerichtet. Richtigen Abstand bis zur Abwurflinie abschätzen, okay, könnte klappen, auf gings. Eins, zwei, Drehung, drei und fliiiieeeeeg......jepp, das war gelungen und es gelang die weiteren zwei Würfe auch noch. Helle Freude und Jubel. (Man, war ich stolz – meine Freundin!!)
Das Training hatte sich gelohnt. Mit jedem Wurf erreichte ich eine neue Bestleistung und so liegt mein persönlicher Rekord bei 24,50m.


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Stylepunkte bekam auch dieses Mitglied des Orga-Teams von uns, aber auch die Ansage, 1mal in estisch und ein weiteres mal in finnisch, hat uns schwer beeindruckt. War ein bisschen wie Grand prix


Die Weltmeisterin warf in diesem Jahr 36m und der Weltmeister 63m. (Der Weltrekord liegt bei 66 Meter!!!)

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...im Hintergrund ist sie zu sehen, (mit der roten Jacke und dem Stiefel in der Hand) sehr symphatisch. Auf der Party am Abend zuvor war sie noch damit beschäftigt gewesen, die Männer unseres Vereins zu bezirzen (mit Unmengen von Wodka im Blut) – aber es hat sich keiner mit ihr getraut, die Finnen werfen nicht nur Gummistiefel, auch LKW-Reifen müssen dran glauben

Da das Frauenfinale schneller zu Ende war (kein Wunder bei der geringen Teilnehmerzahl), schauten wir den Männern zu. Es war wirklich so spannend, als die Elite der Weitwerfer sich ihr Finale lieferten. Wir fieberten mit, jubelten und hatten unseren Helden: Jouni Viljanen, mehrfacher Weltmeister, Finne und sehr sonderbar.

Großer, bulliger Typ, der sich nur mit zum Boden gesengtem Blick zwischen seinem Sitzplatz am Rande des Feldes und der Wettkampfarena bewegte. Voll Respekt für ihn und sein Können öffnete sich das Publikum vor ihm zur Gasse. Er schaute keinen an, warf und gewann – wie jedes Jahr. Beeindruckender Auftritt.

Er siegte auch diesmal wieder und ich glaube, er hatte das erste mal in seinem Leben echte Groupies (uns).


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Dieser Tag wurde wieder mit einem schönen Barbecue beendet und wir feierten unsere persönlichen Erfolge und Trilli und ich wussten, das dies der letzte Urlaubsabend sein würde. Morgen sollte es heim gehen.
Sie freute sich natürlich sehr auf daheim, weil da ja das Herzblatt sehnsüchtig wartete. Ich hätte es noch länger ausgehalten. (ich auch, liebe S-Punkt, vor allem mit dir, aber der schönste Urlaub ist doch irgendwann zu Ende...)

Am nächsten Tag hatten wir beim Packen und Zeltabbau etwas Schwierigkeiten. Es dauerte Stunden, denn die Nachwehen des gestrigen Abends waren groß.

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Die Heimreise legten wir (zusammen mit den Ärzten) in 2 Tagen zurück. Wir hielten nur zum Pipi machen und Suppe essen und schliefen nachts im Auto.

Während der Fahrt ließen wir den Urlaub Revue passieren.
Es war ein voller Erfolg. Wir haben viel gesehen, viele Abenteuer erlebt, viele hilfsbereite Menschen getroffen, Vorurteile abgebaut (ja - wow, das Auto war noch da) sehr viel gelacht und Spaß gehabt. Trilli, es war super ! (Na, dass find ich auch und nächstes Jahr fahren wir nach Finnland – zur Gummistiefelweltmeisterschaft 2005.)


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aber nicht so....


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und nun noch ein paar Storchimpressionen...

okay, ich verschon euch

und jetzt ist Schluss.....

tschüß



S-Punkt und trillian
 
toller bericht! einfach super - besonders in verbindung mit euren fotos! war super zu lesen und ich muss herrn dent recht geben - die lady in gelb ist eine eindrucksvolle erscheinung. würde sie auch sehr gern mal kennen lernen. beste grüsse... menis
 
baxter schrieb:
ihr werdet berühmt ;-)

Wir sind berühmt!!


Menis schrieb:
Die Lady in gelb...würde sie auch sehr gern mal kennen lernen.

[ErstauntModus ON]Menis!![ErstauntModus OFF] Deshalb das Bärtchen?? Soll das deine Chancen beim Buhlen um die estischen Schönheiten erhöhen?? Kopfschüttel...Das hast du nicht nötig!

Aber, wenn gewünscht, versuch ich ein Treffen zu organisieren. Nächstes Jahr in Finnland?!
 
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