Waldumwandlung - ab wann?

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Hallo Community,

ich könnte ein wenig Hilfe zum Thema Waldumwandlung brauchen. Hintergrund ist folgender: Wir wollten Downhill-/Freeridetrails bauen, um den Kids hier (NRW) legale Optionen zu eröffnen und Probleme mit Eigentümern und Forstbetriebsverbänden proaktiv anzugehen. Unterstützer waren gefunden, Waldeigentümer fanden die Idee gut und haben sich bereit erklärt, ihre Grundstücke zur Verfügung zu stellen... dann der Termin beim Forstamt. Und damit die ernüchternde Aussage, dass es sich um Landschaftsschutzgebiet handeln würde und dass das was wir vorhätten (große Anlieger, Sprünge, ...) definitiv ohne eine Umwandlung der Fläche von Wald nach Sportstätte nicht zu machen wäre. Das wiederum zieht einen Rattenschwanz an Problemen nach sich (Ausgleichsflächen, Flächennutzungs- und Bebauungsplanänderungen, ...), so dass wir recht schnell zu der Einsicht gelangt sind, dass wir diesen mega Prozess nicht durchziehen wollen oder können.

Jetzt stellt sich für uns nur die Frage, ob das Vorhaben damit gescheitert ist, oder ob es auch ohne Waldumwandlung möglich ist, für Downhiller interessante Trails zu bauen. Dafür müsste man aber genauer wissen, wo die Grenzen liegen, sprich: Was darf ich noch ohne Umwandlung bauen und was geht nicht mehr?

Meine bisherigen Erkenntnisse sind eher vage:
  • Flowtrails und Downhillstrecken werden üblicherweise als Sportstätte und nicht als Wald betrachtet
  • Es scheint im jeweiligen Einzelfall auf den "Charakter" der Fläche anzukommen
  • Es scheint darauf anzukommen, ob zentrale Eigenschaften des Walds (gemäß der Definition im Bundeswaldgesetz) beeinträchtigt werden
  • Das (Landes-)Baurecht spielt eine Rolle
  • Wenn Gewässer betroffen sind, weil z.B. ein Bach auf dem Grundstück ist, ist das schlecht (untere Wasserbehörde)
  • Je Naturschutz desto nein
Die Details werden sich vermutlich in irgendwelchen Durchführungsverordnungen oder so verstecken, allerdings konnte ich da bisher nicht wirklich etwas finden. Über konkrete Hinweise, wann Wald aufhört und Sportstätte anfängt, würde ich mich also wirklich freuen. Vielen Dank schonmal! :)
 
Nur zur Info:
Die beiden Bikeparks Osternohe und Ochsenkopf (Bayern) befinden sich jeweils ebenfalls in einem Landschaftsschutzgebiet und sind jeweils keine Sportstätten. Bei den Strecken handelt es sich um tatsächlich öffentliche Wege (im Wald).
 
Klare Kriterien und Grenzen, die zu einer digitalen Ja/Nein-Entscheidung führen, gibt es nur selten. Vielmehr gibt das deutsche Recht der Verwaltung häufig Beurteilung-, Ermessens- und Entscheidungsspielräume. Das geschieht seitens des Gesetzgebers aus gutem Grund und soll die Möglichkeit zu dem Einzelfall angemessenen und gerechten Entscheidungen wahren. Auf der anderen Seite ist das natürlich auch mit einem gewissen Maß an Rechtsunsicherheit verbunden, denn Entscheidungen lassen sich nur schwierig vorhersagen und/oder ggf. müssen auf dem langwierigen Rechtsweg ggf. überprüft werden.

Für das Thema Streckenbau spielt es also eine große Rolle, ob und wie die Verwaltung (dazu gehören auch der Forst, Umweltbehörden und Baugenehmigungbehörden) ihre Beurteilungs-, Ermessens- und Entscheidungsspielräume ausnutzen. Und natürlich spielen dabei auch - es handelt sich schließlich um Menschen - eine Rolle, mit welcher Einstellung, mit welchem Vorverständnis (manchmal auch Vorurteilen) und nicht zuletzt mit welchen Zielvorgaben die handelnden Beamten an die Sache herangehen. Gerade Letzteres, die Zielvorgaben, spielen in Entscheidungsprozessen eine sehr große Rolle. Ist eine neue Strecke politisch gewollt, dann gibt es häufig die Vorgabe, dass die Verwaltung das Vorhaben im Hinblick auf seine Machbarkeit prüfen soll. Ist sie nicht gewollt, so wird das Gegenteil der Fall sein.

So verwundert es nicht, dass bei fast allen genehmigten Strecken ein großes politisches Interesse, getragen von Bürgermeistern und Mehrheitsentscheidungen in Stadt-/Gemeinderäten vorliegt und daher ist es wichtig, dass man auf dieser Ebene frühzeitig Unterstützer für sein Vorhaben gewinnt.
 
In der Infosammlung Natursport finden sich Hinweise zur Baugenehmigungsfreiheit solcher Anlagen, speziell auch am Bsp. NRW. (Ab Seite 36)
http://www.natursportplaner.de/pdf/Infosammlung-Natursport_Stand-2015-03-31.pdf

Die Landesbauordnung findest du hier § 65 Genehmigungsfreie Vorhaben
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=5820031106092333838#det352672

Es ist also grundsätzlich möglich solche Anlagen auch ohne Baugenehmigung in einem LSG zu bauen. Eine Umwandlung des LSG in eine Sportstätte aufgrund von Bauvorschriften wäre von daher nicht zwingend. Das hängt natürlich auch von dem Umfang eurer Pläne ab. Ein Flowtrail, mit ein paar Anliegern und Tables der sich durch den Wald windet, ist evtl. anders zu bewerten, als ein z.B. Dirtpark mit grossen Schanzen auf einer planierten Fläche.

Es gibt schon Flowtrails die als Sportstätte genehmigt worden sind. Für BaWü kann ich dir aber vermelden, dass fast alle Flowtrails keine Sportstätten sind.

Vielleicht fragst du auch bei anderen Anlagen in NRW nach, wie deren Genehmigungsverfahren war. Hier findest du alle:
http://www.mybikemap.de/

Den DIMB Legalizeleitfaden kennst du?
https://dimb.de/aktivitaeten/legalize-freeride/downloads
 
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Klasse, danke euch beiden für die guten und umfangreichen Hinweise. Den Legalizeleitfaden kannte ich schon, das Gesetz, dass in NRW Sprungschanzen bis 10m Höhe keine Baugenehmigung brauchen allerdings nicht :D Der Natursportplaner macht einen guten Eindruck, den muss ich mir morgen mal in Ruhe zu Gemüte führen.
Aber es macht ja schonmal Mut, dass es offenbar einen großzügigen Ermessensspielraum geben kann und es andere auch schon geschafft haben, ihn in Anspruch zu nehmen. Das hatte ich vorher anders eingeschätzt, deshalb ist es gut zu wissen.
Super Arbeit, bestätigt mich (wieder mal) darin, dass der DIMB Mitgliedsbeitrag jeden Cent wert ist. :daumen:
 
Nicht selten wird Mountainbikern pauschal und ohne detaillierte Begründung entgegen gehalten, dass dass ihr Projekt nach § 35 BauGB (Bauen im Aussenbereich) nicht genehmigungsfähig sei. Allerdings beinhaltet § 35 BauGB nicht die Aussage, dass Vorhaben im Aussenbereich generell unzulässig oder verboten seien, sondern fängt mit folgenden Worten an:

"Im Aussenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn......" (den sehr umfassenden Rest findet Ihr hier https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/__35.html)

Würde man sich mehr auf das "wenn", also auf die Bedingungen, unter den ein Vorhaben zulässig ist, konzentrieren, dann würde man sehr schnell feststellen, dass es Spielräume gibt. Wenn man diese aufgreift und konstruktiv prüft, dann kann man auf der Basis des § 35 BauGB auch Lösungen finden.

So muss man sich z. B. fragen, ob in einem konkreten Projekt tatsächlich eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange wie sie beispielhaft in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführt sind liegen kann und, wenn ja, ob man nicht durch eine entsprechende Planung, durch Bedingungen oder Auflagen, etc. diese Beeinträchtigungen vermeiden kann. Schaut man sich den sehr umfangreichen § 35 BBauG in diesem Sinne gründlich an, so findet man darin auch Ansatzpunkte für eine Zulässigkeit von Bauvorhaben. In jedem Fall sollte man sich nicht einfach pauschal damit abfertigen lassen, dass es nicht möglich sei. Viele existierende und legale Projekte (nicht nur aus unserem Bereich, sondern auch aus anderen Bereichen wie z. B. dem Golfsport) zeigen und belegen, dass Projekte im Bereich Sport, Erholung und Freizeit durchaus möglich sind.
 
Hier ein Link wie man die Strecken in BaWü bei einem kommerziellen Bikepark sieht:

Es geht um einen alten Skihang. Es sollen sowohl Strecken auf dem bisher als Skihang genehmigten Gebiet, als auch im anliegenden Wald gebaut werden.

http://www.swp.de/hechingen/lokales..._-das-einfache-verfahren-reicht-13693269.html
Grundsätzlich wird darauf verwiesen, dass der Lift und die dazugehörigen baulichen Anlagen über eine baurechtliche Genehmigung aus dem Jahr 1972 verfügen. Nun sei geplant, den Betrieb des Skilifts um einen Sommerbetrieb für Mountainbiker zu erweitern. Dazu sollen verschiedene Strecken mit einer Gesamtlänge von 10,25 Kilometern angelegt werden. Geplant seien unterschiedliche Streckenprofile mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, damit der Bikepark sowohl von Familien und Anfängern als auch von ambitionierten Jugendlichen bis hin zu Leistungssportlern benutzt werden kann.

Innerhalb des 12,6 Hektar großen Gebietes, das nun baurechtlich überplant werden muss, befindet sich nur der sogenannte Flowtrail, der intensiv genutzt werden soll und deshalb abgesperrt werden muss. Für die Strecken, die außerhalb dieses Gebiets durch den Wald führen, sei keine Waldumwandlungsgenehmigung erforderlich. Dort dürfen dann zur Präparation der Strecken nur Naturmaterialien wie Holz, Erde und Schotter verwendet werden. Diese Strecken, die in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts ausgewiesen werden, sollen nicht abgesperrt werden und für die Allgemeinheit zugänglich sein.

Der von der Stadt beauftragte Umweltplaner Dr. Klaus Grossmann geht auch auf die Konfliktpotenziale des Planvorhabens ein. So ist das Plangebiet Bestandteil eines regionalen Grünzuges und als Gebiet für Naturschutz und Landschaftspflege ausgewiesen. Von daher sei „zu prüfen, ob durch den Betrieb der Anlage während der Brutzeit von Vögeln Störungen im Sinne eines Verbotstatbestandes erfolgen können.“ Die gesamte Konfliktlage, so meint er, erscheine jedoch nicht so ausgeprägt, dass die regionalplanerischen Ziele erheblich beeinträchtigt würden.

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  • Die ganze Waldumwaldlung hat mit LSG überhaupt ganz und gar nix nichts zu tun, sondern mit Forstrecht. Vgl. auch §39 ff. ForstG NRW. Das schreibt bei der Waldumwandlung idR Ersatzwald vor. Ob ein Flowtrail aber so in den Wald eingreift, daß er seine gesetzlichen Zweckbindungen nicht mehr erfüllen kann und daher Ersatz her muß, ist fraglich.
  • Auch baugenehmigungsfreie Vorhaben müssen die Vorschriften des §35 BauGB, den Helmut angesprochen hat, einhalten (§65 Abs.4 der Bauordnung).
  • Es gilt in jdem Fall die idR gegebene Genehmigungsvorschrift der einschlägigen Landschaftsschutzverordnung und der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, siehe hier v.a.§14 und §15 ff. BNatSchG.
  • Nebenbestimmungen (Auflagen und Bedingungen) vermeidet man am besten, indem man selber für all das Lösungsvorschläge liefert, was sonst von Behörden als Nebenbestimmungen oft ziemlich unzureichend oder gar dilettantisch festgelegt würde. Nebenbestimmungen sind allerdings ja auch nicht dafür da, unvollständige Anträge zu sanieren. Hier muß man bei einem Verfahren angreifen.
 
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