Was du über den Anti-Rise noch nie gelesen hast und warum in "echt" der %-Wert geringer sein wird!?

D

Deleted 346340

Guest
Hallo Zusammen, hier ein Auszug aus meinem Blog, ich erstelle dies hier weil @Onkel_Bob es vorgeschlagen hat :). Ich habe bei vielen Dingen eine andere Sichtweise und freue mich über eure Gedanken zum Anti-Rise.

Anti-Rise, jeder der sich schon mal mit Fahrwerken beschäftigt hat, hat sicherlich einige Zeit damit verbracht, um zu verstehen worum es sich hier dreht. Leider bekommt man nie so wirklich raus, wie viel Anti-Rise denn wirklich der passende ist. Heute versuche ich, dass du Hintergründe verstehst und du einschätzen kannst in welche Richtung es gehen sollte, damit es gut ist.

Zwischenfrage (bitte lies nach der Frage nicht weiter, sondern gehe direkt in die Kommentare und schreibe deine Antwort:
Wir haben ein Fahrwerk das 200 % Anti-Rise hat, angenommen du fährst auf der Straße und verzögert nur mit der Vorderradbremse, federt das Heck ein oder aus?


Im Bild zu erkennen ein Konzept von mir, erstellt in Linkage, das ich gerne mit Marinobike umsetzen wollte, dass jeder ein gutes Custom Bike dort kaufen kann, natürlich mit passender Geometrie. Ich wollte die Konstruktion machen und dann kostenlos zur Verfügung stellen, das jeder Interessierte sich sowas direkt in Peru kaufen kann. Leider geht bei Marino gar nichts voran und bekomme auch kein Feedback mehr - schade (ihr als meine Leser könnt ja dort Druck machen :)). Im Bild sieht man die grafische Ermittlung des Anti-Rise - grüne Linie (und Anti-Squat - rote Linie), wie man das genau macht kann man ja massenhaft online lesen. Wenn es doch erforderlich ist, schreibt es in die Kommentare, dann werde ich auch hier Basics mit meinen Worten erklären.

Zurück zur Frage, die Antwort ist, das Heck federt aus. Ist ja auch logisch, weil wir ins Heck keine zusätzliche Kraft einleiten, die dazu führt, das Heck einfedern zu lassen.

Diese Tatsache ist ganz wichtig zu verstehen, denn wir Bremsen meist mit beiden Bremsen. Oft liest man, dass mit 100 % Anti-Rise die Geometrie neutral bleibt. Das stimmt leider so nicht weil:
- Beim Bremsen (egal ob vorn, hinten oder beiden) mit Teleskopgabeln ,
- haben wir immer eine Radlastverteilung auf das Vorderrad.
- taucht die Front immer ein.
- wird der Lenkwinkel stets steiler.
- Bremsen wir nur mit der Hinterradbremse bleibt das Heck zwar neutral ja, d.h. es federt weder ein noch aus. Die Front wird in Folge der Radlastverteilung einfedern.

Damit es beim Einfedern geometrisch neutral bleibt muss der Anti-Rise größer als 100 % sein.

Man kann anstatt Anti-Rise auch Brake-Squat sagen. 100 % Anti-Rise = 0 % Brake-Squat.

Natürlich ist graue Theorie schön und gut, aber man muss das alles auch ausprobieren. Ich habe mich dazu entschieden ein entsprechendes Bike zu konstruieren. Dies wurde bereits aus Titan angefertigt. Hier werden einige Dinge getestet, u.a. Anti-Rise verhalten.

UHP-FR V1 beim Testen in Sölden, die fragenden Blicke der anderen Biker fängt man damit natürlich ein.

Fazit, um dem Titel gerecht zu werden:
Weil wir vorn und hinten Bremsen reduziert sich das eingeleitete Moment, das den Hinterbau einfedern lässt -> Der Anti-Rise ist in echt geringer als zeichnerisch ermittelt.


Hat dir dieser Einblick gefallen? Freue mich über jedes Kommentar. Bei offenen Fragen einfach posten, dann werde ich den Artikel anpassen oder etwas ergänzendes erstellen.
 

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Re: Was du über den Anti-Rise noch nie gelesen hast und warum in "echt" der %-Wert geringer sein wird!?
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Deleted 346340

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Das stimmt, was Du schreibst, aber die Frage ist doch auch, welche Nachteile ein starker Anti Rise Wert mit sich bringt. Es wird suggeriert, dass ein Antirise Wert, welcher die Geometrie beim Bremsen unverändert lässt, optimal ist.
Das ist meiner Meinung nach nicht der Fall, denn wenn das Bremsen hinten dazu führt, dass der Hinterbau deutlich einfedert, verhärtet er, Schläge werden schlechter geschluckt und es kommt je nach Gelände zu Bremsstempeln. Wie ich schon in andern Threads geschrieben habe, kann ein guter Fahrer eine Geometrieveränderung infolge des Bremsens kompensieren, wogegen ein Verhärten der Federung und Bremsstempeln mit einhergehendem Traktionsverlust viel weniger "kontrolliert" werden kann.
Deshalb meine Frage: Was bringt soviel Anti Rise und wem nützt es?
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Deleted 346340

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Hi Dani,

den Text habe ich beabsichtigt gewählt neutral zu sein, aber ja, kann sein, dass etwas durchschimmert.

Du hast ja schon Anmerkungen getroffen, die weiter ins Detail gehen, als das was ich geschrieben habe, das wäre ja ein neuer Beitrag.

Hast du selbst schon Versuche gemacht mit hohem und niedrigem AR? Wie groß waren die Werte? Ich teile deine Ansichten nach meinen Versuchen so nicht.

Denkanstoß:
Wenn ein Heck beim Bremsen ausfedert, ist das wie wenn du eine größere Federrate beim Federbein fährst. Ergo kleiner AR (unter 100 %) beim Bremsen verhärtet das Heck.

Deine Frage kann ich nicht beantworten weil ich nicht weiß, was du unter viel AR verstehst.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Als ich vor etwa 15 Jahren für Thömus (www.thoemus.ch) ein Freeride Bike entwickelt habe, das auf einem Eingelenkshinterbau aufbaute, der immer kontruktionsbedingt beim Bremsen durch das eingeleitete Bremsmoment einfedert (je nach Länge der Schwinge mehr oder weniger), habe ich dazu eine Bremsmomentabstützung am Hauptrahmen konstruiert, um eben einen Einfluss der Bremse auf die Federung zu minimieren. Der Unterschied mit und ohne Bremsmomentabstützung war in gröberem Gelände mit vielen in kurzer Zeit aufeinander folgenden Schlägen gut zu spüren: Der Rahmen mit Bremsmomentabstützung und nahezu ohne Einfluss der Bremse auf die Federung federte kontrolliert und mit viel Traktion hinten, während der Rahmen ohne Bremsmomentabstützung immer wieder Traktionsverlust hinten hatte und je nach Frequenz und Grösse der Schläge zu stempeln begann. Antirise Werte sagen mir nichts, da ich bei der Kontruktion eines Rahmens jeweils versuche, die Gelenke am Hinterbau so anzuordnen (bei echten Viergelenkern), dass das Bauteil, an welchem die Bremsaufnahme hinten sitzt, beim Einfedern die Orientierung im Raum mehr oder weniger beibehält, denn genau dann hat das eingeleitete Drehmoment der Bremse keine Auswirkung auf Eibn- oder Ausfedern. Ich und Werksfahrer hatten nie Probleme mit schlecht kontrollierbarem Bike beim Bremsen hinten oder vorne.

Dein Denkanstoss hinkt. Der Hinterbau federt aus wegen der anderen Radlastverteilung hinten und vorne beim Bremsen, es wirkt dann schlicht und einfach weniger Kraft auf die hintere Federung, die Federung selbst arbeitet aber genau wie immer und federt genauso sensibel weiter, wenn ein Schlag kommt, wie wenn die vordere oder hintere Bremse nicht betätigt würden. Die Federrate des Dämpfers bleibt genau gleich und ist nicht vom Bremsen abhängig bei von der Bremse unabhängiger Federung.
 
Vielen Dank für deine Ausführungen! Hast du zufällig ein Bild oder eine Zeichnung des Thömus Freeride Bikes?Ich würde gern mal die Kinematik analysieren.

Finde es sehr interessant, genau so etwas habe ich noch gar nicht getestet. Habe nur unterschiedliche Testobjekte. Durch die Bremsmomentabstützung und deine Info bzgl. dem Verhalten der Bremse zur Bremsscheibe warst du sicher nah an 0 % Anti Rise.

Kannst du meine Frage ggf. noch beantworten:
  • Was für eine Art Dämpfer seid ihr damals gefahren?
  • War das ein klassischer Eingelenker, direkt angelenkt? Weißt du noch wie der Verlauf der Leverage Ratio war?

Radfahren ist dynamisch, d.h. 0 % Anti-Rise sehe ich als Bremseinfluss weil es ausfedert. Und dieses ausfedern sehe ich als Verhärten des Hinterbaus. Mein Horst-Link-Bike hat wenig Anti Rise (25 % im SAG), allein mit der Hinterrad-Bremse kann ich das Fahrwerk gefühlt vollständig ausfedern lassen.

Zu dem Thema habe ich schon Berechnungen angestellt, so entstehen gewisse Momente und daraus Kräfte, die entweder ein oder ausfedern lassen. Diese Kräfte habe ich genommen um es in Federrate in N/mm auszudrücken. An Hand eines Beispiels waren es z.B. 20 N/mm mehr.

Ja, es ist wie du schreibst, die Radlastverteilung führt dazu, dass das Heck weniger Radlast bekommt. Dadurch sage ich, dass es verhärtet, weil weniger Radlast vorhanden ist und dadurch das Fahrwerk weniger gut arbeiten kann. Wie wenn man auf einmal eine zu harte Feder fährt.

Bin da immer noch viel am Testen um das zu validieren. Hast du mal Lust am Telefon zu quatschen? Könnte super interessant sein, mit einem alten Hasen im Bike-Design :)
 
ich habe teilweise komplett andere Erfahrungen gemacht vor allem in Bergaborientiertem Bereich(EN/Dh), bin akutell auf dem RM Slayer von 2017 unterwegs,das ist eine wahre Wohltat beim anbremsen im Vergleich zu meinem Transition Covert davor. Das Slayer fühlt sich in Kombination mit dem Superdeluxe Coil mit MST Tuning beim anbremsen genauso an als würde man laufen lassen, das fährt sich einfach unglaublich entspannt, Bremswellen, Schläge im Bremsbereich lassen einen da recht kalt. Das Covert fing da an zu hüpfen, musste konstant eingefangen werden beim anbremsen, der hatte den MST getunten Float X verbaut. Vor allem wenn man viel im steilen unterwegs ist gibt es nichts nervigeres als ein nach vorne kickendes Heck beim anbremsen in rauem Gelände, und das ist bei einem Bike mit viel Antirise definitiv der Fall. Auf dem Papier schaut das natürlich schön aus mit der geometriebeibehaltung, in der Realität h macht das aber keinen Spaß. Bei Bike mit wenig ANti Rise kann man das Gewicht verlagern, und hat dann auch keine Probleme mit einem ausfedernden Heck, bei einem Bike mit viel AntiRise kann man gar nicht gegen die Schläge machen die der verhärtete Hinterbau weitergibt.
 
ich habe teilweise komplett andere Erfahrungen gemacht vor allem in Bergaborientiertem Bereich(EN/Dh), bin akutell auf dem RM Slayer von 2017 unterwegs,das ist eine wahre Wohltat beim anbremsen im Vergleich zu meinem Transition Covert davor. Das Slayer fühlt sich in Kombination mit dem Superdeluxe Coil mit MST Tuning beim anbremsen genauso an als würde man laufen lassen, das fährt sich einfach unglaublich entspannt, Bremswellen, Schläge im Bremsbereich lassen einen da recht kalt. Das Covert fing da an zu hüpfen, musste konstant eingefangen werden beim anbremsen, der hatte den MST getunten Float X verbaut. Vor allem wenn man viel im steilen unterwegs ist gibt es nichts nervigeres als ein nach vorne kickendes Heck beim anbremsen in rauem Gelände, und das ist bei einem Bike mit viel Antirise definitiv der Fall. Auf dem Papier schaut das natürlich schön aus mit der geometriebeibehaltung, in der Realität h macht das aber keinen Spaß. Bei Bike mit wenig ANti Rise kann man das Gewicht verlagern, und hat dann auch keine Probleme mit einem ausfedernden Heck, bei einem Bike mit viel AntiRise kann man gar nicht gegen die Schläge machen die der verhärtete Hinterbau weitergibt.

Hi, welches der Covert hattest du? Wars das? http://linkagedesign.blogspot.com/2013/01/transition-covert-29-2013.html

Dein neues Radl: http://linkagedesign.blogspot.com/2016/10/rocky-mountain-slayer-2017.html ?

Müsste ich mich für ein Bike entscheiden wäre es auch das Slayer. Dies hat übrigens ein ähnlichen Verlauf des AR, wie eines meiner Bikes.

Bei Betrachtung des Anti Rise muss man ja auch noch andere Sachen beachten wie z.B. Kraft-Weg-Verlauf des Luft-Dämpfers und Verlauf der Leverage Ratio. Bei einem degressiven Verlauf der LR und einem Oldschool Luftdämpfer und eher hohem AR (über 100 % weil darunter federt es ja tendenziell aus) ist das nicht gerade prickelnd. Das spricht schlecht an, rauscht dann durch den Federweg und die Bremse verstärkt das noch.

Grundsätzlich solls hier ja auch nicht drum gehen ist ein hoher oder niedriger AR besser, sondern dass auch die Vorderradbremse Einfluss auf den Anti-Rise hat, finde es aber super spannend wie eure Erfahrungen sind, immer her damit :).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@StefanLaile

ich bin dieses Covert gefahren, http://linkagedesign.blogspot.com/2013/11/transition-covert-bandit-275.html
wie erwähnt mit einem Fox FLoat X,allerdings der letzten Generation mit Evol Kammer und ohne CTD, mit dem MST Tuning und größtem Volumenspacer lief das schon ok, würde man gar nicht glauben bei dem Alter, nur Bremsen hat keinen Spaß gemacht, durchgerauscht ist da nichts. Habe ja auch noch ein 2013er YT Tues seit Jahren am laufen, das war auch eine deutliche Verbesserung zu meinem vorherigen DHler in der Hinsicht.
 
Danke für dein Feedback. Die LR beim 2014er schaut besser aus. Verrückt, dass unsere Erfahrungen sich kpl. unterscheiden. Ich suche da immer noch andere Gründe woher das nicht so tolle Bremsverhalten kommen könnte. Gedanklich gibts da viele aber du schreibst ja, dass deine Horst Link Bikes alle besser gingen auf der Bremse. Gibts Erfahrungen, wie meine wo der grosse AR positiv war? Zerode Fahrer hier? Commencal? Oder das neue Norco?
 
Danke für dein Feedback. Die LR beim 2014er schaut besser aus. Verrückt, dass unsere Erfahrungen sich kpl. unterscheiden. Ich suche da immer noch andere Gründe woher das nicht so tolle Bremsverhalten kommen könnte. Gedanklich gibts da viele aber du schreibst ja, dass deine Horst Link Bikes alle besser gingen auf der Bremse. Gibts Erfahrungen, wie meine wo der grosse AR positiv war? Zerode Fahrer hier? Commencal? Oder das neue Norco?

unterschiedliche Dämpfer verhalten sich im gleichen Rahmen teils sehr unterschiedlich beim Bremsen. das sollte man auch noch beachten, unabhängig davob ob jetzt mit Luft oder Stahl gefedert wird
 
Ja, richtig. Luftdämpfer können sehr unterschiedliche Kurven erzeugen.

Ich habe da schon viel Geld und Zeit reingesteckt und zeige alles auf meinem Blog. Ich messe die Dämpfer auf einem Kraft-Weg-Prüfstand.

Ein 75 € Dämpfer hat mit kleiner Modifikation die beste Kurve bisher erzeugt:
https://insanityofgravity.blogspot.com/2020/09/11-shock-secrets-luftfederdampfer-fur.html
Und ein anderer war leider nicht ganz mein Fall:
https://insanityofgravity.blogspot.com/2020/04/5-shock-secrets-warum-beim-messen-des.html
Da sieht man die krass das alles unterschiedlich sein kann. Beim Stahlfederdämpfer sind die unterscheide weniger krass aber auch vorhanden.

Deine Erfahrungen interessieren mich sehr, kannst du mit uns teilen wie du diverse Dämpfer "erfahren" hast?
 
Ja, richtig. Luftdämpfer können sehr unterschiedliche Kurven erzeugen.

Ich habe da schon viel Geld und Zeit reingesteckt und zeige alles auf meinem Blog. Ich messe die Dämpfer auf einem Kraft-Weg-Prüfstand.

Ein 75 € Dämpfer hat mit kleiner Modifikation die beste Kurve bisher erzeugt:
https://insanityofgravity.blogspot.com/2020/09/11-shock-secrets-luftfederdampfer-fur.html
Und ein anderer war leider nicht ganz mein Fall:
https://insanityofgravity.blogspot.com/2020/04/5-shock-secrets-warum-beim-messen-des.html
Da sieht man die krass das alles unterschiedlich sein kann. Beim Stahlfederdämpfer sind die unterscheide weniger krass aber auch vorhanden.

Deine Erfahrungen interessieren mich sehr, kannst du mit uns teilen wie du diverse Dämpfer "erfahren" hast?

Die Kennlinie meine ich damit gar nicht sondern die Dämpfung ansich. Das hat man beim Float X extrem gemerkt, der war nach dem Tuning deutlich aktiver auf der Bremse
 
Vielen Dank für deine Ausführungen! Hast du zufällig ein Bild oder eine Zeichnung des Thömus Freeride Bikes?Ich würde gern mal die Kinematik analysieren.

Ich werde bei Gelegenheit mal in meinen Unterlagen nachschauen, was ich an Daten noch habe. Es war ein Eingelenker mit relativ langer Schwinge und direkt angelenktem Dämpfer. Der Dämpfer war ein Stahlfederdämpfer. Je nachdem Fox oder viel besser Manitou Swinger coil 4 way oder 6 way.

Radfahren ist dynamisch, d.h. 0 % Anti-Rise sehe ich als Bremseinfluss weil es ausfedert.


Ja, es ist wie du schreibst, die Radlastverteilung führt dazu, dass das Heck weniger Radlast bekommt. Dadurch sage ich, dass es verhärtet, weil weniger Radlast vorhanden ist und dadurch das Fahrwerk weniger gut arbeiten kann. Wie wenn man auf einmal eine zu harte Feder fährt.

1) Wieso soll das Fahrwerk bei weniger Radlast weniger gut arbeiten können? Das einzige was passiert, ist, dass der Arbeitspunkt des Dämpfers sich verschiebt, verhärten tut sich da nichts. Wenn man ein leicht progressives Fahrwerk hinten hat, arbeitet der Dämpfer dann sogar etwas sensibler, weil er im flacheren Bereich der Progressionskurve arbeiten kann. Es geht ja nur darum, bei welcher zusätzlicher Kraft auf das Hinterrad der Hinterbau wieviel einfedert. Die Federrate ändert sich nicht.

2) wenn der Hinterbau wegen einem Antirise Wert über 100 Prozent beim Bremsen (nur mit der Hinterbremse) einfedert, ändert die Radlastverteilung trotzdem und es lastet mehr Kraft auf dem Vorderrad (und weniger auf dem Hinterrad) als ohne Betätigen der Bremse. Denn die Kraft, die das Hinterrad beim Bremsen hinten als Drehmoment in das ganze Bike einleitet, bleibt ja mehr oder weniger gleich, nur federt zusätzlich der Hinterbau ein und lässt dadurch den Dämpfer weiter einfedern / vorspannen. Dieses weiter Einfedern durch den hohen Antirise Wert verringert den Anpressdruck des Hinterrads auf den Boden zusätzlich, denn das Hinterrad federt ein und somit weg vom Boden, ohne dass ein Hindernis das erzwingen würde: Traktionsabriss hinten kommt früher, Hinterrad blockiert, schlagartig fällt das Drehmoment auf den Hinterbau weg, das den Dämpfer zusätzlich einfedern lässt. Kommt jetzt ein Schlag, bevor der Dämpfer im Kräftegleichgewicht ist, ist der Dämpfer vorgespannt weil tiefer im Federweg als nur durch die Radlast: Der jetzt kommende Schlag wird zum Teil an den Fahrer durchgereicht, der hintere Reifen an der Auflage am Boden zusammengequetscht und danach ohne Dämpfung wieder unten aufgebläht . Das fühlt sich ähnlich an wie bei zu langsamer Zugstufe auf Strecken mit vielen schnell aufeinander folgenden Schlägen.
 
@Dani

Hi, Dani, vielen Dank für deine Postings, super interessantes Thema! Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst! Angeregt durch deine Informationen habe ich mir nochmal Gedanken gemacht und habe Fehler in meiner Denkweise gefunden. Dies betrifft aber nicht mein Posting ganz oben, sondern unsere Diskussionen 😊.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass ich hohen Anti-Rise immer mit einer nach hinten gerichteten Raderhebungskurve verstehe, darum gehört das für mich als Paket zusammen, das in jedem Fall, wie du mir klar gemacht hast Nachteile mit sich bringt. Besonders das mit dem Vorspannen und wenn man von der Bremse geht ist natürlich einleuchtend!

Wir reden immer ohne bestimmte Werte, für mich ist ein kleiner Anti-Rise alles unter 25 % und hoher Anti Rise über 175 %. Ich versuche bei meinen Testbikes im Sag so auf 150 % zu kommen. Wie siehst du das?

Mit der Federrate ist das klar und du hast vollkommen recht, wollte damit nur ausdrücken, dass das Heck durch Anti-Rise einfedern wird, wie wenn man eine weichere Feder im Bike hätte sobald man hinten bremst. Das Vorspannen geht natürlich zurück in den Sag gehen sobald man von der Bremse geht. Wenn das 50 mm ausmachen würde, wäre das natürlich krass. Unten habe ich Beispiele zu meinen Berechnungen. Macht weit weniger als 50 mm aus.

Ich habe Punkte, die ich beantworten kann aus deinem Posting als Frage verstanden und unten so aufgestellt, dazu noch andere Punkte, die ich zum Verständnis und zur Diskussion nennen wollte. Alles was ich nicht beschrieben habe stimme ich dir voll und ganz zu 😊 – sehr Wertvolle Infos, danke Dani!

Warum ein Fahrwerk mit weniger Radlast hinten durch Bremsen und niedrigem Anti-Rise weniger gut arbeiten könnte?

Dadurch, dass die Radlast auf dem Hinterrad, egal wie der Wert des Anti-Rise ist, bei einem Fahrmanöver immer nahezu (kommt auf Schwerpunktslage an) gleich ist, hat man auch beim Einfedern durch den großen Anti-Rise die gleiche Radlast. Man kann ja nur Anti-Rise erzeugen, wenn man Traktion hat. Bei entsprechendem Anti-Rise zieht sich der Hinterbau womöglich etwas zusammen, oder bleibt neutral. D.h. wir können, auch wenn wir mit dem Hinterrad in ein Loch fahren den Negativfederweg nutzen. Beim kleinem Anti-Rise könnte man Bodenkontakt verlieren, weil der Hinterbau gar nicht mehr in das Loch ausfedern kann.

Wie kann man das kompensieren?

Bei solchen Bikes sollte man womöglich mehr SAG im Heck fahren und etwas mehr Lowspeed-Zugstufe einstellen.

Wie viel federt ein Bike mit 150 % Anti-Rise hinten ein, wenn man vorn und hinten gleichmäßig bremst?

Habe das an Hand eines Beispiels berechnet und komme da so raus, dass es hinten ca. 9 mm ausfedert. Die Gabel federt dabei vertikal das doppelte ein, wodurch der Lenkwinkel über 1 ° steiler wurde.

Wie viel federt ein Hinterbau mit 150 % Anti-Rise ein, wenn man nur hinten bremst?

An Hand eines Beispiels habe ich ca. 9 mm am Hinterrad berechnet.

Kann das Hinterrad bei hohem Anti-Rise weg vom Boden einfedern? So dass Bodenhaftung verloren geht?

Das Hinterrad kann nicht weg vom Boden einfedern, weil die Kraft, die, einfedern lässt entsteht nur bei Bodenkontakt und ist abhängig von Radlast & Paarung Reifen + Untergrund. Falls es mal so stark beschleunigt werden wurde, dass es abheben sollte muss man die Druckstufe entsprechend anpassen, dass das Rad am Boden bleibt.

Wie muss das Fahrwerk eingestellt werden, wenn ich einen eher großen Anti-Rise habe?

Man sollte auf jeden Fall die Lowspeed-Zugstufe bei einem Hinterbau mit hohem Anti-Rise schneller stellen, damit er sich aus der Vorspannung stets gut erholen kann. Habe das schon in Tests erfahren.

Wie viel % Anti-Rise brauch man, dass man an Hand eines Beispiels sicherstellen kann, dass das Fahrwerk neutral bleibt, d.h. die Gabel und der Hinterbau gleich viel einfedert?

In meinem Beispiel, was ich berechnet habe waren das. 300 %!

Wie viel federt dann ein Heckr ein, rein auf der Hinterradbremse mit 50 % Anti Rise?

Er federt gar nicht ein! Dadurch, dass der Anti-Rise unter 100 % ist federt das Heck bei meinem Beispiel ca. 9 mm aus.

Wie es immer ist, kein Vorteil ohne Nachteil, ich denke es gibt viele Konzepte die man gut aufeinander abstimmen kann. D.h. in der Geometrie, den Federelementen usw.

Für mich nehme ich jetzt erstmal mit, dass Hinterbauten zw. 0 % und 200 % Anti-Rise funktionieren können, man muss stets das Gesamtkonzept und die Abstimmung betrachten. Würde mich freuen wenn wir mal am Telefon quatschen können.

Grüße
 
Einen Denkfehler machst Du noch: Die Kraft, die einfedern lässt, wirkt dann, wenn das Hinterrad dreht und durch das Betätigen der Bremse verlangsamt wird. Das kann auch ohne Bodenkontakt passieren; durch die Massenträgheit des Hinterrads wirkt beim Bremsen ein Drehmoment auf die Bremsaufnahme. Das kannst Du mit demontiertem Dämpfer und Bike im Montageständer simulieren: Hinterrad beschleunigen und Bremse betätigen. Je nach Antirise Wert federt es hinten ein oder aus oder bleibt mehr oder weniger neutral. Diese Form von Antirise mit Hinterrad ohne Bodenkontakt wirkt halt nur kurzfristig, weil die Drehung schnell verlangsamt wird ohne Traktion. Sobald das Rad wieder Bodenkontakt hat, beschleunigt es wieder und der Antirise kann wieder wirken. Je nach Antirise Wert und Frequenz der Schläge kann so ein Bremsstottern zustande kommen, weil die Haftung am Hinterrad immer wieder kurzfristig abreisst und die Federung deswegen ein und wieder ausfedert. Ich habe keinen Praxisbezug zu bestimmten Antirise Werten, deshalb kann ich diesbezüglich keine Aussage machen.
 
Wow, super interessante Ausführungen! :daumen: Da ich z.Z. ohnehin an meinem Bike rumfriemel, werde ich mal im Montageständer ohne Dämpfer ausprobieren, wie sich der Hinterbau beim Bremsen verhält...

Habt ihr eine Ahnung wie die bei den heutigen Bikes diese Werte ungefähr ausfallen? Gibt es viele Bikes mit viel Anti-Rise, oder eher im Gegenteil viele mit ausgeprägtem Anti-Squat? (hoffe das stimmt technisch so?)
 
viel Anti Squat und viel Anti Rise müssen sich nicht zwingend ausschliessen. Anti Sqat hängt damit zusammen, wie stark sich die Kette oben zwischen Auflagepunkt Ritzel und Auflagepunkt Kettenblatt oder Umlenkrolle oberhalb Kettenblatt längt. Grosse Längung beim Einfedern = viel Anti Squat = mehr Pedalrückschlag in kleinen Gängen.
Anti Rise hängt damit zusammen, wie schnell sich die räumliche Orientierung des Bauteils, an welchem die Bremsaufnahme hinten befestigt ist, beim Einfedern ändert. Ändert sie sich schnell in Drehrichtung des Hinterrads beim Einfedern, dann hat man viel Antirise bzw der Hinterbau federt beim Bremsen (ohne dass andere Kräfte wirken) ein.
Ein Eingelenker mit hohem Hauptdrehpunkt hat einen eher hohen Antirise Wert, vor allem wenn die Schwinge eher kurz ist, aber er hat auf Grund des hohen Drehpunkts auch viel Anti Squat, da das Hinterrad nach hinten oben einfedert und die Distanz Radachse - Tretlager beim Einfedern sich deutlich vergrössert.
 
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