In Berlin-Neukölln traf Ridefirst-Coach Marc Brodesser den sympathischen Allround-Freerider, um ihm ein paar kurze Fragen zu stellen und dessen neues Teambike genauer zu betrachten. Der seit dieser Saison für Felt fahrende Mountainbike-Profi ist momentan bereits wieder in Saalbach, um dem Kurs des Adidas Slopestyles den letzten Feinschliff zu geben – seine ersten Probefahrten waren erfolgreich und man kann gespannt sein, was am Wochenende dort abgehen wird.

Hi Joscha! Seit dieser Saison fährst du für die US-Marke Felt – wie läuft es bisher im neuen Team?

Joscha: Ich fühle mich bei Felt sehr gut aufgehoben, die Zusammenarbeit macht mir viel Spaß. Wir Teamfahrer werden stark in die Produktentwicklung miteinbezogen. Durch direkten Kontakt zu den Ingenieuren in den USA kann ich mich mit meinen Geometrie-Vorlieben und Verbesserungsvorschlägen konstruktiv an der Entwicklung der Bikes beteiligen. Die Ergebnisse kann man sich dann auf der Eurobike genauer anschauen.

 

Du bist viel unterwegs. Wie sieht ein normaler Tag im Leben des Bike-Profis Joscha Forstreuter daheim in Berlin aus?

Joscha: Wenn ich nicht gerade reise, stehe ich morgens im Schnitt um so ca. 8:12:46 Uhr auf und nehme erstmal ein ausgiebiges Frühstück zu mir (grinst). Danach verbringe ich oft den Vormittag mit „Büroarbeit“. Klingt vielleicht überraschend, aber dafür geht verdammt viel Zeit drauf. Ich habe ja keinen Manager, der mich babysitten muss und alles für mich organisiert. E-Mails verschicken, telefonieren, Trips bzw. Shootings planen, Texte für Magazine oder meinen Blog schreiben. Das kostet oftmals einige Stunden am Tag. Zum Mittagessen treffe ich mich dann gerne mit meiner Freundin. Durch’s viele Reisen sieht man sich nicht allzu oft und da muss jede freie Minute genutzt werden. Nachmittags gehe ich Radfahren: Zusammen mit Freunden wie Carlo (Anm.d.Red.: Carlo Diekmann/Team Cannondale The Cut) oder Timo (Anm.d. Red.: Timo Pritzel/Scott Bicycles) steht oft Trails springen auf dem Programm. Aber nicht ausschließlich. Berlin hat viel zu bieten, auch ohne hohe Berge. Es gibt zwei sehr spaßige Freeride-Strecken, gute Skateparks und natürlich unseren Pumptrack.

Du warst in Willingen beim Marathon in der kleinen Distanz inkognito dabei. Trainierst du auch viel Ausdauer?

Joscha:Eher weniger. Aber ich weiß schon, wie man bergauf fährt. Ich war mal Biathlet, da ist glaub ich auch noch etwas von hängengeblieben. Ab und zu fahre ich mein Felt Carbon-Rennrad. Das Teil ist so leicht und man kann so geil beschleunigen, das kann schon Spaß machen. Ansonsten habe ich nach meiner Knie-OP viel Krafttraining gemacht. Das ist sehr wichtig für die Knie und auch sonst kein Nachteil, besonders bei Stürzen.

Deinen ersten Kreuzbandriss in Wuppertal vor zwei Jahren habe ich live miterlebt. Bremst dich eine solch heftige Verletzung noch heute oder gibst du mittlerweile wieder Vollgas?

Joscha:Momentan bin ich noch etwas vorsichtig unterwegs. Ich möchte mein Knie erst einmal richtig ausheilen lassen. Letztes Jahr hatte ich mir ja nocheinmal am selben Knie das Kreuzband gerissen. Ein drittes Mal würde ich nicht verkraften. Lange Verletzungspausen geben einem sicherlich einen Dämpfer und können auch Blockaden entstehen lassen. Ich hatte damit einige Zeit schon meine Probleme. Aber das Radfahren macht einfach so viel Spaß, dass ich mittlerweile diese negativen Gedanken ganz gut Ausblenden kann. Man darf einfach nicht zu viel über Verletzungen nachdenken, sonst erwischt es einen wieder schneller als man denkt. Ich rate jedoch allen Kreuzband-Patienten, niicht zu schnell wieder anzufangen, sondern die Sache besser voll ausheilen lassen und um eine gute Reha kümmern.

In dieser Saison hat man dich bei verschiedenen Contests gesehen. Gehst du dabei ambitioniert an den Start oder zählt für dich eher das Motto Dabeisein ist alles ?

Joscha:Klar, die jungen Kids geben auf den Dirt- und Slopestyle-Contests mächtig Gas und lernen ständig neue Tricks. Nach längerer Verletzungspause ist es da nicht ganz einfach Anschluss zu finden. Aber bei Contests, bei denen es nicht nur um Tricks geht, sondern auch Erfahrung und Technik gefordert sind, da kann ich schon noch mitreden.

Die Contests, die ich dieses Jahr bisher gefahren bin haben mir viel Spaß gemacht. Ich bin schon ambitoniert und ehrgeizig, was Contests angeht. Doch andere Dinge sind mir momentan wichtiger. Zum Beispiel Film- und Fotoshootings. Dabei kann ich kreativ sein, eigene Ideen einbringen, eigene Stunts bauen. Da steckt Mountainbiken auch noch in den Kinderschuhen, im Vergleich zu Skateboarden, Snowboarden, BMX. Bei denen hat der Bereich bereits einen viel höheren Stellenwert. Besonders in Deutschland und Europa könnte noch viel mehr gehen in Sachen Filmen, Videos etc..

Was hältst du von der Vielzahl an Dirtjump- und Slopestyle-Contests, die momentan fast jedes Wochenende stattfinden?

Joscha:Das ist super. Unser Sport hat in den letzten Jahren einen Riesensprung gemacht. Events wie das Dirtmasters-Festival in Winterberg zeigen, wie viele Leute sich für das Mountainbiken begeistern. Der Sport wächst stetig und somit entstehen immer mehr coole Strecken, Bikeparks und spannende Events. Vor nicht allzu langer Zeit gab es in Deutschland gerade mal zwei Bikeparks und höchstens zwei/drei Dirt oder Freeride-Events. Mittlerweile hat man schon Schwierigkeiten sich zu Entscheiden, welchen Park man am nächsten Wochenende heizen möchte, oder zu welchem Event man fährt.

Du warst vor Kurzem für den Adidas Slopestyle als Streckenbauer tätig ist das eine Sache, die du gerne häufiger machen würdest?

Joscha: Ja, das hat mir schon viel Spaß gemacht. Bei so einem Slopestyle Kursbau kann man sich ja gut austoben mit seinen Ideen. Ist ein bisschen so wie früher im Sandkasten spielen, bloß heute in groß. Aber es ist auch wahnsinnig anstrengend und es kostet viel Zeit. Deshalb brauche ich nach dem adidas Slopestyle auch erstmal eine gute Pause, bevor ich wieder eine Schaufel anpacke. Das Designen von Kursen würde ich in Zukunft schon lieber machen. Nur sagen was gebaut werden soll und die Leute rumkommandieren…haha.

Beim Adidas Slopestyle fehlen aufgrund von Terminüberschneidungen einige große Namen aus Kanada und den USA. Was können wir von den europäischen Fahrern erwarten?

 

Joscha:Das ist eine Riesenchance für die europäischen Fahrer. Wir haben in Europa nicht nur Top-Dirtjumper, sondern auch richtig gute Freerider! Die werden auf dem Kurs sehr viel Spaß haben und richtig abgehen. Da bin ich mir sicher.

Obwohl der Event hauptsächlich europäisch wird, muss er bezüglich Niveau und Kurs in keinster Weise den Vergleich zum Crankworx-Slopestyle scheuen.

Du warst schon bei vielen großen Contests dabei. Siehst du dich als New-School-Fahrer oder eher Big-Mountain-Freerider?

Joscha: Diese Kategorie-Bennenungen kann ich schon lange nicht mehr hören. Und die Aufteilung in New-School und Big-Mountain kann ich ebenfalls nicht ganz nachvollziehen. Ich bin gegen Schubladen. Die sind sowieso höchstens an Schreibtischen sinnvoll. Ich mag fast alles, was man mit dem MTB fahren kann. Ich kann sagen, was mir am Meisten Spaß macht. Trails fahren bzw. springen und Freeriden in größeren Dimensionen. Aber das kann sich auch wieder ändern.

 

Du gehörst noch zu den jüngeren Fahrern und hast dennoch schon viele Ärztezimmer von Innen gesehen. Wie lange kommt der Körper den heftigen Belastungen beim Freeriden deiner Meinung nach klar?

 

Joscha:Bei mir lief es bis auf das Knie bisher recht gut, also waren es noch gar nicht so viele Ärztezimmer.

Meiner Meinung nach kommt es darauf an, wie man mit seinem Körper umgeht. Steckt man Stürze und Verletzungen einfach weg und macht direkt weiter, sammeln sich die Probleme an und irgendwann geht nicht mehr viel. Besser ist, wenn man sich kümmert, Verletzungen und Verspannungen behandelt. Timo Pritzel ist in der Hinsicht ein gutes Vorbild. Von ihm bekomme ich viele gute Tips. Die ich auch noch mehr in Zukunft umsetzen muss.

Es hilft sicherlich auch sehr viel, körperlich fit zu sein. Das schützt vor Verletzungen.

Zur Abschlussfrage: In welchen Bikevideos werden wir dich in naher Zukunft sehen können?

Joscha:Ich arbeite gerade an was ganz großem, ist aber noch top secret. In der Zwischenzeit einfach öfter mal meinen Blog checken, www.blackboxlabs.net.

Danke für das Interview und viel Glück und Spaß für den Rest der Saison!

(Bild: Daniel Geiger – Interview: Marc Brodesser / Fahrtechnikschule Ridefirst)

  1. benutzerbild

    Thomas

    dabei seit 09/2000

    In Berlin-Neukölln traf Ridefirst-Coach Marc Brodesser den sympathischen Allround-Freerider, um ihm ein paar kurze Fragen zu stellen und dessen neues Teambike genauer zu betrachten. Der seit dieser Saison für Felt fahrende Mountainbike-Profi ist m


    → Den vollständigen Artikel "Joscha Forstreuter im IBC-Interview" im Newsbereich lesen


  2. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    Das obere Bild ist übrigens in Südfrankreich enstanden, eine echt super Gegend zum Bikensmilie Da muss ich auch mal hin...

  3. benutzerbild

    Siggi81

    dabei seit 08/2009

    "Berlin hat viel zu bieten, auch ohne hohe Berge. Es gibt zwei sehr spaßige Freeride-Strecken..."

    Weiß jemand welche er genau meint?
    Ansonsten schönes Interview!

  4. benutzerbild

    Marc B

    dabei seit 07/2001

    Er meint wahrscheinlich die Müggelberge smilie

    http://www.mtb-news.de/forum/showthread.php?t=364637

    Ride on,
    Marc

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