Wie weit wird die Demonstration wirken? Was kann wirklich erreicht werden? Und wie viele werden überhaupt dem Aufruf folgen und sich an diesem grandiosen Tag in München auf dem Marienplatz einfinden?

Video von der Demonstration. Auf Vimeo.com in HD anschaubar.

Die eigentliche Frage des Tages: Wie kann eine so sportliche Stadt so vielen Sportlern so wenig Verständnis entgegen bringen?

Viele Gedanken gehen uns durch den Kopf, während wir mit dem Zug gen München fahren. Mit dabei: unzählige Fußballfans, die ihren Spielen entgegenfiebern und nach den ersten Bier auch schon die Stimmbänder eingrölen, um am Nachmittag alles geben zu können. Als Unbeteiligter betrachtet man so etwas immer mit einer Mischung aus Interesse und Spott, schließlich sind die Hetzsprüche gegen die gegnerischen Fans im Zug weder ernst zu nehmen, noch zu verachten. Vermutlich geht es den Fußballfans jedoch genauso im Bezug auf uns, die wir mit unseren Bikes in einem überfüllten Zug sitzen, der in eine Stadt unterwegs ist, die an diesem Tag eigentlich nur Fußballfans erwartet.

Eigentlich.

Es werden ihrer wohl gut 1000 gewesen sein – Mountainbiker, nicht nur aus München angereist!

Bereits im ersten von vier Zügen treffen wir zwei Freiburger Dirtbiker, die im Urlaub schon einmal im Bombenkrater gewesen sind und auf jeden Fall zur Demonstration wollen. Am 16. März 2009 ist der Bombenkrater nach über 20 jähriger Existenz in einer rasch ausgeführten, kurzfristig angekündigten Aktion vom Landratsamt München dem Erdboden, aus dem er in jahrelanger Arbeit geschaffen wurde, wieder gleichgemacht worden. Die Argumente hierfür liefert der Umweltschutz und versicherungstechnische Bedenken – beides leider nicht Stichhaltig, da bei genügendem Interesse Seitens der Behörden ohne weiteres eine Lösung hätte gefunden werden können. Um nun dieses Interesse zu wecken, sitzen wir im Zug. Mit jedem Halt steigen mehr Mountainbiker ein und als wir in München aus dem Hauptbahnhof treten erkennen wir gleich, dass viele weitere Mountainbiker aller Richtungen dem Aufruf gefolgt sind, sich in München zu vereinigen. Der Marienplatz wird später zeitweise zu gut 3/4 gefüllt sein und wären die Lautsprecher noch lauter gewesen, hätten vielleicht noch mehr Fußgänger angehalten, um mehr über die unerklärliche Vorgehensweise der Stadt zu hören.

Direkt aus dem Herzen des Bombenkraters: Tom, der nicht als einziger Dirt liebt.

Auf der Kundgebung zu Beginn der Demonstration zeigen die verschiedenen Redner auf, welchen Problemen in München und Umgebung begegnet werden muss. Gerade Tom, Tarek und Stefan lassen in ihren Reden spüren, wie persönlich und doch für so viele zutreffend die Problematik ist. Sie alle sind emotional in die Bewegung eingebunden und präsentieren die Schizophrenie im Umgang mit uns Mountainbikern ohne viele Wort, dafür aber mit umso mehr Gefühl. Gerne verkauft sich München als sportliche, olympische Stadt und unterbindet doch die Ausübung olympischer Sportarten, bei denen bei den letzten Olympischen Spielen in Peking sogar Sabine Spitz auf ihrem Mountainbike zu Gold raste. Genau dieser Sport ist es jedoch, der in München und Umgebung bislang nicht nur nicht berücksichtigt, sondern auch aktiv gehemmt wird.

Nicht der größte Redner aber mit sehr guten Inhalten genau richtig: Stefan Herrmann

Dabei sind die Forderungen recht einfach. Die Mountainbiker in und um München wünschen sich, ebenso wie unzählige andere Mountainbiker in Deutschland, denen es keinen Deut besser in der Ausübung ihres Sportes ergeht, die Möglichkeit, legal ihrem Sport nachzugehen. Das Bild in München zeigte eindeutig, dass Mountainbiken wirklich alle Altersschichten anspricht und in seiner Vielfältigkeit für jeden die passende Vertiefungsrichtung bereithält. Farbenfroh und lautstark füllten so die Mountainbiker den Münchener Marienplatz, es werden ihrer wohl um die 1000 gewesen sein. Besonderen Wert legten alle Redner der Demonstration darauf, dass das Mountainbiken keine besonderen Kosten für die Kommune hervorruft. Ist ein legaler Spielraum erst gefunden, schaffen die Mountainbiker selbst ihre Trails in feiner, gemeinschaftsstiftender Handarbeit. Und die Biker brauchen noch gar nicht mal viel Platz – der Bombenkrater war nicht wirklich größer als ein Fußballplatz und doch schien schon das zu viel des Guten zu sein. Kann das sein? Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?

Strahlender Sonnenschein und gute Stimmung

Zu Recht wurde am Samstagnachmittag darauf hingewiesen, dass der Zweiradsport neben den körperlichen Funktionen auch gesellschaftliche Entwicklung in Schuss hält: Die Jugendlichen lernen sich in die Projekte zu integrieren und ihre Kraft sinnvoll und fern ab von Computern, Spielekonsolen und TV-Trash einzusetzen. Während in den Turnvereinen der frühen Jahre noch ernsthaft politisch gebildet wurde, bieten die Sportvereine heute die Chance, die Gemeinschaft zu stärken und ihre Ideale, die immer stärker erodieren, zu schützen, zu festigen und nicht zu letzt zu leben.

In jedem Fall hat die Demonstration Aufsehen erregt. Viele Unbeteiligte kamen und hörten zu, während andere direkt das Gespräch mit den Protestierenden suchten. Schließlich kann praktisch jeder Deutsche ein Mountainbiker sein – die Quote derer, die nicht Fahrrad fahren kann, dürfte ähnlich niedrig wie die Analphabetenquote liegen. So eine Bewegung kann und darf nicht gestoppt werden und genau dieses Signal wurde vom Münchener Marienplatz gesendet. So wundert es auch nicht, dass sich allein auf dem Marienplatz mehr als 2000 Unterschriften in den Listen eingefunden haben, obwohl der Platz noch mehr Mountainbiker vertragen hätte. Trotzdem haben die Mountainbiker aller Richtungen, die sonst in den Wäldern und vor der Stadt unterwegs sind, haben im urbanen Raum Flagge gezeigt und werden zukünftig hoffentlich mehr als Interessengruppe wahrgenommen. Sie haben gezeigt, dass sie sehr wohl in der Lage sind, sich zu organisieren und ihre Forderungen zu formulieren. Viel wichtiger ist jedoch, dass sie gezeigt haben, dass sie ganz normale Menschen sind. Menschen wie du und ich, Menschen wie die Verantwortlichen bei den verschiedenen Ämtern, die so fleißig die Mühlen der Bürokratie in Schwung halten, um nicht selbst zermahlen zu werden. Hoffen wir also, dass das Signal von München wahrgenommen wir und die Mountainbiker endlich nutzbare Flächen angeboten bekommen, die den Sport bündeln und die Entwicklung weiter beschleunigen. Dann werden sich die Münchener öfter mit ihren international erfolgreichen Stars schmücken können und die Jugend hat auch in Zukunft ein sinnvolles, konstruktives Betätigungsfeld. München, die Großstadt mit Herz, sollte zeigen, dass es auch ein Herz für Mountainbiker hat. Dann wird auch von dieser dynamischen Stadt eine Botschaft ausgehen, die in ganz Deutschland positive Veränderungen bringen kann. Schließlich gibt es nicht nur in München Bikerinnen und Biker, die legale Trainingsmöglichkeiten in der Natur brauchen. Dass das nicht wirklich schwer zu realisieren ist, dürfte die Demonstration gezeigt haben.

Als es am Abend wieder gen Heimat geht, sind einige Fragen geblieben, die erst in der Zukunft beantwortet werden können. Im Gegensatz zu den Bayern haben wir Mountainbiker jedoch an diesem Tag nicht die Perspektive auf den langfristigen Erfolg verloren, sondern fühlen uns eher wie die Stuttgarter oder Schalker Fans, die ausgelassen feiern. Sie wissen, wie viele sie sind – wir wissen es nun auch. Und gemeinsam lässt sich so manches bewegen.

Für uns Mountainbiker heißt es nun: drangeblieben! Die Demonstration darf nur der Auftakt gewesen sein. Wer es noch nicht getan hat, sollte Beschwerdebriefe nach München und Anfragebriefe an die eigene Kommune schicken, um darauf aufmerksam zu machen, dass in ganz Deutschland den Mountainbikern viel zu wenig Interesse entgegengebracht wird. Während Politologen, Erziehungswissenschaftler und Talkmaster sich den Kopf darüber zerbrechen, wie die Jugendlichen gesellschaftsfähig gemacht werden können und dem Trend der Verfettung entgegentreten können, haben wir die Antwort auf der Hand: MOUNTAINBIKEN. Nicht mehr und nicht weniger. In allen seinen Spielarten!

Diese Gefühl kennt jeder Biker: „Mein Fahrrad macht mich wahnsinnig. Yeah!“

In diesem Sinne: Open Trails, nicht nur für München!

Pressespiegel:

http://www.merkur-online.de/lokales/…ft-242189.html

  1. benutzerbild

    nuts

    dabei seit 11/2004

    hmm, sollte eigentlich kein Diss sein. Im Jahr 2009 hab ich mir gedacht, könnte ich einfach mit "für alle Deutschen" auch genau das meinen - alle, die in Deutschland leben und Mountainbiken. Die Betonung liegt auf dem "Alle". Warum ich das ganze konkret auf Deutschland bezogen habe: In Frankreich, England, Norwegen, Polen, Tschechien - aber vor allem auch Australien, USA... gibt es genügend öffentliche / legale Trails für Mountainbiker. Deutschland hängt da einfach massiv hinterher.

    In meinen Augen also schon korrekt formuliert, ich hoffe ihr versteht, was ich meine?

    Sind noch weitere Presseartikel aufgetaucht? Hat irgendwer was gescannt / nen Link?

  2. benutzerbild

    TZR

    dabei seit 07/2007

    gibt es genügend öffentliche / legale Trails für Mountainbiker. Deutschland hängt da einfach massiv hinterher.

    Sag doch einfach was du meinst (siehe oben fett) und nicht irgendwas anderes.
  3. benutzerbild

    badaunz

    dabei seit 05/2008

    hoffentlich kommt da etz was ich häng an dem krater
    der ort hat mich zum biken inspiriert der erste echte dirt den ich je gesehen habe

  4. benutzerbild

    Urgestein

    dabei seit 07/2009

    ...ich hab da mal was vorbereitet:
    http://www.direktzu.de/ude/messages/20619
    [...]

    Mit diesem Satz

    "sich hirnlosen Gewalt- und Ballerspielen vor dem Computer hinzugeben"

    disqualifizierst du dich selbst, sowie viele Politiker, eine sachliche Meinung abgeben zu können. Du erwartest von denen Toleranz gegenüber deinem Hobby, hast aber selbst keine für andere. Es ist wohl zu verlockend einfach, auf der momentan von Ahnungslosigkeit und Polemik getriebenen Hetzwelle mitzuschwimmen. Ich (als MTB-Anfänger) bin sicherlich für dein Anliegen, aber nicht auf diese Weise...
  5. benutzerbild

    Reese

    dabei seit 08/2005

    Ich stimme Urgestein zu.

    Es ist leicht Hobbies zu verurteilen, die man selbst nicht ausübt.
    Leider ist es genau diese Einstellungen unter der auch wir MTBler zu leiden haben.

    "Leben und leben lassen" sollte die Devise lauten.

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