Auf der Eurobike noch verschmäht, hatten wir jetzt bereits Gelegenheit POCs Trabec Helm ausführlich zu testen.
Helme gibt es wie Sand am Meer, und dank neuer Materialien und Verarbeitungsverfahren gibt es auch auf diesem Markt eine progressive Veränderung. Junge Marken profitieren von der Trägheit größerer Hersteller und setzen mit alternativen Designs und Merkmalen Zeichen im Kampf um die Eroberung des Kopfes der Kunden – so auch das schwedische Unternehmen POC mit seiner Interpretation es Begriffes AllMountain.
Doch was macht eigentlich einen richtig guten Helm aus? Meines Erachtens nach in dieser Reihenfolge:
1.) Sicherheit
2.) Komfort
3.) Aussehen
Warum sollen Komfort und Aussehen eines Helmes wichtig sein? Weil er sonst nicht getragen wird, was des Aspekt Sicherheit hinfällig machen würde. Konsequenz: Nur wenn ein Modell in allen 3 Disziplinen punkten kann, werden Benutzer und Kopfschutz beste Freunde, ich möchte fast sagen: „Bis das der Tod sie scheidet.“ Klingt überzogen, doch nach einem heftigen Sturz ist der Helm im besten Fall hin, deformiert, während der Helmträger glimpflich davon kommt.
Ausstattung
Das Design des Helmes ist bionisch inspiriert, konkret: Dem menschlichen Knochenbau nach empfunden, woraus ein schlichtes, kompaktes Aussehen resultiert. Die Verarbeitung ist gut und sollte in der Serie sogar noch besser sein, denn das Sample, welches ich in den letzten Monaten ausprobieren konnte, ist noch händisch und nicht maschinell produziert, weshalb z.B. das Spaltmaß zwischen den 4 Inmold-Schalenteilen nicht 100% gleich ist – für den Endkunden soll jedoch auch hier höchste Präzision gelten. Stichwort Inmold: Die Schale ist nicht nur an der Oberseite auflaminiert, sondern rundum, auch an der Unterkante, wodurch der Stoßabsorbierende EPS Liner beim Transport oder am Lenker nicht unschön vermakelt werden kann. Die Schale verfügt über 16 Lüftungsöffnungen und großflächige, interne Luftkanäle, das Plastik am Hinterkopf ist farblich abgesetzt eingefärbt, mit Grün, Blau und Orange stehen sehr farbenfrohe, mit Schwarz und Weiß auch unaufdringliche Töne zur Verfügung.
Im Inneren des Helmes sind Aramid Inlays integriert, die für eine erhöhte Stabilität sorgen sollen und zugleich den Unterschied zwischen dem Trabec und der Variante mit dem zusätzlichen Prädikat „Race“ machen: Bei letzterer wurde der Aramid-Anteil nochmals erhöht, was nochmals mehr Steifigkeit schafft. Das Visier ist angesteckt, wodurch es bei Stürzen einfach ausklickt oder zum Botschafter wird: Kein Visier signalisiert eine Cross Country Optik, der Visor ist ein klares Bekenntnis zum Geländeradsport.
Die Anpassung an unterschiedliche Kopfgrößen erfolgt schnell und unkompliziert über eine Feinrasterung, mit einem Griff und einer Hand wird der Umfang nicht nur unten, sondern dreidimensional über eine große Höhe des Hinterkopfes verstellt. Die Polsterung des Helmes fällt minimalistisch aus Polygiene gefertigt, wodurch Schweiß und Bakterienbildung verringert werden sollen. Der Kinngurt ist nicht nur stylisch komplementär gefärbt, er endet auch schön in Kunststoffeinfassungen.
Bei der Helmform fällt auf: Verglichen mit herkömmlichen CC-Helmen umschließt er den Kopf seitlich und hinten deutlich weiter, um auch bei Stürzen auf diese Kopfregionen besseren Schutz zu bieten.
Ausfahrt
Genug der Theorie, wie schlägt sich unser heutiger Proband, der POC Trabec?
Um das herauszufinden, war ich mit dem Trabec, der eindeutig als Enduro / AllMountain-Helm ausgelegt ist, auf den Isar-Trails, in den Alpen und auf dem Pumptrack unterwegs. Das Ergebnis in den drei Kategorien?
1.) Sicherheit
Ich sage es gleich vorweg: Ich bin mit dem POC auf dem Kopf nur ein Mal gestürzt, und das nicht (ich sage jetzt bewusst nicht „leider nicht“) auf den Kopf. Trotzdem glaube ich mir eine Aussage über die Schutzwirkung des Trabecs treffen zu können. Ich halte den Helm aus verschiedenen Gründen für sehr sicher: Das er alle gängigen Normen für Fahrradhelme erfüllt, ist für mich selbstverständlich, ich erwähne es trotzdem. Im direkten Vergleich zu gewöhnlichen Openface Helmen umschließt dieses Modell den Kopf erheblich weiter, in etwa so, wie es sonst nur Halbschalen-Helme („Pisspot“ „Armytyp“ „Halbkugel“) schaffen. Des weiteren sitzt er wirklich ausgesprochen gut – heftiges Headbangen war auf jedem der 5 Testköpfe möglich, sogar mit unverschlossenem Schnellverschluss bleibt er über Kopf auf dem Kopf – mit verschlossenem Kinnriemen also auch noch unter den enormen Beschleunigungen eines Einschlags.
Und zu guter letzt: Hat man den Trabec in der Hand, spürt man sein Innenleben – er ist etwas schwerer als gewohnte Helme, die Waage bestätigt das mit 372g, er wirkt dadurch hochwertiger und nahezu unzerstörbar. Ein Auseinander-Brechen ist somit unwahrscheinlich, wodurch das EPS eine maximale Menge Energie durch Deformation aufnehmen kann. Bricht der Helm bevor seine Dämmschicht komplett komprimiert ist, verschenkt er Schutzwirkung – das dürfte dem Schweden nicht passieren.
Pflicht erfüllt, auf zur zweiteiligen Kür:
2.) Komfort
Der Komfort eines Helmes wird maßgeblich bestimmt durch seinen Sitz auf der einen, seine Belüftung auf der anderen Seite. Der Sitz ist durch die effektive Anpassung, und die strategisch geschickt platzierten Polster sehr gut, was mir mehrere Personen bestätigt haben. Die Belüftung ist besser, als die nur mittelgroßen Öffnungen erwarten lassen, was daran liegt, dass sie leicht vertieft sitzen und unter der Schale großvolumige Tunnel verlaufen. Während der Fahrt passiert dann folgendes: Die Luft überströmt die Helm auf direktem Weg schneller als durch die Vertiefung, ein Unterdruck entsteht, die warme Luft wird förmlich aus dem Helm gezogen. In der Praxis funktionierte die Kühlung bei mir sehr gut, allerdings konnte ich auch keine Temperaturen >20°C auftreiben. Im unmittelbaren Duell zu einem XC-Helm ist sie schlechter, dafür bleiben Äste, Insekten und sonstige Hindernisse draußen.
3.) Aussehen
Den Trabec gibt es in Grün, Blau und Schwarz, den Trabec Race in Orange-Weiß, Weiß-Orange (so wie getestet) und Schwarz-Weiß – er wirkt kompakt, und stylisch, ich habe ihn gern getragen. Der Look passt für mich perfekt für alle, die sich weder auf der Downhillstrecke noch auf der Forstweg auf der Jagd nach Sekunden befinden, sondern einzig das Ziel vom maximalen Fahrspaß verfolgen. Wenn die angesprochenen Details an der Verarbeitung noch verbessert werden und es POC schafft, die Farbe von Visier und Helm selbst absolut identisch zu gestalten, passt für die Kategorie „Aussehen“ alles.
Ausklang
Schützt gut, trägt sich gut, sieht gut aus – die Sache muss doch einen Haken haben? Wer will, findet ihn im saftigen Preis von 159€ (Trabec) respektive 179€ (Version Race). Viel Geld, für das der Kunde viel Funktion und Style erhält – ziemlich exklusiv und individuell aus Schweden. Ein anderer Helm, der so viel Schutz mit so gutem Komfort verbindet, ist mir nicht bekannt – schön, dass auch kleine Firmen ein so ausgereiftes Produkt auf den Markt bringen können.
Details:
Farben:
Trabec – Grün, Blau, Schwarz
Trabec Race – Orange-Weiß, Weiß-Orange, Schwarz-Weiß
Größen:
XS-S (51-55cm), M-L (55-59cm) (getestet), XL-XXL (59-63cm)
Gewicht:
372g (Größe M, selbst gewogen) , 392g (Herstellerangabe)
Preise:
Trabec (159€)
Trabec Race (179€)
Bilder: Tobias Stahl (nuts), Sebastian Eigen
Locations: Isartrails, Berge hinter Lenggries
74 Kommentare