Beim Enduro Ride am Gardasee wurde viel über die Fahrräder der Starter diskutiert – am Ende siegte ein 10facher Weltmeister auf einem Endurorad auf der Downhill-ähnlichen Strecke. Wir haben für euch das Siegerbike und Arbeitsgerät – das Lapierre Spicy von Nicolas Vouilloz etwas genauer unter die Lupe genommen.
Der Rahmen
Wie schon erwähnt war Nico mit dem Enduro aus dem Hause Lapierre unterwegs, dem Spicy. In der Tat hatte er angesichts der Strecke überlegt, mit dem Downhiller anzutreten, da es dieser ihm ermöglicht hätte, den fast schon legendären Drop (man denke an Thomas Vanderham und Bobby Root) in der Mitte der Strecke zu springen. Weil im Training aber niemand sonst das Teil trainierte, hielt der Weltmeister es nicht für nötig und setzte auf das Rad, welches in den engen Kurven schneller sein würde. Bei seinem Spicy handelt es sich allerdings nicht um ein Spicy von der Stange:
Der Lenkwinkel wurde speziell für ihn auf super flache 64° getrimmt, außerdem wechselt er zwischen zwei verschiedenen Dämpferaufnahmen und zwei verschieden langen Dämpfern, wodurch ihm wahlweise 160 oder 180mm Federweg zur Verfügung stehen. Das ganze ist nicht serienreif, bei der 180er Version kann schon mal Kontakt zwischen Sitzrohr und Reifen aufkommen. Ansonsten ist der Rahmen aber mit dem vom Endkunden identisch: Alu-Hauptrahmen, Carbon-Hinterbau mit Steckachse und extrem tiefen Viergelenk-Drehpunkt, ISCG-Aufnahme am Innenlager, ein integrierter Syncros Steuersatz an der Front. Den Carbonflap, der in der Serie das Schaltwerk schützt, störte ihn optisch und wiegt etwas – weg damit, denn jedes Gramm zählt.
Federung
Die Partnerschaft mit seinem Langjährigen Sponsor BOS Suspension musste Nico zugunsten des Komplettpakets Lapierre+Fox aufgeben. Bei der 160er Gabel sieht er seine Kashima Fox 36 mit der Deville gleichauf, die Downhillgabel aus dem Hause Fox gefällt ihm (noch) nicht so gut wie seine persönliche Idylle, er hofft aber auf die neuen Dichtungen und Führungsbuchsen. Im Heck sitzt ein Fox RP23, ebenfalls recht seriennah.
Weil er das Vorderrad ohnehin (fast) nie demontiert und er Gewicht sparen und ein Lockern ausschließen will, hat er die Schnellspanner gegen Inbus-Schrauben ersetzt – Vorwärts in die Vergangenheit…
Sein Setup lässt sich als recht Straff bezeichnen – genaue Drücke wollte er uns nicht verraten, seine High- und Lowspeed Druckstufe sind jeweils zu etwa einem Drittel zugedreht. Während er solche Details erzählt, wirkt er aber so schelmisch, dass man nicht sagen kann, ob ihm diese Einstellungen ziemlich egal oder von größter Bedeutung sind, und er nur nicht genauer darauf eingehen will.
Antrieb
Nichts ist ärgerlicher als Kettenklemmer oder nicht treten zu können – Nico tritt gern und viel. Deshalb fährt er ein 1X10 Setup mit Sram Medium XX-Schaltwerk, XX-Kassette (11-32) gepaart mit einer Truvativ Noir Carbon Kurbel und 36 Zähne Kettenblatt. Für Führung sorgt eine e13 SRS kombiniert mit Supercharger Bashguard. Eine Hollowpin-Kette spart Gewicht, Nico gibt an, mit dieser Übersetzung zumindest am Gardasee alle nötigen Anstiege gefahren zu sein.
Laufrad & Bremsen
Ein Easton Haven Systemlaufrad dreht sich um die Steckachsen des Rades, für Nico leicht und robust genug. Den Bodenkontakt stellen Continental Baron 2.5“ Reifen her, allerdings besteht dort kein Sponsoring-Vertrag, die Reifen wechseln von Rennen zu Rennen. Vorbei sind allerdings die Zeiten, in denen sein Mechaniker für den Rennlauf einige Stunden mit dem Schnitzen der Reifen verbringen musste – obwohl Nicolas lachend anmerkte, dass sein Reifenschneider im Laufe der Zeit schneller geworden wäre.
Für Verzögerung sorgen Formula The One mit 180mm Scheiben vorne und hinten, leicht, zuverlässig und mit schön bissigem Druckpunkt, so der Franzose.
Fahrerkontakt
Beim Enduro-Ride unnötig, aber auf sämtlichen anderen Enduro-Rennen absolut empfehlenswert: Eine Teleskopstütze, hier eine Rock Shox Reverb, auf der ein leichter Fizik Sattel sitzt. Die Steuerzentrale besteht aus Sunline V One Vorbau in 50mm Länge und Easton Haven Lenker in 711mm Breite. Per CMC Moto Trainer Stopuhr kontrolliert Nico seine Zeiten, den Reverb-Hebel hat er zwecks Ergonomie umgedreht montiert. Traditionell fährt Herr Vouilloz Klickpedale, hier von Shimano ganz ohne Käfig – ausklicken will er ohnehin nur im Ziel. Um trotz integriertem Steuersatz und flachem Lenker auf steilen Strecken nicht zu sehr auf dem Vorderrad zu hängen, sitzt ein Spacer unter dem Vorbau. Und wer 1X10 fährt, der sollte sich den Reverb-Hebel tatsächlich für rechts bestellen und ihn links montieren, die Ergonomie gewinnt.
Rahmengröße: M
Gewicht: 14,3kg – mit DH-Reifen, wohlgemerkt
Und die Moral von der Geschicht: Obwohl das Rad speziell ist, allein erklärt es die Dauersiege des Franzosen nicht. Auf die Frage, was er über die Jahre hinweg anders gemacht hat, als seine Konkurrenz, sagt er lachend: „Ich hatte das perfekte Umfeld. Mein Vater kam mit zu den Rennen, ich hatte die perfekte Unterstützung durch meine Sponsoren, das Material war ganz nach meinen Wünschen abgestimmt – dazu bin ich visuell und motorisch sehr schnell, das ist glaube ich auch der gemeinsame Nenner bei der Rally. Ich denke es war das Gesamtpaket, was mich so schwer zu schlagen gemacht hat, aber inzwischen baue ich doch ein bisschen ab, ich bin ja schon eine Weile im Rennen…“
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