Vergangene Woche wurde in Morzine und Lets Gets nicht nur das neue elektronisch gesteuerte e:i Shock-System der Accell Group-Marken Lapierre, Hai Bike und Ghost präsentiert, sondern auch die gesamte 2013er Modellpalette von Lapierre Bikes. Ein komplett neues Bike hatten die Franzosen nicht zu bieten, dafür aber starke Modellpflege bei den altbewährten Modellen. Als nahezu neu wurde den anwesenden Pressevertretern aber das neue alte Lapierre „DH“ vorgestellt. Auch wenn es sich optisch nur wenig vom Vorgänger unterscheidet, so betonten Gilles Lapierre und seine Konstrukteure in aller Deutlichkeit, dass das 2013er „DH“ ein nahezu neues Bike sei.


Lapierre DH Team 2013

Das „neue“ Lapierre „DH“ unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von seinem Vorgänger. Neben einer sportlicheren und Race-orientierteren Geometrie verpasste man dem Bike auch einen neuen Hinterbau: mehr Federweg, größere und breitere Lager, kleinere Abstände zwischen den Pendbox-Gelenken sowie neue Ausfallenden und eine größere Carbonbrücke zwischen den Kettenstreben. Zudem bekommt die „DH“-Modellreihe eine neue Größe. Was bisher „Large“ war, ist nun „Medium“ – „Large“ wurde demnach für 2013 neu definiert. Alles in allem soll das Bike dadurch steifer und vor allem schneller geworden sein.

Auch 2013 setzt Lapierre beim Abfahrtsmodell „DH“ auf das bewährte Pendbox-System [hier ein erklärendes Video]. Um die Wirkung des Systems jedoch ein wenig zu reduzieren und an den DH-Sport anzupassen, wurden die Hebelverhältnisse zwischen den Pendbox-Umlenkhebeln verkleinert. Das Ergebnis wäre laut Lapierre ein aktiveres und effizienteres Fahrwerk. Durch das Kürzen der diversen Hebel rückte auch das Innenlager ein kleines Stück nach oben – um 5 mm.


Lapierre „DH“ – geringere Hebelverhältnisse beim Pendbox-System

Das Innenlagergehäuse selbst wurde verbreitert – das soll die Kettenlinie begünstigen und für einen stabileren Stand auf dem Bike sorgen. In den letzten Jahren habe man auch auf DH-Strecken sehr viel treten müssen, da wäre vor allem beim Treten aus Kurven ein schmales Innenlager von Vorteil, um nicht mir der Kurbel durch den Dreck zu treten, so die Aussage von Nico Vouilloz. Weiter sagte er, dass auf den heutigen Strecken das Treten immer mehr in den Hintergrund rücken würde, wodurch vor allem ein sicherer und fester Stand von oberster Priorität sei.

Der Hinterbau des Lapierre „DH“ ist bekanntlich nicht sonderlich steif. Bisher verteidigte Lapierre diese Tatsache vehement. Nun scheint sich die Politik geändert zu haben, denn dem neuen Rahmen wurden eine Menge Details verpasst, die für deutlich mehr Steifigkeit sorgen sollen. So bekam der Rahmen beispielsweise eine breitere Achse am Hauptdrehpunkt, auf welcher pro Seite zwei Industrielager laufen. Auch wurde die Verbindungsstrebe zwischen den Carbonkettenstreben deutlich größer dimensioniert, als es noch beim Vorgänger der Fall war. Zu guter Letzt verpasste man dem Hinterbau neue Ausfallenden, welche durch ihre Schraubklemmung den Löwenanteil des Steifigkeitszuwachses zu verantworten haben. Dennoch betonen die Lapierre-Ingenieure, dass der Hinterbau auch weiterhin den nötigen Flex besitzen würde, um seitlich einwirkende Kräfte dynamisch aufnehmen zu können.


Nahezu verdoppelte Lagerbreite am Hauptdrehpunkt

Die wohl wichtigsten Merkmale des neuen „DH“ sind das Plus an Federweg sowie die überarbeitete Kinematik. Der Rahmen ist neuerdings mit satten 220 mm Federweg ausgestattet und weist eine deutlich linearere Federkennlinie auf. Lapierre macht kein Geheimnis draus, dass in den vergangenen Jahren immer wieder Rahmenbrüche beim „DH“ zu beklagen waren. Man habe die verantwortlichen Fehlerquellen gefunden und eliminiert, so die Aussage des Chef-Entwicklers.

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Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • 2013 Lapierre DH V2 Rahmen / steiferer Carbon-Hinterbau
  • neue Geometrie / neuerdings in 3 Größen verfügbar
  • neue Hinterbaukinematik / linearere Federkennlinie / 220 mm Federweg
  • neues breiteres BB30 Innenlagergehäuse = für mehr Steifigkeit, eine bessere Kettenlinie und einen stabileren Stand
  • neues Hebelverhältnis zwischen den Pendbox-Umlenkungen / geringere Pendbox-Wirkung
  • breitere Achse am Hauptdrehpunkt / zwei Industrielager an jeder Seite
  • neue Ausfallenden mit Schraubklemmung = mehr Steifigkeit
  • kleine neue Gussets an allen kritischen Punkten
  • Preise: werden erst zur Eurobike bekannt gegeben


Lapierre DH 722 2013

Die Geometrie:

In Sachen Geometrie gibt es am 2013er „DH“ so einige Änderungen zu verzeichnen. Nicht nur dass der bisherige „Large“-Rahmen zum „Medium“-Modell degradiert wurde und ein neuer „Large“-Rahmen hinzukommen wird – es haben sich auch sämtliche Winkel geändert. Der Sitzwinkel fällt mit 73° ganze 3.5° steiler aus. Der Lenkwinkel beläuft sich neuerdings auf fixe 63°. Auf einen Exzenter wie beim aktuellen Modell verzichtete man zugunsten des Gewichts und der Haltbarkeit. Dennoch hat man auch zukünftig die Möglichkeit, den Lenkwinkel auf seine Bedürfnisse anzupassen. Im Steuerrohr befindet sich eine Hülse, in welcher der Steuersatz sitzt. Diese Hülse kann ausgepresst und durch eine mitgelieferte 1°-winkelreduzierende Hülse ausgetauscht werden – somit erhält man wahlweise einen Lenkwinkel von 64° oder 62°. Der Hinterbau wurde um geringe 3 mm gekürzt und weist nun eine Länge von 435 mm auf. Der Reach des neuen „Medium“-Rahmens ist identisch mit dem des bisherigen „Large“. Der neue „Large“-Rahmen hat einen Reach-Wert von 417 mm und ist somit 20 mm länger als der „Medium“-Rahmen. Neu ist auch das um 5 mm höhere Tretlagergehäuse.

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Die Modellvarianten:

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Fahreindrücke – mit dem Lapierre „DH“ auf den Trails von Lets Gets:

Nachdem uns Gilles Lapierre und Nico Vouilloz in Sachen Theorie zum neuen alten Lapierre DH-Bike unterrichtet haben, steht endlich der heiß ersehnte Praxistest auf dem Programm. Am Lapierre-Außenstand der Präsentation in Lets Gets muss ich mich der Qual der Wahl unterziehen. Ich entscheide mich für das „DH Team“, das Top-Modell der „DH“-Palette.

Da die Bikes nur wenige Tage vor der Präsentation in Frankreich eingetroffen waren, musste sich Lapierre bei der „DH“-Testflotte auf die Größe „M“ beschränken. Mit einem Reach von 400 mm fällt das Bike leider ein klein wenig zu kurz für mich aus (Körpergröße = 1.81 m). Kurzerhand wird der Direct-Mount-Vorbau in die längste Stellung gebracht und der Lenker nach vorne gekippt. Klickpedale hätten mir durch den am Fußballen positionierten Cleat noch einige Millimeter beim effektiven Maß zwischen den Kontaktpunkten Pedal und Lenker geschenkt, dennoch entscheide ich mich für Flat-Pedale, um die Funktion des Hinterbaus besser spüren zu können.

Nachdem das Bike auf mich angepasst ist, geht es zum Fahrwerks-Set Up unters FOX-Zelt. Die verbaute 400er Feder erscheint mir ein wenig zu weich: Der Sag beläuft sich auf etwas über 30% – laut den FOX-Mitarbeitern genau richtig. Schnell verpassen wir Gabel und Dämpfer noch ein bisschen mehr Progression und drehen die High-Speed-Druckstufe schön weit zu. Die Zugstufe ist hingegen recht weit offen – eben ganz nach dem Vorbild der World Cup-Racer, schließlich will ich dem Lapierre in Lets Gets ordentlich die Sporen geben. Nachdem alles passt, mache ich mich mit keinem Geringeren als dem 10-fachen DH-Weltmeister Nico Vouilloz auf in Richtung Lift.


Maxi knechtet das Lapierre DH Team auf dem DH-Track von Lets Gets – Bild: David Schultheiß

Im Lift erzählt mir Nico, dass die Veränderungen am neuen DH-Bike wirklich gravierend seien, und dass es sich bei der Aussage, man habe ein neues Bike entwickelt, nicht nur um sinnfreies Marketinggesülze handeln würde. Ganz offen und ehrlich spricht Nico über diverse Rahmenbrüche, die man in den letzten beiden Jahren beim DH-Bike zu beklagen hatte. Die Schwachstellen hätte man ausfindig gemacht und durch neue Verarbeitungsverfahren und Materialien aus der Welt geschafft werden können, so Nico. Weiter spricht er davon, dass die Erhöhung des Federweges ein großes Anliegen der Team-Fahrer gewesen sei, da die Rennstrecken heutzutage immer schneller und heftiger werden würden. Auch die damit verbundene linearere Federkennlinie wäre ein Resultat der Entwicklungsarbeit mit den Team-Fahrern wie beispielsweise Blinky oder Cam Cole. In der Theorie klingt das alles schon ganz gut, gespannt erwarte ich unsere Ankunft an der Gipfelstation, um die Versprechungen endlich in der Praxis auf die Probe stellen zu können.

Oben angekommen heißt es aufgesetzt und ab die Post. Schon auf den ersten Metern fühle ich mich ausgesprochen wohl und sicher auf dem Lapierre. Das tiefe Tretlager macht sich umgehend bemerkbar und erinnert mich in Sachen Standposition stark an Specializeds Demo. In den ersten Kurven muss ich jedoch schnell feststellen, dass die Front ein wenig hoch geraten ist – und das trotz der flachen Lenkzentrale, bestehend aus der neuen 35 mm Lenker-Vorbau-Combo aus dem Hause Easton. Es kommt nur wenig Druck aufs Vorderrad, was dafür sorgt, dass ich in jeder Kurve ganz bewusst nach vorne gehen muss, um zu vermeiden, dass das Vorderrad das Weite sucht. In meinen Augen liegt es nicht am Bike als solches, sondern an der Kombination von tiefem Tretlager, zu weicher Feder und komplett herausgezogener Gabel, was meine Körperhaltung stark nach hinten verlagert.

Nachdem die ersten Kurven überwunden sind und ich mich an das Bike gewöhnt habe, möchte Nico schon den Weg ins Grobe einschlagen. Ich lasse mich nicht lange bitten und versuche dem Meister am Hinterrad zu bleiben. Nicht nur die elegante und äußerst effektive Linienwahl von Nico fällt mir sofort auf, auch der überragende Hinterbau des Lapierre macht sich schnell bemerkbar. Besonders dann, wenn es bei vollem Tempo über schräge Wurzelhänge oder durch tückische Steinfelder geht. Der gewollte Flex im Hinterbau schluckt nahezu alle seitlichen Schläge weg und lässt das Bike wie auf Schienen durch die gröbsten Schläge gleiten. Beeindruckend, ein solches Fahrverhalten war mir bis dato noch nie so positiv aufgefallen.

Mit dem Lapierre DH 722 auf den Trails von Les Crossets – Bild: David Schultheiß

Mit einem Sprung geht es hinaus aus dem Wald auf einige schnelle Graden, an deren Ende sich recht enge Anlieger auftun. Beherzt greife ich in die Bremsen, um die Geschwindigkeit an die bevorstehenden Kurven anzupassen. Von den zahlreichen, tiefen und knüppelharten Bremswellen merke ich nichts, wie eingeklickt stehe ich auf den Flat-Pedalen. Der Hinterbau erfüllt seine Dienste hervorragend. Das Bike scheint mich überzeugt zu haben, würde mir in den Kurven nicht schon wieder das Vorderrad ausbrechen. Mit der richtigen Technik und ein bisschen Eingewöhnung lässt sich aber auch in Kurven relativ schnell richtig Druck machen – auch trotz des flexenden Hinterbaus. Man merkt, dass die Eigendynamik des Hinterbaus gegenüber dem Vorgänger stark verbessert wurde. Zwar ist das Hinterteil des Lapierre DH-Bikes immer noch weich, aber längst nicht mehr in dem Maß wie noch beim diesjährigen Modell.

Fazit: Im Großen und Ganzen hatte ich eine Menge Spaß mit Lapierres neuem DH-Boliden. Die kleinen Schwächen wären in meinen Augen mit einigen Umbauten an den Federelementen und am Cockpit schnell behoben. Besonders beeindrucken konnte mich der Hinterbau samt Federungssystem des DH-Team. Auch die hochwertige Ausstattung wusste zu überzeugen, wenn auch das deutlich günstigere DH 722, welches ich am darauf folgenden Tag zwischen den Beinen hatte, nicht weniger gut zu fahren war. Wie so oft war es auch beim Lapierre DH die Geometrie und nicht die Anbauteile, die das Fahrverhalten so überzeugend machte.

Wir hoffen, euch in naher Zukunft einen MTB-News.de Fahrbericht zum 2013er Lapierre präsentieren zu können, für welchen uns hoffentlich ein Bike in passender Größe mit entsprechend angepassten Federelementen zur Verfügung steht. Dann wird sich zeigen, ob das Problem mit dem Vorderrad allgemein Auftritt oder nur auf die genanten Faktoren zurückzuführen ist.

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Wer selbst ein auf einem Lapierre DH der letzten beiden Jahre unterwegs ist, darf seine Erfahrungen gerne mit uns teilen. Ebenso wäre es interessant zu wissen, ob die derzeitigen Besitzer dieses Bikes einen steiferen Hinterbau, wie ihn das beschriebene 2013er Modell hat, begrüßen würden. Teilt uns eure Erfahrungswerte mit!

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Alle Bilder zu aktuellen Produktneuheiten findet ihr wie immer in diesem Album: Produktneuheiten 2013 – hier klicken!

  1. benutzerbild

    reality_cod

    dabei seit 07/2011

    erste Preisangabe fürs DH 722 sind raus- zum Vorbestellerpreis auf folgender Seite http://welovelapierre.com/lapierre-dh-722

    Nach dem jetzigen Kurs kann man sich dann wohl so auf 4500 fürs 722 einstellen.

    Grüße

  2. benutzerbild

    reality_cod

    dabei seit 07/2011

    7600 Euro die Team-Variante-tut sich hoffentlich preislich noch was-auf der selben Seite zu sehen- zu beachten sind momentan nur fix-preise da ja vom Kurs abhängig- grundlegend lässt sich meiner Meinung nach ableiten das es beim 722 preislich richtung 720 geht- die DH Team variante aber im Vergleich zum 920er nochmal deutlich zulegen wird (vermutlich 6999 Euro teuer dann ?!) spätestens am 1 September weiß es jeder genau smilie

  3. benutzerbild

    nl1912

    dabei seit 12/2012

    Bis zur welchen Größe kann man Rahmen Size S fahren???

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