Gewöhnt hat sich die Mehrheit der Biker noch nicht an das Felgenmaß 27.5″ alias 650b – doch im Enduro- und XC-Rennsport haben sich die Laufräder zwischen 26 und 29 Zoll für die kommende Saison bereits etabliert und sind insbesondere für etwas kleinere Fahrer mittlerweile eine interessante Alternative zu den großen 29ern.
Im Zuge des großen Pressecamps von Merida in Alcúdia/Mallorca (der Camp-Bericht mit allen Team-Infos folgt) wurde ein Prototyp vorgestellt, mit dem Merida den Markt der mittelgroßen Laufräder betreten möchte. „ONE FORTY-B“ lautet der Name des Allmountain-Prototypen, der auf der kommenden Eurobike als Serienmodell präsentiert werden soll und 2014 auf den Markt kommen wird. Wir haben die ersten Vorab-Infos über das neue Modell.
# Der Prototyp des neuen Merida ONE FORTY-B.
Generelle Informationen
„ONE FORTY“ lehnt sich Merida-typisch an den Federwegsbereich an und kennzeichnet einen Heckfederweg von 145 Millimetern – ONE FORTYFIVE wäre vermutlich ein etwas zu langer Name geworden. Statt straffem Enduro-Freerider soll das ONE FORTY B ein leichtes AM-Tourenbike werden, das Spaß auf dem Trail machen und neben soliden und laufruhigen Abfahrtsqualitäten seine Vorteile besonders im Uphill ausspielen soll.
An der Front wird in der Serie aller Wahrscheinlichkeit nach eine Rock Shox Revelation mit 150mm verbaut sein – gemäß der Geometrie des Bikes soll der geringe Mehrfederweg an der Front optimal mit dem 145mm-Heckfederweg harmonieren. Das ONE FORTY-B kommt mit dem bereits auf der Eurobike vorgestellten VPK-Hinterbau und tut es damit den großen Brüdern Freddy und ONE SIXTY nach, die ebenfalls über das Fahrwerk mit virtuellem Drehpunkt verfügen.
# Geschwungenes Ober- und Unterrohr am ONE FORTY-B.
# Filigrane Wippe mit dezenten Aussparungen.
Durch verhältnismäßig lange Oberrohre (Geometriedaten siehe unter „Kurzfahrbericht“) können beim ONE FORTY B mit 60mm relativ kurze Vorbauten eingesetzt werden. Als Allroundbike für unterschiedliche Einsatzgebiete gedacht, wird das Modell ausschließlich mit Dreifach-Kurbel ausgestattet – hierbei wird die neue 40-30-22-Abstufung von Shimano genutzt.
Einige Besonderheiten gibt es am neuen Modell: Der Bowdenzug für das Schaltwerk wird laut Merida an verschiedenen Stellen durch einen Doppelstopp „geteilt“, wodurch beim Einfedern nur der letzte Teil des Zuges mitfedert und damit effektiv Ghostshifting verhindern soll – montiert war dies allerdings noch nicht, man kann also gespannt sein wie dieses System am Merida-Modell aussehen wird. Zudem wird der Zug im letzten Teil durch den Kettenstrebenschutz geführt.
# Die Dämpfer-Aufnahme am Unterrohr.
Auch die Führungen der Remote-Variostützen werden innen geführt und treten am Tretlager wieder heraus: Von hier kann die Verkabelung entweder durch das Sitzrohr (Reverb Stealth) oder außen an einer Führung am Sitzrohr angelegt werden.
Ausstattung, Gewicht & Preise
Die finalen Ausstattungsvarianten stehen im Prototypenstatus noch nicht final fest – sicher ist jedoch, dass bei Schaltung und Bremsen Shimano-Parts verbaut sein werden. Vier Varianten soll es vom ONE FORTY-B geben, die je nach Preisstaffelungen andere Konfigurationen beinhalten. Alle Modelle haben Nobby Nic-Bereifung gemein, auf den teureren Modellen kommt der solide Sun Ringlé Charger Pro-Laufradsatz zum Einsatz.
Das Einstiegsmodell des ONE FORTY-B wird bei rund 2000 € liegen, das Gewicht des Prototypen liegt bei 12.2kg (ohne Pedale).
Kurz-Fahrbericht
Auf dem Camp hatten wir eine kurze Gelegenheit, das ONE FORTY-B über die weitgehend trockenen Trails zu jagen – allzuviel Zeit blieb uns allerdings nicht, da für viele Dutzend Journalisten nur vier Prototypen verfügbar standen. Daher ein erster, völlig subjektiver und schneller Eindruck.
Der technische Testtrail begann mit einem recht ruppigem Uphill, der aus einem breiten, aber mit vielen herausgewaschenen Steinen und Felsen durchsetzten Trail bestand – für 26″-Laufräder erfahrungsgemäß ein nerviger Mix aus schnellen Lenkbewegungen, kraftkostendem Gekurbel und abruptem Hochreißen des Lenkers vor größeren Hindernissen. Mit den 27.5″-Laufrädern war definitiv eine deutliche Verbesserung zu spüren: Die Laufräder rollten besser über die Hindernisse ab und boten dadurch in sehr unebenem Gelände eine gute Kontrolle über das Bike.
Ein ebenfalls auf diesem Trail getestetes 29er spielte in Bezug auf dieses Abrollverhalten zwar noch in einer anderen Liga, eine deutliche Verbesserung zum Kletterverhalten eines 26″-Bikes war es dafür allemal. Auch bei hindernisfreien, aber sehr steilen Anstiegen war ein deutliches Plus an Grip spürbar.
# Auf dem Testtrack auf Mallorca – Uphill.
Der VPK-Hinterbau arbeitete sensibel und unauffällig und bot bergauf keinen Anlass für unerwünschte Antriebseinflüsse – es ging effizient nach vorne. Auf der anschließenden Abfahrt bügelten die 145mm Prototypenfederweg den Trail schön glatt und fühlten sich nach einigen Zentimetern mehr an – weswegen man nach den ersten Eingewöhnungs-Kurven problemlos die Bremsen aufmachen und Gas geben konnte, was auch am recht flachen Lenkwinkel lag, der dem Bike die nötige Laufruhe verpasste.
Insbesondere in verblockten Passagen war es spannend, die größeren Laufräder arbeiten zu sehen: Schnell stellte man fest, dass man sich mit den größeren Laufrädern eher trauen kann, über größere Brocken drüberzurollen und weiter Tempo zu machen. Allerdings merkte man auch, dass das Bike in engen Passagen nicht die Wendigkeit eines vergleichbaren 26er-Fullies besaß. Auf Nachfrage bei Merida entspricht der gefahrene Prototyp auch der Geometrie des Serienbikes: Der Sitzwinkel beträgt 74°, die Oberrohre haben sich ein gutes Stück verlängert (15″: bleibt bei 560mm, 17″: 580 auf 595mm, 19″: 595 auf 625mm, 21″: 615 auf 650mm). Der Lenkwinkel beträgt 67° und die Kettenstreben sind von 435 auf 445mm angewachsen.
Fazit
Der Prototyp des ONE FORTY-B macht einen guten ersten Eindruck. Soweit dies in der relativ knapp bemessenen Testzeit möglich war lässt sich festhalten, dass der Hinterbau auf den Testtrails Mallorcas gut funktionierte, sich generell nach mehr Heckfederweg anfühlte und daher auch mit der 150mm-Gabel ordentlich harmonierte – weniger Federweg an der Front hätte dem Bike daher auch weniger gut getan.
Das aufgeräumte und effiziente (Prototypen-)Set-Up mit der XX1-Schaltung funktionierte tadellos – vielleicht ergibt sich ja doch noch ein Spezial-Aufbau mit Einfach-Kettenblatt in einem der Modelle. Denn das 27.5-Bike hat auf jeden Fall mehr Potenzial, als nur mit Dreifach-Schaltung auf den Markt zu kommen – ein straffer Enduro-Aufbau wäre mit dem Grundsetup aus langem Rahmen und 150mm-Gabel definitiv interessant.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
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Mehr Informationen über Merida: http://www.merida-bikes.com
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