Die Entwicklung des Cane Creek AngleSet hauchte vielen Bikes mit einer veralteten oder unerwünschten Geometrie neues Leben ein. Ursprünglich als reines Aftermarket-Produkt geplant, kam es doch zu einer sehr großen Beliebtheit im OEM-Markt, sodass viele Bikes ab Werk mit der -0,5° Version kamen. Aktuell haben sich viele Geometrien von Haus aus in flachere Regionen bewegt, der Wunsch nach einem flacheren Lenkwinkel ist nicht mehr so häufig vorhanden wie noch vor drei Jahren. Wir hatten das Angleset in der -1.5° Version gut zwei Jahre im Einsatz – hier erfahrt ihr, wie sich der anpassungsfähige Steuersatz geschlagen hat.
# Cane Creek Angleset Einzelteile
Nach einer Zwangspause vom Bergabradsport, vor der ich alle „gröberen“ Räder verkauft hatte, sollte es mal wieder etwas mit ein wenig mehr Federweg sein. Nicht ganz ein Downhiller, aber etwas, das auf gemäßigten (local) Downhillpisten doch schon einiges an Reserven bieten würde. Meine Wahl fiel damals auf die 180mm Plattform von Propain: das Modell Spindrift. So weit, so gut – doch als sich mein Schwerpunkt nach einem halben Jahr wieder mehr in Richtung Downhill bewegte und trotz einer längeren Gabel mit 200mm der Lenkwinkel des Bikes immer noch bei 65.5 Grad lag, wünschte ich mir in manch heftigen Passagen doch etwas mehr Sicherheit in Form eines flacheren Lenkwinkels. Bei der ersten Testsession zum Cane Creek Double Barrel Air bekam ich die Möglichkeit, eben dieses kleine Bauteil ebenfalls für einen Langzeittest zu verbauen.
Technik
Es gab schon vor dem Cane Creek Angleset die Möglichkeit, einen Lenkwinkel durch eingepresste Schalen anzupassen. Dafür war man aber zum einen auf ein 1.5″-Steuerrohr angewiesen, zum anderen war das System jeweils an eine bestimmte Höhe des Steuerrohrs gebunden und somit nicht ohne weiteres universell einsetzbar. Cane Creek umging dieses Problem mit dem sogenannten „Gimbel“: Eine sphärische Schale, in die das Lager eingesetzt wird. Dies sorgt zusammen mit seinem Gegenstück in der eigentlichen Lagerschale dafür, dass das Lager sich je nach Steuerrohrlänge ausrichten kann und gerade läuft. Eine Winkeländerung selbst findet über das eingepresste Bauteil statt. Je nach Geschmack kann man eine Winkeländerung von 0,5° bis hin zu massiven 2,5° erreichen.
Installation
Um knackfrei zu funktionieren, muss zwingend auf einen extrem guten und präzisen Sitz der kompletten Einheit geachtet werden. Idealerweise sollte das Steuerrohr des Rahmens vor der Installation noch plan gefräst werden. An den Lagerschalen selbst finden sich Zentrierhilfen in Form von Laserlogos, die exakt auf einer Linie liegen müssen. Um zu gewährleisten, dass sich beim Einpressen nichts dreht, hilft etwas Fett.
# Exaktes Ausrichten ist extrem wichtig.
Diese Fotos im Fotoalbum anschauen
Was habe ich davon?
Als Freeridebike mit 180mm Federweg angelegt, bot das Spindrift von Haus aus einen Lenkwinkel von 65,5°. Die beiden gefahrenen Doppelbrücken 888 und Boxxer bauten nicht massiv höher als eine 180er Rock Shox Totem oder Marzocchi 66, die ab Werk verbaut wurden – somit war von der Einbauhöhe kein flacherer Lenkwinkel zu erwarten. Über ein Angleset mit -1,5° bewegte sich der Lenkwinkel nun dann doch bei downhillorientierten 64°. Zusätzlich wurde der Radstand um einige Zentimeter länger, was der Laufruhe sehr zuträglich war.
Das neue Handling
Schon die erste Ausfahrt mit der neuen Geometrie war sehr beeindruckend. Der komplette Charakter des Bikes hatte sich verändert: Wo man in Wurzel- oder Steinpassagen das Gefühl hatte, das Vorderrad bliebe etwas mehr hängen, konnte man nun völlig entspannt über der Front bleiben und die Gabel – nun in ihrem verbesserten Angriffswinkel – arbeiten lassen, ohne das Gefühl zu haben, bei großen Schlägen über den Lenker zu gehen. Hohe Geschwindigkeiten fühlten sich ebenfalls durch den längeren Radstand angenehmer an. Auf der ersten Abfahrt stellte sich ein deutlich hörbares „KNACK“ ein, mit dem sich anscheinend das gesamte System gesetzt hatte. Am Lift spannte ich die Ahead-Kralle nach, danach war über den kompletten Zeitraum Ruhe.
# Direkt nach der Installation hatte Jens massiven Spaß mit der angepassten Geometrie. Foto: Stefan Eigner
# Bike quälen bei einer Kiesgrubensprungsession.
# Highspeed? Gerne!
# Vom Freerider zum Downhiller über -1,5°. Foto: Stefan Eigner
Haltbarkeit
Man nimmt es sich ja immer vor, nach einer Matschausfahrt das Rad noch zu putzen, die Kette zu trocknen und die wichtigsten Teile zu ölen… leider findet dieses Prozedere nicht immer statt und der Verschleiss des Materials wird beschleunigt. In den zwei Jahren wurde das AngleSet nie zerlegt oder neu gefettet. Dafür bekam es des Öfteren unvernünftigerweise den Hochdruckreiniger zu spüren. Dem leichten Lauf der Lager hat dies nicht geschadet. Auch nach der Deinstallation und dem Prüfen des Lagerlaufs per Hand war kein „stufenweises Einrasten“ (wie bei manch günstigen Steuersätzen) zu spüren.
# Wenig Pflege, dafür viel Hochdruckreiniger
Fazit
Wer nach einer Möglichkeit sucht den Lenkwinkel seines Bikes anzupassen, findet mit dem AngleSet von Cane Creek eine relativ unkomplizierte Möglichkeit, dies zu tun. Die Installation sollte dabei am besten von einem Bikeshop mit Steuerrohrfräse und peniblem Mechaniker ausgeführt werden. Dies beugt nervtötendem Knacksen zwischen den Bauteilen vor. Wer öfters seine Gabel wechselt, sollte über einen zweiten Gabelkonus nachdenken – denn dieser ist nicht geschlitzt und somit nicht ganz einfach vom Steuerrohr herunter zu bekommen.
# Cane Creek Angleset nach 2 Jahren im Einsatz
Weitere Informationen
Gewicht: ca. 140g
Kosten: ca. 130 Euro
Installationsvideos: http://www.canecreek.com/tech-center/headsets/service-videos
Herstellerseite: www.canecreek.com
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