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Loic Bruni Interview
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Loïc Bruni im Interview: der 21-jährige Franzose aus der Nähe von Nizza hat in dieser Downhill World Cup Saison bei drei der vier Rennen die Bestzeit in der Qualifikation für sich verbuchen können. Allerdings wartet er immer noch auf seinen ersten World Cup Sieg. Falco Mille hat Loïc in Frankreich getroffen und nachgefragt woran es liegt.

MTB-News.de: Loic, du kämpfst in dieser Saison um die Spitze im Downhill-Worldcup. Schnellste Qualizeiten, aber noch keine Siege. Ich kann mir vorstellen, du stehst dabei unter enormem Druck.

Loïc Bruni: Ja.

Kommt dieser Druck eher von außen oder von dir selbst? Ich meine, sind es die Erwartungen, oder setzt du dich selbst unter Druck, in Hinblick auf das, was jetzt auf einmal in Reichweite liegt?

Laurent, unser Team Manager, war sich von Anfang an sicher, dass wir in diesem Jahr in der Gesamtwertung weiter vorn landen werden. Ich war da eher skeptisch. Aber nach Lourdes lagen wir auf einmal in Führung. Damit hatte ich vorher überhaupt nicht gerechnet. Ich wollte meine persönlichen Erwartungen und die Selbsteinschätzung meiner Leistung lieber nicht zu hoch ansetzen. Ich habe mir fest vorgenommen, einfach cool zu bleiben, aber irgendwie habe ich mich dann indirekt doch selbst unter Druck gesetzt.

Wie in den Jahren davor, wollte ich mein Bestes geben, der Beste sein, der ich sein kann. Ich versuche immer, die Dinge so gut wie nur irgend möglich zu machen. Es gibt Situationen, da habe ich nicht das Gefühl, irgendetwas falsch gemacht zu haben, es funktioniert nur einfach nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Leogang kürzlich war das perfekte Bespiel für ein echtes Scheiß-Wochenende, denn die Strecke liegt mir. Dort fühle ich mich immer gut. Ich war Schnellster und Zweitschnellster, bevor ich im Quali-Lauf gestürzt bin. Ich hatte den Speed und alles, aber mit dem Crash habe ich auch meine Siegchance verloren. Es wollte mir einfach nicht mehr gelingen, den Crash, diesen Tag, zu vergessen und bereit fürs Finale zu sein.

Ich kam dann als Achter rein. Also ich denke nicht, dass ich mich selbst zu sehr unter Druck setze, aber wenn ich ein Rennen gewinnen will, muss ich mich dafür voll reinhängen. Du gibst einfach alles, was du hast, aber manchmal läuft es halt nicht so, wie du es willst. Du stürzt, und dann machst du dich selbst verrückt.

Selbstvertrauen, der Glaube an deine Fähigkeit, ein Rennen zu gewinnen, darum geht es?

Ja.

Und wie gewinnt man so viel Selbstvertrauen, dass man in der Lage ist, beim Worldcup zu siegen?

Nun, ehrlich gesagt, ich habe ja bisher noch nie einen Worldcup gewonnen, also weiß ich es nicht.

Loic Bruni Interview
# Loic Bruni Interview

Aber du glaubst doch schon, dass du es kannst.

Ja, kommt drauf an. In erster Linie hängt es von den Strecken ab. Dieses Jahr in Lourdes war ich richtig gut drauf. Ich wusste, dass ich eine Chance hatte zu gewinnen. Aber es ist verdammt hart, im Kopf dahin zu gelangen, wo du wirklich deine maximale Leistung bringst. All die Dinge, die da mit reinspielen: Zu wissen, dass Aaron Gwin gerade eine gute Zeit gefahren ist, eine verdammt gute. Zu wissen, dass du es schaffen kannst. Zu wissen, dass der Track anders und zerfahrener ist, als du ihn vom Training kennst.

Und dass da eine Masse von Menschen ist, die alle rufen: Mach es klar! Fahr das Ding nach Hause! Hol’s dir! Das spielt alles eine Rolle. Da ist so viel Zeug, dass dir im Kopf rumschwirrt, und es ist so schwer, sich bei all dem allein auf den Track und auf dein Fahren zu konzentrieren. Es ist also nicht nur das Selbstvertrauen, von dem es abhängt, ob du ein Rennen gewinnen kannst. Noch wichtiger ist es, ob du in der Lage bist, dich allein aufs Fahren zu konzentrieren, wenn du am Start-Gate stehst und alles andere dabei auszublenden.

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Wenn du im Rennen gepatzt hast, oder bei einem Sturz wie in Leogang, wirkt sich das auch auf deine mentale Stärke für das nächste Rennen oder sogar darüber hinaus aus?

Ja.

Gibt es eine Möglichkeit, wie du so etwas hinter dir lassen kannst?

Ja, wenn wenn du stürzt, zieht dich das mental runter. Aber für einen Crash gibt es auch immer einen Grund. Wenn du den Grund für einen Crash erkennst, findest du auch die Lösung des Problems. Ich stürze oft, ehrlich, sehr oft. Letztes Jahr bin ich auch dauernd in meinen Läufen gestürzt. Ich tue mich dann immer wieder schwer damit, den Ursachen auf den Grund zu gehen und laufe dann Gefahr, stattdessen an mir selbst zu zweifeln.

Um es mal auf eine technische Ebene zu bringen, könntest du nicht einfach sagen: Okay, das war der Fehler, und der passiert mir nicht wieder. Warum ist das so schwierig?

Wenn es mich hinhaut, brauche ich immer eine ganze Weile, bis ich mich wieder gefangen habe, einfach weil es so eine große Enttäuschung ist, einen Lauf zu versauen. Sobald ich aber wieder auf dem Bike sitze und meinen Flow wieder gefunden habe, versuche ich, das auch im Kopf hinzukriegen, wieder da zu sein. Und dann kann ich darüber nachdenken, was schief gelaufen ist. In Leogang ist die Zugstufe meiner Gabel kaputt gegangen. Dann bin ich in diese schnelle Wurzelpassage gekommen und es hat mich erwischt. Ich habe es nicht kommen sehen, es geschah plötzlich, völlig unvorhersehbar.

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Willst du sagen, dass es die Sache erleichtert, zu wissen, dass es ein technischer Defekt und nicht persönliches Versagen ist?

Bei dem Crash wusste ich zuerst überhaupt nicht, was geschehen war. Ich habe exakt das Gleiche getan, wie im Training. Und dieses Mal haut es mich hin?! Ich habe zu meinem Mechaniker gesagt: Die Gabel fühlt sich schlecht an. Guck mal was was damit ist. Als er mir dann erzählt hat, dass die Zugstufe hinüber ist, hab ich mir gesagt: Okay, es lag nicht an dir. Es war ein Teil am Bike.
Andererseits, wenn ich im Finale stürze, wie in Fort William, das zieht mich richtig runter, ob technisch bedingt oder nicht.

Wir haben nur 7 Worldcup-Läufe. Und dann sage ich mir – keine Ahnung wie die anderen das sehen – aber ich dann: Fuck, Mann! Du hast 7 Chancen und eine davon ist jetzt vertan. Das ist nicht wie im Supercross, wo du 16 Läufe hast und es nichts macht, wenn du einen mal versiebst. Es ist eine Riesenenttäuschung. Den ganzen Winter hast du dafür gearbeitet, und jetzt hast du es einfach so verkackt. Typen wie Josh, Steve, Blenky – also die coolen Typen – wir quatschen nach den Rennen oft, trinken etwas zusammen. Für die läuft das so: Kein Problem, das Leben ist gut, keine ernsten Verletzungen, Stürze passieren halt. Aber ich bin mehr so der Typ: Fuck you, Loic. Warum bist du nur gestürzt? Da bleiben meine Gedanken nach dem Rennen meist hängen. Ich sollte das hinter mir lassen und nach vorn denken.

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Hast du einen Trainer für mentale Stärke und Disziplin?

Ja. Letzten Winter – also vorher habe ich mich nie damit beschäftigt – da habe ich jemanden kennengelernt, der so was macht. Also habe ich es ausprobiert. Und ehrlich, das war so eine gute Idee.

Wie funktioniert das? Was genau macht ihr zusammen?

Hauptsächlich reden wir miteinander. Es sind eher Gespräche als Training.

Wie ein Psychotherapeut?

Ja, aber er ist auf Sport spezialisiert, verschiedene Sportarten. Und auch auf Business. In erster Linie versucht er, mich dazu zu bringen, die Wahrheit zu sagen. Wenn du mit ihm redest, dann erzählst du Dinge von dir, die du sonst wohl kaum jemandem anvertrauen würdest. Dinge, die du getan hast, und im Gespräch wird dir von selbst klar, welche davon richtig und welche falsch waren. Und wie du es vermeidest, deine Fehler zu wiederholen, wie du dich selbst organisieren kannst, um am Renntag bereit zu sein, solche Sachen.

Verschwende keine Zeit, verschwende keine Energie. Er hilft dir, selbst auf den richtigen Weg zu kommen. In Lourdes hatte ich beim Training einen fetten Crash. Ich habe mir dabei ein wenig den Fuß verletzt. Und gleich wieder: Fuck! Ich weiß jetzt schon, dass das Rennen in die Hose gehen wird, und so weiter. Dann habe ich ihn angerufen, und er sagte: Was kannst du tun, damit du dich wieder besser fühlst? Er bezog das auch auf Hormone beziehungsweise Peptide.

Du solltest deinen Körper dazu anregen, bestimmte Stoffe auszuschütten?

Genau, um mich besser zu fühlen. Wenn du in dieser Fuck-Stimmung bist, kannst du bestimmte Dinge tun, und du wirst dich automatisch besser fühlen. Ich habe also ein leckeres Dinner gehabt und anschließend Spinning gemacht. Dadurch habe ich gut geschlafen, mich am nächsten Tag gut gefühlt und die Quali gewonnen. Es sind die kleinen Dinge, über die du oft nicht einmal nachdenkst, wenn du nicht daran arbeitest, so wie ich es im Winter getan habe.

Aber jetzt nehme ich diese Dinge ganz bewusst wahr. Downhill ist ein Sport, bei dem man einen starken Kopf braucht. Wenn du am Startgatter stehst, weißt du, du musst besser fahren, als je zuvor, nach jeder Kurve die maximale Geschwindigkeit mitnehmen, so hart pedalieren, wie du nur kannst und immer maximal konzentriert sein. Es ist hart. Es ist hart, gut zu sein.

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Was ist mit anderen Fahrern? Kann deren Verhalten sich unter Umständen auch auf deine mentale Stärke auswirken? Wenn sie wissen, dass du leicht nervös wirst, könnten sie versuchen, dich zu verunsichern, um einen Vorteil für sich zu haben. Gibt es Fahrer, die diesen Trick schon mal bei dir versucht haben?

Ja, das gibt es. Da sind einige, die wollen das definitiv. Die gucken dich dann an, als ob sie dich töten wollen, und du denkst dann nur: Oh Mann, komm wieder runter. Aber das sind eben nur einige wenige.

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Andere Fahrer unterstützen dich?

Ja, die sagen einem dann: Viel Glück, Bruder. Hab ’nen guten Lauf. Das schafft eine tolle Atmosphäre. Aber manche versuchen es. Wir fahren in unserem Sport einzeln, nicht Kopf an Kopf wie beim Motocross. Wir müssen niemanden von der Strecke kicken, also verstehe ich nicht, warum manche Leute andere einschüchtern wollen. Die sind wohl einfach so…. Dickheads. Wenn vor mir jemand am Start steht, dann sage ich doch: Viel Glück und ’nen guten Lauf. Oder es ist deren mentale Strategie. Wenn das passiert, sage ich mir nur: Fuck. Du musst dich mehr fokussieren. Ja, manchmal….

Kann es schon mal vorkommen, dass du Angst hast, wenn du bei einem Rennen am Start stehst?

Unterschiedlich. Wenn ich am Start stehe, habe ich eigentlich mehr im Sinn, eine gute Leistung zu bringen als ein gutes Ergebnis. Ich habe keine Angst vor dem Track oder dem Ergebnis. Ich habe aber Angst, bei einem Misserfolg in diese Stimmung zu kommen, in der ich mich selbst bedauere. Ja, das Bedauern ist es.

Was ist mit der Angst vor Verletzungen?

Nein, ehrlich, daran denkst du wirklich nicht, wenn du ein Rennen fährst. Außer vielleicht in der Trainingsphase. Du willst dich nicht im Winter zerschießen. Aber wenn du im Rennen am Start stehst – du hast dich gerade 30 Minuten aufgewärmt – dann bis du definitiv bereit loszulegen. Du willst die Sache deckeln, aber es ist schwer, deine Flow-Zone zu finden, in der du gut und effizient fährst. Du möchtest – also ich kann nicht sagen, wie das bei den anderen Fahrern ist – aber ich möchte gern stolz auf meinen Run sein. Wenn ich die Ziellinie überquere, will ich sagen können: Ja! Das war gut. Und nicht: Fuck, ich hätte diese Kurve anders nehmen sollen oder jenen Jump oder…

Ich habe mehr Angst davor, dass mir nicht das gelingt, was ich mir vorgenommen habe, als dass ich mich verletze. Aber natürlich spielt das auch eine gewisse Rolle, wenn du auf dem Bike sitzt: Dann denkst du schon auch: Bloß kein Crash. Natürlich willst du nicht stürzen.

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Was passiert mit dir, wenn du am Gate stehst und es macht beep, beep, beep….

Der Start beginnt eigentlich schon dann, wenn du das Aufwärmen beendet hast. Du gehst zusammen mit deinem Mechaniker ans Gate. Du wartest die 5 oder 10 Minuten bis du an der Reihe bist und da ist dann kein Lärm mehr. Es sind kaum noch Leute oben, wenn die letzten Fahrer kommen. Noch extremer ist es, wenn du der letzte Starter bist. Du fühlst dich allein, und so viele Dinge wollen in deinen Kopf, aber das darf nicht passieren. Du musst ganz bei deinem Lauf sein.

Du musst fokussiert sein.

Es ist so schwierig, dann wirklich nur noch ans Fahren zu denken. Ist schon komisch, woran man dann manchmal denken muss. An den letzten Urlaub mit deiner Freundin oder irgendwas völlig Verrücktes. Du sagst dir: nicht daran denken, nicht daran denken. Ich weiß auch nicht. Ist ein komisches Gefühl, all der Druck, der in dem Moment auf dir lastet. Je näher der Start kommt, um so stärker wird er. Du denkst an all die Leute, die unten an der Strecke stehen und die auf dich schauen, auf dich warten. Alles ist auf dich gerichtet. Du weißt, dass du jetzt das Beste bringen musst. Es ist echt schwierig, das alles bei Seite zu schieben und einfach nur das zu tun, was du kannst. Das Fahren meine ich.

Siehst du dich beim Downhill eher in der Rolle des Einzelkämpfers? Einsam, auf dich gestellt? Oder ist es trotz der Tatsache, dass du allein auf der Strecke gegen die Uhr streitest, doch eher ein Teamsport? Oder anders gefragt: Welche Rolle außer den offensichtlichen, logistischen Dingen spielt dein Team dabei? Fährt es immer mit dir?

Ich denke, das Team ist sehr wichtig. Du hast Leute, die hinter dir stehen. Dein Mechaniker, der Manager, der Coach, deine Teamkameraden. Das ganze Team legt sich für mich ins Zeug. Das ist eine große Erleichterung. Du kannst dich allein auf dein Bike und das Fahren konzentrieren. Es ist sehr wichtig, dieses Gefühl, dass das ganze Team dich unterstützt. Das ist bei Lapierre schon ziemlich cool. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich manchmal schon ein bisschen faul bin. Ich bin niemand, der gern trainiert oder testet.

Das habe ich noch nie so gemocht. Und die sagen dann nur: Loic, wäre es okay für dich, wenn du jetzt mal ein bisschen für uns testest? Jetzt? Jetzt! Es ist gut, dass sie mir ein bisschen Druck machen, damit ich mehr arbeite. Letztendlich profitierst du davon. Wenn du auf dem Track trainierst und die Linien ändern sich ständig, dann hast du ein bis zwei Leute – alle großen Teams machen das so – die beobachten die Linien. Das ist gut und sehr wichtig. Machmal hast du keine Ahnung mehr, welche Linie du nehmen sollst, wenn du den Überblick verlierst, weil es zu viele Linien gibt. Dann sagen dir deine Leute: Probier dies und das mal aus, und das machst du dann.

Beobachten die auch, ob das Bike richtig arbeitet?

Wenn das Bike nicht richtig funktioniert, merkst du das selbst oder kannst sagen, was damit ist und was gemacht werden muss. Deine Leute sind vielmehr deine Augen auf dem Track. Denn wenn du fährst, hast du keine Ahnung, was die anderen Fahrer machen, welche Linien die nehmen, aber deine Leute sehen es und sagen es dir. Wenn das Setup nicht funktioniert, wenn du einfach keine richtige Einstellung findest oder keine Ahnung hast, wie du es verbessern kannst, dann ist da mein Mechaniker, der mir weiterhilft.

Der Coach versorgt dich mit Essen, oder er hilft dir, dich ein bisschen zu erholen und schneller zu regenerieren. Mein Teamkollege Loris und ich, wir fahren das gleiche Programm, unterstützen uns gegenseitig. Wir überlegen zusammen die Linienwahl, bis wir den richtigen Speed finden. Manchmal kann ich ihm helfen, schneller zu fahren.

All das ist eine Menge Arbeit, das geht schon im Winter los. Und wenn du am Startgatter bist, auf deinem Bike sitzt, dann geht es darum, die ganze Arbeit, die das Team bis hierhin erledigt hat, abzuschließen.

Es ist also nur der letzte Schritt eines langen Weges, den du allein gehst. Bis dahin war es eine gemeinsame Anstrengung.

Ja. Jeder hat seinen Job gemacht, und das letzte bisschen, das nun noch erledigt werden muss, ist, dass du das Ding gewinnst.

Du beendest den Job.

So wird’s gemacht. Darum es geht. Das ist das Ziel unserer gemeinsamen Anstrengungen, und das Team macht einen tollen Job. Die Voraussetzungen sind da. Ich fühle mich gut. Trotzdem ist es mir bisher noch nicht gelungen, ein Worldcup-Rennen zu gewinnen. Es ist einfach verdammt schwer.

Ich fühle mich bereit. Ein paar Mal waren wir ganz knapp davor zu siegen, aber es ist mir einfach nicht gelungen. Und ich weiß nicht warum. Ehrlich, ich denke mir: Fuck! Wieso nicht?!

In Fort William – ich war noch nie gut in Fort William – habe ich an einer matschigen Stelle mit dem Vorderrad einen rollenden Stein erwischt. So etwas passiert eigentlich nie. Trotzdem sind es irgendwie immer wieder diese unvorhersehbaren Dinge, die dich den Sieg kosten. Da ist es wichtig, sich die richtigen Fragen zu stellen, um weitermachen zu können.

Du weißt, dass du es schaffen kannst?

Ja, ich weiß es.

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Zweifelst du auch manchmal daran?

Das tue ich. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Fahrern im Kopf aussieht, aber ich bin vor einem Rennen eigentlich nie in dieser Stimmung, dass ich mir sage: Das Ding gewinnst du. Ich sage mir eher: Ich will das Ding gewinnen.

Lass uns mal über etwas weniger Ernstes reden. Ich musste schmunzeln, als ich zur Vorbereitung dieses Interviews kürzlich noch mal Life on Wheels geschaut habe. Du hast über Sam Blenkinsop gesprochen, der früher dein Vorbild war. Dann bist du zu ihm ins Team gekommen, und er wurde wie ein großer Bruder für dich. Jetzt bist du auf einmal der Älteste im Team und mit zwei Jungspunden unterwegs. Wie erlebst du diesen Rollentausch?

In den vier Jahren, die ich jetzt im Team bin, hat sich meine Rolle komplett geändert. Als ich ins Team kam, habe ich nicht mal Englisch gesprochen. Ich dachte nur: Ach du Scheiße! Ich war noch ein Kind. Es fühlt sich an wie gestern. Dann hatten wir dieses Jahr in Neuseeland unser Trainingslager, und Finn (Finn Iles, Anm. d. Red.) kam dazu. Der ist wirklich noch ein Kind. Ein total verrücktes Kind. Und ich stelle auf einmal fest: Mann, ich bin schon 21! Nein, eigentlich sind es gar nicht mal die 21, vielmehr: Scheiße! Ich bin der Älteste hier.

Ich habe gesehen, wie ihr beide euch vorhin nach dem Postersignieren mit Markern die Gesichter verziert habt…

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Okay, manchmal muss ich dann ein bisschen einen auf autoritär machen: Fuck! Aufhören! Stop! Aber eigentlich fühle ich mich noch gar nicht bereit für so was. Ich habe Laurent (Laurent Delorme, Teammanager Lapierre Gravity Republic, Anm. d. Red.) gefragt, warum er mich in diese Rolle steckt. Ich war dafür noch nicht bereit.

Und was hat er gesagt?

Er hat gesagt – ich weiß nicht wie ihr das sagt – er sagte: Das Rad dreht sich weiter.

Das Rad dreht sich weiter. Sagen wir auch.

Du musst damit klarkommen, hat er gesagt. Ehrlich, das ist manchmal schwierig für mich. Natürlich war es leichter, der Jüngste oder der Mittlere zu sein. Ich hatte jemanden, zu dem ich aufblicken konnte, wie Blenky. Und ich hatte Entschuldigungen und…

Weniger Verantwortung?

Ja. Wenn ich jetzt einen Scheißlauf habe, ist da niemand mehr, der das ausbügeln könnte. Letztes Jahr war da noch Blenky, um ein ordentliches Ergebnis für das Team zu holen. Jetzt fühle ich, dass da mehr Verantwortung auf mir lastet. Ich muss erst noch lernen, die gleiche Rolle für Finn zu übernehmen, die Blenky mir gegenüber hatte. Ich weiß, es ist egoistisch. Es gibt Momente, da möchte ich mich lieber auf mich selbst und mein Fahren konzentrieren, anstatt der Mentor zu sein. Daran muss ich noch arbeiten.

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# Loic Bruni Interview

Du und Blenky, ihr seid immer noch Freunde?

Ja.

Keine Rivalen?

Nein. Auch wenn wir nicht mehr zusammen reisen und uns in den selben Hotels wohnen und so, wir besuchen uns dann eben in der Pit-Area. Wir sehen uns immer noch oft. Wir sind gute Freunde, und diese Freundschaft bedeutet mir viel. Sie ist wie ein starkes Fundament, auf das ich mich verlassen kann. Das war mir immer sehr wichtig und wird so wird es auch in Zukunft bleiben.

Im vergangenen Jahr und auch im Jahr davor, denke ich, haben wir im Team beide voneinander profitiert. Selbst als ich noch jünger war, konnte ich auch etwas für ihn tun, ihn unterstützen. Wir konnten beide voneinander lernen, weil wir so unterschiedlich sind. Ja, ich denke, wir werden gute Freunde bleiben. Ich will, dass wir gute Freunde bleiben. Er ist jemand, den ich wirklich sehr schätze, und er ist ein cooler Typ.

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# Loic Bruni Interview

Vielen Dank. Ich denke, wir kommen nun zum Schluss. Möchtest du noch was sagen, letzte Worte, noch ein Statement?

Ich wünsche mir, dass diese Kopfsache endlich besser wird. Dass ich es mental wieder auf die Reihe bekomme, denn nach Fort William stand ich irgendwie neben mir. Ich habe mich zu Hause erst mal ausgiebig erholt, und bin zur Ruhe gekommen. Um die Probleme, die Sachen, die mich beschäftigen, ausgeruht anzugehen. Jetzt fühle ich mich bereit. Ich bin zurück im Spiel.

Ich wünsche dir alles Gute, dass dir gelingt, was du dir vorgenommen hast, und dass die Rückschläge dich künftig stärker als vorher machen….

Es ist schwierig…

…und dass wir dich hoffentlich bald ganz oben auf dem Treppchen stehen sehen.

Danke Mann. Hoffentlich bald. … Ja!

Loic Bruni Interview
# Loic Bruni Interview
Interview und Fotos: Falco Mille
  1. benutzerbild

    OWL_Biker

    dabei seit 10/2008

    Weiß jemand wen er meint mit den Fahrern die andere einschüchtern?

    Finds jetzt nicht so dramatisch, aber würd mich mal interessieren wer da son bisschen den Bad Boy macht. ;-)

  2. benutzerbild

    Deleted 8566

    dabei seit 12/2015

    Sollte er Gee meinen, so muss man bei Gee wissen, dass der hauptsächlich mal sich selbst so böse anschaut. smilie

  3. benutzerbild

    Thomas

    dabei seit 09/2000

    Und er hat seinen Sieg diese Saison doch noch bekommen! Herzlichen Glückwunsch!

  4. benutzerbild

    Enginejunk

    dabei seit 03/2010

  5. Freu mich so sehr für Bruni!!! Brosnan und Gwin absolut verkackt und selbst Minaar deutlich in die Schranken gewiesen!!! Hoffentlich hält er den Druck einen Weltcupsieg abliefern zu müssen stand aber da mache ich mir keine Sorgen

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