Jedes Jahr im bald startenden Frühling ist das gleiche Phänomen in den mit lieblichen Buchen und Eichen bewachsenden Mischwäldern unserer schönen Mittelgebirgsregionen zu betrachten: das wieder stark vermehrte Auftauchen des sich ab nun wieder stark vermehrenden gemeinen Tretschweins, dem lateinischen Porcus Silvaticus Trialus.
Die sehr eigentümliche und von Jahr zu Jahr stärker in Erscheinung tretende Spezies zeichnet sich durch ihre Geschwindigkeit und Trittfestigkeit im schweren Gelände aus. Diese Tretschweine sind von Natur aus sehr neugierig und zutraulich. Häufig zu zutraulich, was in von Joggern und Reitern bewohnten Regionen zu Problemen führt. Diese sozial verträgliche Unterart der Familie der echten Schweine ist ein Kulturfolger, der sich gerne in der Nähe anderer Artgenossen und Menschen aufhält.
Sobald der Frühling Einzug hält, erwachen die zum Großteil Winterschlaf haltenden Tiere und der Paarungsruf in Form von diversen Freilaufgeräuschen erklingt durch die Weiten unserer Wälder. Der einsetzende Paarungstrieb, die sogenannte Rauschzeit, ist geprägt durch extreme Territorialkämpfe, die sich hauptsächlich von Mai bis September bei den XC-, CC-, Marathon-, Enduro- und Downhill-Wettkämpfen beobachten lassen.
Dann finden sich Herden von bis zu 1.000 Tieren zusammen, vornehmlich Eber, um zu den schönsten Weidegründen zu ziehen und ihre Testosteron gefüllten Körper zur Entladung zu bringen. Dabei versucht jedes Tier, durch ein besonders buntes auffälliges Fellkleid und Imponiergehabe, in Verbindung mit Schnelligkeit und Geschick, die Herde zu beeindrucken.
Ausserhalb der Paarungszeiten verbringt das Tretschwein gerne seinen Tag in der Rotte, die vornehmlich aus Ebern besteht. Innerhalb dieser schlecht strukturierten Rotten fühlen sich die kontaktfreudigen Tiere wohl und nutzen das Beisammensein, um ihre Präsentation für die Paarungszeit zu verbessern.
Gerne gruppieren sie sich dabei um die Springschweine, eine Unterart der Tretschweine. Diese haben sich noch spezieller an ihren Lebensraum angepasst. Sie waren in früheren Jahren vom Aussterben bedroht. Durch konsequenten Artenschutz und Schutzzonen versucht man, die Population zu erhalten. Die Gruppendynamik der Springschweine fördert die Risikobereitschaft der Tiere zu immer spektakuläreren Imponiergehabe: höher, schneller weiter.
Dabei halten sich die Rotten gerne in Zonen auf, die durch Schlamm und Matsch geprägt sind, gerne in Hanglage mit Rampen und Mulden. Die reinlichen Tiere nutzen diese Zeit um sich ausgiebig zu suhlen, sich die Hufe zu schärfen und die Hauer zu stutzen.
Die Tretschweine haben nicht viele natürliche Feinde, dennoch sollten Wanderer, Jogger und Reiter erwähnt sein, die durch ihre Territorialansprüche den Tretschweinen die Reviere ständig streitig machen wollen. Eigentlich gibt es nur zwei Spezies, die dem Tretschwein gefährlich werden können, der gemeine Förster und der wilde Jäger. Besonders die Gattung gemeiner belgischer Förster macht den Schweinen das Leben schwer. Diese Försterart versucht, die armen Schweine mit Hinterlist und Tücke aus ihren angestammten Revieren zu vertreiben.
Die schlauen Tretschweine weichen dann in neue Reviere aus, um sich später in ihren angestammten Revieren wiederzufinden. Eine dauerhafte Umsiedlung der Tretschweine ist selten beobachtet worden, da die Tiere sehr standorttreu sind. Mit einsetzendem Frost fallen die Tretschweine in einen latenten Winterschlaf, der nur ab und an unterbrochen wird, um die Reviere zu markieren und sich zu suhlen.
Im Gegensatz zu anderen Schweinen ist das Tretschwein, insbesondere das Springschwein, in Gefangenschaft nicht zu halten – sie lassen sich auch äusserst schwer domestizieren. Der Freiheitsdrang dieser Tiere ist unbändig und lässt sich jeden Sommer aufs Neue bei dem Rottenzug über die Alpen aus nächster Nähe betrachten. Allein dieses spektakuläre Schauspiel macht diese Schweineart zur schützenswerten Rasse, die ihresgleichen sucht.
In diesem Sinne, Think Pink – Eure Muschi
Anmerkung: Für den Inhalt der Artikel aus der Serie “Muschi am Mittwoch” ist der benannte Autor verantwortlich. Die in den Artikeln vertretenen Ansichten und Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Für Anregungen und Kritik steht der Autor hier themenbezogen in den Kommentaren und allgemein per privater Nachricht zur Verfügung.
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