Täglich sehen wir viele Fotos zum Thema Mountainbiken – Produktfotos und Actionfotos von den verschiedensten Fahrern und abgelegensten Orten sind an der Tagesordnung. Doch wer macht eigentlich diese Fotos? In unserer neuen Serie „Behind the Lens“ stellen wir euch Fotografen aus der Bikeszene vor. Die Leute hinter der Linse lieben das Biken meist genauso sehr wie die Fahrer davor. Allerdings sind die Fotografen meist noch mit ein paar zusätzlichen Kilos auf dem Rücken unterwegs und können den Spaß auf dem Trail auch mal hinten anstellen, um das perfekte Foto zu schießen.
Wir starten die Serie mit Hoshi Yoshida: Der in Freiburg lebende Fotograf arbeitet schon lange mit MTB-News.de zusammen und ist für euch bei allen großen Events wie der Red Bull Rampage, dem Cape Epic und allen XC- und Downhill-World Cups am Start. Zusammen mit dem Team seiner Design-Agentur WHYEX versorgt er euch mit atemberaubenden Fotos von den schnellsten und besten Fahrern dieser Welt – ein spannender, aber mit Sicherheit auch kein leichter Job. Hoshi verrät euch, worauf es für ihn bei der Fotografie ankommt und zeigt euch viele seiner Fotos von besonderen Momenten.
Stell dich unseren Lesern doch kurz vor. Wer bist du?
Ich heiße Hoshi Kiyokage Yoshida, bin in Japan geboren und in Deutschland aufgewachsen. Ich bin studierter Industriedesigner, lebe in Kirchzarten bei Freiburg und habe die Design Agentur WHYEX mit 11 Mitarbeitern.
Wann und wie kamst du zur Fotografie?
Vor 16 Jahren, damals bei der Firma NICOLAI, wollten wir Fotos unserer Athleten haben. Aber da kein Budget vorhanden war um professionelle Fotos zu erwerben, wurde der Gärtner zum Bock bzw. ich zum Fotografen gemacht. Da begann ich, das NICOLAI Team rund um die Welt zu begleiten und auf den Rennen zu fotografieren.
Hast du Kurse und Workshops besucht oder dir alles selbst beigebracht?
Ich habe keinerlei Kurse besucht, aber zu sagen, ich hätte mir alles selbst beigebracht, klingt zu überheblich. Ich bin durch viele frustrierende Phasen gegangen, wurde oftmals von unerreichbar guter Fotografie wachgerüttelt und schließlich hatte ich immer wieder das Glück, von Kollegen und Vorbildern zu erfahren, was gute Fotografie ausmacht.
Du hast sicher schon an den unterschiedlichsten Orten fotografiert – welcher war bislang der spektakulärste?
Als blutiger Anfänger habe ich 2003 ein Red Bull Salzbergwerk Rennen untertage (-700 m) bei Kunstlicht und ohne Blitz fotografiert. Das war wie Rampage bei Nacht in einem Höhlensystem. Das bleibt mir heute noch im Gedächtnis.
Als Bike-Fotograf sitzt du wahrscheinlich auch selbst gerne im Sattel. Was für ein Bike fährst du und was ist dein Lieblingstrail?
Ich fahre durch die Bank NICOLAI Bikes. Ich wechsel immer zwischen den Modellen NICOLAI ION 15, ION 16 und Helius AC. Meine Lieblingstrails sind meine Hometrails: die Borderline und der Canadian Trail in Freiburg.
Welche Eigenschaften muss ein guter Fotofahrer mit sich bringen?
Streng genommen muss ein Fotograf mit jedem Typ von Fahrer klar kommen, ob Anfänger oder Profi, ob zickige Diva oder Schlaftablette. Man muss aus jedem das Neste rausholen. Aber dankbar bin ich bei Spitzenathleten ganz gleich welcher Disziplin, wenn sie konstant und sicher auf den Punkt genau Linien fahren, Sprünge und Tricks wiederholen können und es ohne zu jammern bis zum Sonnenuntergang aushalten.
Mit welchem Fahrer arbeitest du am liebsten zusammen?
Ich kann es schwer auf einen einzelnen Fahrer reduzieren. Grundsätzlich schätze ich eine professionelle Einstellung zum Sport und zur Fotografie, egal ob bei den Freeridern, XC-Athleten, Downhillern oder Enduro-Fahrern. Ich liebe krasse Fahrstile, kompromisslosen Speed, flache Scrubs, durchgestreckte Suicides, hochgeklappte Tabletops, quer gelegte Whips. Wer das abliefert, gehört automatisch zu meinen Lieblingsfahrern.
Welche Eigenschaften muss ein guter Fotograf mit sich bringen?
Oha, das ist eine Latte von Eigenschaften, an denen ich heute noch verzweifle. Z.B. ein messerscharfer Instinkt für die besonderen Momente. Kaltschnäuzigkeit und Kühnheit über Hindernisse zu gehen, um ein bestimmtes Bild zu holen. Unendliche Geduld, bis ein Motiv eingefangen ist. Mentale Stärke, um unter widrigsten Bedingungen auch mit minderwertigem oder defektem Equipment den Job zu bewältigen.
Nobody’s perfect. Hand aufs Herz: Was würdest du fototechnisch gerne noch besser können?
Alles was ich digital fotografiere, möchte ich auch mit der analogen LEICA M6 und mit nur einem Objektiv schaffen. Hand aufs Herz: Da habe ich das Maul jetzt ganz schön weit aufgerissen…
Welche Genres oder Sportarten fotografierst du abgesehen von Mountainbikes?
Für meine Industriekunden mache ich noch viel Maschinen- und Produktfotografie, aber meine absolute Passion ist Backcountry Ski / Snowboard Fotografie.
Wie schaffst du es, von der Fotografie zu leben?
Das, was mich und die 10-köpfige Agentur am Leben erhält, ist die Beteiligung an der gesamte Wertschöpfungskette der Fotografie, von der Athletenbetreuung über die Produktion von Katalogen, Werbekampagnen, Websites und auch Videos. So hat man einen hohen Verwertungsgrad der Fotos und die finanzielle Sicherheit für die vielfältigen Fotoprojekte.
Zeig uns den Inhalt deines Fotorucksacks: Welche Kamera und welche Objektive benutzt du?
Das kommt immer auf das Event an. Beim Cape Epic hatte ich eine CANON 1Dx, eine 5Ds R, ein 300 mm Tele, 70-200 mm, 24-70 mm und ein 15 mm Fisheye Objektiv dabei. Und natürlich meine LEICA M6 mit 35 mm Summilux.
- unglaublich aber wahr, ein Canon 300mm 2,8 L IS USM paßt oben quer ins Fach rein
- Canon 1Dx mit 70-200 2,8 L IS II USM
- Canon 5DsR
- LEICA M6 mit 35mm 1:1,4 Summilux
- Ilford XP2 Schwarz / Weiß Filme
- NIKON Aufsteck Mikrofon (für schnelle Interviews und Videoclips)
- CANON EF 24-70mm f/2.8L II USM
- CANON EF 8-15mm F4 L Fisheye USM
- Ersatzbatterien
- Je nach Situation nehme ich statt des 300er Objektivs ein Blitzset mit: CANON Speedlite 600EX-RT + CANON EOS ST-E3-RT Speedlite Transmitter. Aus Gewichtsgründen nehme ich selten alles zusammen mit.
- in den kleinen Fächern sind: Sonnencreme, Mückenspray, Moskitonetz (für Fort William und Nordamerika), UCI Rainbow Pass, Stirnlampe, Mini Toolbox.
Wie verpackst du dein Equipment wenn du auf Tour gehst und auch selbst auf dem Bike sitzt? Was genau nimmst du dann mit?
Ein gut gepolsterter Fotorucksack mittlerer Größe, ein Body und maximal 2 Objektive reichen mir normalerweise vollkommen aus.
Welches Objektiv benutzt du am liebsten?
Das Summilux 35mm f/1.4 an der Leica M6. Es hat einen natürlichen Abbildungsmaßsstab, der dem menschlichen Auge sehr ähnlich ist – und Lichtstärke ohne Ende.
Was nervt dich an deiner Ausrüstung am meisten?
Das Gewicht.
Welche Tipps würdest du Leuten geben, die selbst in die Fotografie einsteigen wollen?
Fangt mit nur einem Objektiv an und reizt die gegebene Brennweite aus, bevor ihr an den Kauf weiterer Objektive denkt.
Wie wird sich die Fotografie deiner Meinung nach in Zukunft verändern?
Dank der Softwareentwicklung wird jedes Foto potenziell zum Kunstwerk und jeder Fotograf wird in kürzester Zeit Profi-Niveau erreichen.
Dein peinlichster Moment bei einer Fotosession?
Bei einem XC Weltcup habe ich mich mal bei der Rundenzahl verzählt und war als einziger UCI Fotograf nicht an der Finish-Line.
Wenn du alle deine Fotosessions auf einen tollen Moment herunterbrechen müsstest: Welcher wäre das?
Auf nur einen tollen Moment wird schwierig. Es gab leider viel zu viele Momente, die ich als toll empfand. Es sind jene Glücksmomente, wenn zum Beispiel eine Nebelwand von flach einfallenden Sonnenstrahlen durchbrochen wird.
Wie wichtig ist für dich die digitale Nachbearbeitung von Fotos? Beschreibe uns deinen typischen Workflow.
Vergleichen wir mal digitale Nachbearbeitung mit künstlichen Aromen oder mit Geschmacksverstärkern bei Nahrungsmitteln. Je mehr davon, desto unnatürlicher wird das Essen. Es muss nicht zwingend schlecht schmecken, aber unnatürlich. Ich für meinen Teil bevorzuge die minimalistische Würzung: Farbtemperatur, Helligkeit und Kontrast, alles in Maßen justieren. Dafür brauche ich max. 15 Sekunden in Camera RAW.
Welche andere Fotografen inspirieren dich?
Wenn ich alle Jubeljahre mal ein Buch von Henri Cartier-Bresson in die Hand nehme, kann ich mich danach nur noch mit Alkohol trösten.
Welchen drei Foto-Instagram-Accounts sollte man unbedingt folgen?
Was ist Instagram?
Weiterlesen
Alle Behind the Lens Interviews findet ihr auf der folgenden Übersichtsseite! Hier die letzten Behind the Lens Interviews:
- Behind the Lens: Martin Bissig über das Reisen und Fotografieren
- Behind the Lens: Zach Faulkner
- Behind the Lens: Gary Perkin
- Behind the Lens: Lars Scharl
- Behind the Lens: Kirsten Sörries
17 Kommentare