IBC-user mi.ro hat im Forum schon oft mit seinem umfangreichen Wissen über Carbon geglänzt – Zeit, das unseren Lesern nahezubringen. Micha alias mi.ro wird in nächster Zeit diverse, interessante Gastbeiträge rund um die Kohlenstofffaser bei uns auf MTB-News.de veröffentlichen, die ein wenig Licht ins Dunkel bringen sollen. Und wer ist mi.ro nun genau? Wir haben ihn vorab zum Interview gebeten.

MTB-News.de: Micha, Du fällst in unseren Foren relativ regelmäßig mit fundierten Beiträgen zum Thema Carbon auf. Nur damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben: Woher nimmst Du Dein Wissen?

Miro: Ich habe zunächst physikalische Technik an der FH Aachen studiert und hier auch meine Leidenschaft für den Radsport wieder entdeckt. Der Schwerpunkt meines Studiums war bereits sehr Werkstoff-orientiert, aber der Zündfunke meiner Faserverbund-Karriere begann mit der Entwicklung Metall-gebundener Faserverbunde am Gießerei Institut der RWTH Aachen. Das ist jetzt 21 Jahre her. Seitdem bin ich über den Motorsport, das automotive Umfeld, über Syntace zu BMW gekommen. Meine Tage als Spezialist CFK (Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff) bei BMW sind allerdings gezählt. Ich habe mein eigenes Unternehmen gegründet.

Wirst du wieder in die Fahrrad-Branche zurückkehren?

Haha, ich war nie weg! Aber ja, gewissermaßen kehre ich zurück. Meine Leidenschaft ist aber der sinnvolle Leichtbau. Den findet man nicht nur am Bike.

Was werden wir von Deiner Arbeit sehen? Eigene Produkte?

Nein, erstmal nicht. Aber meine Entwicklungen aus der Vergangenheit dürften euch bekannt sein. Den Vector Carbon (Mister 1 Mio. Lastwechsel) und die P6 HighFlex habe ich mit dem Syntace-Team entwickelt. Daran möchte ich anknüpfen. Ich biete meine Dienste allerdings nicht mehr exklusiv an.

Miro's Bike - Ein Liteville 601
# Miro's Bike - Ein Liteville 601

Du hast schon im Motorsport und in der Automobilbranche gearbeitet – was bringt Dich dazu, hier bei MTB-News.de über Carbon zu berichten?

Naja, die unter euch, die mich schon kennen, haben mich schon als Klugschei*er kennen gelernt. Ich teile mein Wissen sehr gerne und hoffe, ein wenig Licht ins Dunkel im Bezug auf den Werkstoff Carbon zu bringen.

Syntace ist – vor allem verglichen mit Unternehmen wie BMW – ein kleines Unternehmen. Wie unterschiedlich wird hier und dort mit dem Werkstoff Carbon umgegangen?

Beim genauen Hinschauen wird man feststellen, dass die Intention – sicherer Leichtbau – bei beiden Unternehmen trotz der unterschiedlichen Größe gleich ist. Auch die Qualitätsansprüche sind durchaus vergleichbar. Der bedeutende Unterschied der Carbon-Fertigung in beiden Unternehmen besteht im Grad der Automatisierung. Während Syntace zu beinahe zu 100% handfertigen lässt, setzt BMW ausschließlich auf automatisierte Fertigungsverfahren.

In der Fahrradbranche wird CFK gefühlt schon länger als im Automobilbau verwendet – woran liegt’s?

Ich denke, dass es sich hier durchaus ähnlich verhält: in beiden Bereichen etablierte sich der Werkstoff zunächst im Rennsport. Warum Carbon im automobilen Massenmarkt noch nicht so recht Einzug gehalten hat, liegt an seinem hohen Preis. Erst die Entwicklung großserien-tauglicher Herstellungs-Verfahren hat es BMW möglich gemacht, ein Fahrzeug wie den i3 zu einem bezahlbaren Preis auf den Markt zu bringen.

Radsport und Carbon – das gehört mittlerweile im Profibereich schon fest zusammen. Was ist für Dich das Hauptargument dafür, diesen Werkstoff im Radsport einzusetzen?

Es gibt zwei Hauptargumente, die für den Werkstoff sprechen.

1.       Gewicht
2.       Sicherheit

Zu Punkt 2 werden mir jetzt einige Leute ins Gesicht springen, aber ein Carbon-Rahmen bringt bei entsprechend geringerem Gewicht eine deutlich höhere Steifigkeit und Festigkeit mit sich, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Gewaltbruches deutlich reduziert wird. Viele Vorstellungen zu Carbon halten sich beständig. Beispielsweise, dass es plötzlich versagen kann oder ein Rahmen nach einem Sturz ein nicht-einschätzbares Risiko darstellt. Ohne zu viel vorwegzunehmen: Was stimmt daran und woher kommen solche Einschätzungen? In der Vergangenheit wurden viele Fehler bei der Auslegung von Carbon-Bauteilen gemacht, gerade in der Fahrrad-Branche. Da wurden falsche Fasertypen verwendet, Lastfälle oder Missbrauch nicht berücksichtigt. All das führte zu diesem schlechten Ruf. Tatsächlich ist ein gut entwickelter Rahmen aus Carbon jedem Aluminium-Rahmen weit überlegen. Ein genaueres Hinschauen beim Verdacht auf einen Defekt ist bei Carbon-Bauteilen allerdings unbedingt notwendig.

Eine Entwicklungskooperation von Miro und Brake-Stuff
# Eine Entwicklungskooperation von Miro und Brake-Stuff

Ein Syntace Carbon Lenker wird bei gewöhnlicher Belastung auf einem Prüfstand auch nach 1 Millionen Lastwechseln nicht versagen – wie ist das zu begründen?

Haha, weil das Syntace-Team hier eine hervorragende Arbeit gemacht hat. Aber Spaß bei Seite. Jo Klieber hat mal gesagt „alles, was der Fahrer meiner Produkte überlebt, muss auch jedes Syntace-Bauteil überleben“. Dementsprechend werden die Lasten für die Bauteile angenommen. Wir haben das Layup auf diese Lasten angepasst und dann ist das Bauteil einfach so stabil, wie es sein soll. Was aber viel interessanter ist, ist die Tatsache, dass der Vector im Test mit allen drei Lenkern die 1 Mio.-Marke erreicht hat. Viele Lenker in besagtem Test wiesen eine mehr oder weniger große Streuung auf. Das eine ist Auslegung. Das andere ist Qualität und damit haben einige Hersteller ihre Schwierigkeiten.

Ist Carbon für alles eine Lösung? Welche Bauteile am Fahrrad siehst du, bei denen ein anderer Werkstoff die sinnvollere Wahl ist und wohl auch bleiben wird?

Carbon ist nicht für alles eine Lösung. Bauteile mit sehr vielseitigen Lastfällen, mit aufwändigen Krafteinleitungen wie z. B. Klemmschellen o. ä. sind häufig sehr schwer sinnvoll zu realisieren. Auch Bauteile, die starkem Abrieb ausgesetzt sind, z. B. Kettenblätter, Kassetten, oder Ähnliches machen in Carbon keinen wirklichen Sinn. Selbstverständlich finden Extrem-Leichtbau-Enthusiasten auch hier Lösungen in Carbon, die sind aber meistens nicht alltagstauglich. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Sattelklemme von Tune. Leichtbau in Perfektion!


Bei allem Lob und aller Faszination: Welche echten Nachteile sind bei faserverstärkten Kunststoffen nicht wegzudiskutieren?

Was nicht wegzudiskutieren ist, ist sicherlich, dass man einen deutlich höheren Entwicklungs-Aufwand betreiben muss, um wirklich brauchbare Bauteile zu erhalten. Zudem liegt der Materialpreis deutlich über dem von Aluminium oder Stahl, ebenso ist die Fertigung deutlich aufwändiger und somit teurer.

Danke für das Interview, wir freuen uns auf die kommenden Artikel!

  1. benutzerbild

    Deleted 326763

    dabei seit 12/2015

    ui, ganz schöne Coladose smilie
    Naja - hatte auch schon mal einen Nicolai. Das hatte ähnliche "Markierungen"
  2. benutzerbild

    san_andreas

    dabei seit 02/2007

    War ironisch.
    Aber der ist an den entscheidenden Stellen dermaßen massiv, dass da nix ernstes passiert.

  3. benutzerbild

    Deleted 8566

    dabei seit 12/2015

    Dafür bricht beim Demo der Sitzdom ab.

  4. benutzerbild

    Deleted 326763

    dabei seit 12/2015

    War ironisch.
    Aber der ist an den entscheidenden Stellen dermaßen massiv, dass da nix ernstes passiert.

    Wiegt auch 3,8kg ohne Dämpfer.
    Wie sieht es bei einem 2-2,5kg Rahmen aus?
  5. benutzerbild

    Enginejunk

    dabei seit 03/2010

    Dafür bricht beim Demo der Sitzdom ab.
    Darauf hab ich gewartet. Gibt ja nu schon einige die das problem haben.

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