Der Tod kam schnell und gewaltsam. Schwere Maschinen frästen sich durch den Wald. Dort, wo früher einmal ein alter Wanderpfad an einem Bach vorbei zu einer alten Mühle führte, ist nicht mehr zurückgeblieben als Zerstörung. Hinfort planiert ist der verwurzelte Trail, der mit Moos und Gräsern bewachsen zum Verweilen einlud. Die Sonne bricht sich nun nicht mehr in den Kronen der alten Buchen und Fichten, die dort einmal standen. Die Heimatfilmkulisse, der Platz, der sowohl Wanderer als auch Biker in seinen Bann gezogen hat, ist unwiderruflich verschwunden. Übereinander geschichtete Baumstämme, die an Leichenhaufen in Massengräbern erinnern, zeugen davon, dass hier die Apokalypse Wirklichkeit geworden ist. Nicht nur mein Freund der Baum ist tot, den Trail hat es direkt mit dahingerafft.

Wenn man im Wald unterwegs ist, dann könnte man vermuten, dass die wunderbaren Trails, die wir unter unsere Stollen nehmen, nur darauf gewartet haben, von uns befahren zu werden. Aber unsere Vorstellung trügt, die Wirklichkeit ist eine andere. Trails sind nicht Bestandteil der Schöpfungsgeschichte. Sie sind nicht einfach da, sondern sie wurden irgendwann aus irgendeinem Grund geschaffen und wir sind als Nutzer auch dafür verantwortlich, dass sie gepflegt und instand gehalten werden. Schlimm aber ist, dass sie zum aussterbenden Kulturgut gehören. Und während die Vorgänge rund ums Baum- und Bienensterben in der Öffentlichkeit diskutiert werden, so findet das Trailsterben unbeachtet jeder Wahrnehmung statt. Und das soll auch so bleiben, wenn es nach den dunklen Mächten geht, die sich zusammengetan haben, die attraktiven Pfade aussterben zu lassen.

Eine Lobby aus Jägern, Forstwirtschaft und Naturschutz sorgt dafür, dass es vielerorts kaum noch schmale Wege gibt. In einem Schwarzwaldtal wurde anhand alter Karten festgestellt, dass 75 % der ehemals vorhandenen Wege verloren gegangen sind. Jäger und Forstwirtschaft sind nur daran interessiert, mit Fahrzeugen in den Wald zu kommen. Alle weiteren Wege stören im Jagdrevier oder bei der Forstwirtschaft. Und neuerdings werden für die Windkraftanlagen weitere gigantische Trassen in den Wald gefräst. Der Naturschutz stöhnt über immer mehr Forststraßen im Wald. Um aber möglichst wenige Linien im Wald zu haben, welche die Gebiete durchschneiden, werden im Gegenzug die schmalen Wege aufgelassen. Gegen die Interessen der Forst- und Windlobby kommt man nicht an, denken viele, und solange der Erholungsnutzer sich nicht wehrt, wird sich daran auch nichts ändern.

"Dieser Wald ist anders", kann auch missverstanden werden
# "Dieser Wald ist anders", kann auch missverstanden werden

Der Tod eines Weges kann jedoch auch langsam und schleichend kommen. Erst wird er aus der Karte gestrichen oder die Beschilderung wird entfernt, und dann wächst der Weg mangels Nutzung zu. Um den Vorgang zu beschleunigen, oder Ortskundige abzuhalten, werden auch gerne die Eingänge blockiert. Am einfachsten ist es, Kronenmaterial aus einer Fällung über dem gesamten Weg zu verteilen. Besonders höhnisch ist es dann, wenn die Zerstörung des Weges dem Waldbesucher auch noch als Verbesserung in seinem Interesse verkauft wird. Von bequemen sauberen Wegen oder besseren Rettungswegen ist dann die Rede. Zum Schutze des Wanderers werden Hindernisse und Stolperfallen beseitigt.

Jahrelang hat die Forstwirtschaft den Entscheidungsträgern weisgemacht, dass solche Pisten multifunktional für Forstwirtschaft und Erholung sind. „Kielwassertheorie“ nennt sich die Forstpolitik, nach der es für die Erholungsnutzung ausreicht, wenn die Bürger die forstliche Infrastruktur mitbenutzen. Und damit werden auch die immensen Subventionen für den Forstwegebau begründet, weil diese Schotterpisten angeblich dem Wohle aller Bürger dienen. Eine endlos scheinende Schneise mit seinen Kindern entlangzulaufen, hat jedoch wenig mit Erholung und Naturnähe zu tun. Diese breiten Trassen zerschneiden nicht nur den Wald, sie sind auch ein Fremdkörper. Erholung im Wald hat viel mit Natur erleben zu tun. Und dieses kann auf einer LKW-Trasse, wo die Bäume und die duftende Erde viele Meter entfernt sind, kaum stattfinden.
Doch wo sind die Verteidiger der schmalen Wege?

Die Wanderverbände, die jahrelang zumindest die markierten Wege gepflegt haben, sind dazu meist nicht mehr in der Lage. Die Ortsgruppen sind überaltert. Dankend wird das Angebot der Förster angenommen, die markierten Wege auf die Forststraße zu verlegen, weil dort der Forstnutzer den Weg instand hält. Gleichzeitig etabliert sich in den Wanderverbänden zunehmend das Thema Naturschutz. Leider so weitgehend, dass man den ursprünglichen Auftrag des Wanderns aus den Augen verliert, und Wegsperrungen aus Gründen des „Naturschutzes“ zustimmt, ohne den genaueren Sinn zu hinterfragen. Vielleicht auch, weil Viele in den überalternden Wandervereinen selbst körperlich nicht mehr in der Lage sind, anspruchsvollere Wege zu begehen.

Ein Jammer, wenn solch ein Trail durch Wegebau oder fehlender Pflege verschwinden würde.
# Ein Jammer, wenn solch ein Trail durch Wegebau oder fehlender Pflege verschwinden würde.

Der Tourismus, der ein Interesse an naturnahen Wegen hat, beschränkt sich auf wenige Premiumrunden. Warb man früher noch mit „Die Region empfängt seine Gäste mit zigtausend Kilometern Wanderwegen“, so setzt nun jedes einzelne Tal auf seine kleine Premiumrunde. Dummerweise reicht das auch häufig aus, um den Spaziergänger zufriedenzustellen. Hauptsache es stehen noch ein paar Sonnenbänke und ein Schnapsbrunnen am Weg. Das ernsthafte Wandern oder gar Fernwandern ist selten noch Bestandteil von angeboteten Aktivurlauben. Und so ist der Tod vieler schmaler Wege, die abseits der Premiumrunden liegen, besiegelt.

Und wir Mountainbiker? Wir haben ein hohes Interesse an vielen schmalen Wegen. Unzählige Threads handeln von den besten Trails. Doch was tun wir? Garnicht mal so wenig, wenn man genauer hinschaut, aber leider häufig kontraproduktiv. Untergrund-Buddler, die mangels attraktiver Wege den Spaten selbst in die Hand nehmen, sorgen für ein schlechtes Image. Der Forstwirtschaft sollten sie aber ein Hinweis dafür sein, dass es einen Bedarf in der Bevölkerung gibt, der durch die offizielle Forstwegepolitik bei weitem nicht abgedeckt wird. Viel positiver fallen jedoch die Mountainbiker auf, die jetzt schon eine Heckenschere und eine Handsäge im Rucksack haben und sich für ihren gewachsenen „Weg“ engagieren. In Facebookgruppen tauchen regelmäßig Bilder auf, wo Mountainbiker Wege von Ästen freiräumen und damit die Arbeit der Wandervereine fortführen.

Was aber fehlt, ist ein Organisationsgrad. Wenn diese wichtigen Pflegearbeiten, die von den Mountainbikern geleistet werden, nur im dunklen Wald stattfinden, dann fehlt die Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Und diese soll wahrnehmen, dass es ein öffentliches Interesse an den Wegen gibt. Mountainbiker, die sich in der Wegpflege engagieren möchten, sollten versuchen, dies öffentlich zu tun. Sei es nun, dass der lokale MTB-Verein die Patenschaft für einen Weg übernimmt, oder dass man in den örtlichen Wanderverein eintritt. Die Wandervereine sind aufgerufen, diese Hilfe willkommen zu heißen. Und nicht weiterhin eine Abschottungspolitik zu betreiben, die dazu geführt hat, dass viele Wandervereine wegen Überalterung kurz vor dem Aussterben stehen. Der Erhalt des Kulturgutes Weg ist eine wichtige Aufgabe geworden, die als Grundlage nicht nur unseres Sports zu sehen ist. Die Zeiten in denen wir uns aber darauf verlassen konnten, dass es ausreichend attraktive Wege im Wald gibt, sind vorbei. Es gilt sich zu organisieren und aktiv zu werden. Sonst stirbt mit den Trails auch unser Sport.

In diesem Sinne, Think Pink – Eure Muschi

Anmerkung: Für den Inhalt der Artikel aus der Serie “Muschi am Mittwoch” ist der benannte Autor verantwortlich. Die in den Artikeln vertretenen Ansichten und Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Für Anregungen und Kritik steht der Autor hier themenbezogen in den Kommentaren und allgemein per privater Nachricht zur Verfügung.

  1. benutzerbild

    Hasifisch

    dabei seit 03/2010

    J...
    Wie ich schon schrieb: Forstwirtschaft ist im NP nicht generell verboten. Steht auch so in deinem NPGHarz...

    Lern lesen. Es nervt einfach nur.
  2. benutzerbild

    Hasifisch

    dabei seit 03/2010

    damit verringert sich das (Wander-)Wegenetz auf die Hälfte oder noch weniger. Weiter konzentriert sich die Befahrung auf wenige "Flow" Trails.
    Die werden auch befahren wenn sie völlig aufgeweicht sind, ...

    Es gab/gäbe Alternativen, die hier auch bei Nässe funktioniern, setzt jedoch Karten lesen, denken und Wegpflege vorraus.
    Einfach machen, nicht in die Tastatur jammern.

    Ich habe keine Ahnung, was deine Aussage im Bezug auf meine Aussage - aussagen soll...
  3. benutzerbild

    Deleted 8566

    dabei seit 12/2015

    Wenn du dich im Gelände auch so benimmst, ist es schon verständlich, warum sie einen Weg nach dem anderen sperren.

  4. benutzerbild

    Ferkelmann

    dabei seit 06/2007

    Bei der Ignoranz, die unseren Sport durch die von forst-/jagdwirtschaftliche Interessen geprägten Parteien hinsichtlich der Inhomogenität der MTBler an sich oder hinsichtlich durch Studien gestützte Argumentationen pro/kontra MTB u.a. nahezu platt entgegenschlägt, würde ich Bitte von @Svenos erweitern: Lernt (um)denken, hilft perspektivisch allen.

  5. benutzerbild

    Hasifisch

    dabei seit 03/2010

    Wenn du dich im Gelände auch so benimmst, ist es schon verständlich, warum sie einen Weg nach dem anderen sperren.

    Wie benehme ich mich denn? Etwa genervt von einem Typen, der auf Basis irgendwelcher selbst aufgestellter, aber themenfremder Behauptungen stur dahindiskutiert?
    Touché!
    Also nochmal: das NP-Harz Gesetz gibt KEINE Gundlage zur BEWIRTSCHAFTUNG* des Waldes im Nationalpark Harz. Wenn du das Gegenteil behauptest, wäre es eine vernünftige, intelligente Art der Diskussion, diese Behauptung zu belegen.
    Da du das aber vermutlich nicht kannst, aber TROTZDEM weiter diskutierst, nervt es einfach nur.
    Und die Wege werden auch gesperrt, wenn ich mit dir schmuse, also mach dir keine Gedanken.

    *der Einsatz von riesigen Forwardern/Rückezügen mit allen Nachteilen für den Wald ist nur durch BEWIRTSCHAFTUNG zu begründen, allen anderen Zielen steht ein solcher Einsatz konträr gegenüber.

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