Einen Tag noch, dann ist das Abenteuer geschafft! Ich weiß gar nicht ob ich darüber froh oder traurig sein soll. Mein Körper fühlt sich zwar so gerädert wie selten an, dennoch freue ich mich morgen darauf, weitere epische Trails auf dieser kleinen Insel im Atlantik zu entdecken. Der Tag heute bot ganze 9 Stages und einen zusätzlichen Busausflug am Mittag. Der Morgen bot einen Mix aus nassen Wurzeln im Dschungel und Tretstücken, während am Nachmittag trockene Vollgas-Pisten auf der Südseite auf dem Menü standen.
Am vierten Tag sollte der Ablauf etwas vom üblichen Vorgehen abweichen. Nach dem Frühstück um 7 Uhr ging es wieder mit Bussen auf den Berg, auf dem noch vor der Mittagspause ganze 5 Stages zu bewältigen waren. Danach sollten wir wieder in Busse steigen und auf einen anderen Berg auf der Südseite der Insel gefahren werden, wo nochmals 4 Stages auf dem Programm standen – 9 Stages an einem Tag also. Das Terrain zwischen den beiden Orten hätte dabei kaum unterschiedlicher sein können. Die jeweiligen Stages unterschieden sich jedoch kaum, weshalb ich den Bericht heute etwas anders unterteilt habe.
Tag 4 – Vormittag
Der Start für Tag 4 lag weit oben auf zirka 1100 m Höhe und war in dichten Nebel gehüllt, weshalb jeder frierend und in Regenjacke auf dem Parkplatz auf und ab lief, bis man zum Start gerufen wurde. Nicht so allerdings unsere britischen Pro-Fahrer – es dauerte keine 5 Minuten bis Josh Bryceland, Josh Lewis, Steve Peat und Co. eine kleine Hütte mit Kamin entdeckt hatten und nur Momente später brannte auch schon ein ganz nettes Feuerchen. Nach dem Rennstart ging es nur wenige Minuten über eine offene Wiese voller karger Bäume, die in dem dichten morgendlichen Nebel schon einen extrem epischen Flair versprühte. Leider staute sich das Feld direkt am Start von Stage 1, sodass wir wieder frierend und diesmal ohne Kamin dastanden und den Kröten beim Quaken zuhörten. Stage 1 bestand aus lehmigem, leicht feuchten Boden, der insbesondere im unteren Teil dicht mit Wurzeln bedeckt war. Die dazwischen liegenden, langen Tretstücke und der eher flache Verlauf machten das ganze nicht nur rutschig, sondern auch verdammt anstrengend.
Rutschig und anstrengend war das Motto des Morgens, denn jede der 5 Stages sollte durch immer dichteren, engen, rutschigen und nasseren Dschungel mit immer härteren flachen Tretpassagen dazwischen führen. Ich war am Vortag in der Rangliste einen Platz nach hinten gerutscht, was dann doch etwas meinen Ehrgeiz weckte, weshalb ich des Öfteren mit schweren Beinen und hängenden Kopf in extrem anspruchsvolle Passagen hereinschoss und zunächst ganz schön damit zu tun hatte, mein Rad wieder halbwegs auf Linie zu bringen.
Als wir auf einem Transfer von der Britenbande überholt wurden, fragte Wolfgang Steve Peat, ob er hinter ihm in die Stage starten könnte. Der hatte damit gar kein Problem und die beiden verschwanden mit einem derartigen Affenzahn im Wald, dass ich mir sicher war, sie gleich am nächsten Baum kleben zu sehen. Dem war jedoch nicht so, Wolfi blieb zwar nicht bis unten dran, war jedoch mächtig stoked über die Aktion und beeindruckt, was Steve Peat immer noch so auf dem Kasten hat.
Im Anschluss gab es eine etwas längere Mittagspause am Meer, bevor es um 13:30 Uhr weiter auf die Südseite der Insel ging.
Tag 4 – Nachmittag
Der Nachmittag startete so wie die letzten Morgende: mit Warten! Nach etwa einer halben stunde Busfahrt, während der das halbe Fahrerfeld erschöpft am Schnarchen war, mussten wir oben noch eine ganze Weile im Gras liegend (und teilweise schnarchend) warten, bis es dann nach und nach, vom schlechtesten bis zum besten Fahrer weiter ging. Die Trails der Südseite waren das absolute Gegenteil vom Vormittag: Extrem schnell, extrem trocken und gespickt mit coolen Sprüngen und Anliegern. Im Grund genommen handelte es sich um Downhill-Strecken mit kleinen Tretstücken zwischen drin. Für blind gefahrene Stages, war das ganze schon eine heftige Nummer, da man wirklich extrem schnell unterwegs war und immer wieder komplett überraschende Steinfelder und Gaps auftauchten. Einige Dinge waren zwar mit “Gap” oder “Drop” ausgeschildert, meist war jedoch viel zu wenig Zeit zum Reagieren. Eigentlich war es jedoch ziemlich sicher gebaut und solange man mit einer “normalen” Geschwindigkeit in die Sektion startete, bestand kaum Gefahr – überrascht war man natürlich trotzdem. Am krassesten war ein Double auf der zweiten Stage des Tages, dessen Absprung sicher 2 m hoch war und das jeden, der Wolfgang und mich extrem weit und frontlastig in den nächsten Anlieger feuerte. Wer etwas vorsichtiger und konzentrierter unterwegs war, hätte jedoch auch überall einen Chickenway nehmen können. Sketchy oder nicht – ich fand es extrem genial und würde den ein oder andern Trail gerne nochmal fahren!
Die finale Stage des Tages hatte einen etwas anderen Charakter und startete an einem Leuchtturm auf einer grünen Wiese in etwa 100 m oberhalb des Strands – eine geniale Aussicht für den Tagesabschluss. Die Stage war auch ganz nett, allerdings extrem windig und lose, was nicht wirklich mein Ding ist. Leider zerriss der Wind das Flatterband in einer der ersten Kurven, weshalb ich beinahe komplett geradeaus durchgeschossen wäre. Als ehrlicher Mensch bin ich natürlich alles wieder hochgeklettert und weiter gefahren, was mich so einige Sekunden kostete. Nach der Stage ging es wieder in den Bus und in unser neues Camp auf einem weiteren Fußballplatz in den Bergen über der Südküste Madeiras.
Fazit – Trans Madeira Tag 4
Der Variation, die das Terrain in Madeira innerhalb weniger Kilometer bietet, ist mir in diesem Maße wirklich noch nie untergekommen. Tag 4 der Trans Madeira war ein perfektes Beispiel dafür – die feuchten, wurzeligen Dschungeltrails des Vormittags hätten sich kaum mehr von dem staubtrockenen Highspeed-Geballer des Nachmittags unterscheiden können und lagen dennoch nur eine kurze Busfahrt auseinander. Morgen steht der finale Tag des Rennens an, der mit 40 km und 1400 hm unsere geschundenen Beine nochmal etwas fordern wird. Ich bin jedoch mehr als gespannt, was das Gelände für uns bereithält.
Resultate – Trans Madeira Tag 4
01_overall_results_after_day_4Hier findet ihr alle Artikel zur Trans Madeira 2018:
- Gregor in Gefahr bei der Trans Madeira 2018: 10 Tipps für Mehrtages-Endurorennen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 5: Einer geht noch – dann ist aber gut!
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 4 – Schwere Beine und große Gaps
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 3 – mein neuer Lieblingstrail ist …
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 2 – feuchter Wurzel-Terror und Madeira-Massagen
- Gregor in Gefahr auf der Trans Madeira: Tag 1 – epische Ausblicke und grandiose Stages
- Trans Madeira 2018: Gregor in Gefahr – Liveberichte aus Madeira
- Trans Madeira 2018: 5 Tage Traumtrails auf der grünen Insel
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