Rocky Mountain Trailride Davos – oder auch: Biken, Biken, Biken! Mehr bräuchte man dazu nicht zu sagen, aber nachdem die dreifache Wiederholung des Anglizismus nicht besonders vielsagend ist, machen wir’s halt doch: Hier kommt der Bericht zum einem etwas anderen Bike-Format.
Rocky Mountain Trailride Davos – die Idee
Die Idee beim Trailride ist, möglichst viele verschiedene und gern auch schwierigere Trails zu fahren. Das Event in Davos ist der kleine Bruder vom Grischa Trailride, der seit mehr als einem Jahrzehnt Arosa, Lenzerheide und Davos verbindet. Wir sind bei der dritten Auflage des Rocky Mountain Trailride Davos zum ersten Mal dabei und kommen erstmal zu spät zum Riders Briefing – und staunen deshalb nicht schlecht, als sich alle anderen Starter ihre Kartenausschnitte abholen und emsig mit der Routenplanung beginnen. Wir suchen schleunigst die Organisatoren „Baba“ und „Rolli“ und lassen uns erklären, worauf es ankommt: „Eigentlich ist es ganz einfach: Jedem Trail ist eine Punktzahl zugeordnet. Je länger und schwieriger er ist, desto mehr Punkte gibt’s für das Befahren. Ein GPS Tracker läuft mit, man braucht nichts zu tun als pünktlich nach 6,5 h wieder vor Ort zu sein, sonst gibt’s empfindlichen Punktabzug!“, erklärt Rolli in feinstem Schwyzerdütsch.
Der Blick auf die Karte offenbart: Es stehen über 50 Trail-Segmente zur Wahl, die man möglichst clever aneinanderreihen sollte, denn mehrmals Befahren gibt nicht mehrmals Punkte. So darf nur ein Trail pro Tag doppelt gefahren werden. Also legen wir uns einen Plan zurecht, essen ein „Plättli“ mit Käse- und Fleischspezialiäten und ziehen einen neuen Schlauch in Stefanus Ibis, denn das war schon vor der Anreise platt.
Tag 1
Es ist ziemlich genau 9 Uhr, unsere 6,5 h Fahrzeit beginnen zu laufen. Wir fahren erstmal zur Parsennbahn und damit aufs Weißfluhjoch. In der Bahn ist gut was los, den Plan hatten nicht nur wir. Auf fast 2700 m angekommen gewinnen wir erst einmal Land und finden uns nach einigen hundert Metern Skipistengeröll auf feinem Singletrail. Wir machen ein Foto, passieren das Team Trailcrew Davos, das schon nach fünf Minuten den ersten Platten hat, und freuen uns über unseren Fortschritt. Die Freude währt nur etwa 500 m, dann ist Stefanus Vorderreifen platt. Ja, genau der, der am Vorabend eigentlich geflickt worden war. Damit sind die größeren Ambitionen schon mal begraben, wir reparieren und gönnen uns erstmal einen aussichtsreichen Uphill: Der Trail rüber zum Chörbsch Horn fließt grandios am Hang entlang, bevor es erst fahrend, dann schiebend oder tragend bergauf geht. Nach gut 300 hm ist der anstrengende Teil vorbei, ab jetzt geht es erneut schnell, flowig, aber nie langweilig die Flanke hinab. Der Trail ist eine tolle Mischung zwischen natürlichem, alpinen Pfad und angelegten Kurven und Wellen. Wir sind noch frisch und lassen es zufrieden bis ins Tal laufen.
Das Weißfluhjoch haben wir auf der inneren Liste abgehakt, jetzt geht’s ans Rinerhorn. Es gilt nämlich hinsichtlich der Bergbahnfahrzeiten zu taktieren – einige Davoser Bergbahnen gehen nur jede halbe Stunde, hier könnte man wertvolle Zeit liegen lassen. Am Rinerhorn dagegen fährt die Bahn durchgängig, das müsste ohne Wartezeit funktionieren. Tatsächlich gelangen wir ohne Warteschlange in die fast leere Bahnstation. Fast, wären da nicht die 20 Bikes, die aneinander gereiht auf eine Bergfahrt warten – vor unseren Rädern. Wir üben uns in Geduld und planen die weitere Tour: Auf nur sanft die Höhenlinien schneidenden Trails hangeln wir uns bis zur wunderschönen Laubenenalp und fetzen von dort über Monstein wieder zurück. Die Trails sind fantastisch: Echte Singletrails, also schmale Wanderwege, bei denen aber jemand die meisten Steine so positioniert hat, dass sie sich leichter überrollen lassen. Getoppt wird das vom entspannten Auf und Ab mit so sanftem Gefälle, dass wir hunderte Meter Deathgrip fahren und fast vergessen, dass Bremsen zum Mountainbiken gehört wie frühes Favoritensterben zur Fußball WM 2018.
Zurück im Tal nehmen wir erneut die Bahn am Rinerhorn, biegen oben aber in Richtung West statt Ost ab. Ein wenig Uphill später biegen wir in den nächsten Teil des Alps Epic Trail, der von der IMBA als einziger Trail der Schweiz als „epic trail“ ausgezeichnet wurde. Auch wenn das Wort überstrapaziert ist: Der Weg ist durchaus epic. Da stören auch die Biker, die entgegenkommen, und die regelmäßigen Wanderer nicht. Das liegt natürlich auch an der Graubündner Trailtoleranz: Mountainbiker dürfen alle Wanderwege nutzen, durch gebührenden Respekt voreinander funktioniert das tatsächlich einwandfrei. Über einen erneut sanft auf und ab führenden Trail hangeln wir uns zurück nach Davos und glauben, eigentlich noch eine Viertelstunde auf die Bahn aufs Jakobshorn warten zu müssen, als wir realisieren: Wegen hohen Bedarfs fährt die Gondel jede 15 Minuten.
„Damit bleibt euch genau eine Stunde Zeit – zu wenig für den Alps Epic Trail, aber genug für die Abfahrt nach Teufi“, meint zumindest Jo, den wir in der Gondel kennen lernen. Er sollte es wissen: Er wohnt seit Jahren in Davos, arbeitet bei den Bergbahnen und fügt noch hinzu: „Den Trail fahre ich jetzt selbst auch.“ Das ist natürlich das Verkäufer-Argument schlechthin, wir hängen uns dennoch ans Hinterrad. Über einen monumentalen Grat erreichen wir die Nordflanke des Berges, der liebevoll „Jaki“ genannt wird, obwohl seine fast 2.600 m gar nicht so niedlich sind. Nach zwei Dritteln des Trails verlässt Stefanus Bremse der Druckpunkt – Abhilfe schafft ein Bach, dessen Wasser den Sattel kühlt. Auf die To-Do-List kommt: Bremse entlüften. Anders als die anderen Trails hat es dieser technisch wirklich in sich. Das mögliche Tempo im oberen Teil ist beachtlich, mit Erreichen der Baumgrenze wird es zunehmend steiniger und verblockter, bis einem der Trail genau bei Erreichen der Schmerzgrenze in den Talboden ausspuckt.
Wir treten das Tal hinaus, nehmen erneut einen genialen Singletrail unter die Stollen und weichen elegant den Nachwuchs-XC-Racern aus, deren Rennstrecke wir versehentlich in verkehrter Richtung nutzen. Im Ort gilt es nur noch, das Ziel zu finden und den GPS-Tracker zurückzugeben und schon finden wir uns im Austausch der Geschichten des Tages: Defekte, Orientierungsprobleme, Hungeräste und Aftershave als Regenerationssalbe: jetzt kommt alles auf den Tisch. Nach dem Abendessen werden dann die Routen der Teams visualisiert und die Punktestände bekannt gegeben. Wir liegen mit 1.335 Punkten auf einem soliden 8. Platz, fühlen uns allerdings nicht, als könnten wir morgen nochmal 60 km und einen Haufen Singletrails fahren. Insbesondere die flachen aber aktiv zu fahrenden Trails haben in beeindruckender Art und Weise Kraft gekostet. Natur-Trails schlagen Bikepark-Pisten…
Tag 2
Der Wecker klingelt zu früh, der Körper fühlt sich an, als wäre er am Tag zuvor ungewöhnlich viel und ungewöhnlich vielseitig Mountainbiken gewesen. Das stimmt zwar, ist aber nicht hilfreich – denn heute stehen wieder sechs Stunden Radfahren an. Das Gebiet, in dem durch Trails Punkte gesammelt werden können, wird heute gegenüber Tag 1 geändert: Die Region Klosters steht im Mittelpunkt, aber auch in Madrisa und am Jakobshorn können weiter Punkte gesammelt werden. Erneut starten wir mit einer Fahrt aufs Weißfluhjoch, verlassen dieses aber in Richtung Norden und Westen. Nach riesigen Karstlandschaften biegen wir in malerische Grasberge. Der Blick gleitet über den Prättigau, ein Bergsee ruht wie gemalt in den Wiesen. Dass die Trails zwischen flowig und technisch wechseln, aber immer Freude machen, fühlt sich mittlerweile selbstverständlich an – ist es aber nicht, wie uns auf dem folgenden Forstweg klar wird. Wir biegen anschließend falsch ab und gönnen uns als Korrektur 100 hm Uphill, bevor es weiter zur Götschna-Bahn geht. Wir betreten das Seilbahngebäude und hören noch den Warnton, der vom Schließen der Türen kündet – dann beginnt unsere Wartepause, bevor uns die Gondel wieder auf den Berg bringt.
Wir fahren einen genialen, wenn auch stellenweise etwas ausgesetzten Wanderweg, bevor wir uns an der Mittelstation mit Engadiner Nusstorte und weiteren Leckereien stärken. Dann wählen wir die „A-Line“ genannte Götschna Freeride Abfahrt, die uns mit ihrem hohen Holzanteil und teils rutschigem Grund aber gar nicht gefällt. Unten angekommen erleben wir ein Deja-Vu: Die Bahn fährt entschwindet durch die geschlossenen Glastüren hinweg dem Berg entgegen, wir warten. Die Zwangspause verkürzt uns ein Santa Cruz-Fahrer, der seine Handschuhe auszieht und mit den Worten „Die sind voller Milch, weg damit!“ in den Müll pfeffert. Die Schweizer ham’s ja? Von wegen, der Handschuh-Schmeißer spricht einwandfreies Hochdeutsch. Er zieht sein zweites Paar Handschuhe an und ignoriert die berechtigten Kommentare der Kollegen.
Zurück zu den Trails: Von der Bergstation Götschnabahn schwingen wir uns auf den Panoramaweg. Sagen wir mal so viel: Er macht seinem Namen alle Ehre, ein tolles Stück Singletrail. Auch die Abfahrt nach Meierhof verdient über weite Strecken eine Eins mit Stern, wir kommen aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Wäre da nicht der Blick auf die Uhr! In 10 Minuten würde die Bahn aufs Jakobshorn fahren, und da ließen sich nochmal einige Punkte sammeln… also treten wir schön durch die Ebene, Strava wird später zur zweitschnellsten Zeit des Tages auf dem Asphalt-Segment „Peter Sagan Fan“ gratulieren. Der Lohn: Um 13:29 gehen wir durch die Schiebetür der Jakobshorn-Bahn, eine Minute später gleiten wir in Richtung Berg. Jetzt reicht die Zeit für den Alps Epic Trail bis Sertig, dann pendeln wir wie am Vortag über Clavadel zurück ins Ziel Davos. Beim Pasta-Plausch gibt’s wieder die volle Sammlung Trail-Geschichten, und auch wir können erneut auf viele coole Erlebnisse zurückblicken.
Was sagt der Punktestand? Wir reihen uns als 9. solide im vorderen Drittel ein. Ganz großer Respekt geht aber klar an die vorderen Plätze, die mit unglaublichem Speed bergauf und bergab Trail um Trail abgehakt haben – und natürlich auch die Bergbahnen zu timen wussten.
Welcher Eindruck bleibt vom Rocky Mountain Trailride Davos?
Bei diesem Event steht das Biken im Mittelpunkt – das gefällt! Natürlich könnte man die gleichen Touren auch ohne Veranstaltung außen herum fahren. Davos bietet diese wirklich schönen Trails und Wanderwege samt Bergbahnen nämlich permanent an. Manchmal braucht es aber einen Wink mit dem Zaunpfahl, welche Trails sich lohnen, und dass man nicht drei Mal den gleichen Trail fahren sollte, wenn man nicht mit Sicherheit sagen kann, dass die anderen nicht mehr zu bieten hätten. Genau diesen Zaunpfahl schwingen die Traildays – danke dafür! Einziger Kritikpunkt an Davos als Bike-Region: Die Velo-Halterung an der Rinerhornbahn gehört modernisiert. Sein Fahrrad gegen das Schaltwerk schlagen zu hören, während die Felge im nackten Metallhaken schwingt, gefällt nämlich keinem Mountainbiker.
Rocky Mountain Trailride Davos – Day 1 bei Strava
Rocky Mountain Trailride Davos – Day 2 bei Strava
Welches Bike für Davos und den Rocky Mountain Trailride einpacken?
Die Trails lassen sich mit einem Trailbike problemlos in Angriff nehmen, ein Enduro darf es aber auch gern sein. Häufig ist ein eher höheres Tretlager hilfreich, denn einige der Wanderwege sind recht tief eingeschnitten. Die Gewinner fuhren übrigens XC-Fullies, was zeigt: Ausreichend Skills sind das beste Gepäck.
Ergebnisse: Rocky Mountain Trailride Davos 2018
Gibt’s das wieder?
Der Rocky Mountain Trailride findet 2019 wieder statt. Noch 2018 kann man aber beim großen Bruder, dem Grischa Trailride teilnehmen. Das Konzept ist das gleiche, nur um einen Tag und zwei Orte länger.
MTB-News.de wurde zur Veranstaltung eingeladen und hat deshalb keine Startgebühr entrichten müssen. Danke an die Veranstalter und Sponsoren!
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