Vergesst alles was wir euch bisher vom tollen Panorama beim Cape Pioneer Trek erzählt haben! Heute ging es für uns in die Hochebene der Karoo-Halbwüste und landschaftlich toppte dieses Spektakel alles was wir bisher in dieser Woche erlebt haben! Zudem lief es für uns im Rennen einmal mehr sehr gut, obwohl heute unsere Improvisationskünste gefragt waren. Einen Cut im Reifen fixten wir kurzer Hand mithilfe von einem Schlauch und einem Handschuh.
Die heutige Etappe hatte es in sich – so viel stand schon vor dem Start von Stage 4 fest. 115 Kilometer von George nach Oudtshoorn standen auf dem Programm und unser Respekt vor dem Tagesabschnitt war erneut recht hoch. Das lag einerseits daran, dass man nicht gerade wöchentlich 115 Kilometer auf dem Mountainbike als Samstagsnachmittagsausfahrt zurücklegt und andererseits auch daran, dass es heute in die Halbwüste Karoo ging. Temperaturen um 35 Grad waren angekündigt und die Landschaft bot somit einige Herausforderungen auf die wir unter Umständen nicht vorbereitet sein würden.
Doch beginnen wir wieder am Morgen – früh am Morgen! Um 6 Uhr klingelte unser Wecker und wir kletterten aus unserem Zelt. Jedem Teilnehmer steht ein Zwei-Personen-Zelt zur Verfügung, indem er während der Woche nächtigt. Zusatz-Updates für größere Zelte oder Hotelübernachtungen können gegen Aufpreis hinzugebucht werden. Eine Matratze wird vom Veranstalter gestellt, der Schlafsack muss allerdings von den Teilnehmern mitgebracht werden. Alles in allem reicht der Platz in dem Zelt locker aus und bei gutem Wetter ist es auch ein praktischer und angenehmer Schlafplatz direkt auf dem Start-Ziel-Gelände.
Nach dem Frühstück und der erfolgreichen Abgabe unserer Reisetasche, die nach Oudtshoorn weiter transportiert wurde, hieß es für uns einige Meter auf den Straßen von George die Beine – nennen wir es – „locker rollen“. Zugegebenermaßen, „Warmfahren“ kann man das nicht mehr nennen, was wir da morgens machen. Zu müde sind die Beine, um sie beispielsweise mit kurzen Sprints auf Betriebstemperatur zu bringen.
Pünktlich um acht Uhr fiel der Startschuss der vierten Etappe. Heute ging es 30 Minuten später los als an den Vortagen, da der Berufsverkehr in George vor Acht zu groß ist, um ein Feld von wildgewordenen Mountainbikern durch die Stadt zu schicken. Die neutralisierte Phase dauerte heute allerdings nicht so lange, wie bei den Starts in Mossel Bay, sodass schon nach ca. fünf Kilometern das Feuer eröffnet wurde.
Es warteten zunächst 450 Höhenmeter hinauf zu der Passhöhe des Montagus. Das Tempo der Profis war zu Beginn noch sehr moderat, sodass wir über die erste Welle mit den Top-Fahrern mithalten konnten. Als es dann allerdings richtig zur Sache ging, entschieden wir uns dazu unseren eigenen Rhythmus zu fahren und gingen grob auf Platz 15 liegend über die Passhöhe. Wir lagen gut im Rennen, ließen uns aufgrund der folgenden Flachpassagen in eine Gruppe mit den schnellsten Solo-Fahrern zurückfallen, um etwas Körner für restlichen 95 Kilometer zu sparen.
Mit der Überquerung des Montagus fuhren wir gleichzeitig in die Hochebene der Karoo-Wüste ein. Das Wetter änderte sich schlagartig – von 20 Grad stieg das Thermometer locker auf 30 – und die Landschaft sowie der Untergrund war plötzlich vollkommenes Neuland für uns. Die Wege bestanden fortan aus Sand, Sand und nochmal Sand. Die etwas festgefahrenen „Straßen“ waren von Staub übersäht. Wer denkt, er habe in seinem Leben unfreiwillig schon einmal viel Staub gegessen, der war definitiv noch nie in der Karoo-Gegend Mountainbiken!
Der Kurs führte uns über Wege – naja nennen wir es Wege – die aus losen Steinen und Felsbrocken bestanden. Rampen stellten sich uns in den Weg die kaum mehr fahrbar waren. Nicht wegen der Steilheit, sondern eher wegen des losen Untergrunds. Antilopen bzw. südafrikanische Springböcke rannten vor uns kreuz und quer über die Strecke. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt immer noch in der Verfolgergruppe um die Top-Fahrer der Solo-Wertung und fühlten uns recht gut. Doch nach 50 Kilometern passierte das, was in dieser Gegend fast unvermeidbar ist: Wir rasten auf einem verblocken Weg in der Gruppe hinab in Richtung des zweiten Waterpoints, als ich mit meinem Hinterrad Vollgas einen spitzen Stein erwischte. Da wir in der Gruppe unterwegs waren, hatte ich keine Chance das mittelgroße Hindernis frühzeitig zu erkennen und ich holte mir einen 3 Zentimeterlangen Cut auf der Laufflächen. Die Tubeless-Milch flog uns nur noch um die Ohren. Ein Abdichten der Milch war selbstverständlich ausgeschlossen, einen Maxalami-Plug eindrücken unmöglich, da das Loch meilenweit zu groß war.
Es half alles nichts, ein Schlauch musste rein! Aber wie dichten wir dieses riesen Loch ab? Ohne Schutz des Schlauches wäre unsere Fahrt vermutlich keine fünf Meter weiter gegangen ohne uns den nächsten Plattfuß einzufangen. Also mussten wir improvisieren: die Verpackung eines Riegels? – Viel zu schwach um den Schlauch zu schützen! Also zog Gabi kurzer Hand seinen Handschuh aus und wir drückten diesen unter das Loch. Geniale Idee, funktionierte und hielt die komplette Etappe durch! Zwei Co2-Kartuschen in den Schlauch und nach wenigen Minuten konnte unsere Fahrt weiter gehen. Problem an dieser „Technik“: Wir cremten uns heute Morgen natürlich unsere Handrücken nicht mit Sonnencreme ein, weil dir davon ausgingen mit jeweils zwei Handschuhen das Rennen zu beenden. Da Gabis linke Hand nun allerdings akut sonnenbrandgefährdet war, mussten wir zeitweise unsere Handschuhe tauschen. So fuhr teilweise Gabi und teilweise ich ohne linken Handschuh, um die Haut bestmöglich zu schützen. Es hat geklappt!
Zurück zum Renngeschehen: Es überholte uns in der Zwischenzeit, während wir reparierten, natürlich eine Gruppe, doch wir ließen uns nicht entmutigen und drehten auf der folgenden welligen Passage ordentlich am Gashahn. Nach 15 Kilometern konnten wir den Anschluss zur Gruppe um den mehrmaligen deutschen Meister bei den Masters, Max Friedrich, wieder herstellen. Unsere ursprüngliche Gruppe, in der wir vor dem Defekt fuhren, war natürlich über alle Berge.
Nach einer kurzen Erholungsphase im Windschatten warteten auf den letzten 40 Kilometern noch einige harte Brocken auf uns – im wahrsten Sinne des Wortes! Die Strecke führte uns über Anstiege, die zwar verhältnismäßig flach waren, aber mit derart losen und großen Steinen übersäht waren, dass an ein Fahren an einigen Stellen nicht zu denken war. Zu unserer Ehrenrettung erfuhren wir im Ziel, dass selbst die Top-Fahrer massive Probleme in diese Passagen hatten. Lediglich der ortskundige Südafrikanische Pro Matthys Beukes, der in Oudtshoorn lebt, konnte die Anstiege hochklettern.
Halb fahrend, halb schiebend oben angekommen, ging es für uns zunächst bergab. „Bergab“ ist allerdings einmal mehr nicht der passende Ausdruck. Denn es ging durch Sand! So richtig durch Sand! Ich fühlte mich eher so, als hätte ich bei einem Beach-Race teilgenommen, denn die Felgen sanken komplett im Sand ein. Wir mussten extrem in die Pedale treten und gleichzeitig alle unsere Gleichgewichtsskills auspacken, um uns auf dem Rad zu halten. Schon oben auf dem Gipfel dieses Anstiegs sind wir der Gruppe in der wir zuvor unterwegs waren enteilt und konnten im Downhill zusätzlich einige Sekunden gut machen.
Ein letzter Uphill auf einer breiten, festen Schotterstraße folgte, ehe der Kurs uns 20 Kilometer bergab und über etliche Flachpassen gen Ziel in Oudtshoorn führte. Da ich zu diesem Zeitpunkt schon etwas müde Beine hatte, setzte sich Gabi in den Wind und raste auf den letzten Kilometern dem Ziel entgegen, sodass er anschließend im Ziel wenigstens auch komplett mit den Kräften am Ende war ;-).
Für uns lief es trotz des Defekts bei dem wir zwar unsere ursprüngliche Gruppe und wenige Minuten verloren haben perfekt. Schlussendlich kamen wir direkt hinter der Gruppe ins Ziel, allerdings mit einigen Minuten Rückstand. Auf der Anzeigetafel stand somit Platz 18 overall und Rang 12 in der Wertung der Zweier-Team-Wertung in 5:01 Stunden.
Den Sieg am fünften Tag sicherten sich die beiden Südafrikaner Philip Buys und Matthys Beukes in 4:23 Stunden vor Simon Andreassen und Alan Hatherly sowie Matthew Beers und Gawie Combrinck. Bei den Damen triumphierten heute Yolandi du Toit und Catherine Williamson vor der Deutschen Cemile Trommer und ihrer niederländischen Partnerin Karen Brouwer. Das letztgenannte Duo verteidige aber souverän das pinke Leaderjersey.
Morgen steht für uns die Königsetappe auf dem Programm: Über 97 Kilometer führt der Kurs rund um Oudtshoorn und endet mit einer Bergankunft auf dem Swartberg auf 1600 Metern über dem Meer.
Wir hoffen, dass ihr auch morgen wieder begeistert unseren Blog lest und wünschen Euch bis dahin einmal mehr alles Gute!
Viele Grüße aus Oudtshoorn,
Gabi und Tobi
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Weitere Infos zum Momentum Health Trek Pioneer powered by Biogen findet ihr hier.
Alle Artikel zu unserem Live-Blog beim Momentum Health Cape Pioneer Trek:
- Momentum Health Cape Pioneer Trek: The Big Five und Wir – 7 Tage Abenteuer in Südafrika
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #Prolog: Feinste Trails entlang des Indischen Ozeans
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #1: Leiden der Extraklasse zwischen Giraffen und Zebras
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #2: Mit Vollgas entlang der Garden Route
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #3: Singletrailspektakel durchs Western Cape
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #4: Epische Ausblicke in der Karoo-Wüste
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #5: Minus 3 Grad und Schneefall – Willkommen am Swartberg
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #6: Over and out! – Das große Finale im Herzen des Kleinen Karoos
- Momentum Health Cape Pioneer Trek : Ab zum Cape Pioneer! Fazit des südafrikanischen Etappen-Spektakels
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