Cape Pioneer Trek? – Definitiv ein Rennen, das man sich merken sollte! Von 35 Grad auf -3 Grad in weniger als 24 Stunden – Überraschungsfaktor hoch! Landschaftliche Highlights zwischen Giraffen, Zebras, Elefanten und Co. – Panoramafaktor extrem hoch! Was will man also mehr? Eigentlich nicht viel, doch das Cape Pioneer bietet mehr. Das Rennen am Westkap überzeugte durch eine gelungene Organisation und eine atemberaubende Streckenführung mitten durch eine gigantische Landschaft. Was bleibt nach der einwöchigen Jagd durch die Wildnis Afrikas? Ein Rückblick.
Atemberaubende Landschaften am Westkap
Der „kleine Bruder“ des Cape Epic scheint erwachsen geworden zu sein: Die Gegend rund um die Etappenorte Mossel Bay, George und Oudtshoorn stellte ein ideales Terrain für ein mehrtägiges Bikespektakel dar – jeder einzelne Tag hielt für uns Teilnehmer neue Herausforderungen und Überraschungen parat. Allen voran die Vielfältigkeit der Landschaft am Westkap beeindruckte uns sehr. So erlebten wir an den ersten beiden Tagen rund um Mossel Bay zunächst die raue Küste des Indischen Ozeans und einen ersten Einblick in die Wildnis Afrikas, als es auf der ersten Etappe fast ausschließlich durch ein Naturreservat ging – inklusive erster Kontakte mit Zebras, Giraffen und Co. Doch bereits die beiden folgenden Tagen auf dem Weg nach George bzw. rund um George boten schon komplett andere Eindrücke der beeindruckenden Natur Südafrikas. Nun standen wir vielmehr im Einfluss des Outeniqua-Gebirges, an welchem wir uns auf der Überführungsetappe nach George kilometerlang entlanghangelten.
Und zu diesem Zeitpunkt sollte uns das landschaftliche Highlight der Woche noch bevorstehen! Die Überfahrt in die Halbwüste des kleinen Karoos und damit die Bewältigung des bekannten Montagu-Passes waren der Beginn der spektakulären zweiten Wochenhälfte. Zwar verwehrte uns schlechtes Wetter auf dem Weg zum Swartbergpass die dortige grandiose Aussicht auf das Kleine Karoo, doch diese Etappe hat sich aus anderen Gründen in unserem Gedächtnis eingebrannt. Die Gegend rund um den letzten der drei Etappenorte Oudtshoorn war geprägt durch trockenen und felsigen Untergrund, der einerseits ein besonderes Flair mit sich brachte, aber andererseits den Komfort auf dem Rad auf ein Minimum reduzierte.
Ideale Streckenplanung mildert die körperlichen Strapazen
Das Cape Pioneer Trek hat es in sich, ohne Frage! Seit der ersten Austragung des Events vor 10 Jahren gilt das Rennen als eines der härtesten Mehrtagesrennen auf dem Planeten. So gehören Etappen mit mehr als 100 Kilometer zum Alltagsgeschäft beim „Pioneer“. Auch in diesem Jahr sorgten die Veranstalter mit vier Etappen rund um die magische Grenze für brennende Beine. Dieser Schwierigkeitsgrad ist auch so gewollt von den Veranstaltern: Einerseits sollen die schnellsten Fahrer der Welt sich bei harten Voraussetzungen messen können und auf der anderen Seite ist es für jeden gut trainierten Amateur möglich die Strecke zu bewältigen – ein gutes Fitnesslevel sollte allerdings jeder Teilnehmer mitbringen! Etliche Biker saßen mit Außnahme der Zeitfahretappen täglich sieben Stunden und länger im Sattel. Im Gegensatz zu vielen Events in Europa wählen die Organisatoren bewusst diesen Weg, schließen aber somit auch einen gewissen Teil an potenziellen Teilnehmern aus. Auffällig war allerdings, dass es trotz den schweren Bedingungen im Vergleich zu europäischen Mehrtagesrennen deutlich weniger Fahrerinnen bzw. Fahrer gab, die das Rennen vorzeitig aufgaben.
Um den Spagat zwischen den unterschiedlichen Leistungsstärken zu schaffen, wählten die Organisatoren ein geschicktes Mittel bei der diesjährigen Ausgabe. Nach zwei der vier langen Etappen mit einer Distanz von jeweils über 100 Kilometern wurde am vierten Tag ein „Ruhetag“ eingelegt. Ein Zeitfahren über 31 Kilometer verschaffte uns und allen anderen Teilnehmern die erhoffte Verschnaufpause. Vor allem mental konnte man an diesem Tag ordentlich ausspannen.
Südafrikanischer Bedingungen zehren an den Kräften
Die große Herausforderung beim Cape Pioneer Trek und auch bei allen anderen Rennen in Südafrika ist für viele europäische Fahrer neben den etwas längeren Distanzen als bei hiesigen Etappenrennen vor allem der komplett andere Untergrund am Westkap. Die Strecke führte weniger über klassische Singletrails, sondern vielmehr wurden Trails, die bei uns in Europa wohl am ehesten unebenen, losen Karrenwegen ähneln zu einer Herausforderung. Wir waren heilfroh über die 120 Millimeter Federweg an unserem Rad und schon nach der ersten langen Etappe plagten uns Rückenschmerzen und Blasen an den Händen. Die Strecken dort sind sehr unruhig und bieten keinerlei Erholungsphasen. Sowohl bergauf als auch bergab wird man regelrecht durchgeschüttelt und selbst Schotterstraßen sind entweder durch Spurrillen oder sonstige Unebenheiten unangenehm zu befahren – ganz abgesehen von dem erbarmungslosen Wind, der uns vor allem zu Beginn der Woche mit voller Kraft ins Gesicht blies.
Nach großen Problemen auf den ersten Etappen erhielten wir den Tipp den Luftdruck in unseren Reifen etwas zu senken – dies führte zum Erfolg, wenn auch nur in beschränktem Ausmaß. Das Risiko für klassische Durchschläge hielt sich zwar in Grenzen, da nur selten Passagen mit großen Absätzen vorzufinden waren – nichtsdestotrotz galt es jederzeit darauf zu achten das Risiko eines schwerwiegenden Defekts zu minimieren. Dass man dem nicht gefeit ist, erlebten wir selbst auf der vierten Etappe, als bei einer Bachdurchfahrt ein Stein in den Reifen von Tobi ein dickes Loch fräste. Mein Handschuh musste kurzerhand als Reifenflicken herhalten – Improvisationstalent gehört bei allen Etappenrennen zum Standardrepertoire.
Gelungene Organisation mit kleinen Kommunikationsschwächen
Das Cape Pioneer Trek ist als komplett durchorganisierte Veranstaltung zu verstehen: Das heißt als Teilnehmer, der nicht die möglichen Hotelübernachtungen zusätzlich gebucht hat, verbringt man die komplette Woche auf dem Eventgelände, welches immer innerhalb eines Schulareals aufgebaut ist. Eine sehr abwechslungsreiche Verpflegung sorgt dafür, dass nicht wie bei anderen Events nach der Hälfte der Woche die Pasta aus dem Hals heraushängt. Zudem sind alle Organisatoren und Helfer unheimlich freundlich und zuvorkommend – wir haben uns richtig wohl gefühlt.
Einziges Manko: Die Kommunikation beim Event über wichtige Informationen war an manchen Stellen nicht so ideal, wie wir uns das vorgestellt hatten. Das abendliche Streckenbriefing wurde auf ein Minimum reduziert, außerhalb der Vorstellung der Route des nächsten Tages wurden das ein oder andere Mal relevante organisatorische Informationen, wie zum Beispiel Orte und Zeitpunkte der Gepäckabgabe zum Weitertransport, nicht bekannt gegeben. Zu deren Ehrenrettung muss erwähnt werden, dass die etlichen Helfer aber unglaublich freundlich waren und bei Unklarheiten und entsprechender Nachfrage uns umgehend geholfen wurde. Nichtdestotrotz kannten wir es von europäischen Rennen, dass am Abend ein umfangreicheres Rider-Briefing stattgefunden hat.
Cape Pioneer Trek 2019 – „Back to the Roots”
Im Jahr 2019 wird das Cape Pioneer Trek zu seinen Wurzeln zurückkehren. Wie in den Anfangsjahren des Events werden nun mehr unterschiedliche Etappenorte angefahren und dadurch auch klassische Point-to-Point-Etappen das Rennen prägen. Landschaftliches Highlight im kommenden Jahr: Seit langer Zeit führt die Strecke durch das Kammanassie Naturreservat. Dieses Wildareal ist nicht öffentlich zugänglich und außer Rangern sind dort keine Menschen unterwegs. Die Veranstalter werden im Vorfeld bis zu einem Monat beschäftigt sein die Wege für das Rennen ausfindig zu machen – Faszination Südafrika pur also.
Insgesamt wird die Route 2019 neben dieser Passage auch wieder den Montagu-Pass von George ins Kleine Karoo beeinhalten und zudem bei hoffentlich besseren Bedingungen als in diesem Jahr auf den Swartbergpass führen. Man darf gespannt sein – die Bilder und Emotionen werden wohl auch im kommenden Jahr gigantisch sein bei der elften Auflage des Cape Pioneer Trek.
Die wichtigsten Fakten zum Momentum Health Trek Pioneer powered by Biogen 2019:
- Termin: 08. bis 14. September 2019
- Anmeldung: Ab 07. Dezember 2018 möglich
- Bekanntgabe der Strecke 2019: 14. Dezember 2018
Südafrika – ein Trip der sich lohnt
Die Sicherheitsbedenken mit denen einige Europäer nach Südafrika reisen sind zudem meist unbegründet. Wir hielten uns zwar nicht in den Metropolen Kapstadt oder Johannesburg auf, in denen Touristen sicherlich etwas vorsichtiger vorgehen sollten, doch im Hinterland bzw. in Küstenregionen wie Mossel Bay oder im Landesinneren Oudtshoorn hatten wir absolut keine Sicherheitsbedenken. Nach der finalen Etappe schnappten die südafrikanischen Teilnehmer ihr Bike, montierten es auf ihrem Radträger am Auto, ein Schloss drum herum und fertig – auch nicht anders als hierzulande!
Die Supermärkte sind absolut auf europäischen Standard ausgelegt, sodass wir uns zeitweise beim Einkaufen fast wie daheim fühlten. Ein großer Unterschied ist allerdings die Freundlichkeit der Einheimischen. Es wurde uns bei Unklarheiten sofort überall weitergeholfen, sodass wir selten auf uns alleine gestellt waren – diese Hilfsbereitschaft kennen wir aus Deutschland so nicht. Negative Erfahrungen machten wir nur als wir bei unserer Anreise auf der Autobahn am Rand von Kapstadt aus einem Township heraus mit Steinen beworfen wurden. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in diesem Land so groß wie in kaum einem anderen Land der Erde, sodass die Bürger der Townships ihre Wut auf deren reiche Mitbürger auch auf diese unschöne Art und Weise kundtun. Alles in allem kommt man als Tourist aber nie wirklich in Berührung mit diesen Stadtgebieten, die wir in dieser Form auch nur am Rand von Kapstadt sichtlich wahrnehmen konnten. Wer mit Bedacht und gesundem Menschenverstand durch das Land reist, kann sich somit recht bedenkenlos durch Südafrika bewegen.
Prolog
1. Etappe
2. Etappe
3. Etappe
4. Etappe
5. Etappe
Leider gibt es von der letzten Etappe (Stage 6) kein Video.
Unser Fazit des Cape Pioneer Trek
Für uns hat sich die Reise nach Südafrika in jeder Hinsicht gelohnt. Wir erlebten am Westkap ein sehr gut organisiertes Rennen, das vor allem durch die Vielfalt der Landschaft begeisterte. Zudem konnten wir einmal mehr sehr gut gemeinsam an einem Strang ziehen und im vorderen Feld mithalten. Wir erfreuten uns an der sehr familiären Stimmung rund um das Eventgelände und genossen die Gastfreundschaft der südafrikanischen Schulen.
Auch für Familien kann sich ein Trip zum Cape Pioneer lohnen. Zuschauer bzw. Mitreisende können im Race-Village übernachten, die leckeren Mahlzeiten genießen und während der Etappe hinausfahren, um die Natur zu bewundern und die Biker anzufeuern. Ein zusätzliches dickes Plus für das Rennen: Extrem viele Streckenabschnitte führen über Privatgelände bzw. durch Naturreservate, die sonst absolut nicht zugänglich sind. Man erkundet beim Cape Pioneer landschaftliche Gebiete, die man als Tourist nie erreichen kann.
Alles in allem war das Event also hervorragend organisiert. Vom morgendlichen üppigen Frühstücksbuffet, über eine perfekte Streckenbeschilderung (europäische Veranstalter können sich diesbezüglich definitiv eine Scheibe davon abschneiden), über einen reibungslosen Gepäcktransport und einen einwandfreien Wäscheservice (für wenige Euros wurden die Radklamotten innerhalb von 12 Stunden gewaschen) bis hin zu einem super Abendessen, müssen wir an dieser Stelle ein dickes Lob an die Organisatoren aussprechen. Mit Ausnahme der noch verbesserungswürdigen Kommunikation kann das Rennen selbst mit den größten europäischen Mehrtagesrennen organisatorisch mithalten!
Unter dem Strich steht somit: Das Cape Pioneer Trek ist ein kräftezehrendes Unterfangen – jedoch gibt es wenige Rennen auf dem Planeten, bei denen die Quälerei derart durch die Schönheit der Natur belohnt wird, wie bei diesem. Das „Pioneer“ ist mehr als Abenteuer mit Renncharakter zu verstehen, als ein reinrassiger Wettkampf – die Reise ans Westkap hat sich für uns auf alle Fälle gelohnt!
Weitere Infos zum Momentum Health Trek Pioneer powered by Biogen findet ihr hier.
Alle Artikel zu unserem Live-Blog beim Momentum Health Cape Pioneer Trek:
- Momentum Health Cape Pioneer Trek: The Big Five und Wir – 7 Tage Abenteuer in Südafrika
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #Prolog: Feinste Trails entlang des Indischen Ozeans
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #1: Leiden der Extraklasse zwischen Giraffen und Zebras
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #2: Mit Vollgas entlang der Garden Route
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #3: Singletrailspektakel durchs Western Cape
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #4: Epische Ausblicke in der Karoo-Wüste
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #5: Minus 3 Grad und Schneefall – Willkommen am Swartberg
- Momentum Health Cape Pioneer Trek #6: Over and out! – Das große Finale im Herzen des Kleinen Karoos
- Momentum Health Cape Pioneer Trek : Ab zum Cape Pioneer! Fazit des südafrikanischen Etappen-Spektakels
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